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Einleitung

Während das Jahr 2019 von der Debatte über Umweltschutz geprägt war, wurde das Thema im Jahr 2020 von der Covid-19-Krise und den damit verbundenen gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Konsequenzen überschattet (Pinner et al., 2020). Zwar ergab sich im Jahr 2020 eine vorübergehende Reduktion der CO2-Emissionen (United Nations Environment Programme, 2020), um das 1,5°C Ziel des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, sind in den nächsten Jahren jedoch stets Reduktionen dieser Größenordnung notwendig (Le Quéré et al., 2021). Für die kommenden Jahre wird allerdings ein Anstieg der CO2-Emissionen prognostiziert (Sommer et al., 2021), was auch trotz der Covid-19-Krise die Dringlichkeit von umfassenden Umweltschutzmaßnahmen verdeutlicht.

Die Entstehung der Pandemie geht mit dem Klimawandel und der Veränderung von Lebensräumen einher (Lorentzen et al., 2020). Ebenso ist die Lebensweise der Menschheit mit der Entstehung und Verbreitung der Pandemie, aber auch dem Fortschreiten der Klimakrise verknüpft (Ginzky et al., 2020), wobei die Eintrittswahrscheinlichkeit der Klimakrise höher als jene von Pandemien eingeschätzt wird (World Economic Forum, 2021). Weitere Gemeinsamkeiten von Covid-19- und Umweltkrise sind beispielsweise deren globales Ausmaß, die strukturelle Verteilungsungerechtigkeit (Ginzky et al., 2020) sowie die Tatsache, dass verzögertes Handeln große Konsequenzen hat. In beiden Fällen ist es außerdem wichtig, dass die Bevölkerung die Maßnahmen mitträgt (Klenert et al., 2020) und über ein Bewusstsein für mögliche Folgen verfügt (Bouman et al., 2021).

Im Zusammenhang mit der Klimakrise ist das Umweltbewusstsein der Bevölkerung von großer Bedeutung. Jungen Menschen und den nachfolgenden Generationen kommt in Hinblick auf die zukünftige Entwicklung des Umweltbewusstseins eine große Bedeutung zu (Gossen et al., 2015), weshalb in dieser Arbeit der Fokus speziell auf junge Erwachsene gelegt wird. 20- bis 30-Jährige stellen somit die Zielgruppe der vorliegenden Arbeit dar. Der Terminus des Umweltbewusstseins ist nicht eindeutig definiert (Bogun, 2002) und besteht aus der affektiven, kognitiven und konativen Komponente (Maloney und Ward, 1973). Umweltbewusstsein ist also gleichzeitig ein gesellschaftlicher Wert und eine persönliche Norm (Hellbrück und Fischer, 1999). Es ist jedoch veränderbar und unterliegt Schwankungen, welche vor allem dann auftreten, wenn das Thema durch neue gesellschaftliche Herausforderungen überschattet wird (Schipperges et al., 2016). Dies ist in Hinblick auf die Covid-19-Krise von großer Relevanz, allerdings liegen hierzu erst wenige Studien vor.

Die folgende Arbeit befasst sich daher mit folgender Forschungsfrage: Inwiefern hat sich die affektive und kognitive Komponente des Umweltbewusstseins von 20- bis 30-Jährigen, in Österreich lebenden Personen im Vergleich zum Zeitraum vor der Covid-19-Krise (Dezember, 2019, Januar/Februar 2020) verändert? Aufgrund der begrenzten Literaturverfügbarkeit orientiert sich die Arbeit an der Vorgangsweise einer explorativen quantitativen Studie. Folgende Forschungsfragen werden untersucht:

F1: Welchen Stellenwert haben Klima- und Covid-19-Krise beim Problembewusstsein von in Österreich lebenden Personen zwischen 20 und 30 Jahren?

F2: Inwiefern hat sich die affektive/kognitive Komponente des Umweltbewusstseins von in Österreich lebenden Personen zwischen 20 und 30 Jahren im Vergleich zum Zeitraum direkt vor der Covid-19-Krise verändert?

F3: Inwiefern hängt eine mögliche Veränderung der affektiven/kognitiven Komponente des Umweltbewusstseins mit soziodemografischen Merkmalen sowie der gesundheitlichen beziehungsweise finanziellen Betroffenheit durch die Covid-19-Krise zusammen?

Die Beantwortung dieser Fragestellungen ermöglicht ein erweitertes Verständnis der zeitlichen Entwicklung des Umweltbewusstseins sowie eine kritische Auseinandersetzung mit der zugrundeliegenden Theorie. Da die konative (handlungsbezogen) Komponente im Gegensatz zur affektiven (gefühlsbezogen) und kognitive (einstellungsbezogen) Komponente durch einen erschwerten Erhebungsmodus gekennzeichnet wird, wird diese nicht näher analysiert. Aufgrund des Einflusses der Covid-19-Krise auf das Umwelthandeln wird auf eine Untersuchung der konativen Komponente verzichtet. Die Arbeit baut dabei auf einer Studie von Geiger (2019) auf und verwendet deren Skala für die affektive/kognitive Komponente umgelegt auf den österreichischen Raum.

Das folgende Paper gliedert sich in fünf Teile. Nach dieser Einleitung wird der theoretische Hintergrund des Umweltbewusstseins und die angewandte Methode erläutert. Anschließend folgen Präsentation und Diskussion der Ergebnisse. Am Schluss wird auf Limitationen sowie mögliche zukünftige Forschungsansätze eingegangen.

Theoretischer Hintergrund

Umweltbewusstsein ist nicht eindeutig definiert, sondern vielmehr ein „schillernde[r] Terminus“ (Haan und Kuckartz, 1996) und Sammelbegriff für ökologische Einstellungen (Diekmann und Preisendörfer, 2001). Weitere, teilweise synonym verwendete Begrifflichkeiten sind „Umwelteinstellungen“, „Problem- und Verantwortungsbewusstsein“ oder „Umweltmoral“ (Bogun, 2002). Die Verwendung im Alltagskontext ist als Ursache für fehlende wissenschaftliche Begriffsbestimmungen zu sehen (Dierkes und Fietkau, 1988), weshalb das Verständnis von Umweltbewusstsein je nach Autor*in variiert (Bogun, 2002). Wie auch in dieser Arbeit wird häufig auf die Definition aus dem Umweltgutachten des deutschen Rats von Sachverständigen für Umweltfragen verwiesen, wonach Umweltbewusstsein „die Einsicht in die Gefährdung der Lebensgrundlagen des Menschen durch diesen selbst, verbunden mit der Bereitschaft zur Abhilfe“ (Rat der Sachverständigen für Umweltfragen, 1978) umfasst.

Umweltbewusstsein ist sowohl individuell wie auch sozial verankert (Urban, 1986) und es kann ein- aber auch mehrdimensional erfasst werden. Laut mehrdimensionaler Konzepte umfasst der Begriff die konative, die kognitive sowie die affektive Komponente (Temmen und Fiebelkorn, 2020). Diese sind in Abbildung 1 schematisch dargestellt.

Abbildung 1

Hierarchische Darstellung der Komponenten des Umweltbewusstseins (eigene Abbildung nach Spada, 1990 und Kuckartz, 1998).

Figure 1. Hierarchical representation of the components of environmental awareness (own illustration based on Spada, 1990 and Kuckartz, 1998).

Unter der affektiven Komponente des Umweltbewusstseins versteht man demnach normative Werteorientierungen und Einstellungen gegenüber Umwelt und Umweltschutz, aber auch Gefühlsäußerungen (Kuckartz, 1998) und Betroffenheit (Spada, 1990). Als Beispiel sind Emotionen, wie Angst, Wut oder Hoffnung, zu nennen (Best, 2011). Obwohl die affektive Komponente als eher handlungsfern einzustufen ist, kann von ihr eine große Wirkung ausgehen (Urban, 1986). Die kognitive Komponente „umfasst die rationale Einsicht in die faktische Existenz von Umweltproblemen“ (Best, 2011). Relevant ist der Wissens- und Informations-stand über umweltrelevante Sachverhalte und Methoden (Kuckartz, 1998). Die konative Komponente beschreibt Verhaltensintentionen (Spada, 1990) sowie umweltfreundliche Verhaltensweisen im Alltag (Stone et al., 1995).

Die Erfassung des Umweltbewusstseins ist vor allem für die Analyse von langfristigen Entwicklungen relevant (Scholl et al., 2016). In den meisten Studien wird Umweltbewusstsein über die gestellten Fragen operationalisiert und umfasst umwelt-, gesellschafts- und politikbezogene Einstellungen, wie beispielsweise die Bedeutung gesellschaftlicher Probleme oder Einstellungen zur Umwelt. Außerdem werden Verhaltensweisen erhoben (Scholl et al., 2016). Da die verwendeten Variablen und Definitionen je nach Studie differieren, sind diese nur schwer miteinander vergleichbar (Neugebauer, 2004). Es ist nicht eindeutig festgelegt, ob diese Differenzierung artifizieller oder substanzieller Natur ist (Best, 2011). Anzunehmen ist außerdem, dass individuelle Einflussfaktoren wie Bildung, Alter, Geschlecht und die politischen Einstellungen in einem Zusammenhang mit dem Umweltbewusstsein stehen (Franzen und Meyer, 2004).

Material und Methode

Die Literaturrecherche erfolgte durch Kombination aus systematischer Recherche und dem Schneeballprinzip. Dabei wurde auf Google Scholar sowie den Bibliothekskatalogen der Universität für Bodenkultur Wien und der Wirtschaftsuniversität Wien nach folgenden Schlagwörtern und deren englischen Übersetzungen gesucht: Umweltbewusstsein (environmental awareness, environmental concern), Umwelteinstellung (environmental attitude), Umweltverhalten (environmental behaviour), Problembewusstsein (problem awareness), Covid-19-Krise (Covid 19). Für die Analyse der Auswirkungen der Covid-19-Krise auf das Umweltbewusstsein wurden Studien einbezogen, welche vor dem 31.05.2021 erschienen sind.

Untersuchungsdesign

Um die Validität der Messinstrumente zu garantieren, orientierte sich die Befragung an vorangegangenen Erhebungen, wie dem International Social Survey Programme zum Thema Umwelt (ISSP, 2010) sowie der Umweltbewusstseinsstudie des deutschen Bundesumweltministeriums und Umweltbundesamts. Diese orientiert sich an der Diekmann/Preisendörfer-Skala, für die eine hohe Reliabilität spricht (Best, 2011). Um die Durchführung von Befragungen zu erleichtern, enthält die letztgenannte Studie eine Kurzfassung mit neun Items, welche über ein Cronbachs Alpha von 0,71 verfügt (Geiger, 2019). Hierbei wird nicht zwischen der affektiven und kognitiven Komponente unterschieden, sondern diese Dimensionen werden gemeinsam behandelt. Die Studie von Geiger (2019) ergab, dass die Subskalen nahezu perfekt miteinander korrelieren, deshalb wird in dieser Arbeit ein zweidimensionales Modell verwendet. Als Basis für die vorliegende Befragung dient die Kurzfassung von Geiger (2019).

Im Rahmen der Aus- und Überarbeitung des Fragebogens wurden fünf qualitative Pretests durchgeführt, welche den Fragebogen in Hinblick auf Verständlichkeit, Sprache und Layout untersuchten. Daran anschließend wurde ein quantitativer Pretest mit 17 Teilnehmer*innen durchgeführt und versuchsweise erste Datenanalysen durchgeführt.

Die finalisierte Befragung wurde als Online-Umfrage über die Applikation LimeSurvey durchgeführt und den Teilnehmer*innen vom 4.5.2021 bis zum 13.5.2021 zur Verfügung gestellt. Es handelt sich bei dieser Befragung um eine Gelegenheitsstichprobe mit 210 Teilnehmenden, welche durch die willkürliche und nicht-probabilistische Auswahl der Befragten gekennzeichnet und daher nur begrenzt aussagekräftig ist (Döring und Bortz, 2016).

Die Verbreitung des Fragebogens erfolgte unter jungen Erwachsenen (zwischen 20 und 30 Jahren) auf sozialen Plattformen, wie Instagram und Facebook.

Erhebungsinstrumente

Da sich der Fragebogen lediglich an in Österreich lebende Personen zwischen 20 und 30 Jahren richtete, sicherte eine Teilnahmebedingung zu Beginn ab, dass alle Teilnehmer*innen dieser Zielgruppe entsprechen. Die Teilnehmer*innen wurden außerdem über die Dauer und Anonymisierung des Fragebogens aufgeklärt. Die Verbreitung des Fragebogens erfolgte über das Schneeballprinzip im erweiterten Bekanntenkreis, wobei die Teilnehmer*innen der Befragung gebeten wurden, den Fragebogen weiterzuleiten.

Zu Beginn wurden die größten Probleme, denen Österreich heute gegenübersteht, abgefragt. Es handelt sich hierbei um eine häufig gestellte Einzelfrage zur Messung des Umweltbewusstseins, welche auch in der deutschen Umweltbewusstseinsstudie angewandt wird (Scholl et al., 2016). Die affektive und kognitive Komponente des Umweltbewusstseins wurden auf Basis der beschriebenen Kurzfassung von Geiger (2019) erfasst. Die Reihenfolge der Statements wurde randomisiert und mit einer klassischen fünfstufigen Likert-Skala erhoben. Die Erfassung der Veränderung dieser Komponenten beruht auf der Selbsteinschätzung der Befragten und wurde ebenfalls mit Statements erhoben. Hierfür wurden die Items von Geiger (2019) umformuliert und mit einer fünfstufigen Skala erhoben. Abgefragt wurde außerdem die finanzielle und gesundheitliche Betroffenheit durch die Covid-19-Krise sowie das Ausmaß der Sorgen. Diese Items basieren auf der Studie von Osberghaus et al. (2020). Abschließend wurden die soziodemografischen Merkmale „Geschlecht“, „Alter“, „Bildungsstand“ und „hauptberufliche Tätigkeit“ abgefragt. In ein offenes Textfeld konnten außerdem mögliche Anmerkungen zur Befragung abgegeben werden.

Auswertungsmethoden

Die Auswertung der generierten Daten erfolgte mit dem Statistikprogramm SPSS Version 26. Aufgrund von forschungsethischen und Datenschutzgründen wurden die Daten in aggregierter Form ausgewertet (Döring und Bortz, 2016). Im Rahmen der Datenaufbereitung wurden abgebrochene Antwortbögen sowie nicht in die Zielgruppe passende Teilnehmer*innen ausgeschlossen. Insgesamt wurden deshalb von 286 Datensätzen 76 verworfen. Hieraus ergibt sich eine endgültige Stichprobengröße von 210 Personen. Anschließend wurde zu den Subskalen „affektive/kognitive Komponente nach Geiger” und „Veränderung der affektiven/kognitiven Komponente” ein Mittelwertindex gebildet. Um Aussagen über die Reliabilität der verwendeten Skalen zu treffen, wurde Cronbachs Alpha für die Subskalen berechnet. Die Skala „affektive/kognitive Komponente nach Geiger” verfügt über ein Cronbachs Alpha von 0,615, die Skala „Veränderung der affektiven/kognitiven Komponente” über ein Cronbachs Alpha von 0,750. Die Rating-Skalen wurden mit eins bis fünf codiert, dabei stehen hohe Werte für ein ausgeprägtes Umweltbewusstsein. Die Skala „Veränderung der affektiven/kognitiven Komponente” wurde mit minus zwei bis plus zwei codiert. Positive Werte entsprechen einer Zunahme der Zustimmung zu den Aussagen und negative Werte einer Abnahme. Aufgrund der Anwendung von fünfstufigen Ratingskalen kann hierbei eine Intervallskalierung angenommen werden (Döring und Bortz, 2016).

Zur Beschreibung der Stichprobe wurden die soziodemografischen Daten deskriptiv ausgewertet. Zudem wurden Häufigkeitsverteilungen berechnet. Da nach dem Kolmogorov-Smirnov-Test keine Normalverteilung der intervallskalierten Variablen vorliegt, wurden zur Beantwortung der Forschungsfragen Rangkorrelationen nach Spearman berechnet. Es kann zwar nach dem Grenzwerttheorem eine Normalverteilung bei einer Stichprobengröße von über 30 Personen angenommen werden, jedoch weichen die vorliegenden Daten stark von einer Normalverteilung ab, sodass davon abgesehen wurde. Als Signifikanzniveau wurde p < 0,05 festgelegt. Für die Testung auf signifikante Unterschiede zwischen den Geschlechtern wurden Mann-Whitney-U-Tests und exakte Tests nach Fisher durchgeführt. Die Interpretation der Effektstärken beruht auf der Klassifizie-rung von Cohen (1992).

Ergebnisse und Diskussion
Stichprobenbeschreibung

Die Stichprobengröße der Gelegenheitsstichprobe umfasst 210 Personen. Die detaillierte Beschreibung der Stichprobe ist in Tabelle 1 abgebildet. Mit 79,5 % (n = 167) studieren mehr als drei Viertel der Teilnehmer*innen hauptberuflich, 12,9 % (n = 27) sind angestellt und 4,8 % (n = 10) gehen einer sonstigen Beschäftigung nach. Die Ergebnisse der Studie sind nicht repräsentativ für die österreichische Bevölkerung.

Gegenüberstellung der erhobenen Stichprobe zur österreichischen Grundgesamtheit.

Table 1. Comparison of the surveyed sample in relation to the Austrian population.

Variable Stichprobe Österreichische Grundgesamtheit
Geschlecht weiblich n/N 71,9 % 50,8 %*
n 151 4 535 712*

männlich n/N 26,7% 49,2 %*
n 56 4 396 952*

divers n/N 1 %
n 0,5

Bildungs-abschluss Pflichtschule n/N 0,5 % 35,1 %**
n 1 546.593**

Abgeschlossene Lehre n/N 2,4 % 21 %**
n 5 326.070**

Matura n/N 74,3 % 24,6 %**
n 156 383.192**

Universitärer oder sonstiger Abschluss n/N 22,9 % 10,8 %**
n 48 168.265**

Die Zahlen beziehen sich auf die Alterspanne von 20–30, 2021 (Statistik Austria, 2022)

Die Zahlen beziehen sich auf die Alterspanne von 15–29, 2019 (Statistik Austria, 2021)

Beantwortung der Forschungsfragen

F1: Welchen Stellenwert haben Klima- und Covid-19-Krise beim Problembewusstsein von in Österreich lebenden Personen zwischen 20 und 30 Jahren?

Die Teilnehmer*innen wurden gebeten, aus einer Reihe von angeführten Herausforderungen, denen sich Österreich heute gegenübersieht, jene zwei Probleme auszuwählen, welche ihrer Meinung nach die größte Bedeutung haben. Die relativen Häufigkeiten und die Rangfolge der Nennungen sind in Tabelle 2 dargestellt.

Einschätzung der größten Problemfelder, denen Österreich gegenübersieht (Zweifachnennungen möglich).

Table 2. Assessment of the greatest problem areas facing Austria (two answers possible).

Rang Herausforderungen n/N n
1 Umweltzerstörung und Klimakrise 71,0 % 149
2 Soziale Gerechtigkeit 45,2 % 95
3 Arbeitslosigkeit und wirtschaftliche Entwicklung 24,3 % 51
4 Covid-19-Krise 22,9 % 48
5 Zustand des Bildungswesens 19,5 % 41
6 Zuwanderung und Migration 6,2 % 13
7 Kriminalität und öffentliche Sicherheit 5,2 % 11
8 Terrorismus 3,8 % 8
9 Anderes 1,9 % 4

Die drei am häufigsten genannten Problemfelder sind Umweltzerstörung und Klimakrise, Soziale Gerechtigkeit sowie Arbeitslosigkeit und wirtschaftliche Entwicklung. Die Covid-19-Krise folgt auf Rang vier. Während 72,8 % (n = 110) der weiblichen Befragten Umweltzerstörung als eine der zwei größten Herausforderungen sehen, ist dies bei 66,1 % (n = 37) der männlichen Befragten der Fall. 23,8 % (n = 36) der Frauen und 21,4 % (n = 12) der Männer nennen die Covid-19-Krise als eine der zwei größten Herausforderungen. Die Geschlechterunterschiede der Nennung von Umwelt- und Klimakrise (Exakter Test nach Fisher = 0,806, p = 0,933) beziehungsweise Covid-19-Krise (Exakter Test nach Fisher = 2,198, p = 0,573) sind statistisch nicht signifikant.

Im Gegensatz zu den Ergebnissen der vorliegenden Studie wird in der für die österreichische Gesamtbevölkerung repräsentativen Eurobarometer-Umfrage aus den Monaten Februar/März 2021 das Problemfeld „Umwelt und Klima“ von nur 12 % der Befragten genannt. Die drei meistgenannten Herausforderungen sind Gesundheit, Arbeitslosigkeit und wirtschaftliche Entwicklung (Europäische Kommission, 2021). In der Eurobarometer-Umfrage von Herbst 2019, welche für die Analyse des Zeitraums vor der Covid-19-Krise herangezogen werden kann, war das Themenfeld „Umwelt, Klima und Energie“ mit 22 % hingegen die am häufigsten genannte Herausforderung (Europäische Kommission, 2019). Dies spricht für eine deutliche Abnahme des Problembewusstseins bezüglich der Klimakrise der österreichischen Bevölkerung. Die Ergebnisse der Umweltbewusstseinsstudie des deutschen Umweltbundesamtes für das Jahr 2020 deuten jedoch nicht auf eine Abnahme des Problembewusstseins. Dem Umwelt- und Klimaschutz wird eine höhere Bedeutung als der Covid-19-Pandemie zugeschrieben (Gellrich, 2021). Das Problembewusstsein wird zwar beispielsweise in der Umweltbewusstseinsstudie des deutschen Umweltbundesamtes erfasst, es ist jedoch kritisch zu hinterfragen, ob mit diesem Item das Umweltbewusstsein in seiner psychologischen Definition erhoben wird und welche Konsequenzen die Einschätzung des Stellenwerts von Umweltproblematiken hat (Gellrich, 2021). Es ist demnach festzuhalten, dass das Problembewusstsein eine erste Möglichkeit zur Erfassung des Umweltbewusstseins darstellt, aber nicht zur umfassenden Beschreibung dessen geeignet ist.

Die vorliegenden Ergebnisse decken sich teilweise mit bekannten Studien. Ein möglicher Grund für die Abweichung der vorliegenden Umfrage von den Ergebnissen anderer Studien ist das Alter der Teilnehmer*innen (junge Erwachsene zwischen 20 und 30 Jahren). Außerdem können das Untersuchungsdesign und die von der Gesamtbevölkerung abweichenden Eigenschaften der Stichprobe eine Rolle spielen. Auch die mediale Berichterstattung beeinflusst das Problembewusstsein der Teilnehmer*innen (Scholl et al., 2016). Dies ist gerade in Hinblick auf die Abnahme der Klimaberichterstattung infolge der Covid-19-Krise relevant.

F2: Inwiefern hat sich die affektive/kognitive Komponente des Umweltbewusstseins von in Österreich lebenden Personen zwischen 20 und 30 Jahren im Vergleich zum Zeitraum vor der Covid-19-Krise verändert?

Die Ausprägung der affektiven/kognitiven Komponente des Umweltbewusstseins verfügt auf einer Skala von eins bis fünf über einen Mittelwert (M) = 4,41 und eine Standardabweichung (SD) = 0,474. Die Extrema liegen bei einem Minimum = 2,17 und Maximum = 5,0. Es gibt einen signifikanten Geschlechterunterschied der Ausprägung von affektiver/kognitiver Komponente (Mann-Whitney-U-Test (U) = 3038,5, Z-Wert (Z) = −3,133, p = 0,002), wobei höhere Werte bei Frauen (M = 4,48, SD = 0,438) als bei Männern (M = 4,25, SD = 0,521) erreicht werden.

Der Mittelwert der Veränderung der affektiven/kognitiven Komponente beträgt auf einer Skala von minus zwei bis plus zwei M = 0,666 und die Standardabweichung SD = 0,596. Dies entspricht einer leichten Zunahme der affektiven/kognitiven Komponente. Die Veränderung der affektiven/kognitiven Komponente ist bei Frauen höher ausgeprägt und weniger Schwankung unterworfen (M = 0,74, SD = 0,563) als bei Männern (M = 0,49, SD = 0,645) und in Abbildung 2 erkennbar. Dieser Unterschied ist statistisch signifikant (U = 3203, Z = −2,69, p = 0,007). Median, Quartile und Spannweite der Veränderung der affektiven/kognitiven Komponente sind in Abbildung 2 ersichtlich.

Abbildung 2

Boxplot zur Veränderung der affektiven/kognitiven Komponente des Umweltbewusstseins.

Figure 2. Boxplot of change in the affective/cognitive component of environmental awareness.

Die Teilnehmer*innen wurden außerdem um ihre persönliche Einschätzung zur Veränderung des Umweltbewusstseins im Vergleich zum Zeitraum vor der Covid-19-Krise gebeten. Während 50,5 % der Teilnehmenden der Meinung sind, dass sich ihr persönliches Umweltbewusstsein nicht verändert hat (n = 106), finden 45,7 %, dass es zu einer Zunahme gekommen ist (n = 96). Eine Abnahme ist bei 3,8 % (n = 8) der Befragten zu verzeichnen. Es zeigt sich kein signifikanter Unterschied zwischen den Geschlechtern (U = 4064,5, Z = −0,474, p = 0,635).

Des Weiteren treten Zusammenhänge zwischen der Veränderung der affektiven/kognitiven Komponente und der selbsteingeschätzten Veränderung, der Ausprägung der affektiven/kognitiven Komponente sowie der Wahrnehmung eines Zusammenhangs zwischen Covid-19- und Klimakrise auf. Kein Zusammenhang zeigt sich hingegen zwischen der Veränderung der affektiven/kognitiven Komponente und der Problemwahrnehmung von Umweltzerstörung und Klimakrise sowie Covid-19-Krise. Diese Korrelationen sind in Tabelle 3 dargestellt.

Korrelationsmatrix von Veränderung der affektiven/kognitiven Komponente und verschiedenen Items.

Table 3. Correlation matrix of change in affective/cognitive component and various items.

Items Veränderung der affektiven/kognitiven Komponente
Selbsteinschätzung der Veränderung des Umweltbewusstseins rs 0,416**
p 0,000
n 210

Ausprägung der affektiven/kognitiven Komponente rs 0,309**
p 0,000
n 210

Problemwahrnehmung Umweltzerstörung und Klimakrise rs 0,033
p 0,637
n 210

Problemwahrnehmung Covid-19-Krise rs 0,035
p 0,615
n 210

Wahrnehmung eines Zusammenhangs zwischen Covid-19- und Klimakrise r 0,167*
p 0,015
n 210

Korrelation ist auf dem 0,05-Niveau signifikant (zweiseitig)

Korrelation ist auf dem 0,01-Niveau signifikant (zweiseitig)

Die Ergebnisse der vorliegenden Umfrage weisen demnach auf eine geringe Zunahme der affektiven/kognitiven Komponente des Umweltbewusstseins hin. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch bei einer Befragung von europäischen Universitätsstudenten, bei welcher im direkten Vergleich zum Zeitraum vor der Covid-19-Krise mäßig höhere Zustimmungswerte zu Aussagen der affektiven Komponente nachgewiesen werden konnten (Lucarelli et al., 2020). Keine Hinweise auf eine Veränderung der affektiven Komponente finden sich hingegen bei einer in Tschechien durchgeführten Umfrage (Urban und Braun Kohlová, 2020) und auch im Rahmen der deutschen Umweltbewusstseinsstudie für das Jahr 2020 zeigt sich im Vergleich mit den Vorjahren eine stabile Entwicklung der affektiven und kognitiven Komponente des Umweltbewusstseins (Gellrich, 2021). Im Gegensatz zu Lucarelli et al. (2020) stimmen bei den beiden letztgenannten Studien die Stichprobeneigenschaften jedoch nicht mit der vorliegenden Umfrage überein und sind daher nur bedingt vergleichbar.

In einer von Lieven (2021) im März 2021 durchgeführten Befragung in 25 Ländern, darunter auch Österreich, gab die Mehrheit an, dass die Covid-19-Krise das persönliche Umweltbewusstsein erhöht hat. Auch in einer für Österreich repräsentativen Marktforschungsstudie von März 2020 gab der Großteil der Befragten an, dass die Covid-19-Krise positive Folgen für das Umweltbewusstsein hat (Integral Marktund Meinungsforschungs-G. m. b. H., 2020). Der Terminus „Umweltbewusstsein“ wird in der Alltagssprache sowohl im Zusammenhang mit Emotionen, politischen Orientierungen und Situationswahrnehmungen, aber auch mit Werten und Verhaltensweisen verwendet (Diekmann und Preisendörfer, 2001). Aufgrund der Uneindeutigkeit des Begriffs ist auch hier mit unterschiedlichen Begriffsverständnissen der Untersuchungsteilnehmenden zu rechnen, was zu Verzerrungen der Ergebnisse führen kann. Zudem handelt es sich bei der Selbsteinschätzung um eine latente Variable. Diese wurde im Rahmen der Arbeit umfassend mit mehreren Variablen gemessen.

F3: Inwiefern hängt eine mögliche Veränderung der affektiven/kognitiven Komponente des Umweltbewusstseins mit soziodemografischen Merkmalen sowie der gesundheitlichen beziehungsweise finanziellen Betroffenheit durch die Covid-19-Krise zusammen?

Die Skala zur Veränderung der affektiven/kognitiven Komponente korreliert mit den soziodemografischen Merkmalen „Geschlecht“ und „Alter“ schwach negativ, nicht aber mit dem Bildungsgrad und Einkommen (siehe Tabelle 4). Die Tabelle zeigt zudem, dass keine signifikanten Korrelationen zwischen der Zunahme der affektiven/kognitiven Komponente und der Betroffenheit durch die Covid-19-Krise vorliegen.

Korrelationsmatrix von Veränderung der affektiven/kognitiven Komponente und zwei Kategorien von Items.

Table 4. Correlation matrix of change in affective/cognitive component and two categories of items.

Kategorie Items Veränderung der affektiven/kognitiven Komponente
Soziodemografische Merkmale Geschlecht r −0,217**
p 0,002
n 210

Alter rs −0,155*
p 0,025
n 210

Bildungsgrad rs −0,127
p 0,067
N 210

Einkommen rs 0,017
p 0,817
n 210

Betroffenheit durch die Covid-19-Krise Gesundheitliche Betroffenheit r 0,045
p 0,525
n 210

Finanzielle Betroffenheit rs 0,022
p 0,749
n 210

Korrelation ist auf dem 0,05-Niveau signifikant (zweiseitig)

Korrelation ist auf dem 0,01-Niveau signifikant (zweiseitig)

Zum Zusammenhang zwischen soziodemografischen Merkmalen und der Veränderung der affektiven/kognitiven Komponente durch die Covid-19-Krise liegen zum Zeitpunkt der Arbeit keine Studien vor, weshalb die Ergebnisse mit in der Literatur nachgewiesenen Erkenntnissen zu soziodemografischen Merkmalen und der grundsätzlichen Ausprägung des Umweltbewusstseins verglichen werden.

Grundsätzlich ist das Umweltbewusstsein bei Frauen laut den meisten Studien höher ausgeprägt (Kuckartz und Rheingans-Heintze, 2006). Bei der Betrachtung von Geschlechterunterschieden ist jedoch zu beachten, dass sich die Differenzen häufig durch die in den Fragebögen angewandten Instrumente ergeben: Werden verstärkt affektive Items erhoben, weisen Frauen ein höheres Umweltbewusstsein auf. Die kognitive Dimension ist hingegen bei Männern stärker ausgeprägt (Preisendörfer und Franzen, 1996). Vor diesem Hintergrund sind auch die vorliegenden Ergebnisse zu interpretieren.

Das Einkommen hat hingegen keinen eindeutigen Effekt auf die Ausprägung des Umweltbewusstseins (Grunenberg und Kuckartz, 2003). Auch in der vorliegenden Umfrage lässt sich kein Zusammenhang zwischen Einkommen und Veränderung der affektiven/kognitiven Komponente nachweisen. Was den Bildungsgrad betrifft, weisen Personen mit hohem Bildungsgrad grundsätzlich ein höheres Umweltbewusstsein auf (Gellrich, 2021). Im Rahmen der Befragung zeigt sich eine schwach-negative Korrelation zwischen der Zunahme der affektiven/kognitiven Komponente des Umweltbewusstseins und dem Bildungsgrad sowie dem Alter. Da in der vorliegenden Arbeit lediglich die Altersgruppe der 20- bis 30-Jährigen betrachtet wird, können diese Ergebnisse nicht mit Studien, welche die Gesamtbevölkerung erfassen, verglichen werden. Zwischen der gesundheitlichen beziehungsweise finanziellen Betroffenheit durch die Covid-19-Krise und der Veränderung der affektiven/kognitiven Komponente des Umweltbewusstseins kann kein Zusammenhang nachgewiesen werden. Studien, welche die Veränderung des Umweltbewusstseins im Zusammenhang mit der Betroffenheit durch die Covid-19-Krise betrachten, liegen zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht vor.

Kritische Interpretation der Ergebnisse und Limitationen

Ziel dieser Arbeit ist es herauszufinden, welche Auswirkungen die Covid-19-Krise auf die affektive und kognitive Komponente des Umweltbewusstseins hat. Die Ergebnisse der hierfür durchgeführten Umfrage wurden vorhandenen Quellen gegenübergestellt und werden im Folgenden in den Kontext eingeordnet.

Umweltbewusstsein ist veränderbar und unterliegt zeitlichen Schwankungen. Während ein hohes Umweltbewusstsein dann auftritt, wenn Umweltkrisen hohe mediale Aufmerksamkeit erlangen (Hellbrück und Kals, 2012), kommt es zu einer Abnahme, wenn andere gesellschaftliche und politische Themen, wie in den letzten Jahren beispielsweise Migration, in den Vordergrund treten (Schipperges et al. 2016). Hierbei gilt es zu unterstreichen, dass die Betrachtung des Umweltbewusstseins im Zusammenhang mit historischen Ereignissen zwar hilfreich sein kann, aber „die beobachtbaren Veränderungen […] nicht kausal auf bestimmte Ursachen oder Entwicklungen im gesellschaftlichen Umfeld zurückgeführt werden [können]“ (Gellrich 2021, 43). Die Bedeutung des Umweltbewusstseins ergibt sich aus der Relevanz für umweltfreundliches Handeln, der Beeinflus-sung der öffentlichen Meinung und der politischen Debatte (Kuckartz und Rheingans-Heintze, 2006) sowie dem Einfluss auf wirtschaftliche Investitionsprogramme für die Zeit nach der Covid-19-Krise (Rousseau und Deschacht, 2020). Um den Einfluss der Covid-19-Krise auf das Umweltbewusstsein zu analysieren, kann auch der Blick auf vergangene Ereignisse hilfreich sein. Als möglicher Grund für die Abnahme des Umweltbewusstseins zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist beispielsweise die globale Wirtschaftskrise von 2008 zu sehen (Franzen und Vogl, 2013). Dies ist vor allem in Hinblick auf die Wirtschaftseinbrüche und hohe Arbeitslosenquote infolge der Covid-19-Krise relevant. Im Gegensatz dazu hatte die Reaktorkatastrophe von Fukushima keinen Einfluss auf das allgemeine Umweltbewusstsein (Vogl, 2014; Bauske und Kaiser, 2019). Die Covid-19-Krise unterscheidet sich jedoch aufgrund ihrer Auswirkungen auf alle Lebensbereiche von bisher dagewesenen Finanz- und Gesundheitskrisen (Honeybun-Arnolda und O‘Riordan, 2020).

Da die Covid-19-Krise und ihre Folgen zum Zeitpunkt der vorliegenden Arbeit nicht als überwunden bezeichnet werden können, ist außerdem der weitere Verlauf der Krise für die Entwicklung des Umweltbewusstseins entscheidend. Allgemein sind Aussagen über die zukünftige Entwicklung und die Beantwortung der Frage, ob sich das Umweltbewusstsein durch die Covid-19-Krise langfristig verändern wird, aufgrund der schweren Vorhersehbarkeit mit großen Unsicherheiten behaftet. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Thematik steht erst an ihrem Anfang, was auf die Aktualität des Themas und den großen Erhebungsaufwand zurückzuführen sein kann. Aufgrund der raschen Dynamik und Aktualität der Covid-19-Krise müssen die behandelten Studien jedoch auch vor dem Hintergrund ihres exakten Erhebungszeitraumes betrachtet werden (Neugebauer, 2004). Zudem ist zu beachten, dass die erhobenen Daten aufgrund der fehlenden Literatur für Österreich mit Studien aus anderen europäischen Ländern verglichen wurden. Vor allem der Vergleich mit Deutschland liegt angesichts der kulturellen Ähnlichkeiten nahe.

Allgemein wird der von Haan und Kuckartz geprägte Begriff, dass es sich beim Umweltbewusstsein um einen „schillernde[n] Terminus“ (Haan und Kuckartz, 1996) handelt, deutlich. Gerade die vorliegenden Studien über das Umweltbewusstsein in Zeiten der Covid-19-Krise verfügen über ein diverses Begriffsverständnis von Umweltbewusstsein und orientieren sich nur bedingt am vorgestellten theoretischen Konzept. Diese Abweichung hängt wohl mit dem Fehlen von eindeutigen Definitionen und der unspezifischen Verwendung in der Alltagssprache zusammen. Eine Einigung auf theoretische Konzepte und die exakte Begriffsverwendung wären für die Weiterentwicklung der Umweltbewusstseinsforschung daher von großer Relevanz. Weiters stellt sich die grundlegende Frage, ob die Erfassung eines allgemeinen Umweltbewusstseins sinnvoll ist und ob nicht stattdessen spezifischere Sachverhalte erforscht werden sollten (Bogun, 2002).

Die Entwicklung der vorgestellten Theorie des Umweltbewusstseins liegt bereits mehrere Jahre zurück. Gerade jungen Personen wird in älteren Studien oft ein geringeres Umweltbewusstsein zugesprochen (Kuckartz und Rheingans-Heintze, 2006), was vor dem Hintergrund neuer Erkenntnisse (Gellrich, 2021) zu hinterfragen ist und auch mit den Ergebnissen der vorliegenden Umfrage nicht übereinstimmt. Die Befragung weist eine Reihe an Limitationen auf. Als erstes ist anzumerken, dass die Umfrage aufgrund forschungsökonomischer Interessen mit der Kurzfassung von Geiger (2019) arbeitet. Durch die Verwendung bereits etablierter Skalen zur Messung der latenten Variablen kann jedoch sichergestellt werden, dass die Erfassung der Konstrukte umfassend erfolgt. Die Qualität der Skalen sind laut Reliabilitätsanalysen des Cronbachs Alpha akzeptabel bis fragwürdig (Blanz, 2015). Dies muss speziell bei der Beurteilung der Ergebnisse von Forschungsfrage 2 berücksichtigt werden.

Zudem muss beachtet werden, dass die Untersuchungsergebnisse nicht repräsentativ sind, da es sich um eine Gelegenheitsstichprobe handelt. Dieses unterscheidet sich aufgrund des ungleichen Geschlechterverhältnis (Überrepräsentation von Frauen), der Überrepräsentation akademisch gebildeter Personen und des jungen Altersdurchschnitts stark von den Merkmalen der Grundgesamtheit. Es lassen sich daher aus den Ergebnissen der Studie keine Rückschlüsse für die Allgemeinheit ziehen. Dennoch können die Ergebnisse Tendenzen für die Untersuchungsstichprobe aufzeigen. Zudem muss beachtet werden, dass aufgrund des Non-Response-Bias Personen mit einem stark ausgeprägten Umweltbewusstsein mit einer höheren Wahrscheinlichkeit an Befragungen zum Umweltbewusstsein teilnehmen als Personen mit einem niedrigeren Umweltbewusstsein (Ham et al., 2016).

Es ist festzuhalten, dass die Selbsteinschätzung der Teilnehmer*innen erhoben wurde. Dies ermöglicht eine Erhebung mit geringen Kosten und Aufwand, allerdings wird die Validität von dieser Befragungsform infrage gestellt (Lange und Dewitte, 2019). Zudem besteht die Schwierigkeit, dass die Untersuchungsteilnehmenden über ein uneinheitliches Verständnis der latenten Begriffe des Umweltbewusstseins verfügen. Dieser Problematik könnte durch eine gemeinsame Anwendung von Befragung, Beobachtung und nicht-reaktiven Verfahren Abhilfe geleistet werden (Best, 2011).

Auch Verzerrungseffekte, wie beispielsweise die zentrale Tendenz oder soziale Erwünschtheit, können nicht ausgeschlossen werden. Um diese zu reduzieren, gilt es unter anderem die Anonymität der Befragung zu unterstreichen (Mummendey und Grau, 2014). Dabei muss jedoch der Effekt der sozialen Entkontextualisierung beachtet werden. Dies wurde in der vorliegenden Umfrage garantiert. Zudem wird das Antwortverhalten durch den Zeithorizont der Frage und den Zeitpunkt der Erhebung beeinflusst.

Hervorzuheben ist, dass sich die Studie in Anlehnung an Geiger (2019) als eine von wenigen mit einer möglichen Veränderung der affektiven und kognitiven Komponente während der Covid-19-Krise beschäftigt. Des Weiteren fokussiert sich die Studie nicht nur auf eine spezifische Altersgruppe, sondern betrachtet auch das Umweltbewusstsein von in Österreich lebenden Personen, für welche ansonsten nur sehr begrenzt Daten vorliegen. Die vorliegende Umfrage ist daher als erster explorativer Ansatz zur Erkundung der Thematik zu verstehen.

Fazit

Die Ergebnisse der quantitativen Fragebogenerhebung deuten auf eine geringe Zunahme der Ausprägung der affektiven beziehungsweise kognitiven Komponente des Umweltbewusstseins von 20- bis 30-Jährigen, in Österreich lebenden Personen hin. Diese korreliert teilweise schwach negativ mit soziodemografischen Merkmalen, nicht aber mit der gesundheitlichen und finanziellen Betroffenheit durch die Covid-19-Krise. Hervorzuheben ist auch, dass die Bedeutung der Umwelt- und Klimakrise höher eingeschätzt wird als jene der Covid-19-Krise.

Angesichts der notwendigen Senkung der Treibhausgasemissionen besteht Bedarf, die Umweltbewusstseinsforschung zu verstärken und näher zu untersuchen, welche Faktoren die Veränderung des Umweltbewusstseins begünstigen. Die durchgeführte quantitative Analyse zeigt Tendenzen auf, dennoch können im Rahmen der Untersuchung keine kausalen Rückschlüsse gezogen werden. Auch aufgrund der Aktualität und Dynamik der Covid-19-Krise können keine Aussagen zur langfristigen Entwicklung des Umweltbewusstseins getroffen werden. Die vorliegende Arbeit ist durch einen explorativen Charakter geprägt und verbindet das Konzept des Umweltbewusstseins mit der Covid-19-Krise, einer gesellschaftlichen Herausforderung.

Aufgrund der beschriebenen Limitationen der Untersuchung sollte weitere Forschung in diesem Feld betrieben werden. Voraussetzung hierfür ist jedoch die Entwicklung einer umfassenden Skala für die affektive und kognitive Komponente sowie die eindeutige Definition und Abgrenzung von Begrifflichkeiten. Die Durchführung und der anschließende Vergleich mit einer repräsentativen Studie würde eine Falsifizierung oder Verifizierung der Ergebnisse erlauben und ist daher zu empfehlen. Zielführend kann es zudem sein, die affektive Komponente mit einem experimentellen Design oder mit genauen Zeitreihenanalysen zu untersuchen. Die konative Komponente des Umweltbewusstseins wurde in dieser Studie nicht näher betrachtet und bedingt daher weitere Forschung. Geeignet wäre hierfür auch die Durchführung von Experimenten oder Beobachtungen. Falls im Rahmen weiterer Forschungsarbeiten eine Zunahme der affektiven und kognitiven Komponente des Umweltbewusstseins aufgrund der Covid-19-Krise bestätigt werden kann, sollte diese näher beleuchtet werden, um ein besseres Verständnis für das Umweltbewusstsein der Bevölkerung zu erlangen sowie verstärkende Mechanismen zu entwickeln. Langfristig könnten diese für den Umgang mit Krisen, insbesondere der Klimakrise, positive Effekte haben. Die zukünftige Entwicklung hängt von der Bewältigung der Klimakrise, ebenso wie von der Covid-19-Krise ab und verlangt ein Bewusstsein der verschiedensten Akteur*innen.

eISSN:
2719-5430
Idioma:
Inglés
Calendario de la edición:
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Temas de la revista:
Life Sciences, Ecology, other