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Einführung

Evidenzbasiertes Arbeiten wird im Gesundheitswesen verlangt; die geeigneten Strategien, einen entsprechenden Wandel in der Praxis umzusetzen, sind jedoch noch nicht ausreichend geklärt. Seit einigen Jahren stehen zunehmend Studienergebnisse zur Verfügung, die Informationen für eine gezielte Implementationsstrategie bieten. Unter „Implementation“ wird im Gegensatz zur „Diffusion“ eine bewusste Umsetzung der Erkenntnisse verstanden, während eine „Dissemination“ lediglich die Verbreitung der Erkenntnisse betrifft (Rabin und Brownson, 2012, pp.25-26). Bei den Erkenntnissen, die beim Umsetzungsprozess in die Praxis berücksichtigt werden sollen, handelt es sich um ein breites Spektrum an Wissen, welches sich nicht nur auf die Auswertung von Forschungsergebnissen, sondern auch auf Kenntnisse über die lokalen Gegebenheiten bezieht. Implementationsstrategien sollten von theoretischen Überlegungen geleitet sein, aus denen ein framework (Rahmen) abgeleitet wird. Letzterer stellt eine Art Checkliste dar, die wichtige Faktoren für eine Änderung in Kategorien gliedert (Nilsen, 2015). Hoben et al. (2014) fordern auf Grund ihres Scoping Reviews zur pflegebezogenen Disseminations- und Implementationsforschung im deutschsprachigen Raum mehr Theoriebasierung und eine höhere wissenschaftliche Qualität angesichts der internationalen Literaturlage. Ein solcher Überblick zur internationalen Forschung fehlt jedoch bislang für den Pflege- und Hebammenbereich. Lediglich ein Scoping Review zu von den betroffenen Fachpersonen selbst geäusserten Haltungen zur Implementation von evidenzbasierten Praktiken liegt vor (Ubbink et al., 2013). Zu den organisatorischen Barrieren für die Implementation von evidence-based practice (EBP) im Gesundheitswesen bietet ein aktuelles Scoping Review von Williams et al. (2015) einen Überblick über mögliche Hindernisse, die in fünf Kategorien eingeteilt werden: (1) Arbeitsbelastung, (2) keine Unterstützung durch Team und Leitungsebene, (3) Mangel an Ressourcen, (4) mangelnde Autorität, Wandel durchzusetzen und (5) eine Arbeitsplatzkultur, die sich gegen einen Wandel sträubt. Im Folgenden wird die aktuelle internationale Literatur zu Implementationsprojekten im Bereich der Pflege- und Hebammenarbeit sowie angrenzender Arbeitsgebiete zusammengetragen, um die Studien insbesondere den Fachpersonen im deutschsprachigen Raum zu präsentieren. Daher wählen die Autorinnen bewusst die deutsche Sprache für die Publikation.

Theoretischer Hintergrund

Damschroder et al. (2009) erarbeiten aus den wesentlichen Inhalten bestehender Theorien einen neuen, viel zitierten “consolidated framework for implementation research (CFIR)”. Der CFIR listet übersichtlich und strukturiert Faktoren auf, die die Implementation beeinflussen können. Unter diesen Faktoren, die zum Gelingen oder Scheitern einer Implementation beitragen können, werden Personen, Örtlichkeiten und nicht gegenständliche Bedingungen verstanden. Damschroder et al. (2009) zeigen auf, dass Interventionen an die Gegebenheiten angepasst werden sollen. Dabei sei es nicht möglich, jede einzelne Reaktion auf eine Intervention zu kontrollieren, wichtig sei vielmehr, das Ziel im Auge zu behalten. Oft unbemerkt passe sich auch das Setting der Intervention an. Der CFIR besteht aus fünf Bereichen: (1) die Eigenschaften der betreffenden Intervention, (2) die relevanten äusseren Umstände, (3) die direkt mit der Implementation zusammenhängenden Umstände, (4) Eigenschaften der involvierten Personen und (5) der Prozess der Implementation. Jeder dieser Bereiche wird in unterschiedlich viele Punkte unterteilt, welche wiederum genau erläutert werden. Im ersten Punkt (zur Intervention) wird danach gefragt, wer die Intervention entwickelt, welche Überzeugung die Zuständigen besitzen, ob diese einen Vorteil durch die Intervention erwarten, wie die Anpassungsfähigkeit der Intervention aussieht, ob sie getestet werden kann und wie komplex sie ist. Auch werden die Planung und die Kosten der Intervention besprochen. Der zweite Punkt (äussere Umstände) umfasst die Bedürfnisse der Patienten/-innen, das Netzwerk der Unterstützung für die Implementation, den Innovationsdruck von konkurrierenden Institutionen sowie die mögliche Förderung von politischer Seite. Im dritten Punkt (direkte Umstände) werden die sozialen Strukturen, in denen die Implementation stattfinden soll, das dort vorhandene Kommunikationsnetz, die Kultur und das Arbeitsklima abgearbeitet. Beim vierten Punkt geht es um die Kenntnisse sowie Überzeugungen der involvierten Personen und deren Identifikation mit der betreffenden Institution. Der fünfte Punkt (Prozess) umfasst das Planen, das Engagement, die Ausführung der Intervention sowie die Reflektion. Nach Damschroder et al. (2009) gilt es, die wichtigsten Komponenten einer Intervention, die auf jeden Fall umgesetzt werden müssen, von denen zu unterscheiden, die sich der Umgebung, dem Setting anpassen können und somit verhandelbar und variabel sind. Zudem sei festzuhalten, welches Outcome als Erfolg gelten soll. Wichtige, bislang zu wenig berücksichtigte Fragen sind die nach der klaren Darstellung und nach möglichen Überschneidungen der Interessen aller Beteiligten (Damschroder et al., 2009). Celik et al. (2008) arbeiten heraus, dass der Aspekt der „diversity“ noch zu selten oder lediglich auf „gender“ reduziert berücksichtigt wird. Unterschiede der körperlichen Voraussetzungen, des Alters, der Kultur und Erziehung sind bislang noch nicht in die Implementationsforschung eingeflossen. Das vorliegende Scoping Review widmet sich der Bandbreite der Arbeiten zu Implementationsprojekten in der Pflege und Hebammenarbeit und zielt nicht auf die vollständige Erfassung aller Studien ab, die es in diesem Bereich gibt. Folgende Fragestellung wird verfolgt: Welche Informationen zur gelungenen Vorbereitung, Durchführung und Aufrechterhaltung von Implementationsprojekten bietet die internationale Forschungslage im Bereich der Pflege- und Hebammenarbeit? Diese drei Phasen wurden gewählt, da im prozesshaften Implementationsgeschehen Massnahmen schwer nachgeholt werden können, die zuvor versäumt wurden. So kann bspw. der Aspekt der Kommunikation in der Vorbereitung wirkungsvoll sein, aber bei der Durchführung und Aufrechterhaltung einer Intervention nicht mehr zum Gelingen beitragen, da die Bereitschaft zur Kommunikation im Team bereits erloschen ist. Die Phase der (vorläufigen) Aufrechterhaltung wird in den gesichteten Studien oft angesprochen. Sie wird daher im vorliegenden Scoping Review behandelt, auch wenn zu diskutieren ist, ob das heutige Gesundheitswesen diese Phase noch kennt, da es sich im stetigen Wandel befindet.

Methode

Für das vorliegende Scoping Review wurde eine systematische Herangehensweise in der Literatursuche, Trefferauswahl sowie in der Datenextraktion gewählt und eine qualitative Vorgehensweise für die Aufbereitung der extrahierten Daten verwendet. Das Scoping Review soll in Anlehnung an die Struktur von Arksey und Malley (2005) und deren Anpassung von zuletzt Peters et al. (2015) die Forschungsergebnisse zur Fragestellung kategorisieren und zusammenfassend darstellen, Forschungslücken aufzeigen und Anregungen für zukünftige Forschung geben. Eine Prüfung der Qualität der Treffer in Hinblick auf die wissenschaftliche Evidenz ist dabei ausdrücklich nicht vorgesehen. Das Scoping Reviewteam folgt den fünf Schritten, wie sie Peters et al. (2015) vorgeben: (1) Fragestellung festlegen, (2) relevante Studien bestimmen, (3) relevante Studien auswählen, (4) Daten in geeigneter Form präsentieren und (5) Ergebnisse zusammenstellen. Es nutzt die Einteilung Mittmans (2012, p. 409) nach Reichweite der Studienergebnisse (in Phase 1 als Pilotstudie bis zur Phase 4 als post-marketing study) und teilt die Treffer in Anlehnung an die Empfehlung des British Medical Research Council (2014) danach ein, ob sie einfache oder komplexe Interventionen, Leitlinien oder keine spezielle Intervention betreffen. Zudem werden die Treffer danach geordnet, zu welcher der verschiedenen Phasen der Implementation sie Ergebnisse liefern und welcher Fachrichtung sie zuzuordnen sind. Des Weiteren wird das jeweilige Studiendesign ausgewiesen, da Ergebnisse qualitativer Arbeiten anders zu interpretieren sind als die quantitativer. Qualitative Arbeiten können neue Aspekte in der Implementationsforschung aufzeigen, während quantitative im besten Fall die Wirksamkeit einzelner Implementationsschritte nachweisen können. Die Synthese erfolgt nach dem Muster von Williams et al. (2015), damit eine möglichst vergleichbare Übersicht zu den behindernden und förderlichen Faktoren vorliegt, wobei letztere sich – im Gegensatz zu Williams et al. (2015) – nicht allein auf organisatorische Aspekte beschränken. Die qualitative Auswertung berücksichtigt die Häufigkeit der Nennungen und deren Gewichtung innerhalb der Studien. Wenn Studien ihn als wesentlich herausstellen, kann auch ein selten genannter Aspekt zu einem der Oberbegriffe werden, die die Hauptautorinnen (CL und GH) gemeinsam herausarbeiten. Der framework von Damschroder et al. (2009) zu den wesentlichen Komponenten einer Implementation bietet sich als Raster an, um die Reviewergebnisse zu diskutieren.

Datenbankrecherche

Nach einer ersten Aufstellung von Suchbegriffen mit anschliessender Literaturrecherche in einer einschlägigen Datenbank konnten aus relevanten Treffern geeignete Suchbegriffe gewonnen und die Suchstrategie erstellt werden. Mit Hilfe einer Expertin aus der Bibliothek der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften wurde folgende Suchstrategie erarbeitet: Als Orte der Implementation wurde die Hebammen- und Pflegearbeit festgelegt (aufgelöst in midwi*, “maternity care” ODER nurs* UND practi*, Suchfeld: topic). Der enge Bezug zum Thema Implementation wurde mit dem Suchbegriff implement* in Suchfeldern title bzw. topic hergestellt. Die Suchbegriffe wurde mit „education“ und dessen Auflösungen mit ODER/OR kombiniert, da die Autorinnen zunächst einen besonderen Fokus auf Aspekte des Lernens und Lehrens in Verbindung mit den Praxisanforderungen gelegt hatten. Der Gegenstand des Scoping Reviews ist bewusst breit angelegt und nicht – entgegen der Vorgehensweise von Hoben et al. (2014) – auf evidenzbasierte Interventionen beschränkt. Jedoch wurde er auf den Vorgang der Implementation eingegrenzt und nicht auf Begriffe wie Diffusion, Dissemination oder Translation ausgeweitet, da das abgrenzbare Forschungsgebiet zur Implementation im Vordergrund stehen sollte. Es wurde eine breite Anzahl von Datenbanken für die Suche ausgewählt: ERIC (Educational Resources Information Center Database via OvidSP), FIS (Fachinformationssystem) Bildung Literaturdatenbank, Maternity and Infant Care (MIDIRS Reference Database), MEDLINE via Web of Science, PsycINFO, PSYNDEXplus Literature and Audiovisual Media, Cochrane Library, Campbell Collaboration, CINAHL Complete sowie Medpilot (2016 in LIVIVO überführt).

Diese Datenbanken wurden in den Monaten Juli und August des Jahres 2015 durchsucht. Zwei Autorinnen wendeten jeweils unabhängig voneinander die vorgegebene Suchstrategie an und prüften anschliessend die Übereinstimmung der Trefferanzahl. Nach Buchbeiträgen wurde nur über Schneeballsystem gesucht. Graue Literatur wurde nicht recherchiert, da es nicht um eine Gesamterfassung, sondern um die Treffer ging, die eine einfache Suche nach „Implementation“ anzeigt. Dagegen wurden Studien aller Designs einbezogen.

Ein- und Ausschlusskriterien

Die Recherche wurde folgendermassen eingegrenzt:

Publikationsjahre: 2000 – 2015

Sprachen: Deutsch und Englisch

Arbeiten: Studien oder Reviews

Länder: Industriestaaten des amerikanischen, europäischen und australischen Kontinents

Inhalte: Transfer von Wissen in die Praxis der Pflege und Hebammenarbeit (im weitesten Sinne)

Ausschlusskriterien:

Übertragbarkeit auf die in der Schweiz vorherrschende Praxis nicht möglich

Erfahrungsberichte

Darstellung von Trainingsprogrammen ohne Bezug zum konkreten Berufsalltag

Ergebnisse
Bestimmung relevanter Studien

Von insgesamt 1260 Treffern der einzelnen Datenbanken wurden nach Ausschluss von 166 Duplikaten 1094 der ersten Sichtung zugeführt. Jeweils zwei Reviewerinnen nahmen unabhängig voneinander die Auswahl anhand eines ersten Kriterienblatts nach Titel und Abstrakt vor, bei abweichenden Meinungen wurde der Treffer eingeschlossen. Von den so ausgewählten 190 Treffern wurden 148 in der zweiten Sichtung nach Volltext ausgeschlossen, da eines der Ausschlusskriterien zutraf (siehe Verlaufsdiagramm in Abbildung 1). Auch diese Filterung wurde von zwei Reviewerinnen voneinander unabhängig durchgeführt. Bei abweichenden Meinungen wurde die Entscheidung einer dritten Reviewerin einbezogen und der Konsens gesucht.

Abbildung 1

Verlaufsdiagramm der Treffergewinnung

Aus der verbleibenden Anzahl von 42 Treffern (vier Reviews und 38 Studien) extrahierten zwei Reviewerinnen (eine von ihnen war jeweils die Erstautorin) unabhängig voneinander wichtige Informationen zum Treffer anhand eines zweiten Formulars mit Kriterien, welche sich an denen der Cochrane Gruppe „effective practice and organisation of care“ (EPOC) von 2010 orientierten: 1) Studiendesign, 2) Publikationsjahr, 3) Thema oder Ziel der Implementation, 4) Art der Implementation, 5) Methoden, 6) Transparenz der Ergebnisgenerierung, 7) Zielgruppe, 8) Fachrichtung der Autoren/-innen und deren Bezug zu den Befragten oder Daten sowie 9) Ergebnisse. Zusätzlich hat das Scoping Reviewteam folgende Punkte berücksichtigt: Angaben zu möglichen Interessenkonflikten der Forschenden, zu ethischen Aspekten und Limitationen, zur aktiven Teilnahme der Zielgruppe an der Implementation sowie zu den Hauptergebnissen differenziert nach der Vorbereitung, der Durchführung und der Aufrechterhaltung einer Intervention. Jeweils zwei Reviewerinnen füllten unabhängig voneinander ein weiteres Kriterienblatt zu diesen Punkten aus. Bei abweichenden Meinungen wurde der Konsens gesucht. Die Erstautorin stellte die Daten zusammen und bereitete – in Absprache mit dem Scoping Reviewteam – die Ergebnisse in einem Diagramm und zwei Tabellen auf. Eine zweite Autorin kontrollierte die Korrektheit der Angaben. Die Ergebnisse der vier Reviews aus der Trefferliste werden der Analyse der Studien vorangestellt.

Ergebnisse aus den vier eingeschlossenen Reviews

Mazurek Melnyk, Feinstein & Fairbanks (2006) geben in ihrem kurzen Review einen Überblick über sechs Studien, die mit dem von der Erstautorin Mazurek Melnyk entwickelten „creating opportunities for parent empowerment programm“ (COPE) gearbeitet haben und von ihr auch selbst grösstenteils geleitet wurden. Ihre Erfahrungen mit dem Programm werden als durchgehend positiv bezeichnet. Nur eine dieser Arbeiten (Mazurek Melnyk et al., 2010) fliesst in das vorliegende Scoping Review ein, alle anderen entsprechen nicht dem eingeschlossenen Publikationszeitraum oder der vorliegenden Fragestellung. In Palliative Medicine ist das systematische Review von Antunes et al. (2014) erschienen und hat zum Ziel, begünstigende und hindernde Faktoren bei der Implementation von „patient-reported outcome measures“ (PROMs) in der palliativen Pflegearbeit aufzufinden. Den ausgewerteten 31 Arbeiten aus acht Ländern (publiziert bis 2011) zufolge sollte eine Implementation an das Setting angepasst und von einer Person koordiniert werden, welche den Lernprozess in der Zielgruppe im Auge behält. Eine gute Weiterbildung der Zielgruppe scheint ein zentrales Element zu sein. Das vorliegende Scoping Review schliesst die Studie von de Rond et al. (2001) ein, allerdings als Follow-up Studie. Dies ist die einzige Übereinstimmung in der Studienauswahl und lässt sich mit der spezifischen Fragestellung von Antunes erklären. Die Cochrane Gruppe „effective practice and organisation of care“ prüft verschiedene Implementationsformen in Bezug auf ihren Erfolg bzw. auf ihre unerwünschten Nebenwirkungen. So kommen O’Brien et al. (2008) zum Schluss, dass Besuche von Experten/-innen bei Gesundheitsfachpersonen in der Praxis helfen können, deren Arbeitsergebnisse und damit die Gesundheit ihrer Klienten/-innen teilweise zu verbessern. Die meisten der insgesamt 69 randomisierten kontrollierten Studien (aus drei Erdteilen, publiziert bis 2007) vergleichen das Rezeptverschreiben oder die Beratung von Ärzten/-innen mit und ohne vorherige Besuche von Fachpersonen. Eine zu hohe Medikamentenverschreibungsrate konnte damit abgesenkt werden. Da sich das vorliegende Scoping Review nicht auf den ärztlichen Bereich konzentriert, sind keine Übereinstimmungen in den Treffern auszumachen. Forsetlund et al. (2012) betrachten die Art und Weise, wie ärztliche Weiterbildung gestaltet wird, und erkennen auf der Grundlage von 81 randomisierten kontrollierten Studien (aus 13 Ländern, publiziert bis 2007), dass eine Mischung der didaktischen Gestaltungsformen einen Wandel in der Praxis ermöglicht. Allerdings müssen die Fachpersonen davon überzeugt sein, dass die neue Massnahme für die Betroffenen hilfreich ist, sonst greift keine der untersuchten Formen der Weiterbildung. In diesem Review sind keine Übereinstimmungen zur Trefferauswahl des vorliegenden Scoping Reviews vorhanden, da sich die Fragestellung von Forsetlund et al. (2012) vornehmlich auf den ärztlichen Bereich bezieht. Eine wesentliche Limitation, mit der die Autoren/-innen aller Reviews umgehen mussten, sind die spärlichen Informationen zu den genauen Umständen bei der Intervention.

Datenextraktion aus den 38 eingeschlossenen Studien

Das vorliegende Review beschränkt sich auf die kategorisierende Darstellung der Studien und verzichtet auf eine Qualitätsprüfung im engeren Sinne, da eine solche Prüfung je nach konkretem Erkenntnisbedarf unterschiedlich ausfallen würde. Bis auf eine Studie in deutscher Sprache (Daniel-Wichern et al., 2009) sind alle Arbeiten auf Englisch publiziert. In der Trefferliste sind hauptsächlich Themen aus der Pflege vertreten. Lediglich zwei Arbeiten behandeln direkte Hebammenthemen und sieben weitere Studien fallen in das Interessengebiet von Hebammen (siehe Tabelle 1). Wie aus Tabelle 1 weiterhin ersichtlich, handelt es sich mehrheitlich um einfache Interventionen. Leitlinien werden ebenfalls vielfach thematisiert. Komplexe Interventionen, unter denen gemäss British Medical Research Council (2014) Interventionen mit ineinandergreifenden Komponenten verstanden werden, sind etwas seltener anzutreffen. Ein Teil der Studien beschäftigt sich mit Befragungen zu einer abgeschlossenen Implementation (5 Studien), andere bezeichnen sich selbst als Pilot- oder Machbarkeitsstudien und sind nach der Einteilung von Mittman (2012, p. 409) den Interventionsstudien der Phase 1 zuzuordnen (6 Studien). Andere Studien beziehen sich auf einen begrenzten Rahmen (Phase 2), wie eine Abteilung eines Spitals (6 Studien), oder auf einen erweiterten Rahmen (Phase 3), wie die Kliniken einer Region (6 Studien). Als post-marketing (Phase 4) konnte keine Studie bezeichnet werden.

Implementationsinhalte der eingeschlossenen Studien (n= 38)

Autor/-in (Jahr) LandThema/ZielDesignAussage zu Implementationsphase A (Vorbereitung ) B (Durchführung ) C (Aufrechterhaltung) Aspekt des Gelingens aus Kategorie Nr.

Kategorie

Pflege
nicht eine spezielle Intervention betreffend
Happell et al. (2003) AustralienIn welchem Ausmass haben Pflegefachpersonen an ihren Arbeitsorten die Inhalte des clinical research fellowship (CRF) Programms berücksichtigt?Qualitativ Befragung (mündlich)A 1
Irwin et al. (2013) USAVon welchen Erfahrungen berichten Pflegefachpersonen eines evidence based practice Kurses in der Praxis?Qualitativ Fokusgruppendiskussion mit Mentor/-inB 3
Masso et al. (2014) AustralienWelche Mechanismen beeinflussen die Implementierung der best-practice guideline on client (patient)-centered care?Qualitativ Grounded TheoryA 2, A 4, B 2, C 2
Glacken und Chaney (2004) Irland Welche Hindernisse sehen Pflegefachpersonen bei der Implementation von Erkenntnissen aus der Forschung und welche Faktoren könnten diesen Prozess am Arbeitsplatz verbessern?Quantitativ Cross-sectional surveyA 1
einfache Intervention
Daniel-Wichern et al. (2009) DeutschlandWelche Assoziation besteht zwischen der gewählten Strategie zur Implementierung des Expertenstandards zur Dekubitusprophylaxe und der Anwendung des Standards?Mixed methodsC 1, C 2
Brobeck et al. (2013) SchwedenWie können Pflegende gesundheitsfördernde Massnahmen in den klinischen Alltag integrieren?Qualitativ FokusgruppeninterviewsA 1, A 2, A 4, B 1
Friesen-Storms et al. (2015) NiederlandeEntwicklung und Implementierung des evidenzbasierten Entlassungsprotokolls durch die Pflegefachpersonen, begleitet durch action researchQualitativ Action research designA 1, A 2, B 4, C 2
de Rond et al. (2001) NiederlandeImplementierung eines Schmerz-Assessments durch Schulung der Pflegefachpersonen und AuswertungQuantitativ Follow-up studyA 1, A 2, C 4
Gélinas et al. (2011)KanadaImplementierung eines critical-care pain observation tool (CPOT) durch Training und Überprüfung der Anwendungsfähigkeit des ToolsQuantitativ Prä- und PostevaluationC 4
Mazurek Melnyk et al. (2010) USAPflegefachpersonen auf einer Frühgeborenenstation sollten durch ein Training in creating opportunities for personal empowerment (COPE) und durch den Einsatz von Mentorinnen geschult werden, Eltern in ihrem Empowerment zu unterstützenQuantitativ BefragungC 2, C 4
Rashotte et al. (2008) KanadaImplementierung von Aspekten der pressure-ulcer prevention in der Pädiatrie durch ein komplexes Programm für Pflegefachpersonen und AuswertungQuantitativ Repeated-measures designC2, C 3, C 4
Simons und MacDonald (2006) EnglandAnwendung eines Schmerzassessment Tools bei Kindern nach Implementierung mittels action researchQuantitativ Schriftliche BefragungA 1, A 2
Teresi et al. (2013) USAVergleich eines Trainingsprogramms mit drei unterschiedlichen Ausprägungen, um Stürze von alten Personen in Altersheimen zu verhindernQuantitativ Quasi experimental design Cluster randomisierte StudieC 4
Thoroddsen und Ehnfors (2007) IslandPflegefachpersonen sollten durch Gruppenarbeit und Training auf die elektronische Patienten/-inakte und standardisierte Dokumentationsformulierungen vorbereitet werdenQuantitativ Cross-sectional study designC 1, C 2, C 4
komplexe Intervention
Cummings et al. (2003) KanadaOrganisatorischer Wandel im Krankenhaus durch Implementierung von advanced nurse practitionerQualitativ Mündliche BefragungC 3
Williamson et al. (2005) GrossbritannienEinführung von shared governance in der Pflege zur Optimierung von Entscheidungsabläufen, begleitet durch action researchQualitativ Action researchB 2, C 1
Leitlinie
Breimaier et al. (2015) ÖsterreichDen Zeitaufwand und Erfolg einer angepassten und vielschichtigen Implementation einer Leitlinie zur Sturzprophylaxe in einem Akutkrankenhaus messenMixed methodsA2, A 4, B 2
McKillop et al. (2012) NeuseelandWie sind die Erfahrungen der Pflegefachpersonen bei der Einführung der Leitlinie zum cardiovascular risk assessment?Qualitativ BefragungB 2
Ploeg et al. (2007) KanadaBest-Practice Guideline Implementation Prozess in der Pflege in 22 Spitälern mit unterschiedlichen ImplementationsstrategienQualitativ Grounded theoryA 2, B 2, C 2
Chan et al. (2013) KanadaVielschichtige Implementation (Weiterbildung, Aufklärungsmaterial und Online-Hilfe) einer neuen Schmerz-Leitlinie im Rahmen eines ImpfprogrammsQuantitativ Randomized controlled pre-post study designC 4
Davies et al. (2002) KanadaUm die Diskrepanz zwischen der empfohlenen Leitlinie zur Auskultation und dem tatsächlichen Einsatzes des CTGs aufzuheben, wurde ein breit angelegter Ansatz für eine grössere Region mit einer adaptierten Implementation an einem Spital verglichen.Quantitativ BeobachtungC 4
Dickinson et al. (2009) NeuseelandEine Kampagne für Pflegefachpersonen mit Weiterbildungen und Selbstlernaufgaben sollte die Implementation der best practice Leitlinie für die Mundgesundheit bei Kindern im Spital erleichternQuantitativ SurveyC 4
Flenady et al. (2008) AustralienDen Effekt des Programms zur Einführung der clinical practice Leitlinie, welche für Fachpersonal entwickelt worden ist, um in der Schwangerenvorsorge im Spital Schwangere über das Rauchen aufzuklärenQuantitativ Mündliche BefragungB 1, C 4
Jewell et al. (2007) KanadaBefördern gezielt geschulte Pflegefachpersonen als train-the-trainers und intensives Training des gesamten Personals die Implementation einer Leitlinie zur Blutabnahme?Quantitativ BefragungA 1, B 1, C 4
Hebammenarbeit
einfache Intervention
Ross-Adjie et al. (2012) AustralienDie Implementation einer best practice Leitlinie zur Prävention der Venenthrombose nach Sectio wurde durch die Befragung der betroffenen Frauen evaluiert.Quantitativ AuditsC 2, C 4
komplexe Intervention
Salmon et al. (2006) GrossbritannienDas Bristol pregnancy and domestic violence programme soll durch Hebammenweiterbildung eingeführt werdenQuantitativ MachbarkeitsstudieC 4
Sonstige Fachrichtungen
nicht eine spezielle Intervention betreffend
Shield et al. (2014) USAWie sieht der Prozess zur Institutionalisierung von culture change (CC) practices in Altersheimen aus?Mixed methodsA 2, B 2, C 2
Overton et al. (2009) GrossbritannienWas verbinden Fachpersonen im Gesundheitswesen mit ihrer Überzeugung zum Wandel?Qualitativ BefragungB 2
einfache Intervention
Hamirudin et al. (2014)AustralienIst die Einführung und Nutzung eines Ernährungsscreening Tools und ergänzender Materialien in der Allgemeinpraxis möglich?Mixed methods MachbarkeitsstudieC 4
Alvarado (2007) KanadaWelche Einflussfaktoren für die Implementation von medizinischen Weisungen können im Nachhinein identifiziert werden?Qualitativ Mündliche BefragungC 1, C 2
Arnetz und Arnetz (2000) SchwedenWelche Erfahrungen haben Fachpersonen nach Einführung eines strukturierten Feedbackprogramms zur Einschätzung und zum Umgang mit Gewalt gegenüber Personal gemacht?Quantitativ Schriftliche BefragungC 1, C 4
Gupta et al. (2015)USAUnterstützt ein evidenzbasiertes “teamwork system” die Fähigkeiten zur Zusammenarbeit bei Gesundheitsfachpersonen?Quantitativ Beobachtung DatenauswertungC 1
Parrish et al. (2009) USAHilft ein bestimmtes Programm, den Übergang von der Klink wieder nach Hause zu erleichtern?Quantitativ Schriftliche Befragung DatenauswertungA 2
Tschopp et al. (2002) SchweizHelfen Programme mit interdisziplinären Teams, self-management education (SME) für Personen mit Asthma zu erhöhen?Quantitativ Pre-post BeobachtungC 4
Turner et al. (2011) AustralienWelche Faktoren beeinflussen Fachpersonen bei der Nutzung einer kurzen Intervention (behavioral family intervention (BFI): the primary care triple p—positive parenting program) nach entsprechendem Training?Quantitativ Schriftliche BefragungB 4
komplexe Intervention
Helmink et al. (2010) NiederlandeEntwicklung und Evaluation von der Einsetzbarkeit einer landesweiten Intervention zu Bewegung und ErnährungQualitativ MachbarkeitsstudieA 2, B 2, C 3
Frei et al. (2014) SchweizFührt die Implementation von Elementen des chronic care models (CCM) durch eine spezialisierte Fachperson zu weniger kardiovaskulären Risiken bei Betroffenen mit Typ II Diabetes?Quantitativ Cluster randomized controlled trialC 4
Leitlinie
Frost et al. (2003) GrossbritannienWie ist die derzeitige Implementationssituation für good practice Leitlinien zur Betreuung bei Epilepsie und welche Faktoren begünstigen die Implementation?Quantitativ Schriftliche BefragungB 1

Reihenfolge innerhalb der einzelnen Blöcke nach Design: Mixed methods, Qualitativ, Quantitativ, danach alphabetisch.

1 Arbeitsplatzkultur (Bereitschaft/Autonomie/Mitsprache im Team)

2 Leitungskultur (Transparenz/Unterstützung/Anpassung)

3 Ressourcen

4 Training

Designs der eingeschlossenen Studien

Meist befassen sich die Forschungsarbeiten mit Gesundheitsfachpersonen, insbesondere aus der Pflege. Diese zählen vielfach auch zur Leitungsebene. Nur selten gehören Ärzte/-innen, Fachpersonen aus der Verwaltung oder Patienten/-innen zur Zielgruppe der Studien. Wie aus Tabelle 1 ersichtlich, sind von den 38 eingeschlossenen Studien drei dem mixed methods design, 13 dem qualitativen und die meisten (22) dem quantitativen Design zuzuordnen. In den drei Fünf- Jahresabschnitten zwischen den Jahren 2000 und 2014 wurden im ersten Zeitraum acht und im mittleren 13 und im jüngsten Zeitraum 17 Studien publiziert. In den meisten der eingeschlossenen Arbeiten sind die verwendeten Methoden klar beschrieben. Lediglich bei Jewell et al. (2007) ist die Vorgehensweise nicht und bei Parrish et al. (2009) sowie bei Simons und MacDonald (2006) schwer nachvollziehbar.

Hinweise zu den Autoren/-innen der eingeschlossenen Studien

Erwartungsgemäss häufig sind Studien mit Autoren/-innen ausschliesslich aus der Pflege; Hebammenbeteiligung ist nur bei fünf Studien sicher nachzuweisen. Keine Studie wurde ausschliesslich von Hebammen unternommen. Bei elf Studien war der direkte Bezug der Forschenden zu den Befragten erkennbar, wie bei Kursen durch Autoren/-innen (so bei Davies et al., 2002), aber nicht ausgedrückt, wie in der action research von Simons und MacDonald (2006). In acht Studien werden Interessenkonflikte nicht thematisiert, aber erscheinen möglich. Hier spielt die Nähe zur Intervention, zum/zur Auftraggeber/-in oder zur Zielgruppe eine wesentliche Rolle.

Hinweise zum Forschungsprozess in den eingeschlossenen Studien

Theorien, frameworks oder Modelle nennen nur etwa ein Drittel der Studien und nur etwa ein Viertel der Arbeiten wendet einzelne dieser Hilfsmittel konkret an. In nur wenigen Studien wird die aktive Teilnahme der Betroffenen am Forschungsprozess sichtbar. In 22 Studien wurde sie offensichtlich nicht angestrebt, obwohl sie sinnvoll erscheint. In vier Studien wird sie intensiv (Breimaier et al., 2015; Williamson et al., 2005; Masso et al., 2014; Helmink et al., 2010) und in vier weiteren weniger intensiv (Jewell et al., 2007; Friesen-Storms, 2015; Chan et al., 2013; Gupta et al., 2015) eingesetzt. Ob es zu einer Teilnahme der Betroffenen am Forschungsprozess kam, wird aus fünf Studien nicht ersichtlich. In nur drei Studien erscheint die Teilnahme als unnötig oder unzweckmässig und wird von den Forschenden auch nicht angestrebt. Wenn eine Ethikkommission involviert war, gelten – in Übereinstimmung mit EPOC (2010) – ethische Aspekte als berücksichtigt. War jedoch kein entsprechender Passus aufzufinden, wurde bei jedweder Beteiligung von Betroffenen, die nicht auf derselben hierarchischen Ebene wie die Initiierenden der Implementation standen, das Unterbleiben einer solchen Information als nicht sinnvoll erachtet. Dies war in sechs Studien der Fall, wie bspw. in der Studie von Helmink et al. (2010), in der Menschen mit (Vorstufen von) Diabetes ein Kursprogramm absolvieren sollten.

Wichtige Limitationen werden in den Studien dargelegt: So könnte ein Fokusgruppeninterview innerhalb eines bestehenden Teams homogene Ansichten erzeugt haben (Brobeck et al., 2013). Eine schlechte Rücklaufquote kann die Tendenz der Antworten verfälschen (Frost et al., 2003). Beklagt wird die fehlende Zusammenarbeit der Zielgruppe mit dem Forschungsteam (Simons & MacDonald, 2006). Nur selten wird selbstkritisch auf das eigene Vorgehen als Forschende geblickt.

Ergebnisse der eingeschlossenen Studien zum Gelingen der Implementation

Bei der Synthese wurden die Häufigkeit der Nennungen und deren Stellenwert im Ergebnisteil der Studien bewertet. Folgende vier Oberbegriffe wurden für das Gelingen einer Implementation herausgearbeitet (siehe Tabelle 2 mit der Differenzierung nach Implementationsphasen):

Arbeitsplatzkultur (Bereitschaft/Autonomie/Mitsprache im Team)

Leitungskultur (Transparenz/Unterstützung/Anpassung)

Ressourcen

Training

Aspekte für das Gelingen von Implementationen in den 38 eingeschlossenen Studien

Aspekt des Gelingens aus KategorieAussage zu Implementationsphase A (Vorbereitung)Aussage zu Implementationsphase B (Durchführung)Aussage zu Implementationsphase C (Aufrechterhaltung)
1 Arbeitsplatzkultur (Bereitschaft/ Autonomie/ Mitsprache im Team)Brobeck et al. (2013)de Rond et al. (2001)Friesen-Storms et al. (2015)Glacken und Chaney (2004)Happell et al. (2003)Jewell et al. (2007)Simons und MacDonald (2006)Brobeck et al. (2013)Flenady et al. (2008)Frost et al. (2003)Jewell et al. (2007)Alvarado (2007)Arnetz und Arnetz (2000)Daniel-Wichern et al. (2009)Gupta et al. (2015)Williamson et al. (2005)
2 Leitungskultur (Transparenz/ Unterstützung/ Anpassung)Breimaier et al. (2015)Brobeck et al. (2013)de Rond et al. (2001)Friesen-Storms et al. (2015)Helmink et al. (2010)Masso et al. (2014)Parrish et al. (2009)Ploeg et al. (2007)Shield et al. (2014)Simons und MacDonald (2006)Breimaier et al. (2015)Helmink et al. (2010)Masso et al. (2014)McKillop et al. (2012)Overton et al. (2009)Ploeg et al. (2007)Shield et al. (2014)Williamson et al. (2005)Alvarado (2007)Daniel-Wichern et al. (2009)Friesen-Storms et al. (2015)Masso et al. (2014)Mazurek Melnyk et al. (2010) Ploeg et al. (2007)Rashotte et al. (2008)Ross-Adjie et al. (2012)Shield et al. (2014)Thoroddsen und Ehnfors (2007)
3 RessourcenIrwin et al. (2013)Cummings et al. (2003)Helmink et al. (2010)Rashotte et al. (2008)
4 TrainingBreimaier et al. (2015)Brobeck et al. (2013)Masso et al. (2014)Friesen-Storms et al. (2015)Turner et al. (2011)Arnetz und Arnetz (2000)Chan et al. (2013)Davies et al. (2002)de Rond et al. (2001)Dickinson et al. (2009)Flenady et al. (2008)Frei et al. (2014)Gélinas et al. (2011)Hamirudin et al. (2014)Jewell et al. (2007)Mazurek Melnyk et al. (2010)Rashotte et al. (2008)Ross-Adjie et al. (2012)Salmon et al. (2006)Teresi et al. (2013)Thoroddsen und Ehnfors (2007)Tschopp et al. (2002)

Die Reihenfolge bildet die zeitliche Abfolge der Schritte bei einer Implementation ab, daher steht die konkrete Durchführung, wie das Training, an letzter Stelle, obwohl Training am häufigsten genannt wurde. Unter der Kategorie 1 „Arbeitsplatzkultur (Bereitschaft/ Autonomie/Mitsprache im Team)“ versammeln sich sowohl Aspekte des sozialen Umgangs als auch der räumlichen und gesetzlichen Ausgestaltung von Möglichkeiten, die auf die Arbeitsatmosphäre wirken. Sie bildet alle Aspekte der Teilhabe und aktiven Gestaltung aller stakeholder und auch das Bewusstsein ab, gestalterisch wirken zu können (16 Nennungen). Mit Kategorie 2 „Leitungskultur (Transparenz/Unterstützung/ Anpassung)“ sind alle Aspekte der Transparenz, Unterstützung, Anpassungsfähigkeit und Erleichterung durch die Leitung und der Zusammenarbeit mit dem Team gemeint, welche (noch) keine Ressourcen benötigen, wie es bspw. bei der Umstrukturierung eines Arbeitsraums der Fall wäre (28 Nennungen). Kategorie 3 „Ressourcen“ subsummiert sowohl die Bereitstellung von Zeit, Geld und fachlichem Know-how als auch zusätzliches Personal (4 Nennungen). Die Kategorie 4 „Training“ kann alle Arten von Weiterbildung und Kursen für eine Zielgruppe enthalten (22 Nennungen).

In Tabelle 1 werden die 38 eingeschlossenen Studien mit Erscheinungsjahr, Land, Thema, Design sowie Aussagen zu den einzelnen Implementationsphasen aufgelistet (nähere Erläuterungen zu den Aspekten des Gelingens siehe auch weiter unten). Die Treffer werden nach Fachgebiet sowie danach kategorisiert, ob sie Forschungsergebnisse zur Implementation allgemein bieten (bezeichnet als „nicht eine spezielle Intervention betreffend“) oder „einfache Interventionen“, „komplexe Interventionen“ bzw. „Leitlinien“ betreffen.

Vorbereitung

Die Arbeitsplatzkultur spielt bei der Vorbereitung einer Implementation eine besondere Rolle (Happell et al., 2003; Glacken und Chaney, 2004). Overton et al. (2009) betonen, wie wichtig es ist, Lippenbekenntnisse von der konkreten Bereitschaft zum Handeln zu unterscheiden und Missverständnisse diesbezüglich auszuräumen. Diese Bereitschaft und eine adäquate Unterweisung wird vielfach betont (Friesen-Storms et al., 2015; Brobeck et al., 2013; Masso et al., 2014; de Rond et al., 2001;Simons und MacDonald, 2006). Die Charakteristika der Zielgruppe sollten berücksichtigt werden, so Shield et al. (2014). Innovationsfreude im Team, Transparenz, Zeit und Unterstützung von der Leitung sowie von fach(wissenschaft)licher Seite in erreichbarer Nähe wurden als hilfreich erkannt (Parrish et al., 2009; Ploeg et al., 2007). Bei komplexen Interventionen sollte nach Helmink et al. (2010) eine Implementation stufenweise angepasst voranschreiten. Leitlinien sollten zunächst durch Gruppengespräch und Interaktion kennengelernt werden (Ploeg et al., 2007). Breimaier et al. (2015) betonen, dass verschiedene Strategien für die Implementierung zugeschnitten auf die Bedürfnisse der jeweiligen Abteilung kreiert werden sollten. Jewell et al. (2007) erkennen, dass ein Schritt zur Autonomie wesentlich ist: Es war den Beteiligten wichtig, die Anweisung zur praktischen Umsetzung der Leitlinie interdisziplinär festzulegen.

Durchführung

Alle Wege des Wissensaustausches (Friesen-Storms et al., 2015; Turner et al., 2011; Williamson et al., 2005), eine günstige Gesprächskultur (Masso et al., 2014; Irwin et al., 2013) und die Anwesenheit von Vorbildern sowie die Unterstützung der Leitung (Irwin et al., 2013) und des Teams (Frost et al., 2003) werden für diese Phase herausgestellt. Dabei erscheint es wichtig, die Intervention immer wieder der Zielgruppe anzupassen (Shield et al., 2014). Dies gelingt nach Aussage der Autoren/-innen besonders gut, wenn die Betroffenen in den Implementationsprozess eingebunden werden (Brobeck et al., 2013; Helmink et al., 2010; Flenady et al., 2008; Jewell et al., 2007). Wenn die an einer Implementation Teilnehmenden gefragt werden, auf welchen Wegen sie mit den Forschenden kommunizieren wollen, kann dies den Prozess der Implementation demokratisieren (Overton et al., 2009). Champions und Netzwerke erscheinen als hilfreich (Ploeg et al., 2007) sowie eine enge Zusammenarbeit (McKillop, 2012). Unter einem Champion wird die Person verstanden, die sich von dem begonnenen Implementationsvorhaben begeistern lässt und als Motor vor Ort fungiert (Damschroder et al., 2009).

Aufrechterhaltung

Nach Masso et al. (2014) sollten die Vorteile der durchgeführten Implementation klar ersichtlich werden, damit die Zielgruppe weiter motiviert wird, die Neuerungen beizubehalten. Shield et al. (2014) betonen, dass die Leitung nachhaltig den stattgefundenen Wandel befürworten sollte. Die Anpassung sowie das Kommunizieren der eingeführten Standards sind wichtige Aspekte (Daniel-Wichern et al., 2009; Friesen-Storms et al., 2015). Verschiedene Wege zur Verfestigung der Implementation wie Weiterbildung (Gélinas et al., 2011; Teresi et al., 2013; de Rond et al., 2001), Bereitstellung von Ressourcen (Cummings et al., 2003) sowie der Einsatz von Champions erscheinen ähnlich gut, auch Synergien durch verschiedene Methoden sind denkbar (Rashotte et al., 2008). Die Unterstützung durch Ärzte/-innen ist gesichert, wenn das Ausmass der Änderung gegenüber der bisherigen Praxis gering ist (Alvarado, 2007). Helmink et al. (2010) konstatieren: Wenn Fachpersonen Patienten/-innen begleiten, kann ein Bewegungsprogramm verstetigt werden. Die Studie von Frei et al. (2014) lässt erkennen: Patienten/-innen im chronic-care-Modell hatten langanhaltend bessere Strukturen und das Modell kann dauerhaft auch in kleinen Hausarztpraxen implementiert werden. Die Studie im Hebammenbereich schliesst: Das Programm gibt den teilnehmenden Fachpersonen Sicherheit in ihren Fragen nach häuslicher Gewalt und erweist sich auch im post-test als Wissensgewinn – selbst sechs Monate nach der Schulung (Salmon et al., 2006). Viele Studien enden mit der Aussage, dass ein Programm hilft, ohne konkrete Angaben zur Nachhaltigkeit zu bieten (Arnetz &. Arnetz, 2000; Tschopp et al., 2002; Gupta et al., 2015; Williamson et al., 2005; Jewell et al., 2007; Davies et al., 2002; Flenady et al., 2008; Dickinson et al., 2009; Chan et al., 2013). Die allermeisten Studien zeigen positive Effekte der Innovation auf, wobei ganz unterschiedliche Outcomes gewählt wurden.

Diskussion

Die im vorliegenden Scoping Review erarbeiteten Kriterien weisen Entsprechungen zu den genannten für Implementationshindernisse auf, auch wenn Williams et al. (2015)nur die organisatorische Ebene betrachten: (1) Arbeitsplatzkultur (Bereitschaft/Autonomie/Mitsprache im Team) versus (5) Arbeitsplatzkultur, die sich gegen einen Wandel sträubt; (2) Leitungskultur (Transparenz/Unterstützung/Anpassung) versus (2) keine Unterstützung durch Team und Leitungsebene einschliesslich (4) mangelnde Autorität, Wandel durchzusetzen; (3) Ressourcen versus (3) Mangel an Ressourcen einschliesslich (1) Arbeitsbelastung. Lediglich Training wurde im vorliegenden Scoping Review als neue Kategorie aus den Studien extrahiert. Werden die Ergebnisse auf dem Hintergrund des CFIR betrachtet, ergibt sich folgendes Bild: Nur etwa ein Viertel der Forschungsarbeiten wenden Theorien, frameworks oder Modelle konkret an. Auf abwandelbare und Kernkomponenten, wie sie Damschroder et al. (2009) differenzieren, geht kaum eine Studie ein, auch nicht die nach 2009 erschienenen. Bei der Planung und während des Prozesses sollte laut CFIR die Zielgruppe einbezogen sein – dies wird jedoch nur von wenigen Studien berücksichtigt. Wie die konkrete Vorbereitung gelingt, wie die Kenntnisse genau angebracht werden oder wie genau motiviert wird, beschreiben die Studien selten. Dies liegt möglicherweise daran, dass die Fragestellungen der meisten Studien sich stark auf das „Outcome“ konzentrieren, ohne zu berücksichtigen, dass im Vorfeld Fehler begangen werden können, die das gesamte Ergebnis der Studie beeinflussen. Eine Reaktion der Zielgruppe oder des Settings während der Implementation, wie es CFIR berücksichtigt, wird in keiner Studie diskutiert, sondern die Anpassung erfolgt lediglich von Seiten der Implementierenden. Die Relation zwischen dem Status quo und dem Zielzustand ist entscheidend, auf die jedoch kaum eine Studie eingeht. Damschroders framework sieht zudem Prozesse der Implementation als teils bewusst gesteuert, teils autonom und unbewusst ablaufend an. Diese Unterscheidung wird in den eingeschlossenen Studien nicht vorgenommen. Es wird vielmehr der Eindruck erweckt, dass alle Prozesse bewusst gesteuert wurden. Nur in Ausnahmefällen wird von unerwarteten und unerwünschten Prozessen berichtet. Spezielle Eigenschaften der betreffenden Intervention werden selten erläutert, daher mussten die Interventionen vom Scoping Reviewteam in ihrer Ausprägung beurteilt und bspw. als „komplex“ kategorisiert werden. Auch die äusseren Umstände, die für die geplante Intervention eine Rolle spielen, und die direkt mit der Implementation zusammenhängenden Umstände sowie die Charakteristika der involvierten Personen werden nicht vorgestellt, sodass der Prozess der Implementation mehr oder weniger unberührt erscheint. Keine der eingeschlossenen Studien geht auf das Dilemma ein, dass grosse Nähe zum Forschungsfeld einerseits reichhaltige Daten verspricht, andererseits aber die unabhängige Ergebnisdarstellung behindern könnte. Den positiven wie negativen Einfluss von Einzelpersonen stellen auch das systematische Review von Antunes et al. (2014) sowie Damschroder et al. (2009) heraus. Wird die geplante Intervention mit allen direkt wie indirekt Beteiligten abgesprochen und auch den Gegebenheiten vor Ort angepasst, erscheint dies in den Studien als Vorteil. Für Antunes et al. (2014) und Damschroder et al. (2009) ist diese Anpassungsfähigkeit ein zentrales Element. Hier zeigt sich eine der Herausforderungen für die Implementationsforschung: Laborbedingungen schwächen die geforderte Übertragbarkeit der Ergebnisse, gleichzeitig lassen unterschiedliche Settings dieselbe Implementation mal als gelungen und mal als Misserfolg wirken. Vielfach wird in den eingeschlossenen Studien die Übertragbarkeit der Ergebnisse – etwa von einer einzelnen Station auf alle Spitäler des Landes – postuliert, aber nicht ausreichend hergeleitet. Informationen spielen in allen Studien eine grosse Rolle, aber möglicherweise nur, weil sie so oft als Abfragegegenstand gewählt werden oder ein Informationsstatus leicht zu verschiedenen Zeitpunkten zu erheben, auszuwerten und zu vergleichen ist. Die Überzeugung, dass eine Massnahme sinnvoll ist, ist jedoch noch kein Garant für ihre Umsetzung. Eine Umsetzung ist ebenfalls keine Garantie dafür, dass sich das gewünschte Outcome einstellt, dass sich bspw. die Gesundheitsversorgung verbessert. Die Studien bieten oft keine Erklärung, warum – auch aus welcher Interessenlage heraus – welches Outcome als Erfolg der Implementation gewählt wurde. Es wird ebenso wenig klar, ob dieses Outcome vor Beginn der Studie oder erst bei der Auswertung aufgestellt worden ist. Möglicherweise liegt hier ein Publikationsbias vor, der die Ergebnisse der allermeisten Studien als durchgängige Erfolgsgeschichten erscheinen lässt. Zudem wird in keiner Studie darauf eingegangen, dass es im heutigen Gesundheitswesen kaum noch Phasen der Aufrechterhaltung gibt, sondern alle Interventionen einem ständigen Verbesserungsprozess unterliegen.

Limitationen des vorliegenden Scoping Reviews

Eine wesentliche Stärke des vorliegenden Scoping Reviews liegt in der Sortierung der Studienergebnisse nach Phasen der Implementation und Fachrichtung. Dies erleichtert das Auffinden von relevanten Studien je nach Fragestellung. Erstmals bekommen Hebammen einen Überblick über relevante Arbeiten in ihrem Fachgebiet. Zu den Limitationen gehört, dass sich die Literatursuche auf das Gebiet „Implementation“ beschränkt hat. Es ist davon auszugehen, dass es noch mehr internationale Studien zur Fragestellung gibt. Durch die Suchstrategie kam eine für das Scoping Reviewteam handhabbare Anzahl von 1094 Treffern zustande und ein systematisch gesuchter und daher nicht durch einen Auswahlbias beeinflusster Ausschnitt der Forschungsarbeiten zu diesem Thema konnte vorgestellt werden. Es ist nicht davon auszugehen, dass sich die Charakteristika der hier vorgestellten Arbeiten sehr stark von einer möglichen Gesamtsumme aller Arbeiten unterscheiden. Wie von Voigt-Radloff et al. (2013) dargestellt, sind insbesondere gut durchgeführte Machbarkeits- von (zu) kleinen Wirksamkeitsstudien zu unterscheiden. Die Suche nach guten Machbarkeitsstudien wurde erst im Laufe der Arbeit am Scoping Review als besonders wertvoll eingestuft, daher könnten einzelne gut angelegte Machbarkeitsstudien durch das Auswahlraster gefallen sein, da nur Studien mit eigenen Forschungsaktivitäten eingeschlossen werden sollten. Gleichzeitig wurde bei der Auswertung der Studien erkannt, dass die Wissensvermittlung nur einer unter vielen Aspekten ist, die zum Gelingen der Implementation beitragen. Daher wurde die in der Suchstrategie vorgenommene Betonung auf Ausbildungsaspekte bei der Analyse nicht beibehalten. Durch diese späte Erkenntnis wurden zwar keine relevanten Treffer übersehen, aber der Fundus an möglichen Treffern und der damit verbundene Aufwand für die Filterung waren grösser.

Schlussfolgerungen

Die hier vorgestellten vier Reviews und 38 Studien geben einen Überblick über die Implementationsforschung in der Pflege und Hebammenarbeit. Bei der Auswertung der Studien zum Gelingen einer Implementation erwies sich die Einteilung in die Kategorien (1) Arbeitsplatzkultur (Bereitschaft/Autonomie/Mitsprache im Team), (2) Leitungskultur (Transparenz/Unterstützung/Anpassung), (3) Ressourcen und (4) Training als hilfreich. Sie kann als Struktur für zukünftige Lehre zur oder Planung und Erforschung einer Implementation dienen. Die eingeschlossenen Studien beschränken sich auf die Messung einfacher Outcomes und weisen damit auf ein lineares Denken in Bezug auf Implementation hin. Ein solches Forschungsdesign wird dem vielfach komplexen Implementationsgeschehen nicht gerecht, daher wird vorgeschlagen, die von Damschroder et al. (2009) aufgezeigten Aspekte zu berücksichtigen. Publikationen zur Implementation sollten die Projekte nachvollziehbar und transparent darstellen, damitsie zum Erkenntnisgewinn beitragen können. Auch die theoretischen Grundlagen für die Implementationsforschung sind noch ausbaufähig: So wird im CFIR von Damschroder et al. (2009) nicht genügend darauf eingegangen, inwieweit unterschiedliche Strategien anzuwenden sind, wenn eine Intervention nicht ein zusätzliches Element einführen, sondern ein überflüssiges abbauen helfen soll, wie es bei Davies et al. (2002) in der Reduzierung von CTG-Aufzeichnungen der Fall ist. Zudem könnte der framework von Damschroder et al. (2009) weiterhelfen, das Gesundheitspersonal selbst als Motor der Veränderung zu begreifen.

eISSN:
2296-990X
Sprachen:
Englisch, Deutsch
Zeitrahmen der Veröffentlichung:
Volume Open
Fachgebiete der Zeitschrift:
Medizin, Klinische Medizin, andere