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Nursing and therapy professions to the universities! Documentation of the online symposia «Are dual degree programs in midwifery a model for the therapy professions?» and «Bachelor degree programs in Austria and Switzerland: models for the therapy and nursing professions in Germany?» held on March 18, and September 8, 2021. / Pflege- und Therapieberufe an die Hochschulen! Dokumentation der Online-Symposien «Sind duale Studiengänge der Hebammen ein Modell für die Therapieberufe?» und «Bachelor-Studiengänge in Österreich und der Schweiz: Modelle für die Therapie- und Pflegeberufe in Deutschland?» vom 18. März und 8. September 2021

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Seit der Gründung des internationalen Vereins zur Förderung der Wissenschaft in den Gesundheitsberufen 2013 wird eines immer deutlicher: Der Weg der hochschulischen Qualifikation von Physio-, Ergotherapeuten/-innen und Logopäden/-innen hat in Deutschland vor über 20 Jahren nicht nur anders begonnen, sondern er verläuft auch völlig anders als in der Schweiz und in Österreich. Dort werden diese Berufe seit 2005/2006 ausschließlich hochschulisch qualifiziert. In Deutschland gibt es derzeit ein zähes Ringen um das «Wie» einer zukunftsorientierten Ausbildung (z.B. Bündnis Therapieberufe an die Hochschulen). Die Befürworter/-innen eines Hochschulstudiums sprechen sich klar für einen Systemwechsel aus □ von der berufsfachschulischen Qualifikation hin zu einer hochschulischen Qualifikation auf Bachelor- und Masterniveau. Dabei stehen vor allem Anpassungsprozesse an die komplexere Gesundheitsversorgung im Mittelpunkt: Von Gesundheitsfachpersonen wird in der Versorgung verlangt, wissenschaftliche Grundlagen rezipieren zu können und auf der Basis von Studien Innovationen anstossen und umsetzen zu können. Das schliesst ein, dass Therapie- und Pflegeberufe die Möglichkeit zur Promotion haben, um sich als akademische Disziplinen zu etablieren. Denn nur mittels Forschung können Grundlagen für das evidenzbasierte, professionelle Handeln geschaffen werden, die dem Wohl von Patientinnen und Patienten und damit der Bevölkerungsgesundheit dienen.

Dieser konsequente Weg für eine akademische Ausbildung der Gesundheitsfachberufe ist in der Gesundheits- und Bildungspolitik in Deutschland noch nicht angekommen.

Für die Akteure/-innen waren lange die Empfehlungen des Wissenschaftsrates (WR) von 2012 leitend. Der WR sprach sich für eine Teilakademisierung mit einer Quote von 10 bis 20% akademisch ausgebildeten Berufsangehörigen eines Jahrgangs aus, um dem Zuwachs and Komplexität und damit dem Bedarf in der Versorgung gerecht zu werden (WR, 2012, S. 85). Zwar hat sich vieles getan, doch ist im Feld hochschulischer Ausbildung an öffentlichen und privaten Hochschulen in Deutschland ein Wildwuchs an Angeboten entstanden. Weder Anbietende der neuen Programme (Hochschulen und Bundesländer) noch die Studienanwärter/-innen und Studierenden haben derzeit Planungssicherheit. Es fehlt insgesamt eine politische Vision für das Fachkräftepotenzial mit einem Bachelor- und Masterabschluss. Stattdessen ist die Bewegung «HOCHSCHULE JETZT! Für eine gesunde Zukunft» der letzten zwei Dekaden gegenwärtig zum Stillstand gekommen. Barrieren oder gar Gefährdungen von Entwicklung sind z.B. die Konkurrenz zwischen Studiengängen und Berufsfachschulen durch die Einführung einer Ausbildungsvergütung 2020 an manchen Ausbildungsstandorten. Auch die zweite Verlängerung der Modellklausel (seit 2009) nun bis 2024 in den Berufsgesetzen der Therapeuten/-innen führt zur Verunsicherung. Das Gesamtkonzept der Bund-Länder-AG von 2020 differenziert bei der Akademisierung zudem nach Berufen:

«Ob eine akademische Ausbildung und wenn ja, in welcher Ausgestaltung (teil- oder vollakademisch) in Betracht kommt, ist für jeden Beruf gesondert zu prüfen. Dabei sind neben den einleitend genannten Faktoren insbesondere die Teilbarkeit des Tätigkeits spektrums (verschiedene Niveaus), die Größe der Auszubildendengruppe, der schon bestehende Akademisierungsgrad und der Anteil der Auszubildenden mit (Fach-) Hochschulreife relevant. Unter Berücksichtigung der oben genannten Faktoren könnte eine Teilakademisierung insbesondere für die Physiotherapie- und Ergotherapie-Ausbildung in Frage kommen. Für die Logopädie-Ausbildung wird darüber hinaus geprüft, ob eine vollakademische Ausbildung aufgrund der oben genannten Faktoren geboten ist»

(Bund-Länder-AG, 2020, S.7).

Längst geht es nicht mehr um die Zukunft der Gesundheitsfachberufe, sondern um einzelne Berufsgruppen. Die Hebammenausbildung ist seit 2021 eine flächendeckend vollakademisiert und zwar in dualer Form und das Pflegeberufe-Gesetz von 2019 hat zumindest die hochschulische Qualifikation legitimiert.

Wie es in Deutschland weitergeht, ist zurzeit und angesichts der neuen Regierungskonstellation nicht absehbar. Entscheidend werden vor allem eine politische Flankierung der Entwicklung und damit eine erkennbare Strategie sein.

Der Wissenschaftsrat hat im Juli 2019 eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die den Umsetzungsstand der Empfehlungen von 2012 analysieren und darauf aufbauend Empfehlungen zur weiteren Entwicklung der Gesundheits(fach) berufe erarbeiten soll (WR, 2021). Grundlage ist eine empirische Erhebung in der HQGPlus Studie, einer Untersuchung zu hochschulischen Qualifikationen für das Gesundheitssystem, deren Ergebnisse wir 2022 erwarten.

WAS IST STRITTIG? WORUM GEHT ES? VON WELCHEN ERFAHRUNGEN IST ZU LERNEN?

Der VFWG hat einen kritischen Diskurs zu diesen komplexen Fragen gestartet und lud am 18. März und 9. September 2021 zu digitalen Symposien ein, an denen jeweils rund 60 Teilnehmende mit-diskutierten: Was sind Schritte in die richtige Richtung? Was lehren die Entwicklungen bei den Hebammen, bzw. welche internationalen Erfahrungen können nutzbar gemacht werden, um die Entwicklung hochschulischer Bildung als Potential für die Gesundheitsversorgung zu befördern?

Hochschulische Qualifikation folgt keinem Selbstzweck. Es gilt, die Versorgung von Klienten/-innen und Patienten/-innen in kritischen Situationen zu gewährleisten. Dies braucht eigene Forschung. Motivation des VFWG war, Alternativen zum Schwarz-Weiss-Denken von rein akademischer, sog. primärqualifizierender und rein (fach) schulischer Ausbildung zu entwickeln und als mögliche Umsetzungen mit den Entscheidungsträgern/innen zu erörtern.

Die folgenden Beiträge im International Journal of Health Professions dokumentieren die inhaltlichen Beiträge, die Grundlage der Diskussionen beider Symposien waren.

Am 18. März 2021 lautete der Titel des Symposiums «Sind duale Studiengänge der Hebammen ein Modell für die Therapieberufe?» Im Mittelpunkt stand die Studienform, konkret das duale Studienmodell. Mit dem Begriff der dualen Studiengänge, die vor allem in Baden-Württemberg etabliert wurden, ist nicht nur die Verzahnung von Praxis und Theorie in einem Studiengang gemeint – dies gilt auch für die primärqualifizierende, von den Hochschulen in Alleinverantwortung angebotenen Studiengänge –, sondern eine Anstellung im jeweiligen «Ausbildungsbetrieb» während des Studiums.

Sigrun Nickel, Leiterin Hochschulforschung am Centrum für Hochschulentwicklung, beleuchtete duale Studienmodelle in ihrem Beitrag «Studienmodelle zur Verbindung von Studium und Beruf im Gesundheitsbereich». Die Folien des Beitrags sind auf der Webseite des Vereins zur Förderung der Wissenschaft in den Gesundheitsberufen VFWG zu finden (www.vfwg.info).

Claudia Winkelmann et al. stellten das Modell der dualen Studiengänge aus Baden-Württemberg vor. Ihr Beitrag «Nutzen, Vorteile und Herausforderungen des dualen Studiums und Implikationen für die Entwicklung therapiewissenschaftlicher Studiengänge» folgt als erster Artikel in dieser Dokumentation.

Mit Mechthild Gross von der Medizinischen Hochschule Hannover und Claudia Hellmers von der Hochschule Osnabrück kommentieren zwei Professorinnen aus der Bachelor-Hebammenausbildung und -forschung die aktuelle Umsetzung von Hebammenstudiengängen an einer Universität und einer Fachhochschule.

Am 8. September 2021 ging es beim Folgesymposium um die Frage: «Akademisierung der Gesundheitsberufe in Österreich und der Schweiz: Modelle für die Therapieund Pflegeberufe in Deutschland?»

Silvia Mériaux-Kratochvila, Leiterin des Departments Gesundheit an der Fachhochschule Campus Wien, stellte den österreichischen Weg mit ihrem Beitrag «Akademisierung der Gesundheitsberufe in Österreich: Zahlen und Fakten» vor. Tanja Stamm von der Medizinischen Universität Wien geht aus der Sicht der Outcome-Forschung auf die Frage ein, wer von der Akademisierung der Gesundheitsberufe profitiert. Die Folien ihres Beitrags sind auf der Website des VFWG zu finden (www.vfwg.info).

Thomas Bucher, Leiter des Direktionsstabs des Departements Gesundheit an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, erläutert die Schweizerischen Eigenheiten der Akademisierung der Gesundheitsberufe, die Beat Sottas, Berater und ehemaliger Mitarbeiter im Bundesamt für Gesundheit in der Schweiz, mit seinen Gedanken zu Gesetz, Geld, Geist und Gegenwind kommentiert.

FAZIT

Die angeregte Diskussion zeigte, dass es mit den zwei Symposien nicht vorbei sein sollte. Es zeigten sich weitere Themenfelder, die einer stärkeren Auseinandersetzung bedürfen: der Mehrwert hochschulischer Qualifikation für Patienten/-innen, neue Handlungsfelder in einer Versorgung im Wandel, die Karrieren der hochschulisch Qualifizierten, in z.T. engen Korsetts der Praxis oder auch konkrete Ausgestaltung praktischer Studienphasen.

eISSN:
2296-990X
Lingue:
Inglese, Tedesco
Frequenza di pubblicazione:
Volume Open
Argomenti della rivista:
Medicine, Clinical Medicine, other