Acceso abierto

Multidisciplinary studies on sustainable nitrogen fertilisation considering the potential of satellite-based precision agriculture


Cite

Einleitung

Weltweit tragen Stickstoffauswaschungen aus der Land-wirtschaft zu erhöhtem Nitratgehalt im Grundwasser bei (Cameron et al., 2013; Rostenstock et al., 2014; Hansen et al., 2017). Die erhöhten Nitratwerte führen zu ökonomischen und ökologischen Problemen. Eine Nutzung von nitratbelastetem Grundwasser als Trinkwasser hat negative Auswirkungen auf die Gesundheit durch vermehrtes Auftreten von Methämoglobinämie bei Kindern und das erhöhte Risiko für das Auftreten bestimmter Krebs-erkrankungen (Ward et al., 2018). Die Lebensqualität von Menschen in belasteten Gebieten ist zudem eingeschränkt. Sie greifen zumeist auf teures, abgefülltes Wasser zurück oder reinigen das Hausbrunnenwasser in eigenen Aufbereitungsanlagen (Lewandowski et al., 2008; Juntakut et al., 2020). Auch die zentrale Aufbereitung von nitratbelastetem Grundwasser, um die gesetzlichen Auflagen zu erfüllen, ist kostspielig. Eine deutsche Studie ergab Gesamtkosten von 0,55–0,76 € m−3 behandeltem Wasser (Umweltbundesamt, 2017). Überschüssige Stickstoffderivate in Wasser und Luft tragen des Weiteren zu erhöhten Treibhausgasemissionen (Galloway et al., 2003; Snyder et al., 2009) und der Eutrophierung von Gewässern (Withers et al., 2014) bei.

Die Europäische Union legt in der Nitratrichtlinie 91/676/EWG einen Grenzwert für das Grundwasser von 50 mg l−1 Nitrat Grundwasser fest. In Österreich wurde als Umsetzungsmaßnahme die Nitrat-Aktionsprogramm-Verordnung (BGBl. II Nr. 385/2017) beschlossen. Darin werden die maximalen Stickstoffmengen, die im Laufe eines Jahres ausgebracht werden dürfen, sowie die Aufzeichnungspflicht über Lagerung und Ausbringungsmengen abhängig von (Vor-)Kultur und Ertragslage festgelegt. In der Qualitätszielverordnung Chemie Grundwasser (BMLFUW, 2010) wird ein Wert von 45 mg l−1 zur Erreichung eines guten chemischen Zustands des Grundwassers festgelegt. Empfohlene Maßnahmen, die der Reduktion des Nitratgehalts dienen sollen, sind vermehrte Begrünung von Ackerflächen, Fruchtfolgeauflagen, verbesserte Düngeplanung und -ausbringung und Erstellung von Nährstoffbilanzen (BMLFUW, 2010).

Die aufgrund der Richtlinien für die sachgerechte Düngung (BMLFUW, 2017) empfohlene N-Düngermenge beläuft sich auf 110–130 kg ha−1 Stickstoff (N) bei mittlerer Ertragserwartung. Um den N-Bedarf genau zu bestimmen, empfiehlt die Richtlinie die Standorteigenschaften wie Bodenund Wasserverhältnisse, das N-Mineralisierungspotenzial (Nmin), die tatsächliche Ertragserwartung und die Vorfrucht zu berücksichtigen. Ein einfach zu bedienendes Online-Tool (AGES Agrarcommander) wird auf der Website der AGES (https://www.ages.at/service/service-landwirtschaft/agrar-online-tools) bereitgestellt. Eine Stickstoffdüngungsempfehlung ist auch auf der Basis von Frühjahrs-Nmin-Analysen möglich.

Neben verstärkter Bewusstseinsbildung und finanziellen Anreizen für ein verbessertes Stickstoffmanagement im Zuge der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union ermöglichen es auch neue Technologien der einzughaltenden Präzisionslandwirtschaft das Nährstoffmanagement effizienter zu gestalten. Diese Technologien basieren zumeist auf bodennah oder -fern angebrachten optischen Sensoren. Die Erfassung des Vegetationsstatus mittels optischer Reflexion findet sowohl direkten Einsatz auf Land-maschinen, auf denen Sensoren pflanzenbezogene Indizes für den Stickstoffstatus messen und eine Stickstoffausbringungsrate empfehlen (Groher et al., 2020), als auch in der Satellitentechnologie. Im zweiten Fall befinden sich die Sensoren auf den Satelliten und messen mit einer festgelegten zeitlichen und räumlichen Auflösung den Wachstums-status der Pflanzen (Heege, 2013). Daraus können Zonen mit hohem und niedrigem Wachstum abgeleitet und darauf aufbauend die Düngerstrategie angepasst werden.

Das H2020-Forschungsprojekt FATIMA (FArming Tools for external Inputs and water Management) hatte zum Ziel, die durch Sentinel-2 verfügbaren Satellitendaten für ein verbessertes Stickstoffdüngemanagement zu verwenden. Bisher gibt es nur wenige Ansätze, die diese Daten der European Space Agency (ESA) in leicht anzuwendende Entscheidungshilfen für Landwirte umwandeln.

Problemstellung und Projektgebiet

Bei der Frage nach dem optimalen Stickstoffdüngereinsatz sind verschiedene Einflussfaktoren und teilweise konkurrierende Zielsetzungen zu berücksichtigen: wie viel Stick-stoff bringt unter den gegebenen Standortbedingungen den maximalen Ertrag für eine bestimmte Kultur unter Berücksichtigung der Umwelterfordernisse und welche Anwendungsstrategie ist wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll? An diesem Punkt setzte das EU-Forschungsprojekt FATIMA an. Einerseits wurde die Entwicklung von neuen Technologien basierend auf Fernerkundungsdaten der Sentinel-2-Satelliten vorangetrieben, andererseits wurden auch die sozio-ökonomischen und pflanzenbaulichen Komponenten der einzughaltenden „Landwirtschaft 4.0“ beleuchtet. Bisher wurden in Österreich weder Studien zur Akzeptanz von technologiegestütztem Stickstoffmanagement veröffentlicht noch die Nutzung von Satellitendaten zur Erstellung von Applikationskarten untersucht. Diese Studie verbindet sozio-ökonomische, pflanzenbauliche und die technischen Komponenten mit dem Ziel, in Zukunft akzeptierte, funktionsfähige und validierte Anwendungen für österreichische LandwirtInnen bereitzustellen.

Forscher der Universität für Bodenkultur (BOKU) und der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) untersuchten dabei insbesondere wie das Stickstoffmanagement mithilfe von Satellitendaten verbessert werden kann und ob LandwirtInnen in Öster-reich bereit für diesen Wandel sind.

Als Projektgebiet wurde das Marchfeld in Niederösterreich östlich von Wien gewählt. Das Marchfeld ist mit 60.000 ha landwirtschaftliche genutzte Fläche (Vuolo et al., 2018) eines der wichtigsten landwirtschaftlichen Produktionsgebiete Österreichs, wobei der Schwerpunkt auf Getreideund Gemüseanbau (Neugebauer und Vuolo, 2014) liegt. Die Ergebnisse des aktuellen Grundwasser-Monitorings des österreichischen Umweltbundesamtes zeigen, dass gerade in den intensiv landwirtschaftlich genutzten Regionen Ostösterreichs, in denen auch das Marchfeld liegt, die Nitratwerte über dem für Trinkwasser festgesetzten Wert von 50 mg l−1 liegen. Das Gebiet wurde daher als voraussichtliches Maßnahmengebiet (50 % der Messstellen überschreiten den Grenzwert für Nitrat) ausgew.iesen (Umweltbundesamt, 2016). Der niedrige Jahresniederschlag von 420 mm verstärkt das Problem, da dadurch das Sicker-wasser eine höhere Nitratkonzentration aufweist (Wick et al., 2012). Auch die langsame Grundwasserneubildung im Marchfeld (Nachtnebel et al., 2001) verschärft das Problem der Nitratbelastung, da Maßnahmen lange brauchen, um Wirkung zu zeigen.

Materialien und Methoden

Als erste Komponente in dem dreistufigen Prozess (Abbildung 1) wurde die Aufgeschlossenheit und das bestehende Wissen über satelliten- oder sensorunterstützte Düngung niederösterreichischer LandwirtInnen abgefragt. Parallel dazu wurden Versuchsflächen in der Region Marchfeld angelegt. Der Feldversuch diente der Validierung der Satellitendaten, gab aber auch Informationen über die pflanzenbauliche Komponente variabler Düngermengen. In einem letzten Schritt wurde eine Anwendung entwickelt, um die teilflächenspezifische Stickstoffdüngung auf zwei Flächen zu testen, die gemäß der landwirtschaftlichen Praxis bewirtschaftet wurden, um damit den Schritt von der Theorie hin zur Praxis zu bestreiten. Die Ergebnisse bieten ein umfassendes, multidisziplinäres Bild der Herausforderungen, aber auch Möglichkeiten von neuen Technologien im Bereich des N-Düngemanagements. Die drei methodischen Komponenten werden in den folgenden Kapiteln genauer geschildert.

Sozio-ökonomische Komponente

Um herauszufinden, ob eine Bereitschaft vorhanden ist, neue, teilflächenbasierte Lösungen im Bereich Stick-stoffmanagement anzuwenden, startete die Freie Universität Amsterdam (IVM) in Kooperation mit der BOKU eine Umfrage unter niederösterreichischen LandwirtInnen. Die Umfrage wurde in persönlichen Interviews von Studierenden der BOKU im Zeitraum November 2016 bis Februar 2017 mit Unterstützung der Landwirtschaftskammer Niederösterreich (NÖ) durchgeführt. Der Fragebogen bestand aus einem allgemeinen Teil mit Fragen zum Betrieb und einem Diskreten Entscheidungsexperiment (Choice Experiment), in dem die LandwirtInnen aus verschiedenen innovativen Optionen des Düngemanagements wählen konnten.

Den LandwirtInnen wurden drei Kategorien von Technologien für teilflächenspezifische Stickstoffausbringung vorgestellt:

Voll automatisierte Technologien: automatisch gesteuerte variable Ausbringung des Stickstoffs auf Basis von Spektralmessungen durch den Sensor während der Fahrt über den Schlag.

Teilweise automatisierte Technologien: mittels Satellitenaufnahmen erstellte Applikationskarten mit ausgewiesenen Zonen zur direkten Verwendung am Bord-computer.

Nicht automatisierte Technologien: mittels Satellitenaufnahmen erstellte Applikationskarten mit ausgewiesenen Zonen, ohne Möglichkeit des Transfers auf den Bordcomputer.

Den TeilnehmerInnen wurden die drei Optionen unter Berücksichtigung verschiedener Eigenschaften der einzelnen Technologien vorgestellt. Die drei vorgestellten Technologiegruppen wiesen beispielsweise unterschiedliche Kosten, N-Düngeeinsparungspotenziale, Ertragssteigerungspotenziale, Beratungsangebote und Grundwasserverbesserungspotenziale auf. Den LandwirtInnen wurden sogenannte choice cards präsentiert, auf denen sie die für ihren Betrieb am besten geeignete Lösung auswählen konnten. Auch die Wahl keines der drei Systeme war möglich. Aus den Antworten konnte die Investitionsbereitschaft, aber auch die Wichtigkeit der einzelnen Kriterien abgeleitet werden. Eine detaillierte Beschreibung der Methode findet sich bei Blasch et al. (2020).

An der Studie nahmen 242 niederösterreichische Land-wirtInnen teil. Die befragten LandwirtInnen stammten aus den Regionen Marchfeld, Weinviertel, Wiener Becken und Tullnerfeld. Sie waren zumeist EigentümerInnen (82 %) von Familienbetrieben (95 %). Die Betriebsgrö-ßen bewegten sich etwas über dem niederösterreichischen Durchschnitt von 42 ha (Grüner Bericht, 2016).

Zwei Drittel der befragten LandwirtInnen bewirtschafteten mehr als 50 ha, 26 % sogar mehr als 100 ha.

Die LandwirtInnen waren zudem meist TeilnehmerInnen der Arbeitskreise der Landwirtschaftskammer Niederösterreich. Die Untersuchung der Charakteristika der UmfrageteilnehmerInnen ergibt einen im Vergleich zum Durchschnittsbetrieb (NÖ Agrarstrukturerhebung 2016) jüngeren, mit mehr landwirtschaftlich genutzter Fläche ausgestatteten und an Neuigkeiten im Agrarsektor inter-essierten männlichen Betriebsführer. Tabelle 1 gibt einen Überblick über die Betriebskennzahlen und Eigenschaften der LandwirtInnen.

Charakteristika und Betriebskennzahlen der teilnehmenden LandwirtInnen (N = 242)

Table 1. Characteristics and key operating figures of the participating farmers (N = 242)

Betriebseigenschaften Kategorie %
Produktionsweise Konventionelle Landwirtschaft 87,2
Biologische Landwirtschaft 12,4
Andere 0,4
Betriebsgröße weniger als 5 ha 0
zwischen 5 und 25 ha 9,9
zwischen 26 und 50 ha 24,4
zwischen 50 und 100 ha 39,3
zwischen 100 und 500 ha 25,6
ich weiß nicht/keine Antwort 0,8
Jährliches Einkommen inclusive Förderung vor Abzug von Steuern weniger als € 10.000,- 5,0
zwischen € 10.001,- und € 25.000,- 22,7
zwischen € 25.001,- und €50.000,- 19,8
zwischen € 50.001,- und € 75.000,- 9,9
zwischen € 75.001,- und € 100.000,- 5,4
mehr als € 100.000,- 2,5
weiß nicht/ich möchte keine Antwort geben 34,7
Geschlecht männlich 95
weiblich 5
Alter jünger als 40 Jahre 39,7
zwischen 40 und 54 Jahre 45
zwischen 55 und 64 Jahre 13,2
65 Jahre und älter 2,1
Ausbildung Pflichtschule 0,8
Lehre, berufsbildende mittlere Schule (z. B. Landwirtschaftliche Fachschule) 37,6
AHS/BHS 35,1
Hochschulverwandte Lehranstalt 9,1
Universität, Fachhochschule 9,9
Sonstige 7,4
Pflanzenbauliche Komponente

Im Zuge des Projekts FATIMA konnte in zwei Jahren der Einsatz verschiedener N-Düngemengen für Winterweizen auf Probeflächen getestet werden. Feldversuche mit Winterweizen (Sorte „Capo“) wurden 2015/16 und 2016/17 am Standort „Engelhartstetten” im Marchfeld (Niederösterreich) (48°11'N, 16°55'E) auf zwei benachbarten Feldern durchgeführt. Die Beschreibung des Standortes (Klima und Boden) ist in Tabelle 1 zusammengefasst. Die Bodenprobe wurde am 21.03.2016 als Mischprobe von allen Parzellen in 0–25 cm Tiefe genommen. Die in Tabelle 2 angegebenen Werte entsprechen dem Mittelwert der 12 Parzellen, wenn nicht anders angegeben. Die Winterweizenversuche bestanden neben der Nulldüngungsvariante N0 (0 kg N ha−1) aus drei unterschiedlichen Düngungsstufen mit folgenden Gesamtdüngungsmengen (N1: 60 kg N ha−1; N2: 120 kg N ha−1; N3: 180 kg N ha−1; Abbildung 5), die als Kalkammonsalpeter ausgebracht und gleichmäßig auf drei Düngungstermine im März, April und Mai aufgeteilt wurden. Die Feldversuche bestanden aus einem randomisierten Blockdesign mit drei Wiederholungen, wobei die Parzellen jeweils 100 m × 100 m maßen. Ein Beispiel für die Anlage der Feldversuche (Winterweizen im Jahr 2015/16) ist in Abbildung 2 dargestellt. Die Phosphor- und Kaliumdüngung wurde entsprechend den Richtlinien für die sachgerechte Düngung (BMLFUW, 2017) durchgeführt. Als Pflanzenschutzmaßnahme wurden 1,2 l ha−1 des Herbizids Tomigan XL jeweils im April ausgebracht. Die Bewirtschaftungsdaten der Anbauperioden 2015/16 und 2016/17 sind in Tabelle 2 dargestellt.

Beschreibung des Standortes Engelhartstetten

Table 2. Characteristics of the experimental site Engelhartstetten

Einheit Engelhartstetten
Höhe über NN m 147
Mittlerer Jahresniederschlag (∅ 1981–2010) mm 516
Mittlere Jahrestemperatur (∅ 1981–2010) °C 10,3
Bodentyp (FAO, 2015) Kalkhaltiger Tschernosem
Textur (Sand/Schluff/Ton) % (17,6/48,7/33,7)
pH-Wert CaCl2 7,54
Karbonatgehalt % 23,2
Organischer Kohlenstoff % 2,36
Ntotal % 0,24
Nmin 0–90 cm, Frühjahr 2016 kg ha−1 20–32 kg ha−1

Der Feldversuch diente einerseits der Validierung der Satellitendaten und wurde darüber hinaus als Basis für die Bewertung der Wirtschaftlichkeit der unterschiedlichen N-Düngemengen herangezogen. Unter Berücksichtigung der Kosten für Dünger, Arbeitszeit, Maschineneinsatz, den Marktpreisen für Weizen im Juni der beiden Jahre und dem mit dem eingesetzten N-Dünger erwirtschafteten Ertrag und den erzielten Qualitäten wurde eine vereinfachte ökonomische Analyse der Wirtschaftlichkeit der Düngemaßnahmen durchgeführt (Eq.1): Ertrag[kgt-1]×erzielterGetreidepreisfu¨rentsprechendeQualita¨t[t-1]-Du¨ngerkosten[ha-1]-ArbeitsundMaschineneinsatzfu¨rDu¨ngung[ha-1]=Umsatzabzu¨glichdervariablenStickstoffmanagementkosten[ha-1] \matrix{{{\rm{Ertrag}}\,[{\rm{kg}}\,{{\rm{t}}^{- 1}}] \times {\rm{erzielter}}\,{\rm{Getreidepreis}}} \cr {{\rm{f}}{\ddot u}{\rm{r}}\,{\rm{entsprechende}}\,{\rm{Qualit{\ddot a}t}}\,[\$ \,{{\rm{t}}^{- 1}}]} \cr {- {\rm{D{\ddot u}ngerkosten}}\,[\$ \,{\rm{h}}{{\rm{a}}^{- 1}}]} \cr {- {\rm{Arbeits}} - \,{\rm{und}}\,{\rm{Maschineneinsatz}}\,{\rm{f{\ddot u}r}}\,{\rm{D{\ddot u}ngung}}\,[\$ \,{\rm{h}}{{\rm{a}}^{- 1}}]} \cr {= {\rm{Umsatz}}\,{\rm{abz{\ddot u}glich}}\,{\rm{der}}\,{\rm{variablen}}} \cr {{\rm{Stickstoffmanagementkosten}}\,[\$ \,{\rm{h}}{{\rm{a}}^{- 1}}]} \cr}

Abbildung 1

Der Weg zu einem verbesserten Stickstoffmanagement im Projekt FATIMA unter Berücksichtigung sozio-ökonomischer, pflanzenbaulicher und technischer Komponenten.

Figure 1. The approach to an improved nitrogen management in the FATIMA project taking into account socio-economic, agronomic and technical components.

Abbildung 2

Schema des N-Düngungsversuchs in Engelhartstetten (Marchfeld, Österreich) 2016. Hintergrundbild: Sentinel-2A-Leaf-Area-Index(LAI)-Karte vom 6. Mai 2016.

Figure 2. Scheme of the N fertilisation experiment in Engelhartstetten (Marchfeld, Austria) 2016. Background image: Sentinel-2A Leaf Area Index (LAI) map of 6th May 2016.

Die Daten stammen von den Webseiten der Agrar-MarktAustria AMA (Kalkammonsalpeterpreise) und der Landwirtschaftskammer Niederösterreich (Getreidepreise) sowie aus eigenen Quellen. Die Angaben des Vergleichsbetriebs aus dem Marchfeld wurden mit Daten aus dem KTBL-Feldarbeitsrechner (https://daten.ktbl.de) verglichen und auf Plausibilität geprüft. Für die Studie wurden aufgrund der regionalen Berechnung die österreichischen Daten herangezogen. Detaillierte Angaben finden sich in Tabelle 3.

Bewirtschaftungsdaten der Anbauperioden 2015/16 und 2016/17

Table 3. Cultivation dates of the seasons 2015/16 and 2016/17

Anbauperiode 2015/2016 2016/2017
Bodenbearbeitung November 2015 9. und 11. November 2016
Saat 17. November 2015 15. November 2016
1. N-Düngung 24. März 2016 16. März 2017
2. N-Düngung 21. April 2016 25. April 2017
3. N-Düngung 19. Mai 2016 30. Mai 2017
Ernte 26. Juli 2016 20. Juli 2017

Übersicht über die Komponenten der Wirtschaftlichkeitsberechnung

Table 4. Overview of the components of the profitability calculation

Komponente Preis 2016 Preis 2017 Einheit Quelle
Kalkammonsalpeter 27 % N 25,79 19,05 € 100 kg−1 AMA Marktbericht (2016) und AMA Marktbericht (2017)
Getreidepreise (jeweils Durchschnitt) € t−1 Börse für landwirtschaftliche Produkte in Wien
Premiumweizen (> 15 % Proteingehalt) kein Wert 190 Kursblatt Nr. 24 vom 15. Juli 2016
Qualitätsweizen (14–15 % Proteingehalt) 154,5 171,5 Kursblatt Nr. 24 vom 14. Juni 2017
Mahlweizen (12,5–14 % Proteingehalt) 145 154
Futterweizen (< 12,5 % Proteingehalt) 137,5 151,5
Arbeits- und Maschineneinsatz (ohne Dünger): Maschinen- und Arbeitszeit 10,67 10,67 € ha−1 Erhobener Wert von Vergleichsbetrieb aus dem Marchfeld
Technische Komponente

Die technische Komponente der Studie umfasste die Auswertung von Satellitendaten, um einerseits die wissenschaftlichen Aspekte der Projektaktivitäten zu unterstützen (Vuolo et al., 2017) und andererseits ein praktisch einsetz-bares Werkzeug für die N-Düngung zu entwickeln. Das entwickelte web-basierte Tool wird nachfolgend behandelt. Für die praktische Anwendung wurden Sentinel-2-Daten verwendet, um die zeitliche Entwicklung des Blattflächenindex (Leaf Area Index LAI) während der gesamten Vegetationsperiode zu erfassen. Der LAI korreliert stark mit der vorhandenen Biomasse (Beadle et al., 1985) und die zeitliche Entwicklung des LAI gibt Aufschluss über die Produktivität der Kulturen unter den gegebenen Wachstumsbedingungen.

Die Satellitendaten und die LAI-Karten wurden aus dem Sentinel-2-Portal des Instituts für Geomatik der Universität für Bodenkultur bezogen (Vuolo et al., 2016). Die verarbeiteten Daten wurden automatisch in einer Datenbank gespeichert. Die potenzielle Produktivität wurde aus Zeitreihen des LAI gewonnen. Die LAI-Daten werden zunächst geglättet und die Lücken gefüllt, um regelmäßig verteilte LAI-Zeitreihen (7-Tage-Intervall) zu erhalten. Anschließend wurden die LAI-Daten zeitlich vom Beginn bis zum Ende der Vegetationsperiode für jedes Jahr einzeln bestimmt und dann ein z-Wert für jedes Feld berechnet. Basierend auf dem LAI wurde ein einheitsloser Indikator für die potenzielle Produktivität im Bereich von 0−255 errechnet und für eine Optimierung der N-Düngung verwendet.

Für die Erstellung der N-Applikationskarten standen sowohl einzelne Satellitenbildaufnahmen als auch die historischen Produktivitätskarten zur Verfügung. Für die zukünftige Anwendung können daher je nach Einsatzzeitpunkt aktuelle oder historische Karten für die optimierte N-Düngung verwendet werden.

Ergebnisse und Diskussion
Sozio-ökonomische Komponente

Die TeilnehmerInnen wurden nach den für sie zurzeit größten Herausforderungen des Landwirtschaftssektors befragt. Die Marktbedingungen (1) wurden am öftesten genannt, gefolgt von den hohen bürokratischen Anforderungen (2) und extremen Wetterereignissen (3). Im Mittelfeld finden sich Themen mit Bezug zu Ressourcenverfügbarkeit wie Zugang zu Wasser (4) und Land (5). Umweltthemen, wie z. B. Bodendegradation und Stick-stoffanreicherung im Grundwasser, wurden nur von wenigen LandwirtInnen als direkte Herausforderungen für den Betrieb angesehen. Dennoch betrachten es die LandwirtInnen als Notwendigkeit, die Umwelt zu schützen und Maßnahmen für Umweltschutz am Betrieb zu treffen.

Um herauszufinden, ob eine generelle Innovations- und Investitionsbereitschaft besteht, wurden die UmfrageteilnehmerInnen nach ihren Investitionen innerhalb der letzten fünf Jahre gefragt. Zwei Drittel der Befragten hatten sowohl in verbessertes Management (z. B. Farm Management Software) als auch in bessere technische Ausrüstung investiert. Immerhin 40 % konnten des Weiteren auf geänderte Methoden unter Berücksichtigung von Umweltaspekten im Bereich ihrer landwirtschaftlichen Praxis verweisen (z. B. Umstieg auf biologische Wirtschaftsweise oder reduzierte Bodenbearbeitung). Diese Werte zeigen eine generell hohe Innovationsbereitschaft der TeilnehmerInnen im Vergleich zu den Umfragewerten in Italien, wo die Umfrage ebenfalls durchgeführt wurde (Blasch et al., 2020).

Die Bereitschaft der TeilnehmerInnen, die bereits vorgestellten Optionen (voll-, teilweise oder nicht automatisiertes N-Düngemanagement) auf ihrem Betrieb einzusetzen, wurde in einem Choice-Experiment abgefragt.

Alle drei Formen der teilflächenspezifischen N-Düngung, die vorgestellt wurden, waren den LandwirtInnen bekannt. Die Hälfte der Befragten gab an, den Erwerb von teilweise (51 %) oder nicht (47 %) automatisierten Technologien bereits in Erwägung gezogen zu haben. Das Interesse für die voll automatisierte Lösung war mit 14 % weniger stark ausgeprägt.

Die Auswertung des Choice-Experiments ergab, dass 75 % der LandwirtInnen generell bereit dazu sind, Technologien, die der teilflächenspezifischen Ausbringung von Stickstoff dienen, anzuwenden. Die TeilnehmerInnen haben allerdings unterschiedliche Präferenzen bezüglich der einzelnen vorgeschlagenen Technologien. Die voll automatische Sensorlösung wurde von der Mehrheit der TeilnehmerInnen abgelehnt. Bei den anderen beiden Technologiegruppen ergab sich ein differenziertes Bild.

Das Choice-Experiment zeigte, dass Technologieoptionen mit höheren Erträgen und Düngereinsparpotential von den LandwirtInnen nicht durchgehend bevorzugt wurden, jedoch eine persönliche Beratung sowie eine potenzielle Verbesserung der Grundwasserqualität einen signifikant positiven Einfluss auf die Investitionsbereitschaft haben. Auch die Kosten der Technologie spielen eine Rolle bei der Anschaffung. Ein hoher Anschaffungspreis stößt erwartungsgemäß auf Ablehnung. Auch die Größe des Betriebs hatte Einfluss auf die Auswahl. Größere Betriebe sind eher an teil- bzw. vollautomatisierten Systemen interessiert.

Eine weitere Beobachtung konnte gemacht werden: Konventionell wirtschaftende LandwirtInnen sind an teilflächenspezifischer Ausbringung interessierter als biologisch arbeitende LandwirtInnen. Dies kann auf die limitierten technischen Möglichkeiten der Ausbringung von biologischem Dünger, wie zum Beispiel Gülle, sowie auf alternative Stickstoffversorgung über Leguminosen, zurückgeführt werden.

Pflanzenbauliche Komponente

Das Ziel von Düngemaßnahmen ist vorrangig die Erzie-lung eines höheren Ertrags und einem daraus resultierenden höheren Erlös. Die FATIMA-Versuchsflächen sind Grundlage für die Untersuchung der Wirtschaftlichkeit von variierenden N-Düngemengen in Winterweizen.

Beim Vergleich von Stickstoffzufuhr und Ertrag zeigte sich, dass ab einem gewissen Versorgungsgrad die Kurve des Ertragszuwachses mit steigender N-Düngemenge abflacht (Abbildung 3).

Abbildung 3

Weizenertrag (links) und Proteingehalt (rechts) der vier Düngestufen.

Figure 3. Wheat yield (left) and protein content (right) of the four fertilisation levels.

Die ökonomische Analyse zeigt den folgenden Trend (Abbildung 4): Beim gänzlichen Verzicht auf Stickstoffdünger bewegen sich die Einkommenseinbußen im Vergleich zur höchsten Stufe im Bereich von 192–253 € ha−1, sind also durchaus beträchtlich. Anders zeigt sich die Situation beim Vergleich von 120 kg N/ha mit 180 kg N ha−1. Die Unterschiede liegen im Bereich von 25–71 € ha−1, wobei sich besonders 2016 aufgrund niedriger Abnahmeund höherer Stickstoffpreise der erhöhte Düngereinsatz kaum auszahlte. Eine Untersuchung der Energieeffizienz der verschiedenen Düngeoptionen des Feldversuches von Moitzi et al. (2020) kommt zu dem Ergebnis, dass diese ab 120 kg N ha−1 abnimmt. Die Daten basieren auf der Evaluierung der Versuchsflächen und können daher kein allgemeingültiges Bild geben. Dennoch zeigen die Ergebnisse, dass der höhere N-Düngereinsatz nicht mit entsprechend höherem Einkommenszuwachs gleichzusetzen ist. Des Weiteren machen die Ergebnisse deutlich, dass externe Einflussfaktoren eine große Rolle spielen. So unterschieden sich Witterungsbedingungen und die aktu-ellen Marktpreise von Dünger und Weizen in den beiden Jahren erheblich. Im Jahr 2016 betrug der Niederschlag von Jänner bis Mai 256 mm, während es im Jahr 2017 nur 164 mm waren (ZAMG, 2017).

Abbildung 4

Einkommenseinbußen aufgrund verringerter N-Düngung im Vergleich zu 180 kg N ha−1.

Figure 4. Loss of income due to reduced N fertilisation compared to 180 kg N ha−1.

Technische Komponente

Abbildung 5 (rechts) zeigt einen Ausschnitt der Produktivitätskarte, die für ganz Österreich erstellt wurde. Die Karte zeigt deutlich die räumlichen Muster, die für die Variabilität der Böden in Ostösterreich typisch ist. Grüne Zonen sind Zonen hoher Produktivität, rote Zonen weisen niedriges Biomassewachstum aus. Ähnliche Strukturen sind auch auf Orthofotos in Echtfarbe der Region zu erkennen (links). Eine Validierung mit der Österreichischen Bodenkarte war aufgrund der großen Unterschiede in der Auflösung der beiden Karten nicht möglich. Daher wurde als Alternative eine Validierung auf Feldebene für zwei Felder vorgenommen.

Abbildung 5

Vergleich zwischen der Produktivitätskarte (rechts) und einem hochaufgelösten Geoland-Basemap-Orthofoto (RGB, Echtfarbe) (links) in einem landwirtschaftlich genutzten Gebiet im Marchfeld.

Figure 5. Comparison between the productivity map (right) and a high-resolution Geoland Basemap orthophoto (RGB, true color) (left) in an agricultural area in Marchfeld.

Abbildung 6 zeigt den Vergleich zwischen den Werten der Produktivitätskarte und den Erntemengen der betreffenden Punkte für zwei Felder, die von LandwirtInnen der Region unter konventionellen Bedingungen bewirtschaftet wurden und deren mittels Drescher mit integriertem Wiegesystem ermittelten Ertragsdaten dem Projektteam zur Verfügung gestellt wurden. Die Ergebnisse zeigen eine positive Korrelation des Ertragspotenzials mit dem tatsächlich erzielten Ertrag für beide Felder. Weitere Validierungsarbeiten werden notwendig sein, um zukünftig noch aussagekräftigere Resultate zu erzielen.

Abbildung 6

Erntemengen vs. Produktivität für zwei Felder im Jahr 2017. Beide Datenquellen wurden für die einzelnen Managementzonen aggregiert. Jeder Punkt in der Abbildung steht für die Daten einer Managementzone.

Figure 6. Yields vs. productivity for two fields in 2017, both data sources were aggregated for the individual management zones. Each point in the figure represents the data for one management zone.

Die Produktivitätskarte wurde Testnutzern in einer Online-Anwendung (Abbildung 7) zur Verfügung gestellt. Der Nutzer kann zwischen dem aktuellen Satellitenbild oder der auf historischen Bildern basierenden Produktivitätskarte wählen, um die Zonen für teilflächenspezifische N-Düngung zu definieren.

Abbildung 7

Auszug aus der Online-Anwendung für die Kartenerstellung für die teilflächenspezifische N-Düngung.

Figure 7. Screenshot of the online application for the creation of maps for variable-rate nitrogen fertilisation.

Die notwendigen Eingabeparameter sind die Mindestfläche der einzelnen Zonen, die Unter- und Obergrenze der Stickstoffgabe sowie die gewählte Düngestrategie.

Welche Datengrundlage für die Erstellung der Karte herangezogen wird, entscheiden die NutzerInnen. Wichtig ist hier insbesondere die aktuelle Pflanzenentwicklung. Typischerweise erfolgt bei Wintergetreide die erste Düngergabe vor dem Auflaufen der Pflanze. Zu diesem Zeitpunkt ist noch keine räumliche Variabilität der Biomasse sichtbar. In diesem Fall wird die historische Produktivitätskarte für die Erstellung der Applikationskarte herangezogen. Für die zweite und dritte Düngung können dagegen aktuelle Satellitenbilder verwendet werden, die den aktuellen Wachstumszustand darstellen. Zwei verschiedene Strategien sind für die teilflächenspezifische Düngung möglich: mehr Dünger in weniger entwickelten Zonen (catch up) oder mehr Dünger in besser entwickelten Zonen (top up).

In einem letzten Schritt können die Daten vom Endnutzer im benötigten Datenformat heruntergeladen werden und dann direkt an das Traktorterminal für eine teilflächenspezifische Düngung übertragen werden.

Schlussfolgerungen

Die Ergebnisse des Forschungsprojektes beleuchten das Potential einer teilflächenspezifischen Düngung aus verschiedenen Perspektiven.

Bei den LandwirtInnen selbst ist die Technologie zumindest bekannt und das Interesse für die Anwendung groß. Die Verwendung der vorgestellten Produktivitätskarten ist weder teuer noch kompliziert. Auch wenn der Traktor nicht mit GPS und Bordcomputer ausgestattet ist, können LandwirtInnen die Karten auf ihre mobilen Endgeräte laden und bei der Fahrt über das Feld manuell mehr oder weniger Dünger ausbringen. Diese Applikation birgt besonders für kleine und mittelgroße Betriebe, die nicht in Sensortechnologie investieren wollen, großes Potenzial. Die wirtschaftliche Evaluierung der verschiedenen Düngevarianten der Versuchsflächen ergab, dass aufgrund des Gesetzes des abnehmenden Ertragszuwachses besonders die hohen Düngergaben von 180 kg ha−1 zu überdenken sind. Anstatt einheitlichen Managements können in Zukunft mithilfe der Produktivitätskarten die ausgebrachten Stick-stoffmengen innerhalb eines Felds variiert werden, um Stickstoff nur dort auszubringen, wo er benötigt wird.

Ein direkter Vergleich der verschiedenen Düngestrategien „catch up“ und „top up“ wäre sowohl aus ökonomischer als auch ökologischer Sicht interessant und bietet sich für weiterführende Untersuchungen an, um einerseits die ökonomischen Vorteile der teilflächenspezifischen Düngung zu quantifizieren andererseits aber auch das Risiko von erhöhten Nitratwerten im Grundwasser bei verstärkter Düngung wachstumsschwächerer Zonen abzuklären.

Des Weiteren werden sich die zukünftigen Aktivitäten auf eine Validierung und eine leichtere Anwendbarkeit der Daten konzentrieren, um die Informationen unter möglichst vielen AnwenderInnen zu verbreiten. Dies entspricht auch dem Grundgedanken der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union, die sich von einem regelgeleiteten System zu einem leistungs- und ergebnisbasierten Ansatz entwickeln möchte und mit der GAP 2021 verpflichtende Werkzeuge zum verbesserten Nährstoffmanagement einführen wird (Europäische Union, 2019).

eISSN:
2719-5430
Idioma:
Inglés
Calendario de la edición:
4 veces al año
Temas de la revista:
Life Sciences, Ecology, other