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Einleitung

Die Humus-/Kohlenstoffspeicherung und die Änderung der organischen Kohlenstoffgehalte (Corg) in Böden werden gegenwärtig sehr intensiv diskutiert. Die von einer Vielzahl von Staaten ratifizierte „4 pro Tausend Initiative (quatre per mille)“ der französischen Regierung anlässlich der Vertragsstaatenkonferenz (Conference of the Parties, COP) in Paris führt derzeit zu einer weltweit steigenden Aufmerksamkeit hinsichtlich der Erreichung der Klimaziele, welche in den „Sustainable Development Goals (SDG)“ präzisiert worden sind (IPCC, 2006; 4p1000, 2017; Conrad et al., 2017; van Groenigen et al., 2017; Zomer et al., 2017). Neben der Erfassung der aktuellen Vorräte gilt es auch die Auswirkungen der Bodenbewirtschaftung für die Speicherung und damit die Entlastung der Atmosphäre von CO2-Emissionen im In- und Ausland zu quantifizieren, um darüber eine bodenschonende und standortangepasste Landbewirtschaftung im Hinblick auf die Einhaltung bzw. Erreichung der Klimaziele zu definieren (Balesdent und Arrouays, 1999; Cosentino et al., 2006; Wiesmeier et al., 2012; Chenu et al., 2018). Diese Quantifizierung geschieht auch vor dem Hintergrund einer durch Humus verbesserten Bodenstruktur, günstigeren Wasser-, Nährstoff- und Gaszusammensetzung, eines gleichmäßigen Wärmehaushalts sowie einer höheren mikrobiellen Aktivität im Boden, die gleichzeitig sogar zum Aufbau stabiler C-Verbindungen im Boden beitragen kann (Liang et al., 2017). Darüber hinaus erhöhen die bei der Mineralisation freigesetzten organischen Säuren über die Bildung organo-mineralischer Verbindungen die mechanische Stabilität, wobei je nach Zusammensetzung der organischen Säuren durchaus große Unterschiede hinsichtlich der mechanischen Stabilisierung auftreten können (Blume et al., 2010; Hartge und Horn, 2014).

Es muss allerdings berücksichtigt werden, dass bei kontinuierlicher Bodenbearbeitung auf Ackerböden nicht von einer gleichmäßig steigenden Humusspeicherung ausgegangen werden kann, da im Zuge der Mineralisierung der organischen Pflanzenreste durch die Mikroorganismen wiederum Nährstoffe für die nachwachsenden Pflanzen im Boden zur Verfügung gestellt werden. Von daher ist nur mit einer begrenzten zusätzlichen Speicherung von Corg im Boden zu rechnen. In diesem Kontext berechneten Lugato et al. (2014), dass ein Umstieg auf alternative Bodenbewirtschaftungsformen (z. B. reduzierte Bodenbearbeitung, Zwischenfruchtanbau, Futtergräser/Leguminosen als Fruchtfolgeglieder, kein vollständiger Abtransport von Ernterückständen) für mindestens 12–28 % der Ackerböden Europas notwendig ist, um die gesetzten Klimaziele 2020 hinsichtlich der CO2-Einsparung zu erreichen. Abgesehen von der Bodenbewirtschaftung ist die Bodentextur (Tongehalt) und damit auf jungen Landoberflächen wie dem norddeutschen Tiefland das geologische Ausgangsmaterial für die C-Speicherkapazität und das langfristige C-Speicherungspotenzial der Böden von Bedeutung (Six et al., 2002; Chen et al., 2018). Ein Überblick über die weltweiten Humusvorräte in den obersten 30 cm lässt sich aus der anlässlich der FAO-Tagung in Rom 2017 publizierten Corg-Vorratskarte ableiten (FAO, 2017). Hierbei muss berücksichtigt werden, dass der Kohlenstoffvorrat in den obersten 30 cm unter Geländeoberfläche (GOF) aufgrund der Bodenbearbeitung besonders intensiven Veränderungen unterworfen ist. Nach der gegenwärtigen Berechnung befinden sich weltweit 677 Pg (= 677 * 109 t) Corg in den obersten 30 cm mit allerdings deutlichen Unsicherheiten. Bezogen auf 1 m Tiefe variieren die berechneten Corg-Vorräte weltweit zwischen 1400–1600 Pg (Batjes, 2016). Gemessene Corg-Vorräte bis 1 m Bodentiefe sind allerdings relativ wenig publiziert, obwohl gerade diese Vorräte für eine langfristige Humusspeicherung von Bedeutung sind, da die organische Bodensubstanz (Humus) im Unterboden für Mikroorganismen schlechter zugänglich (z. B. C-Okklusion in Aggregaten) und damit stärker vor mikrobiellem Abbau (Mineralisation) geschützt ist als im Oberboden (Rumpel und Kögel-Knabner, 2011; Chen et al., 2018).

Material und Methoden
Untersuchungsgebiet

Um einen Überblick über die in Schleswig-Holstein gespeicherten Humus-/Corg-Vorräte bis in 90 cm Tiefe zu bekommen, wurden die vom Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schleswig-Holstein (LLUR) und deren Vorgängerbehörden in den zurückliegenden Jahrzehnten (seit ca. 1970) erhobenen Profildaten (LLUR-Datenbank) ausgewertet. Diese umfassen Datensätze von 925 Bodenprofilen aus den vier Hauptnaturräumen Schleswig-Holsteins: Östliches Hügelland, Vorgeest, Hohe Geest und Marsch. Unterschieden wurde hierbei zwischen der Landnutzung zum Zeitpunkt der Beprobung unterteilt in Ackerland, Grünland und Wald.

Im Östlichen Hügelland (Jungmoränenlandschaft, weichselkaltzeitlich geprägt) dominieren Braunerden, (Pseudogley-)Parabraunerden, Pseudogleye, Kolluvisole und Niedermoore, in der Vorgeest (Sanderebene) vor allem sandige Braunerden, (Gley-)Podsole und Gleye neben Nieder- und Hochmooren. Die Hohe Geest (Altmoränenlandschaft, durch die Saale-Kaltzeit geprägt) wird von lehmig-sandigen und sandigen, carbonatfreien Braunerden, Podsolen, Pseudogleyen und Gleyen neben sauren Niedermooren, Kolluvisolen und Plaggeneschen dominiert. Das Gebiet der Marschen umfasst Roh- (= Salz-), Kalk-, Klei-, Knick-, Dwog- und Organomarschen sowie Nieder- und Hochmoore. Die regionale Verteilung der repräsentativen Bodentypen (> 3 % Flächenanteil im Hauptnaturraum) und die jeweiligen Flächenanteile sind auf Grundlage der Bodenübersichtskarte 1:250.000 (BÜK 250) (LLUR, 2016) in Tabelle 1 zusammengestellt. Das Östliche Hügelland umfasst eine Fläche von 6740 km2, die Hohe Geest von 3766 km2, die Vorgeest von 2010 km2und die Marsch von 2854 km2.

Labor- und Datenanalyse

Folgende chemische und physikalische Kenngrößen aus der LLUR-Datenbank wurden in die Auswertung einbezogen: Korngrößenverteilung (prozentuale Anteile der Sand-, Schluff- und Tonfraktion), Humusgehalt bzw. organischer Kohlenstoffgehalt (Corg) sowie Trockenrohdichte. Methodische Einzelheiten sind Blume et al. (2011) und Hartge und Horn (2014) zu entnehmen. Während die Trockenrohdichte (Trocknung bis zur Gewichtskonstanz bei 105 °C der Stechzylinderbodenprobe mit definiertem Volumen) über den gesamten Beprobungszeitraum von 1970–2015 nach gleicher Vorgehensweise bestimmt wurde, beruhen die Corg-Werte projektbedingt auf unterschiedlichen Analysemethoden (Elementaranalyse: trockene Veraschung nach DIN ISO 10964; Lichterfelder Methode: nasse Veraschung nach DIN ISO 19684 Teil 2; Bestimmung des Glühverlustes DIN ISO 19684 Teil 3).

Die Analysen wurden an gestörten und ungestörten Bodenproben aus den relevanten Bodenhorizonten (ohne organische Auflagehorizonte) bis in 90 cm Tiefe durchgeführt.

Die Corg-Vorräte (t/ha) errechnen sich aus dem Corg-Gehalt (%) multipliziert mit der Trockenrohdichte (g/cm3) und der jeweiligen Bodenmächtigkeit (cm). Multipliziert mit der jeweiligen Bodenfläche (ha) ergeben sich die absoluten Corg-Vorräte (in Megatonnen (Mt) = 106 t, entsprechen 1 Teragramm (Tg, 1012 g) oder 0,001 Petagramm (Pg, 1015 g)). Die Ergebnisse wurden für die folgenden Tiefenstufen aufsummiert: 0–30, 30–60, 60–90 sowie 0–90 cm. Da die Beprobung der Bodenleitprofile im Rahmen verschiedener Projekte durchgeführt wurde, variiert die Beprobungstiefe je nach Forschungsschwerpunkt, sodass für die in dieser Arbeit festgelegten Tiefenstufen jeweils unterschiedliche Probenmengen (n) vorliegen.

Ergebnisse
Einfluss des geologischen Ausgangsgesteins und Bodentyps auf den Corg-Vorrat

Die vier Hauptnaturräume weisen unterschiedliche Corg-Vorräte auf (Tabelle 1). Insgesamt werden in den obersten 90 cm in den Böden Schleswig-Holsteins mindestens 244 Mt (244 * 106 t, entsprechen 0, 244 Pg) gespeichert, was einer Humusmenge von ca. 420 Mt entspricht. Diese Menge bezieht sich auf die dominierenden Bodentypen in den vier Hauptnaturräumen, die mehr als 90 % der gesamten Bodenoberfläche von 15.369 km2 ausmachen. Die fruchtbaren Böden im Östlichen Hügelland speichern aufgrund der großen Fläche den höchsten Anteil, gefolgt von der Hohen Geest und der Marsch. Der kleinste Hauptnaturraum, die Vorgeest, weist mit 40 Mt absolut gesehen den niedrigsten Wert auf. In Bezug zur Fläche (t/ha), d. h. hinsichtlich der Kohlenstoffdichte, ergibt sich jedoch ein anderes Bild, wie Tabelle 1 verdeutlicht: So ist der durchschnittliche Corg-Vorrat pro ha für Böden in der Marsch am größten und nimmt in der Reihenfolge Marsch > Vorgeest > Östliches Hügelland > Hohe Geest ab.

Erwartungsgemäß weisen Moore (Nieder- und Hochmoore) die höchsten Corg-Vorräte über die Tiefe auf. Damit sind sie trotz des geringen Flächenanteils (7 %) für ca. 30 % des gesamten Corg-Vorrats in Schleswig-Holstein (77 Mt/ha bis 90 cm Tiefe) verantwortlich (Abbildung 1). Ebenfalls hohe Corg-Vorräte sind in den Kolluvisolen zu finden, die 11 % des gesamten Corg-Vorrats in Schleswig-Holstein abdecken. Bei den Kolluvisolen und Mooren handelt es sich um Mindestwerte, da die Mächtigkeiten (H- und M-Horizonte) auch mehr als 90 cm betragen können. Der Kolluvisol, ein für das Östliche Hügelland besonders typischer Bodentyp (16 % Flächenanteil), stellt zusammen mit den dort vorkommenden Niedermooren (< 4 % Flächenanteil) mehr als die Hälfte des Corg-Speichers dar (Abbildung 1), während die Corg-Vorräte für die übrigen Bodentypen des Östlichen Hügellandes vergleichsweise gering ausfallen. Hier sind z. B. die fruchtbaren Parabraunerden aus Geschiebemergel mit nur 4 Mt Corg zu nennen (Tabelle 1).

Abbildung 1

Prozentualer Anteil bodentypspezifischer organischer Kohlenstoff (Corg)-Vorräte in 0–90 cm Bodentiefe am gesamten Corg-Vorrat des jeweiligen Hauptnaturraums bzw. der Gesamtfläche Schleswig-Holsteins.

Figure 1. Relative share of soil type specific soil organic carbon (SOC) stocks within 0–90 cm soil depth on the total SOC stock of each geological region or the total area of Schleswig- Holstein.

Tiefenspezifische organische Kohlenstoffvorräte (Corg) in 0–90 cm Bodentiefe von repräsentativen Bodentypen mit einem relativen Flächenanteil von > 3 % in den Hauptnaturräumen Schleswig-Holsteins. n = Anzahl der Bodenprofile, x = arithmetischer Mittelwert, +/− = Standardabweichung, Datengrundlage: LLUR.

Table 1. Depth-specific soil organic carbon (SOC) stocks from 0–90 cm depth for the most frequent soil types with a relative area > 3 % in the different geological regions in Schleswig-Holstein. n = number of soil profiles, x = arithmetic mean, +/− = standard deviation, data basis: LLUR.

Östliches Hügelland
0–30 cm30–60 cm60–90 cmΣ 0–90 cm
BodentypTon (x)(+/−) TonRel. FlächeAbs. FlächeC org-VorratnC org-VorratnC org-VorratnC org-Vorrat
(%)(%)(%)(ha)(t ha−1)(Mt)(t ha−1)(Mt)(t ha−1)(Mt)(t ha−1)(Mt)
Pseudogley-Parabraunerde18,65,523153.662629,526172,627111,7269013,8
Pseudogley20,913,320134.7917910,719192,62491,32410814,6
Kolluvisol12,49,216106.485859,013717,611495,21420521,8
Braunerde4,93,31281.548554,521151,22670,532776,3
Parabraunerde15,44,8850.547522,622180,92690,528794,0
Niedermoor637.74145517,212047,751756,6683531,5
Pseudogley-Braunerde9,14,5426.958601,67170,5560,27822,2
Summe88591.73255109231241613794
sonstige1282.222
Vorgeest
0–30 cm30–60 cm60–90 cmΣ 0–90 cm
BodentypTon (x)Ton (+/-)Rel. FlächeAbs. FlächeC org-VorratnC org-VorratnC org-VorratnC org-Vorrat
(%)(%)(%)(ha)(t ha−1)(Mt)(t ha−1)(Mt)(t ha−1)(Mt)(t ha−1)(Mt)
Gley-Podsol2,91,036,372.95413710,016604,416201,41921615,8
Gley6,95,813,627.3331203,36270,79220,6101694,6
Braunerde-Podsol3,71,412,424.921741,83260,64110,351102,8
Braunerde3,71,611,222.509861,97210,512100,2141172,6
Podsol2,61,3816.078661,18280,513100,2171041,7
Niedermoor6,112.2593113,852142,6101581,9126848,4
Hochmoor3,774362421,831791,361621,265824,3
Summe91183.4902448117068340
sonstige917.485
Hohe Geest
0–30 cm30–60 cm60–90 cmΣ 0–90 cm
BodentypTon (x)(+/−) TonRel. FlächeAbs. FlächeC org-VorratnC org-VorratnC org-VorratnC org-Vorrat
(%)(%)(%)(ha)(t ha−1)(Mt)(t ha−1)(Mt)(t ha−1)(Mt)(t ha−1)(Mt)
Braunerde4,52,018,268.535795,433191,33480,5351067,3
Pseudogley15,58,811,944.811934,251261,249110,5541305,8
Gley-Podsol3,71,41037.6571385,216662,515180,7192238,4
Pseudogley-Braunerde6,12,48,833.138632,18200,76120,48963,2
Braunerde-Podsol4,51,98,732.761963,17230,71190,3111274,2
Gley9,25,66,725.2301082,710310,810180,4141574,0
Kolluvisol7,91,56,223.347651,54310,74140,331112,6
Niedermoor--4,818.0753075,6112043,7141733,11868412,4
Pseudogley-Podsol7,32,64,717.6991542,710490,97110,2112143,8
Podsol3,82,04,516.945971,624370,624140,2271482,5
Plaggenesch7,5-4,316.192921,51651,11210,311782,9
Parabraunerde11,80,33,412.803610,82230,32110,12941,2
Summe92347.1933617714177720358
sonstige829.372
Marsch
0–30 cm30–60 cm60–90 cmΣ 0–90 cm
BodentypTon (x)Ton (+/-)Rel. FlächeAbs. FlächeC org-VorratnCorg-VorratnCorg-VorratnCorg-Vorrat
(%)(%)(%)(ha)(t ha−1)(Mt)(t ha−1)(Mt)(t ha−1)(Mt)(t ha−1)(Mt)
Kleimarsch25,87,727,077.048695,320322,440231,8431249,5
Dwogmarsch36,87,717,650.224703,519381,939311,5451387,0
Kalkmarsch15,87,216,847.941512,536251,247200,950964,6
Knickmarsch42,58,68,223.4001002,34531,25390,971924,5
Niedermoor6,719.1192595,012234,321923,7267412,9
Rohmarsch18,611,04,512.841580,77340,49360,5141281,6
Hochmoor4,011.4152853,361772,062302,656927,9
Organomarsch37,516,53,082761981,632071,76880,774934.1
Summe88250.2642496151541317352
sonstige1235.100

Hohe Corg-Vorräte sind in den B-Horizonten podsolierter Böden, der (Gley-)Podsole der Vorgeest und Hohen Geest vorzufinden. Knapp Dreiviertel (71 %) des in der Vorgeest gespeicherten Kohlenstoffs sind in den stark verbreiteten Gley-Podsolen (36 % Flächenanteil) und in den Hoch- und Niedermoorböden (< 6 % Flächenanteil) wiederzufinden (Abbildung 1). In der Hohen Geest sind zusätzlich zu den Niedermooren und (Gley-)Podsolen auch Pseudogley-Podsole und die in Schleswig-Holstein im Unterschied zu Niedersachsen nur mit einem geringen Flächenanteil vorkommenden Plaggenesche mit erhöhten Corg-Vorräten (> 170 t/ha) vertreten. Sie tragen damit zu 5 % des Gesamt-Corg-Vorrats der Hohen Geest bei (Abbildung 1). Mehr als 50 % der Fläche werden dagegen von terrestrischen Böden eingenommen, deren durchschnittliche Corg-Vorräte mit Ausnahme der Podsole weniger als 130 t/ha bis in 90 cm Bodentiefe betragen.

Hinsichtlich der tiefenspezifischen Corg-Verteilung ist festzustellen, dass in den Böden der Jungmoränenlandschaft nahezu 60 % des Corg-Vorrats in den obersten 30 cm und weitere 25 % in der Tiefe bis 60 cm gespeichert sind. Eine vergleichbare Verteilung findet man auch in der Vorgeest und in der Hohen Geest, während in der Marsch eine weitgehend gleichmäßige Corg-Verteilung aufgrund der bereits im meeresbürtigen Sediment vorhandenen organischen Bestandteile (sogenannte primäre organische Substanz) nachgewiesen werden kann. Somit verfügen die Marschen von Natur aus über sehr hohe Corg-Vorräte über die gesamte Tiefe. Neben den Mooren sind hier die Organomarschen mit ihren stark humosen Unterböden hervorzuheben, die mit knapp 500 t/ha bis 90 cm Tiefe sehr hohe Corg-Vorräte aufweisen. Aufgrund ihrer geringen Flächenverbreitung (3 %) decken sie allerdings nur 8 % des gesamten Corg-Vorrats der Marschen ab.

Einfluss der Landnutzung auf die Corg-Vorräte

Während 60–70 % der sehr fruchtbaren Böden im Östlichen Hügelland und in der Marsch ackerbaulich bewirtschaftet werden, findet auf den weniger fruchtbaren Böden der Geest auf 30–40 % Grünland- und auf knapp 20 % Waldnutzung statt (Abbildung 2).

Abbildung 2

Prozentualer Anteil der 3 dominierenden Landnutzungssysteme (Ackerland, Dauergrünland und Forst) an der gesamten land- und forstwirtschaftlich genutzten Fläche in Schleswig-Holstein. Eigene Darstellung; Datengrundlage: DESTATIS (2015) und MELUND (2018).

Figure 2. Relative share of the 3 main land use management systems (arable land, permanent grassland and forest) on the total agricultural and forestry area in Schleswig-Holstein Authors’ own representation; data source: DESTATIS (2015) und MELUND (2018).

Landnutzungsspezifische Unterschiede in der Corg-Speicherung in Böden werden über die Corg-Gehalte der A‑Horizonte sowie den berechneten Corg-Vorräten in 0–30 cm Tiefe deutlich (Abbildung 3). In allen vier Hauptnaturräumen weisen die als Grünland genutzten Oberböden stets die höchsten Corg-Vorräte auf, wobei in den Böden der Vorgeest und Hohen Geest mit bis zu ca. 130 t/ha die höchsten Vorräte in den oberen 30 cm festzustellen sind. Deutlich geringere Corg-Vorräte werden in den ackerbaulich genutzten Flächen (< 100 t/ha) und den Wäldern (< 80 t/ha) in allen vier Hauptnaturräumen gespeichert. Insbesondere in den Ackerbauregionen Östliches Hügelland und Marsch treten die geringsten Corg-Vorräte < 60 t/ha im gepflügten Oberboden auf. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass für die Berechnung der Corg-Gesamtmengen je nach Landnutzungstyp eine unterschiedliche Verteilung der Bodentypen zugrunde liegt und dass unter Grünlandnutzung eine höhere Anzahl hydromorpher Böden (u. a. Gleye, Anmoorgleye) vertreten ist als unter Ackernutzung, da die Nutzungsart meistens an die Standortverhältnisse (insbesondere an den Grundwasserspiegel) gebunden ist.

Abbildung 3

Einfluss des Landnutzungstyps (A = Ackerland, G = Grünland, F = Forst) auf den mittleren organischen Kohlenstoff (Corg)-Gehalt mineralischer A-Horizonte und Corg-Vorräte in 0–30 cm Bodentiefe von repräsentativen Bodentypen der Hauptnaturräume Schleswig-Holsteins. Fehlerbalken zeigen die arithmetische Standardabweichung an. Repräsentative Bodentypen und Anzahl der Bodenprofile sind Tabelle 1 zu entnehmen. Organische Böden sind in der Darstellung nicht enthalten.

Figure 3. Effect of land use management (A = Arable land, G = Grassland, F = Forest) on mean soil organic carbon (SOC) content of mineral A-horizons and SOC stock within 0–30 cm depths for the region-specific soil types in Schleswig-Holstein. Error bars indicate arithmetic standard deviation. Representative soil types for each geological region and corresponding number of soil profiles are given in Table 1. Organic soils are excluded.

Unter Waldböden ist festzustellen, dass hohe Corg-Gehalte des A-Horizontes nicht zwangsläufig mit hohen Vorräten in 0–30 cm Tiefe verbunden sind (siehe Östliches Hügelland), was im Wesentlichen auf die geringe Mächtigkeit der Ah-Horizonte unter Wald im Vergleich zu den anderen Landnutzungsformen zurückzuführen ist. Die Corg-Vorräte der Waldböden im Östlichen Hügelland sind dabei im Vergleich zu denen in der Vorgeest und Hohen Geest um ca. 10 t/ha geringer. Hier ist zu berücksichtigen, dass die C-Mengen aus organischen Auflagen nicht in die Berechnung eingegangen sind.

Diskussion

Humus ist nicht nur für die Nährstoffsorption und verbesserte Wasserspeicherung sowie für eine erhöhte mechanische Stabilisierung der Böden von Bedeutung, sondern führt zu einer entsprechenden Entlastung der Atmosphäre hinsichtlich der CO2-Emissionen. Diese positiven Aspekte unterliegen allerdings durchaus kurzzeitigen Schwankungen, denn der Humusauf- und -abbau wird neben den entscheidenden Standortfaktoren wie u. a. der Hydromorphie, dem Mikroklima und der biologischen Aktivität auch von der Landnutzung (Zu- und Abfuhr von organischer Substanz/Biomasse, Bodenbearbeitung, Be- und Entwässerungsmaßnahmen) beeinflusst.

In den vier Hauptnaturräumen in Schleswig-Holstein weisen die Grünlandstandorte im Vergleich zu den Acker- und Waldstandorten die höchsten Humusvorräte im Oberboden (0–30 cm unter GOF) auf (Abbildung 3). Hier ist zu beachten, dass es sich um einen Status quo der Humusvorräte in Böden unter den drei Landnutzungsformen Ackerland, Grünland und Wald in Schleswig-Holstein handelt, der bisher weder die zeitliche Veränderung der Humusvorräte noch die jeweiligen Standortgegebenheiten berücksichtigt. So findet die Grünlandnutzung vorzugsweise auf feuchteren Standorten (hydromorphen Böden) statt, die aufgrund des Wassereinflusses und der dadurch reduzierten Mineralisation der organischen Substanz bereits von Natur aus über erhöhte Humusgehalte (primär oder sekundär angereicherte organische Substanz) verfügen, während anhydromorphe Böden vorzugsweise für den Ackerbau genutzt werden. Hinzu kommt, dass feuchtere Standorte durch Dränung ackerbaulich nutzbar gemacht wurden, wodurch die zunehmende Belüftung zu einem verstärkten Humusabbau geführt hat. Der anthropogen bedingte Landnutzungseinfluss auf die Humusspeicherung steht dabei in Wechselwirkung mit der oben genannten standortspezifischen Humusanreicherung, wodurch der anthropogene Effekt der Grünlandnutzung überschätzt sein könnte.

Das bedeutet gleichzeitig, dass das Speicher- und Verlustpotenzial von Humusmengen durch einen Landnutzungswechsel (z. B. Acker- zu Grünland und umgekehrt) bodentypspezifisch zu bewerten ist (Tabelle 1). Dies betrifft auch die Humusverluste nach einem Grünlandumbruch, die in Abhängigkeit des Standortes (Bodentyp, Tongehalt, Klima) unterschiedlich hoch ausfallen, wobei mit Spannbreiten von 20–80 % zu rechnen ist (Springob et al., 2001; Freibauer et al., 2004; Poeplau et al., 2011; Lugato et al., 2014; LfULG, 2015). Bezogen auf den Oberboden (0–30 cm) kann damit ein hoher Anteil (ca. 60 %, vgl. auch Waldmann und Weinzierl, 2014) der Corg-Vorräte durch eine standortangepasste Landnutzung (u. a. Vegetation, Bodenbearbeitung) beeinflusst werden. Vor diesem Hintergrund sind auch die bekannten Vorteile einer Minimal- Bodenbewirtschaftung erneut zu diskutieren, da eine erhöhte Freisetzung von Kohlenstoff aus dem Aggregatverband durch den Verzicht der Pflugarbeit reduziert werden kann (Six et al., 2002; Mordhorst et al., 2013; Wiesmeier et al., 2014).

Im Gegensatz dazu ist die Corg-Speicherung im Unterboden stärker von geogenen sowie pedogenen Eigenschaften der Böden geprägt, sodass sich bodentypspezifische Unterschiede im Corg-Vorrat herausstellen. Während das meeresbürtige Ausgangssediment der Marschböden bereits über hohe, primäre Corg-Gehalte verfügt, beruhen die Corg-Gehalte im Unterboden der (Gley-)Podsole in der Vor- und Hohen Geest auf Verlagerungsprozessen von metallorganischen Verbindungen. Bei der Bewertung der Humusqualität ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Nährstoffverfügbarkeit (weites C/N-Verhältnis und die Erreichbarkeit für Pflanzenwurzeln) in den z. T. verkitteten Bhs-Horizonten (Orterde und Ortstein) (Wiechmann, 1995) im Vergleich zu den humusreichen Unterböden der Marsch mit engem C/N-Verhältnis gering ist (Janetzko & Fleige, 1995).

Vergleicht man die in den schleswig-holsteinischen Böden gespeicherten Corg-Mengen mit Daten anderer Bundesländer, so finden sich in Abhängigkeit von der Landnutzung vergleichbare Größenordnungen: Wiesmeier et al. (2012) haben die Daten für Bayern auf der Grundlage von 1500 Bodenprofilen ausgewertet. Auch sie finden auf Grünlandstandorten die höchsten Corg-Vorräte bis in 1 m Bodentiefe mit einem mittleren Wert von 118 t/ha, während geringere Vorräte von 90–98 t/ha in Acker- und Waldböden errechnet worden sind.

Werden nur die am stärksten von der Landnutzung beeinflussten 0–30 cm betrachtet, wird deutlich, dass die Corg-Vorräte bis zu ca. 130 t/ha in 0–30 cm Tiefe auf den Grünlandstandorten der Geest (ohne Berücksichtigung der Moore) im Vergleich zu denen in Wiesmeier et al. (2012) aufgeführten europäischen Böden (< 95 t/ha für 0–30 cm Tiefe) sogar deutlich höher liegen. Dagegen sind die geringeren Corg-Vorräte (60 t/ha) in den Oberböden des Östlichen Hügellands und der Marsch mit denen aus Baden-Württemberg vergleichbar (Neufeldt, 2005). Eine Studie aus der Schweiz zeigt in Bezug auf die Landnutzung gleiche Tendenzen in den Humusvorräten, allerdings mit geringeren Unterschieden zwischen Ackerland (54 t/ha) und Dauergrünland (64 t/ha für 0–30 cm Tiefe) (Leifeld et al., 2005). In Bezug auf die Waldnutzung stimmen die Corg-Vorräte von durchschnittlich 70 t/ha (0–30 cm Tiefe) mit denen von Wördehoff et al. (2012) für Geschiebesande und -lehme in Schleswig-Holstein überein, während höhere Vorräte in schwach verlehmten Sandböden vorgefunden wurden, die vorwiegend mit Podsolierungsprozessen in Verbindung standen (Wördehoff et al., 2012). Vergleichsweise höhere Corg-Vorräte (> 70 t/ha) in den Oberböden der Vorgeest und Hohen Geest mit einem hohen Anteil podsolierter Böden (siehe Tab. 1) zeigt ebenfalls Abbildung 3.

Auf die gesamte Fläche Schleswig-Holsteins bezogen ist festzustellen, dass im Vergleich zu anderen Bundesländern Deutschlands relativ hohe Humusvorräte bis in 90 cm Tiefe vorhanden sind. Der Gesamtvorrat von 244 Mt Corg übersteigt beispielsweise den von Sachsen-Anhalt mit den dort verbreiteten humusreichen Schwarzerden (185 Mt bei ähnlicher Flächengröße) und liegt nicht weit unter dem Gesamtvorrat des Bundeslandes Baden-Württemberg (342 Mt Corg), das eine im Vergleich zu Schleswig-Holstein mehr als doppelt so hohe Flächengröße, jedoch geringere bzw. keine Vorkommen von Mooren bzw. Marschen aufweist (LAGB, 2014; Waldmann und Weinzierl, 2014).

Während die Erhaltung der Moore in Schleswig-Holstein als größte C-Senke (siehe Abbildung 1) und die Nutzung grundwassernaher Standorte, der hydromorphen Bodentypen (Gleye, Anmoorgleye), als Dauergrünland bereits zu den hohen Corg-Vorräten beitragen, variieren die Corg-Vorräte und das Humussteigerungspotenzial unter Ackernutzung in Abhängigkeit der Standortgegebenheiten (u. a. Textur und ertragswirksame Faktoren wie pH-Wert, Nährund Wasserhaushalt des Bodens). Folgt man den von Schiefer et al. (2015) entwickelten Intensivierungspotenzialen, sind die fruchtbaren Ackerstandorte aus der Marsch und dem Östlichen Hügelland aufgrund ihrer verbesserten Nährstoffverfügbarkeit und feinkörnigeren Textur (hoher Ton- und Schluffanteil) im Vergleich zu sandigen Geeststandorten auch als Standorte mit hohem zusätzlichen C-Sequestrierungspotenzial anzusehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach Schiefer et al. (2015) eine Intensivierung des Ackerbaus (höherer Ertrag pro Flächeneinheit) eine nachhaltige und umweltverträgliche Landbewirtschaftung (geringere Umweltbelastung pro Ertragseinheit) voraussetzt, die daher nur durch eine flächendeckendere Umstellung auf konservierende Verfahren (wie pfluglose oder reduzierte Bodenbearbeitung, Rückführung von Ernterückständen oder Gärresten, Zwischenfruchtanbau, Futtergräser/Leguminosen als Fruchtfolgeglieder (Lugato et al., 2014) auf Ackerböden gewährleistet werden kann.

Schlussfolgerung

Der Humusvorrat in schleswig-holsteinischen Böden variiert in Abhängigkeit von den in den Hauptnaturräumen vorliegenden Ausgangsgesteinen und den Bodentypen sowie der Landnutzung. In Bezug auf den gesamten (absoluten) Corg-Vorrat bis 90 cm Tiefe der vier Hauptnaturräume Schleswig-Holsteins steigen die Corg-Mengen der Böden mit der Flächengröße der Hauptnaturräume an. Die größten Humusmengen verzeichnet daher das Östliche Hügelland, während der flächenmäßig kleinste Hauptnaturraum (Vorgeest) die geringsten Mengen aufweist. Betrachtet man das C-Speicherungsvermögen der Hauptnaturräume jedoch pro Flächeneinheit, ist der durchschnittliche Corg-Vorrat (t/ha) für Böden in der Marsch am größten und nimmt in der Reihenfolge Marsch > Vorgeest > Östliches Hügelland > Hohe Geest ab. Große C-Pools stellen hinter den Hoch- und Niedermoorböden folgend die stark verbreiteten Gley-Podsole (Hohe Geest und Vorgeest) und die gering verbreiteten Organomarschen dar, was im Alt- und Jungmoränengebiet (Hohe Geest und Östliches Hügelland) für die Kolluvisole zutrifft.

In Abhängigkeit von den Standorteigenschaften (Bodentyp und geologischem Ausgangsgestein) ergeben sich so unterschiedliche C-Sequestrierungspotenziale, die im Hinblick auf Strategien zur Humussteigerung in den Böden bzw. zur verringerten Freisetzung klimarelevanter Gase (CO2, N2O) durch eine standortangepasste und bodenschonende Landbewirtschaftung (z. B. reduzierte Bodenbearbeitung) zu berücksichtigen sind.

eISSN:
0006-5471
Language:
English
Publication timeframe:
4 times per year
Journal Subjects:
Life Sciences, Ecology, other