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Einleitung

Mit dem ersten Temperaturanstieg, im späten Winter oder frühen Frühjahr, sondert die Weinrebe aus Schnittstellen und anderen Wunden Xylemsaft ab. Dieser Saftfluss wird oft als „Blutung“ bezeichnet und steht gleichzeitig für den Übergang von einer Ruhephase zu einem aktiven Wachstum. Blutungen sind das Ergebnis eines positiven hydrostatischen Drucks, der in den Wurzeln durch die Remobilisierung von Nährstoffreserven aus Stärke und Proteinen sowie Transport von Zucker und Aminosäuren in das Xylem entsteht (Keller, 2010). Der Beginn der Blutung sowie das Ausmaß selbst hängt vom Einfluss verschiedener Faktoren wie Rebsorte, Transpirationsrate, Bodentemperatur und Bodenfeuchtigkeit ab. Eine Erhöhung der Bodenfeuchtigkeit sowie deren Temperatur über 7 °C führt zum Einsetzen von Blutungen (Curle et al., 1983; Keller, 2010; Türkmen et al., 2014). Die Intensität der Blutung kann sich jedoch verzehnfachen, wenn die Bodentemperatur von 10 °C auf 20 °C ansteigt (Alleweldt, 1965). Dieses Phänomen dauert mehrere Tage oder sogar Wochen und es kann auch zu einem diskontinuierlichen Prozess kommen, der eng mit den Änderungen der Bodentemperatur zusammenhängt (Keller, 2010). Allgemein betrachtet scheidet eine Rebe 1 l/Tag Blutungssaft aus, wobei die Absonderung bei höheren Temperaturen einen Wert bis zu 1,5 l/Tag erreichen kann. Viele Faktoren, vor allem die Sorte der Rebe hat einen Einfluss auf die Inhaltsstoffe des Blutungssaftes (Curle et al., 1983). Die Inhaltsstoffe sind im Prinzip Kohlenhydrate, Aminosäuren, organische Säuren (insbesondere Citrat, Malat und Tartarat), Mineralstoffe (insbesondere Kalium und Kalzium), Stickstoffverbindungen sowie Hormone, die in erster Linie zur Versorgung der Pflanze dienen (Keller, 2010; Türkmen et al., 2014). Neben der Versorgung werden viele Mikroben, darunter Nützlinge, Saprophyten und Krankheitserreger (Lugtenberg und Bloemberg, 2004) durch den Saftstrom von der Erde zur Pflanze und zur Traube transportiert (Compant et al., 2008; 2013; Mandl et al., 2015). Die Anzahl der Bakterien, Aktinomyceten und Pilze in Rhizosphärenboden werden auf 10,5 × 106 bzw. 107 pro Gramm geschätzt. Wissenschaftlich und/oder industriell interessante Bakterien so wie Pilze aus der Rhizosphäre umfassen Mykorrhiza, Azospirillum, Bacillus, Pseudomonas, Rhizobium, Alternaria, Fusarium, Gliocladium, Pythium, Rhizoctonia, Trichoderma und Verticillium (Lugtenberg und Bloemberg, 2004).

Die bakterielle endophytische Besiedlung der Wirtspflanze ist gewebespezifisch (Quadt-Hallmann et al., 1997), wobei viele endophytische Bakterien und Hefen die Wurzeln besiedeln und durchdringen (Gognies et al., 2001), das Pflanzengewebe infizieren und sich in den Stängeln beziehungsweise Rebstöcken hinaufbewegen (Compant et al., 2008; 2013; Mandl et al., 2015). Ein anderer Weg der Besiedelung erfolgt durch die Stomata der Blätter (Compant et al., 2010) oder durch die Übertragung von Insekten sowie durch andere wirbellose Tieren wie Nematoden (Harris und Maramorosch, 1980; López-Fernández et al., 2017).

Da die Weinrebe ein natürliches Reservoir ansässiger mikrobieller Ressourcen darstellt (Pinto und Gomes, 2016), war das Hauptziel dieser Studie zu untersuchen, welche Keime sich im Blutungssaft befinden. Eine bessere Kenntnis über die Anwesenheit verschiedener Bakterien und andere Mikroorgansimen im Blutungssaft sowie ihrer Interaktionen mit der Rebe bietet einen potenziellen zielgerichteten Einsatz von bestimmten Bioagenten in das mikrobielle Ökosystem der Rebe im Hinblick auf den Rebenschutz.

Material und Methode
Probenahme des Blutungssaftes

Die Studie wurde auf einem Versuchsweinberg der höheren Bundeslehranstalt und Bundesamt für Weinbau und Obstbau, in Klosterneuburg, bei Wien, Österreich (Koordinaten: 48.294809 N, 16.324693 E; 192 m über dem Meeresspiegel) durchgeführt. Es wurden 16 Rebstöcke auf sandigem, braunem Boden untersucht, wobei eine saubere Trinkwasserflasche zur Gewinnung des Blutungssaftes angebracht wurde. Die alkoholische Desinfektion der Fruchtrute erfolgte unmittelbar nach dem frischen Schnitt, eine ungeöffnete saubere 0,5 l frische PET-Flasche mit stillem Mineralwasser wurde entleert, mit Alkohol (70 Vol-%) desinfiziert und anschließend an der Fruchtrute fixiert. Zum Schutz wurde noch eine Aluminiumfolie angebracht (Abb. 1). Die Flaschen waren sechs Tage an der Rute befestigt und wurden danach gekühlt für weitere Untersuchungen in das Labor gebracht.

Abbildung 1

Verwendete 0,5-l-PET-Flasche für die Gewinnung des Blutungssaftes.

Figure 1. 0.5 l PET bottle used for obtaining the bleeding sap.

DNA-Reinigung und NGS(Next Generation Sequencing)-Analyse

Aus 1 ml Blutungssaft wurde die extrahierte DNA an ein kommerzielles Labor (Eurofins Genomics, Ebersberg, Deutschland) geschickt, um eine Next-Generation-Sequenzierung (NGS) durchzuführen. Die DNA-Extraktion erfolgte mittels NucleoSpin Soil Kit (Macherey Nagel, Düren, Deutschland), danach wurden die Analysen mit einem Illumina MiSeq v3, 2 × 300 bp Modus durchgeführt. Für die Zielregion V1V3 wurden die Primer V1V3_F: AGAGTTTGATCATGGCTCAG und V1V3_R: GTATTACCGCGGCTGCTG verwendet. Das angewandte PCR-Programm beinhaltete 2 min 95 °C, dann 28 Zyklen (30 s 95 °C + 50 s 50 °C + 1 min 72 °C), dann 6 min 72 °C und schließlich 4 °C. Als erster Schritt der Mikrobiomanalyse wurden alle Reads mit mehrdeutigen Basen („N“) entfernt. Chimäre Reads wurden basierend auf dem De-novo-Algorithmus von UCHIME (Edgar et al., 2011) identifiziert mittels VSEARCH-Paket (Rognes et al., 2016). Der verbleibende Satz hochwertiger Lesevorgänge wurde mithilfe der minimalen Entropiezerlegung verarbeitet (Eren et al., 2013; 2015). Minimum Entropy Decomposition (MED) stellt ein recheneffizientes Mittel dar, um Markergen-Datensätze in Operational Taxonomic Units (OTUs) zu unterteilen. Jede OTU repräsentiert ein Cluster mit signifikanter Sequenzdivergenz zu jedem anderen Cluster. Das MED-Verfahren übertrifft klassische, identitätsbasierte Clustering-Algorithmen. Sequenzen können basierend auf relevanten Einzelnukleotidunterschieden partitioniert werden, ohne anfällig für zufällige Sequenzierungsfehler zu sein. Dies ermöglicht eine Zerlegung von Sequenzdatensätzen mit einem einzigen Nukleotidergebnis. Darüber hinaus identifiziert und filtert das MED-Verfahren zufälliges „Rauschen“ im Datensatz, d. h. Sequenzen mit einer sehr geringen Häufigkeit (weniger als ≈ 0,02 % der durchschnittlichen Stichprobengröße). Um jeder OTU taxonomische Informationen zuzuordnen, wurden DC-MEGABLAST-Alignments von cluster-repräsentativen Sequenzen mit der Sequenzdatenbank durchgeführt. Aus dem Satz der am besten passenden Referenzsequenzen (niedrigste gemeinsame taxonomische Einheit aller besten Treffer) wurde dann eine spezifische taxonomische Zuordnung für jede OTU übertragen. Dabei war eine Sequenzidentität von 70–80 % der repräsentativen Sequenz eine Mindestanforderung für die Berücksichtigung von Referenzsequenzen. Die weitere Verarbeitung von OTUs und taxonomischen Zuordnungen erfolgte mit dem Softwarepaket QIIME (Version 1.9.1, http://qiime.org/) (Caporaso et al., 2010) und der NCBI-Datenbank (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/). Die Häufigkeit von bakteriellen taxonomischen Einheiten wurde unter Verwendung von abstammungsspezifischen Kopienzahlen der relevanten Markergene normalisiert, um die Schätzungen zu verbessern (Angly et al., 2014).

Bestimmung der Mineralstoffe

Die Mineralstoffe des Blutungssaftes aller 16 Rebstöcke wurden zur näheren Beschreibung erhoben (Tabelle 1). Die Analysen wurden in der Abteilung „Chemie“ am Bundesamt für Wein- und Obstbau durchgeführt. Zur Probenvorbereitung der Spurenelemente Kupfer, Eisen, Zink und Mangan wurden 10 ml des Blutungssaftes mit 200 μl 37 % Salzsäure versetzt und gemischt. Für die Bestimmung der Makroelemente Kalium, Natrium, Magnesium und Calcium wurde der Blutungssaft 1: 10 mit Salzsäure verdünnt, mit 200 μl Cäsiumchlorid-Lanthanoxid-Lösung versetzt und anschließend gemischt. Die angesäuerten Proben wurden mit dem Probengeber in die Zerstäuberkammer des Atomabsorptionsgerätes (AAS) (Unicam U939, Offenbach, Deutschland) gesaugt, danach wurde die Extinktion bei 324,8 Nanometer (nm) und bei einer Brennerstellung von 0° gemessen. Die Ergebnisse wurden in mg/ml ausgegeben.

Mineralstoffdarstellung in Form von Mittelwerten und Standardabweichungen, erstellt mittels Photometrie und Amtomabsorption; n. n. nicht nachweisbar

Table 1. Representation of the mean values and standard deviations of the minerals using photometry and amtomabsorption; n. n. undetectable

Kalium mg/l Natrium mg/l Magnesium mg/l Calcium mg/l Asche mg/l Kupfer mg/l Eisen mg/l Zink mg/l Mangan mg/l Gesamt-Phosphat (als P2O5) mg/l
Blutungssaft 110 ± 80 n.n. 7,5 ± 6 77,25 ± 6,8 466,8 ± 77 < 0.13 n.n. n.n. 0,38 ± 0,17 48,43 ± 30,98

Die Phosphatmessung erfolgte mittels eines Photometers (HP Diode Array Spectrophotometer 8453 A, Agilent Technologies Österreich, Wien, Österreich), bei dem der Blutungssaft 1: 10 mit 0,5 molarer Salzsäure verdünnt wurde. Die Verdünnung der Standardlösung (479,4 mg K2H2PO4 gelöst in 500 ml 0,5 molarer Salzsäurelösung) wurde in Zehnerpotenz-Schritten ausgeführt und anschließend erfolgte die Messung mit 720 nm, wobei für den Nullwert eine 0,5 molare Salzsäurelösung verwendet wurde.

Statistische Berechnungen

Die Mittelwertberechnung sowie die Standardabweichungen der Mineralstoffwerte erfolgte mittels Excel 2016 (Microsoft Corporation, Redmond, USA) und die Normalverteilung wurde mit IBM® SPSS® Statistics Version 26 (IBM®, New York, USA) mittels Kolomogorov-Smirnov und der Shaphiro-Wilk Test mit einem Signifikanzniveau von 0,05 durchgeführt, gefolgt von einem Mann-Whitney-U-Test für die Gattung Pseudomonas und Aureobasidium.

Ergebnisse und Diskussion
Mineralstoffwerte des Blutungssaftes

Die Mineralstoffwerte (Tabelle 1) wurden mit den Xylemsaftdaten von Keller (2010) verglichen und es wurde festgestellt, dass die Kaliumwerte im Xylemsaft mit 110 ± 80 mg/l den Angaben (39,1–391 mg/l) entsprachen. Natrium konnte in dieser Studie nicht nachgewiesen werden, aber andere Studien haben bestätigt, dass im Xylemsaft mit einem Wert von 2,2–4,6 mg/l zu rechnen ist. Die gemessenen Magnesiumwerte von 7,5 ± 6 mg/l waren viel niedriger im Vergleich zu den Angaben in der Literatur, die bei 24,3–48,6 mg/l liegen, während die Calciumwerte mit 77,3 ± 6,8 mg/l mit den Angaben von 40–200 mg/l übereinstimmen. Die Phosphatwerte (H2PO4) wurden mit 9,6–290 mg/l beschrieben und lagen mit (P2O5) 48,4 ± 30,98 mg/l im bekannten Bereich. Es wurde auch bestätigt, dass die Werte zu den von Keller (2010) angegebenen Werten für anorganische Substanz 0,2–4 g/l passen. Für die Mikronährstoffe Kupfer, Eisen, Zink und Mangan konnten keine Vergleichswerte ausgehoben werden.

NGS-Ergebnisse und Beschreibung der wichtigsten nachgewiesenen Gattungen im Blutungssaft

Die Ergebnisse der Lesevorverarbeitung der Auswahl der OTU (Operational Taxonomic Units) und der taxonomischen Zuordnung sind in Tabelle 2 und die metrischen OTU-Ergebnisse in Abbildung 2 und Tabelle 3 dargestellt. Die statistischen Berechnungen der OTU-Gattungsergebnisse zeigten, dass die Daten nicht normalverteilt waren, abgesehen von der Gattung Pseudomonas und Aureobasidium, deren Normalverteilung zeigte eine exakte Signifikanz von 0,017 (Abb. 3).

Abbildung 2

Grafische Darstellung der Gattungen in OTUs (Operational Taxonomic Units). (n. b. = nicht näher bestimmbar).

Figure 2. Graphic representation of genera in OTUs (Operational Taxonomic Units). (n. b. = not in detail determinable).

Abbildung 3

Die logarithmische Darstellung der Beziehung zwischen der Gattung Pseudomonas (a, b) und Aureobasidium (c) zeigt, dass signifikante Unterschiede (a, b) bei den OTUs von der Gattung Pseudomonas beim Vorhandensein von Areobasidium pullulans (c) auftreten.

Figure 3. Logarithmic plot of the relationship between the genus Pseudomonas (a, b) and Aureobasidium (c) shows that significant differences (a, b) in the OTUs from the genus Pseudomonas occur in the presence of Areobasidium pullulans (c).

Darstellung der NGS-Leseprozesses

Table 2. Representation of the NGS reading process

Parameter OTUs Prozent
Gesamtzahl der Eingabesequenzen 1.471.487 100,0 %
Verbleibende Sequenzen nach Vorverarbeitung und Qualitätsfilterung 1.471.454 100,0 %
Verbleibende Sequenzen nach Chimärenerkennung und -filterung 1.469.417 99,9 %
Gesamtzahl der OTUs zugewiesenen Sequenzen 1.236.742 84,0 %
Gesamtzahl der den Taxa zugeordneten Sequenzen 1.236.227 84,0 %
Kopienzahl korrigierte Gesamtzahl 339.349
Gesamtzahl der OTUs 1.216 100,0 %
Anzahl der OTUs, die der Taxonomie zugeordnet sind 1.215 99,9 %

Metrische Darstellung der OTU (Operational Taxonomic Units) Ergebnisse in Gattungen dargestellt (n. b. = nicht bestimmbar)

Table 3. Metric representation of the OTU (Operational Taxonomic Units) results presented in genera (n. b. = not determinable)

Rebstöcke 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 Betroffene Rebstöcke Prozent
Bakterien (n. b.) 0 556 66 77 66 38 0 0 138 0 0 0 0 0 0 2313 7 44
Jatrophihabitans 0 11 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 6
Curtobacterium 0 0 0 0 0 78 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 6
Bacillus 96 2507 37 0 64 0 0 0 18 0 0 0 0 37 64 338 8 50
Paenibacillus 0 0 52 0 398 0 0 0 444 0 0 96 0 199 587 0 6 38
Enterococcus 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1111 1 6
Weissella 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 572 1 6
Alphaproteobacteria (n. b.) 0 41 0 0 105 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 2 13
Rhizobiales** 0 76 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 6
Beijerinckia 0 82 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 6
Bradyrhizobium 0 126 0 0 184 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 2 13
Hyphomicrobium 0 68 0 0 41 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 2 13
Mesorhizobium 0 46 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 6
Sphingomonas 0 0 76 68 0 213 0 0 0 0 0 0 0 248 226 26025 6 38
Ideonella 0 1493 1603 1354 84 0 0 0 125 0 0 0 0 65 111 464 8 50
Methylibium 246 96 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 2 13
Hydrogenophaga 422 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 6
Oxalobacteraceae (n. b.) 1003 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 120 188 54 4 25
Duganella 986 0 0 0 0 0 0 0 604 0 0 0 0 761 1032 0 4 25
Janthinobacterium 0 0 33 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 99 126 0 3 19
Massilia 3622 441 6873 8636 0 213 0 0 2188 1265 4263 16877 0 14550 19668 506 14 88
Zoogloea 1017 235 104 117 0 0 0 0 82 161 95 0 0 273 396 44 10 63
Gammaproteobacteria (n. b.) 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 588 2440 0 0 0 0 2 13
Enterobacterales (n. b.) 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 409 1 6
Pantoea 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 6963 1 6
Acinetobacter 0 0 0 0 22 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 6
Pseudomonas 10775 160 12861 11718 19 16275 18680 19407 16403 19727 17376 13398 17797 7452 10855 1379 16 100
Aureobasidium 0 191 0 0 246 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 2 13

Die OTU-Werte der NGS (Next Generation Sequencing)-Analysen zeigten, dass vor allem die grafisch dargestellten Bakteriengattungen dominant bei den ausgewählten Rebstöcken vorkamen. Die dominantesten Gattungen der Rebstöcke waren Pseudomonas mit 100 % und Massilia 88 % (Tabelle 3, Abb. 4), die Gattungen Zoogloea wurden mit 63 %, Bacillus mit 50 %, Idonella mit 50 %, Sphingomonas und Paenibacillus mit 38 % bei den Rebstöcken bestimmt. Der hefeähnliche Mikroorganismus Aureobasidium pullulans konnte bei 13 % der Individuen festgestellt werden. Vereinzelt traten bei den Rebstöcken noch die Gattungen Jatrophihabitans, Curtobacterium, Paenibacillus, Enterococcus, Weissella, Alphaproteobacteria n. b. (nicht bestimmbar), Rhizobiales, Beijerinckia, Bradyrhizobium, Hyphomicrobium, Mesorhizobium, Methylibium, Hydrogenophaga, Oxalobacteraceae n. b, Duganella, Janthinobacterium, Enterobacterales n. b, Pantoea und Acinetobacter auf. Die oben benannten Gattungen waren in den letzten Jahren Gegenstand von einigen mikrobiellen Studien (Pinto und Gomes, 2016; Belda et al., 2017) und nur das bessere Wissen über diese Gemeinschaften und ihre Wechselwirkungen mit der Weinrebe sowie die Identifizierung als auch die Charakterisierung neuer Mikroorganismen ermöglichte den Schutz der Weinreben mit biologischem Kontrollpotenzial. Im Interesse dieser Studie ging es in erster Linie darum fest zu stellen, welche Keime sich im Blutungssaft befinden und generell wie diese über dem Xylemsaft im Rebstock verteilt werden. Aureobasidum pullulans konnte in zwei Rebstöcken (zwei und fünf) detektiert werden. Dieser hefeähnliche Organismus ist im Rebökosystem für seine weitreichende Verbreitung über die Pflanzen, sowohl in unterirdischen als auch in oberirdischen Teilen bekannt (Sabate et al., 2002; Martini et al., 2009; Grube et al., 2011; Barata et al., 2012; Pinto et al., 2014) und dominiert die mikrobiellen Konsortien, aber seine funktionelle Rolle ist noch nicht vollständig aufgeklärt. Prinzipiell ist Aureobasidium in den Blättern (Aleynova et al., 2021, Wei et al., 2018), in der Phyllosphäre (Grube et al., 2011), auf der Traube, im Boden (Mandl, 2021) und im Stamm der Rebe (Dissanayake et al, 2018) vorhanden. Von Grube et al. (2011) wurde beschrieben, dass Aureobasidium durch Bacillus inhibiert wird, wobei die Pseudomonadenstämme durch deren Anwesenheit eine antagonistische Aktivität nachweisen können. Unsere Studie zeigte auch, dass die Wirkung auf die Pseudomonaden eindeutig sichtbar ist, währenddessen die Wirkung auf die Gattung Bacillus nicht nachgewiesen werden konnte. Um die Aufgaben von Aureobasidium pullulans zu klären, wurden einige Studien zum besseren Verständnis durchgeführt. Die Studie von Pinto et al. (2018) zielte darauf ab, den aus Weinrebenblättern isolierten Aureobasidium-pullulans-Stamm Fito_F278 zu analysieren, um seine Muster der Weinrebenbesiedlung besser zu verstehen und um seine Wirksamkeit zum Schutz der Weinrebe gegen die Ausbreitung des Botryosphaeria-Sterbeerregers zu bewerten. Die Ergebnisse dieser Studie zeigten, dass der Aureobasidium-pullulans-Stamm Fito_F278 sowohl als Epiphyt wie auch als Endophyt effizient Weinreben besiedeln kann. Der Stamm wächst bei unterschiedlichen pH-Werten (5 bis 11) und unterschiedlich hohen Salzgehalten (bis zu 8 % NaCl). Aureobasidium-pullulans-Stamm Fito_F278 konnte Siderophore produzieren und Phosphat unter Invitro-Bedingungen solubilisieren. Auch zeigte dieser Stamm einige wichtige extrazelluläre enzymatische Aktivitäten wie die Bildung von Cellulase, Pektinase, Protease, Lipase und Amylase, wobei die Uraseaktivität nicht nachgewiesen werden konnte. Zusätzlich ist eine deutliche Verringerung der mikrobiellen Belastung des Bodens und der Rhizosphäre bei den Pflanzen zu beobachten, die mit dem Stamm Fito_F278 behandelt wurden, was auf eine Verbesserung des Wettbewerbpotenzials im mikrobiellen Ökosystem hindeutet. Überhaupt gibt die gegenwärtige Studie erste Einblicke in das Zusammenspiel von A.-pullulans-Stamm Fito_F278 mit Weinrebe und seine potenzielle Rolle gegenüber dem Erreger Diplodia seriata und seiner Bedeutung für eine widerstandsfähigere Weinrebe. Die Besiedlung des inneren Blattgewebes wurde in der Studie beobachtet, aber nicht systematisch bestätigt. Andere Studien haben eine weite Verbreitung A. pullulans zur Besiedelung von Weinreben belegt wie z. B. Schnittwunden, Holz, Blätter, Trauben und Most (Munkvold und Marois, 1993; Martini et al., 2009; Pinto et al., 2014; 2015; Fischer et al., 2016), darüber hinaus konnte A. pullulans noch in anderen Pflanzen wie Apfel, Gurke, Kohl, Getreidekörner, Lebensmittel Produkten sowie in Wasser gefunden werden (Deshpande et al., 1992; Vero et al., 2009, Pinto et al., 2018). Es kann davon ausgegangen werden, dass der gefundene Aureobasidium-Stamm sich ähnlich wie der Stamm Fito_F278 verhält und aktiv zur Pflanzengesundheit dieser Rebstöcke beiträgt.

Eine endophytische Bakteriengruppe mit bekannter biologisch aktiver Funktion, die in dieser Studie bei allen 16 Individuen im Blutungssaft gefunden wurde, ist die Gattung Pseudomonas. Bei den Stöcken, wo ein Befall mit Aureobasidium präsent war, zeigte sich, dass die Anzahl der OTUS der Pseudomonaden signifikant reduziert wurde, wie es bereits von Grube et al. (2011) beschrieben wurde.

Die Pseudomonaden befinden sich sowohl in den Blüten, als auch in und auf den Blättern, dann in der Traubenzone (Leveau und Tech, 2011; Zarraonaindia et al., 2015) sowie in der Rhizosphäre (Lutgenberg und Bloemberg, 2004) und stellen einen wichtigen Teil des endophytischen Weinmikrobioms dar (Leveau und Tech, 2011; Zarraonaindia et al. 2015). Einige Pseudomonas-Stämme wirken als Biodünger, indem sie atmosphärische Stoffe wie Stickstoff in Ammoniak umwandeln, dieser kann von der Pflanze als Stickstoffquelle genutzt werden, sowie als Bioagent gegen Fusarium, Gaeumannomyces, Rhizotonia und Rossellinia. Die Hemmung der Konkurrenzflora der Pseudomonaden erfolgt durch Antibiosis, Nährstoffwettbewerb, Siderophorenbildung sowie durch Abgabe von bakteriellen Stoffwechselprodukten; es wird die Produktion von Ethylen und Auxin in der Pflanze stimuliert, was zum verstärktem Wachstum führt (Lutgenberg und Bloemberg, 2004). Des Weiteren hat Pseudomonas putida einen ähnlichen wachstumsfördernden Effekt, wenn sie mit der arbusculären Mycorrhiza vergesellschaftet ist (Artursson et al., 2006), und dieses Phänomen wird auch als plant-growth promoting ricobacteria (PGPR) (Santoyo et al., 2016) bezeichnet. Da in allen 16 Rebstöcken dieser Studie Pseudomonas gefunden wurde, kann davon ausgegangen werden, dass es sich um einen sehr wichtigen mikrobiellen Bestandteil mit wichtigen pflanzenstärkenden Aufgaben handelt und die Grundlage für die gewebespezifische Besiedlung darstellt.

Die Gattung Massilia gehört zu einer weiteren wichtigen Bakteriengruppe, die wir im Blutungssaft gefunden haben. Der Bakterienstamm war in 88 % aller Rebstöcke präsent. Über diese Gattung ist in der Literatur sehr selten etwas zu finden und sie wurde in Rhizosphärenstudien selten untersucht, daher ist über das Verhalten von Massilia im Wurzelbereich und deren Interaktion mit anderen Bakterien noch wenig bekannt (Ofek et al., 2012). Mitglieder der Gattung Massilia gehören zur Familie der Oxalobacteriaceae und wurden in erster Linie aus klinischen Blutproben isoliert (La Scola et al., 1998; Lindquist et al., 2003). Es handelt sich, um ein aerobes, begeißeltes, nicht sporenbildendes, gramnegatives, oxidasepositives Stäbchen (La Scola et al., 1998; Kämpfer et al., 2010; Baek et al., 2022), das in Luft, Aerosolen, Staubproben (Parkarinen et al., 2008; Blatny et al., 2011; Fahlgren et al., 2011), Süßwasser (Gallego et al., 2006), Böden (Nagy et al., 2005; Baek et al., 2022), Blätter (Wemheuer et al., 2019) und Phyllosphäre (Zhou et al., 2010) gefunden wurde. Da Massilia in den meisten Rebstöcken im Blutungssaft gefunden wurde, ist die Bedeutung dieser Gattung im Weinmikrobiom wahrscheinlich größer als vermutet und erfordert noch intensive Grundlagenforschung, um deren Bedeutung und Aufgabe in der Pflanze vollständig zu erfassen und zu verstehen.

Eine weitere Gattung, genannt Zoogloea, die in diesem Versuch mit 63 % im Blutungssaft aller Rebstöcke nachgewiesen wurde, ist in der Literatur noch sehr wenig beschrieben; es ist nur bekannt, dass es sich um ein gramnegatives und bewegliches Stäbchen handelt. Diese Gattung hat die Fähigkeit, atmosphärischen Stickstoff zu fixieren (Dahal et al., 2020) und die Pflanze bei der Stickstoffversorgung zu unterstützen.

Aus den Gesamtergebnissen unserer Studie folgt, dass alle im Blutungssaft vorkommenden Gattungen einen wichtigen Faktor für die Pflanzengesundheit darstellen können wie in der Literatur mehrfach beschrieben zum Beispiel als Bioagenten, Stickstofffixierer oder/und Bildner von Pflanzenwachstumsfaktoren (Ippolito et al., 2000; Castoria et al., 2001; Schena et al., 2002; Bencheqroun et al., 2007; Vero et al., 2009; Rathnayake et al., 2018). Die Bakterien sowie Aureobasidium pullulans werden schon zum Teil im Agararsektor zur Pflanzengesundheit eingesetzt, wichtig dabei ist vor allem die Balance der Mikroorgansimen aufrecht zu erhalten, die unter dem Einfluss verschiedener Faktoren gestört werden kann. Die häufigsten Faktoren, die die Balance zwischen Mikroorganismen stören können, sind Temperatur, pH-Wert, Erdbeschaffenheit, Bewirtschaftungssystem, Mikrobiom und die Pflanze selbst. Das Wissen um die einzelnen Bakterien und deren Wechselwirkung mit der Umwelt befindet sich noch in der Identifizierungsphase sowie in der Durchführung erster Studien, so dass noch viele weitere ökologische, interaktive Studien notwendig sind, um dieses komplexe großartige System zu verstehen. Anhand dieser Studie konnten wir feststellen, welche Bakterien sich frei in der Pflanze bewegen können und eine Grundvoraussetzung zur internen Besiedlung der Pflanze darstellen.

Schlussfolgerung

Da die Weinrebe ein natürliches Reservoir ansässiger mikrobieller Ressourcen darstellt, die in ein komplexes Mikroökosystem eingebettet ist, war das Hauptziel dieser Studie zu untersuchen, welche Keime sich in Blutungssaft befinden und ob sie durch die Pflanze transportiert werden. Es konnte gezeigt werden, dass Pseudomonaden, welche aktiv durch Aureobasidium beeinflusst werden, neben Massilia die wichtigsten Bakteriengattungen waren. Sie können sich frei im Blutungssaft bewegen und stellen eine Grundvoraussetzung einer gewebespezifischen Besiedlung sowie Stärkung der Pflanzengesundheit dar.

eISSN:
2719-5430
Language:
English
Publication timeframe:
4 times per year
Journal Subjects:
Life Sciences, Ecology, other