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The role of cultural preferences in attitudes and shopping behaviour of young people towards organic products: A survey of high school students in the Lower Austrian Weinviertel region


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Einleitung und Forschungsfragen

Konsummuster haben sich in den letzten Jahrzehnten erheblich verändert, was auf die zunehmende Ausdifferenzierung von Lebensstilen und den demografischen Wandel zurückzuführen ist (Hörstermann, 2016). Der Lebensstil als Ausdruck subjektiver Verhaltensweisen, Symbole, Vorlieben und Werte des Einzelnen (Otte, 2005; Rössel, 2004) wird oft als diffuses Konzept betrachtet, das selbst ein Muster des Sozialverhaltens darstellt und daher keinen zusätzlichen Erklärungswert für Verhalten hat. Daher plädiert Rössel (2004; 2006) dafür, „kulturelle Präferenzen” zur Erklärung des Sozialverhaltens heranzuziehen, da diese nicht das faktische Handeln bezeichnen, sondern „die Vorlieben der Akteure für bestimmte (…) Hand-lungen und deren Konsequenzen angeben” (Rössel, 2006). Auch bei der Vorhersage des Einkaufsverhaltens von Lebensmitteln aus biologischer Landwirtschaft (Bioprodukte) spielen kulturelle Präferenzen als Determinanten eine Rolle. So konnten etwa egoistische Präferenzen hinsichtlich der persön-lichen oder familiären Gesundheit stärker als Determinanten des Einkaufsverhaltens identifiziert werden als altruistische Präferenzen hinsichtlich Umwelt oder Tierschutz (Di Guida und Christoph-Schulz, 2023; Magnusson et al., 2003).

Kindern und Jugendlichen wird als zukünftige KonsumentInnen von Bioprodukten eine wichtige Rolle zugewiesen (Marangoz et al., 2014; Stobbelaar et al., 2007) und Marketingabteilungen haben Jugendliche trotz ihrer beschränkten Kaufkraft schon lange als Zielgruppe entdeckt (SPECTRA, 2003). In Österreich ergab eine Umfrage aus dem Jahr 2017, dass 60 % der befragten Jugendlichen und jungen Erwachsenen beabsichtigen, in Zukunft mehr oder deutlich mehr Bioprodukte zu kaufen (Steinwidder et al., 2018). Schülerinnen und Schüler treffen mit ihrem Taschengeld beziehungsweise dem Geld für die Schuljause selbst Entscheidungen für oder gegen Bioprodukte. Allerdings ist bisher noch wenig über die Zusammenhänge zwischen den kulturellen Präferenzen und Einstellungen von Jugendlichen und ihrem Kaufverhalten bei Bioprodukten bekannt (Gotschi et al., 2009; Gotschi et al., 2023; Stobbelaar et al., 2007; Vogel et al., 2010). Dieser Beitrag möchte zum Schließen dieser Forschungslücke beitragen, indem er auf Basis von standardisierten Befragungsdaten kulturelle Präferenzen von Jugendlichen identifiziert und diese im Kontext der Einstellungen zu Bioprodukten und zum Kaufverhalten analysiert.

Im Einzelnen werden in diesem Beitrag folgende Forschungsziele verfolgt:

Darstellung der Einstellung zu Bioprodukten und des Kaufverhaltens bei Bioprodukten und Analyse von Unterschieden nach Schulstufe und Geschlecht,

Identifikation der kulturellen Präferenzen von Schülerinnen und Schülern und Analyse von Unterschieden nach Schulstufe und Geschlecht,

Analyse und Interpretation der festgestellten kulturellen Präferenzen im Zusammenhang mit Einstellungen zu und Kaufverhalten von Bioprodukten bei Jugendlichen.

Material und Methoden

Am Institut für Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung der Universität für Bodenkultur Wien erfolgte im Juni 2018 eine standardisierte schriftliche Befragung von Schülerinnen und Schülern berufsbildender höherer Schulen, die unter anderem deren Einstellung zu und Kaufverhalten bei Bioprodukten, die subjektive Bedeutung verschiedener Interessensgebiete der Jugendlichen sowie soziodemografische Daten erfasste. Es handelt sich bei der Befragung nicht um eine repräsentative Zufallsstichprobe für Österreich, sondern es wurden gezielt drei ländliche Schulstädte in Niederösterreich ausgewählt, in denen berufsbildende höhere Schulformen angeboten werden. Auch wenn statistische Ergebnisse dieser Studie dadurch nicht als allgemein gültig für Österreich angesehen werden können, so kann doch davon ausgegangen werden, dass bei hoch signifikanten Ergebnissen sich diese Zusammenhänge auch außerhalb der von uns befragten Schulstädte widerspiegeln.

Als Erhebungsregion wurde das Weinviertel, eine typisch ländliche Region Niederösterreichs mit den drei Schulstädten Gänserndorf, Hollabrunn und Mistelbach mit jeweils rund 11.000 Einwohnern, gewählt. Die Befragung erfolgte während der regulären Unterrichtszeit in den Klassenzimmern von drei berufsbildenden höheren Schulen, bei denen der Erwerb der Matura mit einer praktischen Berufsausbil-dung verbunden ist. Aufgrund der Kombination von Allgemeinwissen, Theorie und praktischer Ausbildung sowie Abschluss der Matura erfreuen sich berufsbildende höhere Schulen seit Beginn der 1990er-Jahre eines kontinuierlichen Zuwachses an Schülerinnen und Schülern (Bundesministerium für Bildung und Frauen, 2015). Um verschiedene Alterskohorten abzudecken, wurden Schülerinnen und Schüler der 9. Schulstufe mit dem Altersschwerpunkt von 15 Jahren und der 12. Schulstufe mit dem Schwerpunkt von 18 Jahren befragt.

Die Gesamtstichprobe (n = 565) umfasst 308 Schülerinnen und Schüler der Handelsakademie (HAK) in Gänserndorf (54,4 %), 48 der Höheren Technischen Lehranstalt (HTL) in Hollabrunn (8,5 %) und 209 der Höheren Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe (HLW) in Mistelbach (37 %). 356 Schülerinnen und Schüler (63 %) wurden in der 9. Schulstufe und 209 (37 %) in der 12. Schulstufe befragt. Von den 565 befragten Schülerinnen und Schülern waren 65,1 % weiblich und 34,9 % männlich. Die hohe Anzahl an weiblichen Befragten entspricht den statistischen Daten für das Schuljahr 2019/2020 mit der hohen Beliebtheit der Schultypen HLW und HAK bei weiblichen Jugendlichen. Demnach waren 2019/2020 auf ganz Österreich bezogen an den HLW die Jugendlichen zu 84,2 % und an den HAK zu 57,4 % weiblich, während die Jugendlichen an den HTL überwiegend männlich waren (Statistik Austria, 2022).

Die Einstellung zu Bioprodukten wurde als positive oder negative Bewertung von Bioprodukten auf einer fünfstufigen Skala erfasst (1 = ☺, , 5 = ☹). Das Kaufverhalten bei Bioprodukten wurde als selbst berichtete Häufigkeit des Einkaufens auf einer vierstufigen ordinalen Skala mit nie (= 1), selten (= 2), ab und zu (= 3) und regelmäßig (= 4) erfasst. Diese Frage war nur von jenen Schülerinnen und Schülern zu beantworten, die selbst Lebensmittel einkauften. Dies traf auf 458 der 565 insgesamt Befragten zu, das heißt, dass insgesamt 81 % der befragten Schülerinnen und Schüler auch selbst Lebensmittel einkauften.

Im Rahmen der Befragung wurden den Schülerinnen und Schülern die folgenden 20 Interessensgebiete vorgelegt, die sie gemäß der Frage „Was ist Ihnen in Ihrem Leben wichtig?” von 1 = sehr wichtig bis 5 = ganz unwichtig bewerten sollten:

Sport – Gesundheit – Fernsehen – Party, Disco, Kino, Fortgehen – Computerspiele, Videos – Theater – Klassische Musik – Pop, Rock Musik – Zeitschriften, Comics – Reisen – Vereine – Feuerwehr – Ernährung – Auto, Motorradfahren – soziale Medien – Bücher – Wandern, Radfahren, in der Natur sein – Natur- und Umweltschutz – Einkommen – Freunde. Für die statistischen Analysen verwendeten wir das Statistical Package for Social Sciences (IBM, 2021). Die 20 Interessensgebiete, deren Wichtigkeit die Schülerinnen und Schüler für ihr Leben eingestuft hatten, wurden mithilfe einer Faktorenanalyse unter Verwendung der Hauptkomponentenmethode und Varimax-Rotation mit Kaiser-Norma-lisierung und Extraktion von Faktoren mit einem Eigenwert > 1,2 zu kulturellen Präferenzen gebündelt (nur Faktorenladungen > 0,450).

Für die weiteren Analysen wurde für jede kulturelle Präferenz ein Summenindex der Bewertungen über die dazugehörenden Items gebildet und auf die fünf Dimensionen „sehr wichtig“, „eher wichtig“, „teils/teils“, „eher unwichtig“ und „ganz unwichtig“ standardisiert. Darauf aufbauend wurden bivariate Kontingenzanalysen durchgeführt, um die Zusammenhänge der kulturellen Präferenzen mit den soziodemo-grafischen Variablen Schulstufe und Geschlecht, sowie mit der Einstellung zu und dem Kaufverhalten bei Bioprodukten zu identifizieren (Chi-quadrat-Test, Mindestsignifikanzniveau p ≤ 0,05). In den empirischen Ergebnissen werden nur signifikante Zusammenhänge präsentiert und interpretiert: signifikant * (p ≤ 0,05), hoch signifikant ** (p ≤ 0,01), höchst signifikant *** (p ≤ 0,001).

Empirische Ergebnisse und Interpretation

In einem ersten Schritt werden in diesem Kapitel die Einstellungen und das Kaufverhalten der Schülerinnen und Schüler bei Bioprodukten beschrieben. Im Anschluss daran wird das Ergebnis der Bündelung der Interessensgebiete der Schülerinnen und Schüler zu kulturellen Präferenzen vorgestellt. Schließlich werden Ergebnisse zur Analyse des Zusammenhanges der kulturellen Präferenzen mit den Einstellungen und dem Kaufverhalten präsentiert. In den einzelnen Ergebniskapiteln werden, falls vorhanden, signifikante Unterschiede je nach Schulstufe und Geschlecht dargestellt und interpretiert.

Einstellung und Kaufverhalten bei Bioprodukten und Unterschiede nach Schulstufe und Geschlecht

Insgesamt ergibt sich ein sehr positives Einstellungsniveau zu Bioprodukten (siehe Tabelle 1): Mehr als 80 % der Schülerinnen und Schüler halten viel oder sehr viel von Bioprodukten. Trotz der durchschnittlich hohen Zustimmung zu Bioprodukten ergeben sich Unterschiede nach Schulstufe und Geschlecht. Die Zustimmung ist in der 12. Schulstufe, also der älteren Kohorte mit 83,2 %, noch ausgeprägter als bei der jüngeren Kohorte (79,8 %). Dies kann eventuell auf eine verstärkte Meinungsbildung durch die im Lehrplan bis zur 12. Schulstufe zunehmenden Inhalte in den Themen „Umwelt“ und „Nachhaltigkeit“ (Bundesministerium Bildung, Wissenschaft und Forschung, 2024) sowie auf die fächerübergreifende Etablierung von Inhalten biologischer Wirtschaftsweise in den unterschiedlichen Schulformen (Kummer et al., 2021) zurückgeführt werden. Folgt man dieser Erklärung, dann ist der Effekt der zugenommenen Umweltbildung allerdings nicht sehr hoch. Es stellt sich die Frage nach dem Zusammenhang zwischen pädagogischen Methoden und Inhalten mit den Einstellungen von Schülerinnen und Schülern zu Bioprodukten und den Möglichkeiten und Grenzen diese im Rahmen der Schulbildung im Sinne der Nachhaltigkeit zu beeinflussen.

Einstellung zu Bioprodukten und Unterschiede nach Schulstufe und Geschlecht

Table 1. Differences of attitude towards organic food based on school year and gender

Unterschiede nach n Alles in Allem: Was halten Sie von Bioprodukten (%)
eher und sehr wenig1 neutral eher viel sehr viel
Schulstufe* 9 353 3,1 17,0 53,5 26,3
12 205 3,8 12,9 44,0 39,2
gesamt 558 3,4 15,5 50,0 31,1
Geschlecht*** weiblich 365 1,9 11,2 53,7 33,2
männlich 197 6,1 23,4 43,1 27,4
gesamt 562 3,4 15,5 50,0 31,1

Anmerkungen:

die Kategorien wurden aufgrund geringer Fallzahlen zusammengefasst;

Chi-quadrat-Tests:

signifikant (p ≤ 0,05),

höchst signifikant (p ≤ 0,001)

Höchst signifikante Unterschiede bestehen beim Geschlecht: Während 86,9 % der Schülerinnen eher viel oder sehr viel von Bioprodukten halten, liegt dieser Anteil bei Schülern bei 70,5 %. Dies deutet auf ein höheres Gesundheitsbewusstsein von Mädchen hin, bei dem auch die Sorge um das eigene Aussehen eine Rolle spielen könnte (Vereecken et al., 2005). Das höhere Gesundheitsbewusstsein bei Mädchen zeigt auch der 8. Bericht zur Lage der Jugend in Österreich, demzufolge Mädchen und junge Frauen zwischen 14 und 29 Jahren mehr Obst und Gemüse und weniger Fleisch und zuckerhaltige Getränke konsumieren als Jungen und junge Männer (Bundeskanzleramt, 2023).

Mehr als 80 % der Schülerinnen und Schüler kaufen selbst Lebensmittel. Im Durchschnitt kaufen 13,3 % dieser Schülerinnen und Schüler regelmäßig Bioprodukte. Die Analyse ergibt hoch signifikante Unterschiede je nach Schulstufe und Geschlecht (Tabelle 2). Während 15,3 % dieser Schülerinnen und Schüler der 9. Schulstufe nie Bioprodukte kaufen, liegt dieser Anteil in der 12. Schulstufe nur bei 4,7 %. Der Anteil der selbst Lebensmittel kaufenden Schülerinnen und Schüler, die in der 12. Schulstufe regelmäßig Bioprodukte kaufen ist mit 19.9 % mehr als doppelt so groß wie in der 9. Schulstufe (9,4 %). Als Ursache des Unterschieds kann hier ebenfalls auf eine wahrscheinlich mit der Schulstufe zunehmende Sensibilisierung für Nachhaltigkeit im Unterricht hingewiesen werden. Darüber hinaus könnte die mit dem Alter zunehmende Autonomie der Schülerinnen und Schüler den Trend zum Kauf von biologischen Produkten verstärken (Vereecken et al., 2005). Was Unterschiede beim Geschlecht jener Schülerinnen und Schüler betrifft, die selbst Lebensmittel einkaufen, so ist der Anteil, der nie Bioprodukte kauft, bei Schülern mit 16,6 % etwa doppelt so groß wie bei Schülerinnen (8,8 %). Beim regelmäßigen Kauf sind die Anteile bei Schülerinnen und Schülern ungefähr gleich groß (13,1 % und 13,9 %). Während aber mehr als die Hälfte der selbst einkaufenden Schülerinnen ab und zu Bioprodukte kaufen (51,3 %), liegt dieser Anteil bei den Schülern im Vergleich nur bei ca. einem Drittel (36,4 %). Auch diese Ergebnisse könnten auf ein höheres Gesundheitsbewusstsein und Sorge um das eigene Aussehen bei Mädchen hindeuten (Vereecken et al., 2005).

Kaufverhalten bei Bioprodukten und Unterschiede nach Schulstufe und Geschlecht

Table 2. Differences in purchasing behaviour of organic food based on school year and gender

Unterschiede nach n
Kaufen Sie selbst Bioprodukte? (%)
nie selten ab und zu regelmäßig
Schulstufe** 9 287 15,3 33,4 41,8 9,4
12 171 4,7 21,1 54,4 19,9
gesamt 458 11,4 28,8 46,5 13,3
Geschlecht** weiblich 306 8,8 26,8 51,3 13,1
männlich 151 16,6 33,1 36,4 13,9
gesamt 457 11,4 28,9 46,4 13,3

Anmerkungen: Die relativ große Abweichung der Teilstichprobe (458 im Vergleich zu gesamt 565) liegt darin begründet, dass diese Frage nur von jenen 81 % der SchülerInnen beantwortet wurde, die Lebensmittel selbst einkaufen; Chiquadrat-Test:

hoch signifikant, p ≤ 0,01

Kulturelle Präferenzen und Unterschiede nach Schulstufe und Geschlecht

Mithilfe einer Faktorenanalyse wurden aus den Bewertungen der befragten Schülerinnen und Schüler zur Wichtigkeit von zwanzig Interessensgebieten in ihrem Leben die folgenden fünf kulturellen Präferenzen identifiziert: „Gesundheit und Umwelt”, „Klassik”, „Party und Soziale Medien”, „Sport und Vereine” und „Computerspiele und Comics” (siehe Tabelle 3). Diese fünf kulturellen Präferenzen erklären 51,4 % der Varianz in den Angaben der Schülerinnen und Schüler zur Wichtigkeit der verschiedenen Interessensgebiete in ihrem Leben.

Extraktion kultureller Präferenzen und Faktorladungen

Table 3. Extraction of cultural preferences and factor loading

Kulturelle Präferenz Anteil erklärter Varianz (%) Interessensgebiete Faktorladung
Gesundheit und Umwelt 12,56

Gesundheit

Ernährung

Natur- und Umweltschutz

0,788

0,658

0,652

Klassik 12,54

Theater

Klassische Musik

0,732

0,610

Party und Soziale Medien 10,53

Party, Disco, Kino, Fortgehen

Pop, Rock Musik

Soziale Medien

Freunde

0,673

0,496

0,629

0,505

Sport und Vereine 8,16

Sport

Vereine

Feuerwehr

0,583

0,864

0,476

Computerspiele und Comics 7,63

Computerspiele, Videos

Zeitschriften, Comics

0,761

0,555

Anmerkungen: Faktorenanalyse: Hauptkomponentenmethode, Rotation Varimax, Eigenwerte > 1,2; Faktorladungen > 0,450. Die Interessensgebiete „Fern-sehen“, „Reisen“, „Auto/Motorradfahren“, „Wandern/Radfahren/in der Natur sein“ und „Einkommen“ luden auf keine der fünf kulturellen Präferenzen und bildeten auch keine eigene kulturelle Präferenz. n = 565.

Tabelle 4 zeigt die Verteilung der kulturellen Präferenzen in der gesamten Stichprobe. Dabei ist erkenntlich, dass für die Schülerinnen und Schüler die mit den kulturellen Präferenzen „Klassik“ und „Computerspiele und Comics“ abgebildeten Interessensgebiete im Vergleich zu den anderen kulturellen Präferenzen weniger wichtig sind. Am wichtigsten sind den Befragten Interessensgebiete der kulturellen Präferenzen „Gesundheit und Umwelt“ mit Gesundheit, Ernährung, Natur- und Umweltschutz, gefolgt von „Party und Soziale Medien“ mit den Interessensgebieten Party, Disco, Kino, Fortgehen, Pop, Rock Musik, Soziale Medien und Freunde. Diese Ergebnisse decken sich im Wesentlichen mit den Erkenntnissen der deutschen Shell Studie, die die Wichtigkeit von Gesundheitsbewusstsein und Schutz der Umwelt innerhalb der erfragten Wertorientierungen bei Jugendlichen hervorhebt. Darüber hinaus sind Familie und Freunde (soziale Beziehungen) für Jugendliche von zentraler Bedeutung, da diese den Jugendlichen Halt und Unterstützung geben (Shell, 2019). Die Deutsche Jugendstudie bestätigt den mit fortschreitendem Alter zunehmend hohen Konsum sozialer Medien der Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren (Geier, 2015). Die relativ geringe Bedeutung von Interessensgebieten der kulturellen Präferenz „Klassik“ kann auch daran liegen, dass klassische oder bildungsorientierte Präferenzen eher „in höheren sozialen Schichten und Gymnasiast(innen)“ (Geier, 2015) zu finden sind, während anzunehmen ist, dass die relativ geringe Wichtigkeit von Interessensgebieten der kulturellen Präferenz „Computerspiele und Comics“ daran liegt, dass Smartphone und Internetkonsum die Unterhaltungsliteratur wie Comics und klassische Computerspiele zunehmend ersetzen.

Verteilung der kulturellen Präferenzen in der gesamten Stichprobe

Table 4. Distribution of cultural preferences in total sample

Kulturelle Präferenz n Wichtigkeit (%)
ganz unwichtig eher unwichtig Teils / teils eher wichtig sehr wichtig
Gesundheit und Umwelt 561 0,4 3,7 13,5 55,3 27,1
Klassik 562 27,4 46,6 19,6 5,7 0,7
Party und Soziale Medien 561 0,4 3,7 25,7 58,8 11,4
Sport und Vereine 562 3,2 22,4 39,0 30,1 5,3
Computerspiele und Comics 563 33,2 35,7 22,9 7,1 1,1

Die Analyse der kulturellen Präferenzen nach Schulstufe zeigt lediglich einen statistisch signifikanten Unterschied. Im Leben jüngerer Schülerinnen und Schüler der 9. Schulstufe nehmen die in der kulturellen Präferenz „Party und Soziale Medien” zusammengefassten Interessensgebiete eine größere Bedeutung ein als bei jenen der 12. Schulstufe (siehe Tabelle 5). 73,7 % der jüngeren Schülerinnen und Schüler bewerten sie als sehr wichtig und eher wichtig, während es bei den älteren mit 64,2 % signifikant weniger sind. Dass für die jüngere Kohorte in der 9. Schulstufe die mit der kulturellen Präferenz „Party und Soziale Medien” repräsentierten Interessensgebiete wichtiger sind als für die Schülerinnen und Schüler der 12. Schulstufe, mag in der Attraktivität des Neuen liegen. Es ist nämlich davon auszugehen, dass die dazugehörigen Verhaltensweisen für überwiegend 15-Jährige der 9. Schulstufe gerade erst erlaubt sind (z. B. Fortgehen oder die Nutzung von Sozialen Medien).

Signifikante Unterschiede in den kulturellen Präferenzen je nach Schulstufe

Table 5. Significant school year differences in cultural preferences

Kulturelle Präferenz Schulstufe n Wichtigkeit (%)
ganz unwichtig eher unwichtig Teils / teils eher wichtig sehr wichtig
Party und Soziale Medien* 9 354 0,6 3,1 22,6 59,9 13,8
12 207 4,8 4,9 30,9 57,0 7,2
gesamt 561 0,4 3,7 25,7 58,8 11,4

Anmerkungen: Chi-quadrat-Test:

signifikant (p ≤ 0,05)

Die Analyse nach Geschlecht zeigt statistisch höchst signifikante Unterschiede bei vier kulturellen Präferenzen. Wie in Tabelle 6 ersichtlich ist, sind für einen größeren Anteil der Schülerinnen die Interessensgebiete der kulturellen Präferenzen „Gesundheit und Umwelt”, „Klassik” und „Party und Soziale Medien” eher wichtig oder sehr wichtig. Demgegenüber sind es bei der kulturellen Präferenz „Computerspiele und Comics” in größerem Ausmaß Schüler, für die Computerspiele, Zeitschriften, Videos und Comics sehr wichtig oder eher wichtig sind. Unsere Ergebnisse decken sich im Wesentlichen mit der Deutschen Jugendstudie, die ebenso geschlechtsspezifische Unterschiede in den von Jugendli-chen bevorzugten Freizeitaktivitäten feststellt (Geier, 2015).

Signifikante Unterschiede in den kulturellen Präferenzen je nach Geschlecht

Table 6. Significant gender differences in cultural preferences

Kulturelle Präferenz Geschlecht N Wichtigkeit (%)
ganz unwichtig eher unwichtig teils/teils eher wichtig sehr wichtig
Gesundheit und Umwelt*** Weiblich 363 0,3 2,2 10,2 56,2 31,1
Männlich 197 0,5 6,6 19,8 53,3 19,8
Gesamt 560 0,4 3,8 13,6 55,2 27,1
Klassik*** Weiblich 364 20,1 49,5 22,8 6,9 0,8
Männlich 197 41,1 41,1 13,7 3,6 0,5
Gesamt 561 27,5 46,5 19,6 5,7 0,7
Party und Soziale Medien*** Weiblich 366 0,3 2,7 21,0 63,1 12,8
Männlich 194 0,5 5,7 34,5 51,0 8,2
Gesamt 560 0,4 3,8 25,7 58,9 11,3
Computer-spiele und Comics*** Weiblich 366 46,7 39,3 10,7 2,5 0,8
Männlich 196 8,2 29,1 45,4 15,8 1,5
Gesamt 562 33,3 35,8 22,8 7,1 1,1

Anmerkungen: Chi-quadrat-Test:

höchst signifikant (p ≤ 0,001)

Zusammenhang kultureller Präferenzen mit Einstellung und Kaufverhalten bei Bioprodukten

Ein höchst signifikanter Zusammenhang zeigt sich zwischen der kulturellen Präferenz „Gesundheit und Umwelt” und der Einstellung zu Bioprodukten (siehe Tabelle 7): Wäh-rend 92 % jener Schülerinnen und Schüler, für welche die kulturelle Präferenz „Gesundheit und Umwelt” sehr wichtig ist, eher viel oder sehr viel von Bioprodukten halten, liegt im Vergleich dazu dieser Anteil bei jenen, für die „Gesundheit und Umwelt” eher und ganz unwichtig ist, im Vergleich lediglich bei 56,5 %. Ebenfalls hoch signifikant ist der Zusammenhang zwischen der kulturellen Präferenz „Klassik” mit der Einstellung zu Bioprodukten. Ist „Klassik” für die Schülerinnen und Schüler eher und sehr wichtig, dann liegt der Anteil jener, die von Bioprodukten sehr viel halten bei 51,4 %, ist Klassik für die Befragten ganz unwichtig, dann liegt dieser Anteil bei 24,7 %. Ist die kulturelle Präferenz „Sport und Vereine” für die Schülerinnen und Schüler ganz oder eher unwichtig, dann liegt das Niveau bei der Einstel-lung zu Bioprodukten ebenfalls höchst signifikant niedriger. Was den Kauf von Bioprodukten betrifft, so unterscheiden sich die Schülerinnen und Schüler, die auch schon selbst einkaufen, bei unterschiedlichen Niveaus der kulturellen Präferenzen „Gesundheit und Umwelt” sowie „Klassik” (siehe Tabelle 8). So kaufen 23,7 % der Schülerinnen und Schüler, für die in „Gesundheit und Umwelt” zusammengefasste Interessensgebiete sehr wichtig sind, regelmäßig Bioprodukte, während im Vergleich dazu der Durchschnitt der bereits selbst einkaufenden Schülerinnen und Schüler bei 13,4 % liegt. Ähnliche Niveauunterschiede bestehen bei der kulturellen Präferenz „Klassik”: Während 29 % der bereits selbst einkaufenden Schülerinnen und Schüler, für die „Klassik” eine eher und sehr wichtige kulturelle Präferenz darstellt, regelmäßig Bioprodukte kaufen, sind es bei jenen, für die „Klassik” ganz unwichtig ist, nur 10,3 %.

Signifikante Beziehungen zwischen kulturellen Präferenzen und der Einstellung zu Bioprodukten

Table 7. Significant relations between cultural preferences and attitude towards organic food

Kulturelle Präferenz Wichtigkeit n Alles in Allem: Was halten Sie von Bioprodukten? (%)
eher und ganz wenig1 neutral eher viel sehr viel
Gesundheit und Umwelt*** eher und ganz unwichtig1 23 17,4 26,1 26,1 30,4
teils/teils wichtig 76 7,9 26,3 55,3 10,5
eher wichtig 309 2,6 15,5 56,0 25,9
sehr wichtig 150 0,7 7,3 39,3 52,7
gesamt 558 3,4 15,2 50,2 31,2
Klassik** ganz unwichtig 154 6,5 20,1 48,7 24,7
eher unwichtig 260 2,7 15,4 53,8 28,1
teils/teils 110 1,8 10,9 46,4 40,9
eher und sehr wichtig1 35 0,0 8,6 40,0 51,4
gesamt 559 3,4 15,4 50,1 31,1
Sport und Vereine*** ganz unwichtig 18 0,0 38,9 44,4 16,7
eher unwichtig 126 9,5 15,1 54,0 21,4
teils/teils 218 2,3 14,2 51,8 31,7
eher wichtig 168 1,2 15,5 44,6 38,7
sehr wichtig 30 0,0 10,0 53,3 36,7
Gesamt 560 3,4 15,4 50,0 31,3

Anmerkungen: 1die Kategorien wurden aufgrund geringer Fallzahlen zusammengefasst;

Chi-quadrat-Test:

hoch signifikant (p ≤ 0,01),

höchst signifikant (p ≤ 0, 001)

Signifikante Beziehungen zwischen kulturellen Präferenzen und dem Kaufverhalten

Table 8. Significant relations between cultural preferences and purchase behaviour

Kulturelle Präferenz n Kaufen Sie selbst Bioprodukte? (%)
nie selten ab und zu regelmäßig
Gesundheit und Umwelt *** eher und ganz unwichtig1 16 18,8 31,3 31,3 18,8
teils/teils wichtig 54 20,4 42,6 37,0 0,0
eher wichtig 247 10,5 30,8 48,6 10,1
sehr wichtig 139 8,6 20,1 47,5 23,7
Gesamt 456 11,4 28,9 46,3 13,4
Klassik* ganz unwichtig 116 16,4 34,5 38,8 10,3
eher unwichtig 215 10,7 31,2 46,5 11,6
teils/teils 94 8,5 22,3 54,3 14,9
eher und sehr wichtig1 31 3,2 12,9 54,8 29,0
Gesamt 456 11,2 28,9 46,7 13,2

Anmerkungen:

Die relativ grosse Abweichung der Teilstichprobe (456 im Vergleich zu 565) liegt darin begründet, dass diese Frage nur von jenen 81 % der SchülerInnen beantwortet wurde, die Lebensmittel selbst einkaufen.. Die Kategorien wurden aufgrund geringer Fallzahlen zusammengefasst;

Chiquadrat-Test:

signifikant (p ≤ 0,05),

höchst signifikant (p ≤ 0,001)

Unsere Erkenntnis, dass aktive Jugendliche mit gesundheitsund bildungsorientierter Prägung gegenüber Bioprodukten positiv eingestellt und daher eher zum Kauf neigen, deckt sich mit der Studie zum Kaufverhalten von Bioprodukten bei Wiener Schülerinnen (Gotschi et al., 2009) und einer Studie von türkischen Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 19 Jahren, der zufolge Gesundheitsbewusstsein die wichtigste Wirkungsvariable in der Vorhersage von Einstellungen zu Bioprodukten ist (Marangoz et al., 2014).

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Jugendliche mit unterschiedlichen kulturellen Präferenzen sprechen bei der Zusammensetzung des familiären Warenkorbes mit und spielen so, trotz ihrer beschränkten finanziellen Möglichkeiten, bereits eine wirtschaftliche Rolle. Sie werden als eigene Zielgruppe vom Marketing längst erkannt und angesprochen (Kummer et al., 2021; SPECTRA, 2003). Ein besseres Verständnis des Einflusses von kulturellen Präferenzen und Einstellungen auf das Kaufverhalten Jugendlicher kann hilfreich sein, um gezielteres Marketing und bessere Analysen und Zukunftsszenarien zu entwickeln. Der Einfluss kultureller Präferenzen auf das Verhalten von Jugendlichen sollte daher auch in der Diskussion um Förde-rung von nachhaltigem Konsumverhalten mitberücksichtigt beziehungsweise verstärkt werden. Mit dieser Arbeit sollte eine Analyse der kulturellen Präferenzen Jugendlicher im ländlichen Weinviertel auf der Basis von Befragungsdaten von 565 Schülern und Schülerinnen an höheren berufsbildenden Schulen aus dem Jahr 2018 zu einem besseren Verständnis des Zusammenhanges dieser Präferenzen mit Einstellungen zu Bioprodukten und Kaufverhalten beitragen. Mit den Befragungsdaten im Weinviertel ließen sich anhand von 20 verschiedenen Interessensgebieten fünf kulturelle Präferenzen bilden, nämlich „Gesundheit und Umwelt”, „Klassik”, „Party und Soziale Medien”, „Sport und Vereine” sowie „Computerspiele und Comics”. Diese in diesem Beitrag analysierten kulturellen Präferenzen Jugendlicher aus dem niederösterreichischen Weinviertel entsprechen in der Struktur bei „Gesundheit und Umwelt“, „Klassik“ und „Digital“ den kulturellen Präferenzen Wiener Schülerinnen und Schüler aus dem Jahr 2005 (Gotschi et al., 2009). Das im Vergleich zur Befragung im Jahr 2005 neue Interessensgebiet „Soziale Medien“ konnte aufgrund der statistischen Analysen bei den Weinviertler Schülerinnen und Schülern mit Party, Disco, Kino, Fortgehen, Pop, Rock Musik und Freunde zur kulturellen Präferenz „Party und Soziale Medien“ zusammengefasst werden. Abgesehen von den Sozialen Medien entsprechen diese Interessensgebiete der bei den Wiener Schülern und Schülerinnen 2005 identifizierten kulturellen Präferenz „Party und Fun“. Im Vergleich der beiden Befragungen ist noch die größere Bedeutung des Interessensgebiets „Sport“ in der Weinviertler Befragung 2018 zu nennen. Wir führen dies auf eine allgemein gestiegene Bedeutung von Sport in der Gesellschaft zwischen 2005 und 2018 zurück. Schließlich ist noch ein Unterschied zwischen den beiden Befragungen zu nennen, nämlich die größere Bedeutung der Interessensgebiete „Vereine“ und „Feuerwehr“ im Weinviertel 2018. Diesen Unterschied sehen wir in einer spezifischen Besonderheit des ländlichen Raumes, in dem die Feuerwehr aus der Sicht der sozialen Netzwerke zu einer der wesentlichsten Betätigungsbereiche auch auf ehrenamtlicher Ebene bei Jugendlichen wie Erwachsenen gehört (Vogel et al., 2014).

Bei den Weinviertler Schülerinnen und Schülern sind egoistische und altruistische Interessensgebiete in einer kulturellen Präferenz zusammengefasst, nämlich in „Gesundheit und Umwelt”. Altruistische und egoistische Interessensgebiete unterstützen sich hier also auf der Ebene der kulturellen Präferenz, was die Einstellungen zu Bioprodukten und das Kaufverhalten betrifft, gegenseitig. Der Zusammenhang einer größeren Wichtigkeit der kulturellen Präferenz „Gesundheit und Umwelt” für die Schülerinnen und Schüler mit einem höheren Anteil an positiver Einstellung zu Bioprodukten und einem größeren Anteil beim regelmäßigen Kauf von Bioprodukten bestätigt sich in der Literatur (Steinwidder et al., 2018; Vogel et al., 2010).

Für nahezu ein Drittel der Schülerinnen sind die in der kulturellen Präferenz „Gesundheit und Umwelt“ zusammengefassten Interessensgebiete sehr wichtig. Dieser Anteil liegt im Vergleich dazu bei den Schülern nur bei etwa einem Fünftel. Dies könnte auf Unterschiede in der Sozialisierung, also auf Unterschiede im sozialen Geschlecht und der größeren Sorge um das eigene Aussehen bei Mädchen zurückgeführt werden. Dass ebenfalls die Ausmaße der positiven Einstellung zu Bioprodukten und des Kaufs von Bioprodukten bei Schülerinnen auf höherem Niveau als bei ihren Schulkollegen liegen, bestätigt das allgemein höhere Umwelt- und Gesundheitsbewusstsein bei Frauen, das sich eben auch bei spezifischen Fragen, wie jenen der Produkte aus biologischer Landwirtschaft, äu-ßert (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, 2022; Sakellari und Skanavis, 2013; Steinwidder et al., 2018).

Die befragten Schüler und Schülerinnen haben insgesamt von Bioprodukten eine sehr hohe Meinung: Fast ein Drittel (31,2 %) hält von Bioprodukten „sehr viel”, bei „eher viel” sind es noch 50,2 %. Trotz dieses insgesamt sehr hohen Zuspruchs zu Bioprodukten lassen sich Unterschiede zwischen kulturellen Präferenzen feststellen: Hohe Niveaus der kulturellen Präferenzen „Gesundheit und Umwelt”, „Klassik” und „Sport und Vereine” hängen mit einer hohen Meinung von Bioprodukten zusammen.

Mehr als 80 % der von uns befragten Schülerinnen und Schüler kaufen selbst Lebensmittel. Was ihr Kaufverhalten betrifft, so kaufen 13,4 % dieser Schülerinnen und Schüler regelmäßig Bioprodukte und 46,3 % ab und zu. Dass beim Kauf der Zuspruch zu den Bioprodukten nicht ganz so hoch ist, wie es dem Niveau der Einstellung gegenüber Bioprodukten entsprechen würde, ist an und für sich plausibel, denn es ist davon auszugehen, dass zwar die Schülerinnen und Schüler, die selbst Lebensmittel kaufen, über Taschengeld und Geld zum Kauf der Schuljause verfügen, aber der Großteil ihres Nahrungsmittelkonsums doch in den Haushaltskonsum im engeren Sinne eingebettet ist (Jaeger-Erben et al., 2020). Sind die kulturellen Präferenzen „Gesundheit und Umwelt” und „Klassik” mit den entsprechenden Interessensgebieten für die befragten Schülerinnen und Schüler sehr wichtig, kaufen ca. ein Fünftel bis ein Viertel jener Schülerinnen und Schüler, die bereits selbst Lebensmittel kaufen, auch regelmäßig Bioprodukte.

Die vorliegende Arbeit konnte kulturelle Präferenzen von Weinviertler Schülerinnen und Schülern identifizieren, ihre Einstellung und ihr Kaufverhalten zu Bioprodukten beschreiben und Zusammenhänge aufzeigen sowie Unterschiede je nach Altersgruppen und Geschlecht darstellen. Zusammen mit der Darstellung der Ergebnisse wurde im vorausgehenden Kapitel auf der Basis plausibler Erklärungsmuster eine Interpretation der Ergebnisse vorgenommen. Daraus ergeben sich einige Vorschläge für eine Weiterführung der Forschungsarbeiten, die hier abschließend vorgestellt werden:

Eine Wiederholung der vorliegenden Studie mittels statistischer Zufallsstichprobe auf der Ebene von Schulklassen im ländlichen und städtischen Raum könnte einen direkten Vergleich von Stadt und Land sowie von Schultypen, insbesondere von allgemeinbildenden höheren Schulen und berufsbildenden höheren Schulen, ermöglichen. Zusätzlich zu den kulturellen Präferenzen könnte dabei das tatsächliche kulturelle Verhalten der Jugendlichen erfasst werden. Dies würde eine Überprüfung des Zusammenhanges zwischen Einstellungen und Verhalten, also zwischen kulturellen Präferenzen und kulturellem Verhalten einerseits und zwischen den Verhaltensbereichen Kultur und Konsum andererseits ermöglichen. Eine Langzeitstudie mit Befragungen in verschiedenen Altersstufen könnte darüber hinaus überprüfen, inwieweit sich die in der Kindheit und Jugend gebildeten kulturellen Präferenzen und Einstellungen zu biologischen Lebensmitteln in späteren Lebensphasen manifestieren oder verändern. Qualitative Tiefeninterviews von Schülerinnen und Schülern könnten die in dieser Arbeit vorgeschlagenen Interpretationen überprüfen, nämlich zunächst die These der verstärkten Meinungsbildung im Laufe des Curriculums der Schulen zu den Themen „Nachhaltigkeit“ und „Konsum“. In dieser Frage könnten die Ergebnisse der Tiefeninterviews mit einer exakten Analyse des schulischen Hintergrundes, insbesondere der Lehrinhalte, in Zusammenhang gebracht werden. Qualitative Tiefeninterviews könnten eine vertiefte Analyse der Rolle der Sozialen Medien und Details verschiedener Aspekte der Persönlichkeitsbildung der Jugendlichen erforschen und damit stärker auf die Hintergründe der kulturellen Präferenzen und deren Einfluss auf Einstellungen und Verhalten eingehen und dabei zum Beispiel tiefere Einblicke zu den Faktoren des Unterschieds zwischen Mädchen und Burschen bei Einstellungen und Konsum ermöglichen.

Im Bereich der praktischen Maßnahmen an den Schulen kann aufgrund der aufgezeigten Zusammenhänge, vor allem der mit dem Alter und damit fortschreitender Schulbildung zunehmenden positiven Einstellung gegenüber Bioprodukten, eine noch stärkere, bewusste Verbindung von kulturellen Themen mit den im Lehrplan verankerten Themen zu Umwelt und Nachhaltigkeit vorgeschlagen werden, um die Jugendlichen mit ihren kulturellen Präferenzen zu erreichen und nachhaltigen Konsum zu fördern.

Danksagung

Der vorliegende Beitrag ist in einen langjährigen Forschungsbereich des Instituts für Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung mit soziologischen und sozialpsychologischen Fragestellungen zum Konsum Jugendlicher eingebettet. Im Jahr 2005 erfolgte eine Befragung mit 345 Wiener Schülerinnen und Schülern. Der Fragebogen aus dem Jahr 2005 wurde für die Befragung 2018 weitgehend unverändert verwendet (Köllner, 2022). Für die Zusammenarbeit bei den Befragungen und den vorausgehenden Publikationen (Gotschi et al., 2009; Vogel et al., 2010) bedanken wir uns bei Franz Buchner, Bernhard Freyer, Thomas Lindenthal und Alexander Köllner.

eISSN:
2719-5430
Sprache:
Englisch
Zeitrahmen der Veröffentlichung:
4 Hefte pro Jahr
Fachgebiete der Zeitschrift:
Biologie, Ökologie, andere