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Die Verwaltungsgliederung Preußens zwischen historisch-ständischen, administrativ-staatlichen und liberal-politischen Interessen (1815–1867)


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Einleitung

Die Verwaltungsgliederung Preußens, insbesondere das Thema der Verwaltungsbezirke, erfreut sich im Moment keiner besonderen verwaltungshistorischen Aufmerksamkeit. Und wer sich anschickt, einen Blick auf die Historiographie zum preußischen Staat zu werfen, muss zur Kenntnis nehmen, dass der Forschungsstand kein besserer ist als für die übrigen ehemaligen Staaten des Deutschen Bundes (1815–1866).

Es werden zwar nach wie vor Studien veröffentlicht, die den einen oder anderen preußischen Verwaltungsbezirk zum Gegenstand haben. Dabei setzen sich die Verfasser vorwiegend mit der Geschichte territorialer Grenzen oder hervorragender Beamten auseinander. Seltener, aber anspruchsvoller ist der Versuch, die historisch bedingte Veränderung des Zuständigkeitsbereichs der jeweiligen führenden Bezirksbehörde (Oberpräsident, Regierungspräsident, Landrat) darzustellen.

Beispielhaft seien im Folgenden einige der unzähligen Studien zu einzelnen Provinzen, Regierungsbezirken und Kreisen genannt, ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Zu einzelnen Provinzen etwa Thomas Stamm-Kuhlmann (Hg.): Pommern im 19. Jahrhundert. Staatliche und gesellschaftliche Entwicklung in vergleichender Perspektive, Köln 2007; Bärbel Holtz: »Berliner Personalpolitik in einer ›braven‹ Provinz. Ernennungen zu den obersten Verwaltungsbehörden Pommerns (1815 bis 1858)«, in: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands. Zeitschrift für vergleichende und preußische Landesgeschichte 52 (2006), S. 263–302; Hans Fenske: Die Verwaltung Pommerns 1815–1945. Aufbau und Ertrag, Köln 1993; Hans Branig: »Die Oberpräsidenten der Provinz Pommern«, in: Baltische Studien N. F. 46 (1959), S. 92–107; Berthold Schulze: Die Reform der Verwaltungsbezirke in Brandenburg und Pommern 1809–1818, Berlin 1931; Wolfgang Neugebauer: Politischer Wandel im Osten. Ost- und Westpreußen von den alten Ständen zum Konstitutionalismus, Stuttgart 1992; Klaus von der Groeben: »Provinz Ostpreußen«, in: Gerd Heinrich / Friedrich-Wilhelm Henning / Kurt G. A. Jeserich (Hg.): Verwaltungsgeschichte Ostdeutschlands 1815–1945. Organisation – Aufgaben – Leistungen der Verwaltung, Stuttgart 1993, S. 145–258; Klaus von der Groeben: »Provinz Westpreußen«, in: Gerd Heinrich / Friedrich-Wilhelm Henning / Kurt G. A. Jeserich (Hg.): Verwaltungsgeschichte Ostdeutschlands 1815–1945. Organisation – Aufgaben – Leistungen der Verwaltung, Stuttgart 1993, S. 259–346; Klaus von der Groeben: Landräte in Ostpreußen. Ein Beitrag zur Verwaltungsgeschichte des Samlandes, Köln 1972; Udo Klausa: »Die Verwaltung der Provinz«, in: Walter Först (Hg.): Das Rheinland in preußischer Zeit. 10 Beiträge zur Geschichte der Rheinprovinz, Köln 1965, S. 71–86; Wolfgang Leesch: Verwaltung in Westfalen 1815–1945. Organisation und Zuständigkeit, Münster 1992; Mathias Tullner: »Die preußische Provinz Sachsen und ihre Stellung in der Landesgeschichte Sachsen-Anhalts«, in: Mathias Tullner (Hg.): Die preußische Provinz Sachsen. Positionen und Beiträge zu ihrer Geschichte, Magdeburg 1993, S. 5–35; Roswitha Willenius: »Zur Gründung der preußischen Provinz Sachsen«, in: Mathias Tullner (Hg.): Die preußische Provinz Sachsen. Positionen und Beiträge zu ihrer Geschichte, Magdeburg 1993, S. 36–44. Zu einzelnen Regierungsbezirken und Kreisen vgl. Georg Bitter: Die Preußische Regierung zu Königsberg 1918–1945, Leer 1988; Reinhard Hauf: Die Preußische Verwaltung des Regierungsbezirks Königsberg 1871–1920, Köln 1980; Hans-Jürgen Belke: Die Preußische Regierung zu Königsberg 1808–1850, Köln 1976; Sabine Graumann: Preußische Verwaltung im Kreis Bergheim um 1840, 2 Bde., Köln 2015.

Hingegen fehlen neuere gesamtstaatlich angelegte Forschungsstudien,

Zum Nutzen in diesem Sinne vgl. Dorlis Blume: Beschreibungen von Staaten, Provinzen und Regierungsbezirken in Deutschland 1820–1914, Mainz 2008; Bettina Johnen / Tamara Wagner: Materialien zur Entwicklung historischer Grenzen und Räume in Deutschland 1821–1871, Mainz 2008; Friedrich-Wilhelm Henning: »Rahmenbedingungen und Grundzüge der Verwaltungsgeschichte Ostdeutschlands von 1815 bis 1945. Erster Teil«, in: Gerd Heinrich / Friedrich-Wilhelm Henning / Kurt G. A. Jeserich (Hg.): Verwaltungsgeschichte Ostdeutschlands 1815–1945. Organisation – Aufgaben – Leistungen der Verwaltung, Stuttgart 1993, S. 1–83, hier S. 54–83; Verwaltungsgrenzen in der Bundesrepublik Deutschland seit Beginn des 19. Jahrhunderts, Hannover 1977; Georg Wilhelm Sante (Hg.): Geschichte der deutschen Länder. Territorien-Ploetz, Bd. 2: Die deutschen Länder vom Wiener Kongreß bis zur Gegenwart, Würzburg 1971; Reinhart Koselleck: Preußen zwischen Reform und Revolution. Allgemeines Landrecht, Verwaltung und soziale Bewegung von 1791 bis 1848, Stuttgart 1967; Wilhelm Zimmermann: Die Entstehung der provinziellen Selbstverwaltung in Preußen 1848–1875, Berlin 1932.

insbesondere solche, die für die Ebene eines bestimmten Verwaltungsbezirks die ganze preußische Monarchie berücksichtigen und sich bemühen, über die zahlreichen Besonderheiten eines einzelnen Bezirks hinauszugehen und die Gemeinsamkeiten hervorzuheben.

Vgl. Henning: »Rahmenbedingungen«, S. 1.

Kaum verfügbar sind Arbeiten, welche die Gesichtspunkte thematisieren, die bei der Einführung beziehungsweise Neubegrenzung sowie bei der Infragestellung oder Abschaffung von Verwaltungsbezirken im 19. Jahrhundert entscheidend waren. Erst auf diesem Weg wäre es möglich, die in der Einleitung dieses Bandes aufgeworfene Frage zu beantworten, wozu bestimmte Räume konstituiert beziehungsweise beibehalten wurden,

Siehe die Einleitung zu diesem Band, Abschnitt 4.

und zu erkennen, dass mit der Einrichtung eines neuen Staatsgebildes beziehungsweise dessen Reform fast immer auch neue Verwaltungsbezirke mit der Rechtfertigung gebildet werden, dass neuere, ›passendere‹ Verwaltungsbezirke als staatliche Integrationsfaktoren unerlässlich seien. Da der Staat, wie die Einleitung besagt, »nicht nur in Räumen existiert« und »Räume konstituiert und nutzt«, sondern selbst Raum ist,

Siehe Einleitung, Schlussabschnitt.

äußert sich Staatspolitik gewöhnlich zunächst als Raumgestaltungs- und Raumhandhabungsgewalt. In diesem Zusammenhang ist besonders das Einrichten von Verwaltungsbezirken nichts anderes als eine politische Tätigkeit, welche die Vorarbeit für die Etablierung einer ›neuen‹ Verwaltung leisten soll.

Die am Anfang des 19. Jahrhunderts von Grund auf neu eingerichteten Provinzialverwaltungsbezirke in Preußen sollten primär zur »Integration räumlicher Einheiten« beitragen; nach dem Wiener Kongress sollten nämlich alte und neugewonnene Gebiete, wie die rheinischen und sächsischen, den Weg zu einem ruhigen Miteinander finden. Die Einführung der Provinzen sollte aber im damaligen Preußen gleichzeitig die Herstellung einer »Verbindung von Orten, Dingen und Menschen«

Siehe Einleitung, Abschnitt 1.

der alten Gesellschaft (selbstständige Gutsbezirke, Feudal- und ständische Rechte, ständische Kommunallandtage et cetera) mit den entsprechenden des nachnapoleonischen Zeitalters ermöglichen; sie sollte es erleichtern, den Ballast der Reste der altständischen Gesellschaft in den sich abzeichnenden neuständischen Staat mitzuschleppen.

Vgl. Mario Dogliani: »L’idea di rappresentanza nel dibattito giuridico in Italia e nei maggiori stati europei«, in: Pier Luigi Ballini (Hg.): Idee di rappresentanza e sistemi elettorali in Italia tra Otto e Novecento. Atti della terza Giornata di studio ›Luigi Luzzatti‹ per la storia dell’Italia contemporanea, Venezia, 17 novembre 1995, Venezia 1997, S. 7–41. Dogliani verweist vor allem auf Arno Joseph Mayer: The Persistence of the Old Regime. Europe to the Great War, New York 1981.

Die Einbindung von Menschen, Dingen und Orten der alten priviligierten Gesellschaft war nämlich die Bedingung der Anerkennung der »legitimen Existenz« des neu einzurichtenden preußischen Staates »as a significant factor in political and social life«;

Siehe Einleitung, Abschnitt 2.

die alte Gesellschaft war konkret zu verankern im neuen Staatsgebäude, in der Neueinteilung des Staatsraums.

Die Überzeugung, dass die 1815 unternommene Neubegrenzung von Provinzialverwaltungsräumen beziehungsweise -bezirken von Anfang an im Interesse der ständisch privilegierten Gesellschaftsschichten erfolgt war, wagten die preußischen Minister und ihre höheren Beamten erst 1848 auszusprechen, als sie sich entschlossen, gegen die Provinzialverwaltungsbezirke Stellung zu beziehen. Der Eindruck, dass auch im Preußen des beginnenden 19. Jahrhunderts die Wende zu einem ›moderneren‹ Verwaltungsstaat nur unter der Bedingung der »Entgrenzung von öffentliche[n] und private[n]« Interessen gelingen konnte,

Siehe Einleitung, Abschnitt 3.

ist nicht von der Hand zu weisen. Eine reine, nur ›öffentliche‹ Verwaltung hat es übrigens im 19. Jahrhundert lange, wenigstens bis in die 1870er Jahre, nicht gegeben.

Für das Ausbleiben einer gesamtpreußischen Behandlung des Themas Verwaltungsbezirke wären sowohl historische als auch historiographische Gründe anzugeben. Jedenfalls ist es kein Zufall, wenn die Aufforderung, das Forschungsdefizit zu überwinden, vom Ausland kommt. Dieses kann von der Gewinnung einer gesamtstaatlichen Perspektive für einen europäischen verwaltungsgeschichtlichen Vergleich profitieren. Die Neubeziehungsweise Wiedereröffnung einer gesamtpreußischen Forschungsperspektive würde es nämlich nicht nur ermöglichen, die Ergebnisse jeweils der verwaltungsgeschichtlichen und der verfassungsgeschichtlichen Forschung in eine fruchtbare Wechselbeziehung zu bringen, sondern auch das Verständnis der verfassungsgeschichtlichen und der historisch-politischen Gründe erleichtern, auf welche die unumstrittenen Besonderheiten der inneren und äußeren Organisation des preußischen Verwaltungsstaats – vor allem die Vierstufigkeit der inneren Verwaltung unter dem Innenminister – zurückzuführen sind.

Mein Aufsatz, der die Frage der Verwaltungsbezirke in einer neuen gesamtstaatlichen Perspektive behandelt, hebt vor allem die zentrale politische Rolle hervor, die innerhalb des staatlichen Raums und der verwaltenden Tätigkeit von den Provinzialverwaltungsbezirken und ihren Hauptbehörden eingenommen wurde. Auf dieser Basis ist es möglich, den revolutionären Versuch ihrer Abschaffung durch den liberal-demokratischen Flügel der Verfassungskommission der preußischen Nationalversammlung angemessen zu würdigen, wie es von der bisherigen, insbesondere verwaltungsgeschichtlichen Historiographie noch nicht getan worden ist. Zuerst werde ich auf die Ursprünge der um die Mitte des 19. Jahrhunderts bestehenden Territorialeinteilung Preußens eingehen und dabei den historischen Rahmen vergegenwärtigen, der den preußischen Verwaltungsbezirken jene Ausprägung verlieh, die für das lange 19. Jahrhundert und teils bis 1945 maßgebend geblieben ist. Dann stelle ich die Einführung einer Staatseinteilung nach Provinzen vor. Sie führte zur Organisation der inneren Verwaltung in vier Instanzen unter dem Minister (Provinzen, Regierungsbezirke, Kreise, Gemeinden). Nur während der Revolution von 1848 konnte sie nochmals debattiert und in Frage gestellt werden. An den dritten Abschnitt des Beitrags werden sich einige allgemeine Bemerkungen anschließen.

Die moderne Provinzialeinteilung des preußischen Staates

Der preußische Staat, der nach der Niederlage Napoleons fast das gesamte Gebiet zurückbekam, das er mit dem Tilsiter Frieden von Juli 1807 an die Franzosen verloren hatte, darunter die am linken Rheinufer gelegenen Gebiete, war aus unterschiedlichen Territorien zusammengesetzt; einige waren sogar politisch unabhängig gewesen.

Einzeln aufgeführt sind diese Territorien bei Kurt G. A. Jeserich: Die preußischen Provinzen. Ein Beitrag zur Verfassungs- und Verwaltungsreform, Berlin 1931, S. 32–37.

In dieser Situation versprach eine neue Einteilung des preußischen Territoriums zu jener politischen Integration der Monarchie beizutragen,

Jürgen Herres: »›Und nenne Euch Preußen!‹ Die Anfänge preußischer Herrschaft am Rhein im 19. Jahrhundert«, in: Helga Schnabel-Schüle / Andreas Gestrich (Hg.): Fremde Herrscher – fremdes Volk. Inklusions- und Exklusionsfiguren bei Herrschaftswechseln in Europa, Frankfurt am Main 2006, S. 103–137.

die eine schriftliche Verfassung und eine vom Volk gewählte Nationalvertretung hätten vervollständigen sollen.

Zur Verordnung über die zu bildende Repräsentation des Volkes vom 22. 5. 1815, wo eine Volksvertretung auf ständischer Basis vorgesehen war, und zum Einsatz von Verwaltungsreformen als Ersatz für Verfassungsreformen vgl. Koselleck: Preußen, S. 214–216, 267–269, 284–286. Außerdem Christian Schmitz: Die Vorschläge und Entwürfe zur Realisierung des preußischen Verfassungsversprechens 1806–1819. Eine rechtliche Bilanz zum Frühkonstitutionalismus der Stein-Hardenberg’schen Reformzeit, Göttingen 2010.

Während in Preußen noch eine deprimierte Nachkriegszeitstimmung herrschte, wurde am 30. April 1815 die Verordnung »wegen verbesserter Einrichtung der Provinzial-Behörden« erlassen.

»Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Provinzial-Behörden«, 30. 4. 1815, in: Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten (1815), Nr. 287, S. 85–98 [VOEP-B]; auf S. 93–98 findet sich eine »Eintheilung des Preussischen Staats nach seiner neuen Begrenzung«, welche auch fünf Militärabteilungen vorsah.

Sie sah für das Gebiet der Monarchie jene Aufteilung in Provinzen, Regierungsbezirke und Kreise vor, die bis 1945 Bestand haben sollte.

Peter Brandt / Kurt Münger: »Preußen«, in: Peter Brandt et al. (Hg.): Handbuch der europäischen Verfassungsgeschichte im 19. Jahrhundert. Institutionen und Rechtspraxis im gesellschaftlichen Wandel, Bd. 1: Um 1800, Bonn 2006, S. 785–850, hier S. 788. Zur Einteilung Preußens in Provinzen von 1815 und zu ihren Veränderungen bis 1945 vgl. Friedrich-Wilhelm Wehrstedt: »Preußen. Zentralbehörden 1815–1945«, in: Walther Hubatsch (Hg.): Grundriß zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815–1945, Reihe A: Preußen, Bd. 12: Preußische Zentralbehörden. Unmittelbare Gebiete Preußens, Marburg 1978, S. 8–169, hier S. 21–22.

Dieser in der Form einer Kabinettsorder erlassenen Verordnung folgte am 3. Juli eine »Instruktion, die Ausführung der Verordnung vom 30. April 1815 wegen verbesserter Einrichtung der Provinzialbehörden betreffend«. Vom damaligen Staatskanzler, Finanz- und Innenminister Hardenberg erlassen,

Hardenberg wurde am 4. 6. 1810 vom König zum Staatsminister und zugleich zum Finanzminister ernannt; seit November 1810 wurde ihm auch das Innenministerium anvertraut.

wurde diese an jeden der 25 den künftigen Regierungsbezirken vorangestellten ›Organisations-Commissare‹ adressiert, welche die Reform umsetzen sollten.

Vgl. Schulze: Reform der Verwaltungsbezirke, S. 51, 118–120 (Auszug aus der Instruktion).

Bei der Grenzziehung der neuen Provinzialverwaltungsbezirke blieben jedoch die Vorschläge der radikalen und aufgeklärten Reformer vom Anfang des Jahrhunderts unberücksichtigt, die in der französischen Zeit ihren größten Einfluss ausgeübt hatten. Unter diesen Reformern, die meistens aus der Verwaltung kamen, ist vor allem der dem Liberalismus zuzurechnende Geheime Staatsrat Johann August Sack zu nennen,

Sack war 1810 Chef des Allgemeinen Polizeidepartements des Ministeriums des Inneren, 1814 Generalgouverneur und zugleich Oberpräsident des später in zwei Provinzen eingeteilten Rheinlands, 1816 wurde er nach Pommern versetzt; vgl. Schulze: Reform der Verwaltungsbezirke, S. 51. Zu seiner Oberpräsidentur in Pommern vgl. Holtz: »Berliner Personalpolitik«, S. 272.

der als Chef des Allgemeinen Polizeidepartements des Ministeriums des Inneren einer der Hauptmitarbeiter Hardenbergs war. Bereits 1809 hatte Sack an einer »passenderen« Staatseinteilung in Provinzen oder Departements nach »geographischen« Kriterien gearbeitet;

Schulze: Reform der Verwaltungsbezirke, S. 31.

seine Vorschläge, »die jetzige […] auf den Grundsätzen des alten Feudalsystems beruhende[…] Provinzial- und Kreisverfassung« zu ändern, fanden schließlich Aufnahme in dem an den König adressierten Immediatbericht vom 14. August 1811, wo er sein Bekenntnis zum reinen geographischen Aufteilungsprinzip ausführte und umsetzte. Der Immediatbericht wurde aber in einer für gründliche Reformen ungünstigen Zeit vorgelegt und fand beim König nicht die nötige Beachtung.

Schulze: Reform der Verwaltungsbezirke, S. 37.

Unter den radikalen Reformern dieser Jahre, die sich nicht ausschließlich mit einer neuen Grenzziehung der Kreise zufrieden gaben und auch die Änderung der umfassenderen Provinzialverwaltungsbezirke im Auge hatten, ist zudem der noch radikalere Staatsrat Karl Ferdinand Friese zu nennen,

Zu Friese vgl. Karl Mamroth: Geschichte der Preußischen Staats-Besteuerung im 19. Jahrhundert. Mit Rücksicht auf Volks- und Staatswirtschaft, Finanzverfassung und Finanzverwaltung dargestellt, Bd. 1: Geschichte der Preußischen Staats-Besteuerung 1806–1816, Leipzig 1890, S. 126–127.

der mit den Ständen auch ihre Bollwerke, die Provinzen, beseitigt wissen wollte. In seinem Gesamtplan von 1810/1811 konnte man sogar lesen, dass »die Absonderung nach Provinzen dem Nationalcharakter des Volkes geschadet habe«; sie sei eine Quelle von Separationsinteressen gewesen, man habe immer nur an die Provinz gedacht und darüber den Staat vergessen. Deshalb sollte die ganze bisherige Provinzialverfassung für aufgehoben erklärt werden mit Einschluss der darauf gegründeten Kommunalverhältnisse in Ansehung der landschaftlichen Kreditsysteme, der Feuerassekuranzsozietäten und des Provinzialkriegsschuldenwesens. Als Hauptgesichtspunkt bei der Einteilung sollte zuerst die geographische Lage in Betracht kommen, um möglichst arrondierte Verwaltungssprengel zu erhalten. Die Aufteilung nach Provinzen und die daraus entsprungene Provinzialverfassung sollten abgeschafft werden und an ihre Stelle durchwegs gleiche Verwaltungsgrundsätze treten. Die neuere Geschichte habe zur Genüge bewiesen, dass es möglich sei, heterogene Teile zu einem Ganzen zu verschmelzen. Die Provinzialverfassung sei überdies nicht mehr rein in Preußen: Teile von Ostpreußen gehörten nun zu Westpreußen und Teile von Schlesien zur Neumark, und so weiter.

Schulze: Reform der Verwaltungsbezirke, S. 32–33.

Bei der Provinzialeinteilung von 1815 hielt man sich allerdings nicht an die Gesichtspunkte eines Sack oder Friese. Sack, der seinen Auffassungen auch in der nachfolgenden Reaktionszeit treu blieb, wurde nach seiner Amtszeit als Oberpräsident der rheinischen Gebiete 1816 gegen seinen Willen nach Stettin in Pommern versetzt und konnte von der Provinz aus keinen Einfluss mehr auf die Entscheidungen der Staatszentrale ausüben. Die neue Provinzialeinteilung von 1815 ist eher auf den Einfluss eines hochqualifizierten Technikers wie Johann Gottfried Hoffmann zurückzuführen, der als einer der besten Männer von Staatsminister Schrötter auch aus der Verwaltung kam. Hoffmann gelang es, zum Geheimen Staatsrat im Innenministerium aufzusteigen und am 13. Februar 1809 an die Spitze des 1808 errichteten Statistischen Bureaus berufen zu werden. Im Statistischen Bureau, das im Oktober 1810 dem allgemeinen Polizeidepartement unter der Leitung von Sack unterstellt wurde, trat nun mit Männern wie Hoffmann und Sack die Frage der neuen Staatseinteilung in Provinzen oder Departements in den Vordergrund.

Die Verordnung und Instruktion von 1815 sind aber vorwiegend Hoffmann zu verdanken, der sich nach dem Krieg als Hauptberater (Vortragender Rat) Hardenbergs am Wiener Kongress bemühte, zwischen den Sack’schen geographischen Aufteilungskriterien einerseits und den Ministerialforderungen nach Beachtung der adeligen Rechte und nach der Aufrechterhaltung des historischpreußischen Bestehenden andererseits zu vermitteln. Mit Hoffmann wurde insbesondere jene extreme Sichtweise endgültig obsolet, die in den Provinzen das Bollwerk der traditionellen Stände und Partikularismen sah.

Schulze: Reform der Verwaltungsbezirke, S. 31–39.

Bei der Einteilung der neuen Provinzen entscheidend waren also nicht so sehr nummerische (Bevölkerung und Fläche), geographische oder wirtschaftliche Kriterien, wie dies vor dem Befreiungskrieg von Sack und Friese verlangt worden war. Bei der Beibehaltung der alten Provinzen machten sich vielmehr vorwiegend »historische« Rücksichten geltend,

Johann Gottfried Hoffmann (Hg.): Beiträge zur Statistik des preußischen Staats. Aus ämtlichen Nachrichten, von dem statistischen Büreau zu Berlin bearbeitet und herausgegeben, Berlin 1821, S. 1–22. Hoffmann hob immer wieder hervor, dass die neuen Verwaltungsbezirke unter Berücksichtigung der historischen und Verfassungsverhältnisse sowie der Eigentümlichkeiten der verschiedenen Landesteile in Landeskultur, Gewerbs- und sittlichen Verhältnissen entstanden seien.

und bei der Einteilung der neuen Provinzen wie Sachsen und Rheinland kamen administrative Gesichtspunkte zum Tragen, indem man gezielt die Verschmelzung von alten und neuen Territorien als Mittel zur Integration der letzteren in den preußischen Staat anwandte.

Schulze: Reform der Verwaltungsbezirke, S. 42–44, 47–48.

Die Rücksicht auf das Historische kam klar zum Ausdruck in der Instruktion an die 25 Organisationskommissare vom Juli 1815, die ihnen bei der Bestimmung der künftigen Regierungsbezirke »die möglichste Beibehaltung der alten Kreisgrenzen« riet. Dies wurde den Kommissaren sogar »zur Pflicht gemacht, […] so lange […] nicht überwiegende Gründe« dagegen sprachen.

Zitiert nach Schulze: Reform der Verwaltungsbezirke, S. 119.

Auch bei der Handhabung von § 36 der Verordnung, der zum ersten Mal die Einrichtung von Stadtkreisen vorsah, hatten die Kommissare vorsichtig vorzugehen.

Erst nach ihrer Einrichtung hätten die Kommissare die ländlichen Kreise nach nummerischen Kriterien bestimmen können, und zwar so, dass »niemand mehr als 2–3 Meilen bis zur Kreisstadt zu laufen haben« sollte und dass die Anzahl ihrer Bewohner »zwischen 20.000 in unbevölkerten und 36.000 in stark besiedelten Gegenden« hätte liegen sollen; Schulze: Reform der Verwaltungsbezirke, S. 51–52.

Die charakteristische Mischung von historischen und rational-reformerischen Einteilungskriterien, die sowohl die Verordnung als auch die Instruktion von 1815 kennzeichnete,

Zum »Doppelgesicht der beiden Vorschriften, der Verordnung und der Instruktion« vgl. Schulze: Reform der Verwaltungsbezirke, S. 52, 55.

kam nicht überall gleichmäßig zum Tragen. Manchmal bestanden die »alten Kreise und Provinzen neben der neuen Landeseinteilung« weiter und blieben »Grundlage der noch bestehenden Reste ständischer Verwaltung auch fernerhin«.

Schulze: Reform der Verwaltungsbezirke, S. 99.

In Brandenburg und in Pommern wurden zum Beispiel »die Provinziallandtage von 1823 nicht auf die neue, sondern auf die alte Einteilung aufgebaut«, damit den Ständen die Möglichkeit bietend, die neuen Verwaltungseinheiten zu vernichten.

Schulze: Reform der Verwaltungsbezirke, S. 100.

Anders war hingegen die Lage in der Rheinprovinz, wo 1815 von den alten Ständen nichts übrig geblieben war. Bei der Einführung der neuen Provinziallandtage 1824 konnte man hier deswegen an keine historischen Einrichtungen anknüpfen, als das Gesetz vom 27. März die Einteilung in vier Stände (Fürsten und Standesherren, Ritterschaft, Städte, Landgemeinden) anordnete.

Klausa: »Verwaltung«, S. 80.

Die Anzahl der preußischen Provinzen, die von der Größe her nur in den österreichischen Gubernien und in den bayerischen Kreisen eine Entsprechung fanden, wurde in der Verordnung vom 30. April 1815 auf zehn festgesetzt.

Vgl. Rüdiger Schütz: »Preußen und seine Provinzen«, in: Manfred Schlenke (Hg.): Preußen-Ploetz. Eine historische Bilanz in Daten und Deutungen, Freiburg im Breisgau 1983, S. 24–40.

Erst nach dieser endgültigen Festlegung konnte in jeder Provinz die Organisationsarbeit zur Grenzziehung der Regierungsbezirke und Bestimmung ihrer Hauptstädte sowie in jedem Regierungsbezirk jene zur Festlegung der Kreise und der Kreisstädte anfangen. Sie wurde meistens durch eine mühsame Aushandlung zwischen dem Ministerium, dem König und den Interessenträgern vor Ort durchgeführt, welche sich manchmal bis 1818 hinzog. Meistens ging der Adel mit seinen Ansprüchen auf Schonung herkömmlicher Regional- und Lokalinteressen als Sieger hervor.

Beispielsweise in Pommern; vgl. Fenske: Verwaltung Pommerns, S. 16–21.

Die ursprünglich festgesetzte Zahl der Provinzen blieb allerdings nicht bestehen. Nach 1822 wurden die Provinz Jülich-Kleve-Berg (Köln) und das Großherzogtum Niederrhein zu einer Provinz zusammengelegt, die ab 1830 Rheinprovinz (Hauptstadt Koblenz) genannt wurde;

Klausa: »Verwaltung«, S. 72.

1824 bis 1829 wurden die Provinzen Ost-Preußen (Königsberg) und West-Preußen (Danzig) zur neuen Provinz Preußen (Königsberg) verschmolzen. Damit reduzierte sich die Anzahl der Provinzen von anfänglich zehn auf acht: Preußen (Oberpräsidium in Königsberg), Posen (Oberpräsidium in der Stadt Posen), Brandenburg (Oberpräsidium in Potsdam, nicht in Berlin), Pommern (Stettin), Schlesien (Breslau), Sachsen (Magdeburg), Westfalen (Münster), Rheinprovinz (Koblenz). Getrennt in sechs östliche und zwei westliche, bildeten die preußischen Provinzen zwei nicht aneinander grenzende territoriale Blöcke. Zur Überwindung dieser Trennung des preußischen Territoriums kam man dann durch die Annexionen, die als Folge des preußischen Sieges im Krieg gegen Österreich 1866 stattfanden.

Da 1815 bei der Einteilung der preußischen Provinzen nummerische, rationale und geographische Kriterien keine große Rolle gespielt hatten,

Schulze: Reform der Verwaltungsbezirke, S. 48.

wiesen sie große territoriale Unterschiede auf. Im Territorium des Königreichs war Preußen flächenmäßig die größte Provinz und Westfalen die kleinste. Die bevölkerungsreichste Provinz war die Rheinprovinz, Pommern hingegen die bevölkerungsschwächste.

Friedrich Eduard Keller: Der Preußische Staat. Ein Handbuch der Vaterlandskunde, 2 Bde., Minden 1864–1866, hier Bd. 1, S. 250–253. Zu Fläche und Bevölkerung der preußischen Provinzen im Zeitraum 1820–1914 vgl. Blume: Beschreibungen, S. 395–454. Die östlichen Provinzen der Monarchie machten nach 1815 über 70 Prozent der Gesamtfläche des Staates aus und umfassten 60 Prozent der Einwohner; vgl. Henning: »Rahmenbedingungen«, S. 8–9.

Bei der Staatseinteilung in Provinzen 1815

Ludwig von Rönne nannte die Provinzialeintheilung von 1815 »eine moderne«; Ludwig von Rönne: Das Staats-Recht der Preußischen Monarchie, Bd. 2/1: Die erste Abtheilung des Verwaltungs-Rechtes, Leipzig 31871, S. 7.

waren nicht nur historische und administrative, sondern auch militärische Gründe ausschlaggebend. Schon in der Verordnung von 1815 war nämlich von fünf Militärabteilungen die Rede, die auf der Basis der Provinzen umrissen wurden; sie sollten nur ausnahmsweise einer einzelnen Provinz entsprechen und in der Regel aus mehreren Provinzen bestehen.

VOEP-B, S. 86, § 1: »2) Eine oder mehr Provinzen zusammengenommen, werden eine Militair-Abtheilung bilden, deren überhaupt fünf seyn sollen«. Vgl. Ludwig von Rönne / Philipp Zorn: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie, Bd. 2, Leipzig 51906, S. 303 Anm. 3: Nach der Beilage zur Verordnung vom 30. 4. 1815 sollten fünf Militärabteilungen auf Basis je einer oder mehrerer Provinzen gebildet werden. Die erste sollte aus der Zusammenlegung von Ost- und Westpreußen hervorgehen, die zweite aus Brandenburg und Pommern, die dritte aus Schlesien und Posen, die vierte aus Sachsen, die fünfte aus Westfalen und der späteren Rheinprovinz (Kleve-Berg und Niederrhein).

Aus militärischen Rücksichten musste hier der Provinzialgeist zurücktreten. Nach dem damaligen Kriegsminister Boyen sollten nämlich »die Rekrutierungsbezirke für die Linie [des Heeres] […] möglichst unabhängig von den bürgerlichen Administrationsbezirken gestaltet« werden, um den nationalen Korpsgeist des Militärs zu stärken. Die Landwehr dürfe hingegen in enger Verbindung mit den Verwaltungsbezirken rekrutiert werden, sodass jeder Provinz eine Division und jedem Kreis eine Kompanie entsprechen sollte.

Schulze: Reform der Verwaltungsbezirke, S. 45–46.

Erst später, 1820, wurden die Militärintendanturen eingerichtet, die hauptsächlich für die Militärwirtschaftsverwaltung zuständig waren; je eine sollte pro Armeekorps in den Provinzhauptstädten und eine weitere in Berlin für das 3. Armeekorps bestehen.

Rönne: Staats-Recht, Bd. 2/1, S. 239–240.

Als engere innerhalb der Provinzen zu schaffende Verwaltungsbezirke sah die Verordnung vom 30. April 1815 25 Regierungsbezirke vor, die den französischen Unterpräfekturen entsprachen und bald nach dem Namen der jeweiligen Hauptstadt benannt wurden.

Conrad Bornhak: Preußisches Staatsrecht, Bd. 2, Freiburg im Breisgau 1889, S. 308–309, mit Liste der 25 Regierungsbezirke »nach den Ländernamen« und »nach Regierungshauptstädten«: »1. Ostpreußen (Königsberg), 2. Lithauen (Gumbinnen), 3. Danzig, 4. Marienwerder, 5. Berlin, 1822 wieder aufgehoben, 6. Mark Brandenburg (Potsdam), 7. Neumark und Niederlausitz (Frankfurt a. O.), 8. Vorpommern (Stettin), 9. Hinterpommern (Köslin) – die für Neuvorpommern 1814 nur provisorisch errichtete Regierungskommission zu Stralsund blieb daneben als besondere Regierung endgiltig bestehen –, 10. Mittelschlesien (Breslau), 11. Gebirgskreise (Reichenbach), 1820 wieder aufgehoben und teils mit Breslau, teils mit Liegnitz vereinigt, 12. Niederschlesien (Liegnitz), 13. Oberschlesien (Oppeln), 14. Posen, 15. Bromberg, 16. Herzogtum Sachsen (Merseburg), 17. Niedersachsen (Magdeburg), 18. Thüringen (Erfurt), 19. Münsterland (Münster), 20. Weserland (Minden), 21. Mark und Westfalen (nach dem Publikandum Hamm, thatsächlich nach Arnsberg verlegt), 22. Herzogtum Berg (Düsseldorf), 23. Herzogtümer Kleve und Geldern und Fürstentum Mörs (Kleve), 1821 mit Düsseldorf vereinigt, 24. Herzogtum Jülich (Köln), 25. Moselland (Koblenz). Seit 1818 werden aus Nr. 24 und 25 noch abgezweigt die Regierungsbezirke Aachen und Trier«.

Bezüglich der Regierungsbezirke hat man später festgestellt, dass »diese neue Verwaltungseinteilung des Staates ohne jede Rücksicht auf die bisherige geschichtliche Entwicklung […] nach praktischen Gesichtspunkten der Verwaltung vorgenommen« wurde,

Bornhak: Preußisches Staatsrecht, Bd. 2, S. 309. Die Regierungsbezirke waren 1808 aus den 1723 gegründeten Kriegs- und Domänenkammern hervorgegangen. Von den 1786 bestehenden 23 preußischen Kammern blieben nach dem Tilsiter Frieden nur 8 übrig; statt deren wurden 1816 15 neue Regierungen (wieder) errichtet. Von den übrig gebliebenen 8 Kammern wurden weitere 4 abgezweigt (Oppeln, Berlin, Cöslin, Danzig), sodass 1821 insgesamt 27 Regierungen bestanden; vgl. Hoffmann (Hg.): Beiträge zur Statistik, S. 22.

sodass sie sich sowohl an Bevölkerungszahl als auch an Umfang unterschieden; am ausgedehntesten waren unzweifelhaft die Regierungsbezirke östlich der Elbe. Gegenüber einem sehr großen Regierungsbezirk wie Königsberg mit rund 400 Quadratmeilen konnte man sehr kleine Regierungsbezirke finden, wie zum Beispiel Kleve mit rund 50 Quadratmeilen oder Düsseldorf mit etwa 45.

Hoffmann (Hg.): Beiträge zur Statistik, S. 23.

Gewaltige Differenzen sind in Bezug auf die Bevölkerungszahl festzustellen. Stralsund (Pommern) zählte 1819 nur 133.528 Einwohner, Breslau (Schlesien) 833.253.

Hoffmann (Hg.): Beiträge zur Statistik, S. 22. Die Unterschiede der Bevölkerungsdichte zwischen den einzelnen Regierungsbezirken verstärkten sich mit der Zeit. 1861 wohnten im Regierungsbezirk Cöslin 2028 Einwohner pro Quadratmeile, im Regierungsbezirk Düsseldorf 11.344; vgl. Keller: Staat, Bd. 1, S. 254. Zu Größe und Bevölkerungsdichte der preußischen Regierungsbezirke um 1900 vgl. Rönne / Zorn: Staatsrecht, Bd. 2, S. 316.

Obwohl die Grenzen der Regierungsbezirke auch im konstitutionellen Zeitalter weiterhin per Verordnung geändert werden konnten, blieb ihre Zahl relativ stabil, das heißt 25 von 1815 bis 1866. Die Zahl der Kreise hingegen veränderte sich leicht: 1815 345, 1858 337, 1861 345. Den besonderen Verhältnissen Berlins wurde zuerst durchaus Rechung getragen, indem die Stadt 1815 als Regierungsbezirk konstituiert wurde. Eine Verordnung von 1821 setzte sie allerdings vorwiegend aus ökonomischen Gründen zu einem Stadtkreis zurück.

Schulze: Reform der Verwaltungsbezirke, S. 52–53; vgl. Johnen / Wagner: Materialien, S. 12; Ilja Mieck: »Von der Reformzeit zur Revolution«, in: Wolfgang Ribbe (Hg.): Geschichte Berlins, Bd. 1: Von der Frühgeschichte bis zur Industrialisierung, München 1987, S. 407–602; Hans Lohmeyer: »Die Entwicklung Berlins zum Stadtstaat. Ein Beitrag zur Geschichte der Selbstverwaltung seit 1850«, in: Der Bär von Berlin. Jahrbuch des Vereins für die Geschichte Berlins 5 (1955), S. 16–32; Franz Petri: »Preußen und das Rheinland«, in: Walter Först (Hg.): Das Rheinland in preußischer Zeit. 10 Beiträge zur Geschichte der Rheinprovinz, Köln 1965, S. 37–69.

Die Provinzeinteilung von 1815 stellte nicht nur den äußeren Rahmen für die Begrenzung der unteren Bezirke der inneren Landesverwaltung dar, das heißt der Regierungsbezirke und der Kreise, sondern auch der Bezirke für einige wichtige Bereiche der Fachverwaltung.

Rönne / Zorn: Staatsrecht, Bd. 2, S. 315.

Was hingegen die Justizverwaltung anbelangte, folgte Preußen den Kriterien der modernen französischen Verwaltungseinteilung nur beschränkt, wonach die Bezirke der allgemeinen Verwaltung mit jenen der Justizverwaltung übereinstimmen sollten. 1815 war zwar dieses Prinzip aufgenommen worden. Man sah vor, dass »Ober-Landesgerichte [später Appellationsgerichte] für einen oder zwei [Regierungs-]Bezirke eingerichtet werden« sollten und dass, »wo die Lokalität es gestattet, das Ober-Landesgericht seinen Sitz an dem Orte haben soll, welcher der Regierung zum Sitz angewiesen worden« sei.

VOEP-B, S. 87, §§ 7–8.

Bei der Umsetzung der Verordnung von 1815 wich man aber vielfach davon ab.

Rönne: Staats-Recht, Bd. 2/1, S. 25.

Insgesamt wurden nur 22 Appellationsgerichtsbezirke eingerichtet und nur »in manchen Provinzen stimmte die Zahl der Appellationsgerichte mit der der Regierungen überein«; oft hatten die Oberlandesgerichte ihren Sitz »in einer anderen Stadt« als der des Regierungssitzes,

Keller: Staat, Bd. 2, S. 291; vgl. Rönne: Staats-Recht, Bd. 2/1, S. 25–26.

und einige Appellationsgerichte »erstreck[t]en sich über das Gebiet mehrerer Regierungen«.

Rönne: Staats-Recht, Bd. 2/1, S. 280–294, hier S. 294.

Die Einteilung der Verwaltungsbezirke anderer Fachverwaltungen, und zwar jener für die Schul-, Kirchen- und Medizinalpolizeiverwaltung, wurde kohärent durchgeführt und in Übereinstimmung mit den Provinzialbezirken der inneren Verwaltung vorgenommen, wie von den §§ 15 und 20 der Verordnung vom 30. April 1815 vorgeschrieben war. Diese Paragraphen bestimmten nämlich, dass für »die Kirchen- und Schul-Sachen im Hauptort jeder Provinz ein Konsistorium besteht, dessen Präsident der Ober-Präsident ist«, und dass für »die Medizinal-Polizei im Hauptort jeder Provinz ein Medizinal-Kollegium unter Leitung des Ober-Präsidenten besteht«.

VOEP-B, S. 88–89, §§ 15, 20.

Nach dieser Bestimmung sollten also die Provinzialbezirke der inneren Verwaltung jenen der Medizinalkollegien, die vorwiegend Gutachten für Justiz und Verwaltung herzustellen hatten (Medizinalpolizei), und jenen der Provinzialkonsistorien entsprechen. Letztere hatten nicht nur die ›jura in sacra‹ für die Evangelischen (Kultus, Lehre, Prüfung und Bestätigung von kirchlichen Ernennungen) und die ›jura circa sacra‹ (Aufsicht über das kirchliche Vermögen) für die katholische Kirche zu verwalten. Die Konsistorien sollten sich auch mit der Schulverwaltung beschäftigen und waren zur Aufsicht und Verwaltung des höheren Schulwesens (Gymnasien, Realschulen, höhere Mädchenschulen) und der Lehrerausbildungsanstalten berufen.

Werner Frotscher: »Überblick über die Verwaltungsorganisation in den Bundesstaaten«, in: Kurt G. A. Jeserich / Hans Pohl / Georg-Christoph von Unruh (Hg.): Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 3: Das Deutsche Reich bis zum Ende der Monarchie, Stuttgart 1984, S. 407–434, hier S. 420–421. Zur Kirchenverwaltung über die evangelische und katholische Kirche nach der Deklaration des Staatskanzlers vom 12. 11. 1815 vgl. Leesch: Verwaltung in Westfalen, S. 7.

Die Provinz blieb als wichtigster Bezirk der Kirchenverwaltung lange bestehen – auch nachdem die Kabinettsorder vom 31. Dezember 1825 zu einer ersten Trennung der Provinzialschulkollegien von den Kollegien der bisherigen Konsistorien führte, nachdem 1845 der Automatismus der Verbindung des Oberpräsidentenamtes mit dem Vorsitz im Oberkonsistorium aufgehoben wurde, und nachdem 1850 die Provinzialkonsistorien dem neu eingerichteten Oberkirchenrat (und nicht mehr dem Ministerium) unterstellt wurden.

Leesch: Verwaltung in Westfalen, S. 78.

In der Schulverwaltung nahm die Bedeutung der Provinzialbezirksebene mit der Zeit sogar zu. Dieser Umstand war mit der allmählichen Ausweitung des Kompetenzbereichs des Provinzialschulkollegiums auf immer neue Schultypen verbunden. Sie hatte fast automatisch eine Schmälerung der Kompetenzen der sich mit Kirchen- und Schulfragen beschäftigenden Kommissionen der Regierungen zur Folge.

Leesch: Verwaltung in Westfalen, S. 84.

Ähnlich verlief die Entwicklung in der Finanzverwaltung, wo nach der Kabinettsorder vom 31. Dezember 1825 so genannte Provinzialsteuerdirektionen für die Verwaltung der indirekten Steuern und Zölle bis 1827 in jeder Provinz durch einfache königliche Erlasse errichtet wurden. Auch diese Fachbehörden, monokratisch organisiert, aber nicht dem Oberpräsidenten, sondern dem Finanzminister unterstellt, erhielten die bis dahin von der 4. Abteilung der Regierung innegehabte Kompetenz,

Zu den Provinzialsteuerdirektionen vgl. Wolfgang Rüfner: »Preußen«, in: Kurt G. A. Jeserich / Hans Pohl / Georg-Christoph von Unruh (Hg.): Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 3: Das Deutsche Reich bis zum Ende der Monarchie, Stuttgart 1984, S. 678–714, hier S. 688; Keller: Staat, Bd. 2, S. 279–281.

welche damit dem Einfluss des Oberpräsidenten entzogen wurde.

Auf der Provinzialebene wurden in Ausführung des Edikts vom 14. September 1811 gerichtsähnliche Generalkommissionen errichtet, die für Regulierungen der Verhältnisse zwischen Gutsherren und Bauern sowie für Ablösungen und Gemeinheitsteilungen zuständig waren. Sie bestanden während verschiedener Zeiten und waren, allerdings nicht ohne Ausnahmen, am Oberpräsidiumssitz angesiedelt.

Bornhak: Preußisches Staatsrecht, Bd. 2, S. 329; vgl. Keller: Staat, Bd. 2, S. 281.

Von einem politischen Standpunkt aus wichtig waren die neuständischen Provinziallandtage beziehungsweise Provinzialstände, die durch die Verordnung vom 5. Juni 1823 auch in jenen Provinzen errichtet wurden, in denen, namentlich in den westlichen, infolge der französischen Besatzung von den alten Ständen nichts übrig geblieben war.

Vgl. Leesch: Verwaltung in Westfalen, S. 239; Klausa: »Verwaltung«, S. 80. Die Einführungsverordnungen dieser Provinziallandtage (vom 1. 7. 1823 für Brandenburg, Preußen und Pommern, vom 27. 3. 1824 für Sachsen, die Rheinprovinz, Schlesien, Westfalen und Posen) sind nachzulesen bei Karl Friedrich Rauer: Die ständische Gesetzgebung der Preussischen Staaten, Bd. 1: Text der ständischen Gesetze, Berlin 1845. Außerdem vgl. Bornhak: Preußisches Staatsrecht, Bd. 2, S. 330–334. Klassische Studien dazu sind Alfred Hartlieb von Wallthor: Auftakt zum Vormärz in Preußen. Die preußische Verfassungsfrage auf dem 3. Westfälischen Provinziallandtag von 1830/31, Münster 1988; Alfred Hartlieb von Wallthor: Die landschaftliche Selbstverwaltung Westfalens in ihrer Entwicklung seit dem 18. Jahrhundert, Bd. 1: Bis zur Berufung des Vereinigten Landtags (1847), Münster 1965; Gustav Croon: Der rheinische Provinziallandtag bis zum Jahr 1874, Düsseldorf 1918.

Sie hatten hauptsächlich Anordnungen und Gesetzesvorschläge allerdings mit nur konsultativem Votum zu beraten, welche die jeweilige Provinz betrafen, und unterschieden sich wesentlich von den altständischen Landesvertretungen des 18. Jahrhunderts, von denen nur einzelne provinzbezogene Institute verblieben waren, zum Beispiel ritterschaftliche (landschaftliche) Kreditvereine (zur Finanzierung des großen Grundbesitzes), Provinzial-Hilfskassen (zur Finanzierung kleineren Grundbesitzes sowie gemeinnütziger Unternehmungen), Provinzial-Feuersozietäten, Provinzial-Landarmen- und -Korrektionsanstalten, Provinzial-Irrenanstalten.

Keller: Staat, Bd. 2, S. 282.

Es ist allerdings bedeutend, dass die Grenzen dieser neuständischen Provinziallandtage, die in jeder Provinz mit speziellen Verordnungen 1823/1824 eingeführt wurden, wobei »der geschichtliche Zusammenhang maßgebend« war, sich deshalb nicht mit jenen der allgemeinen Provinzialverwaltungsbezirke deckten.

Keller: Staat, Bd. 2, S. 282.

Dies war der Fall besonders beim Landtag für Brandenburg, der die Altmark und einige Kreise (Dramburg und Schievelbein) mitumfasste, die in den ständischen Vertretungen von Pommern und Sachsen nicht vertreten waren.

Keller: Staat, Bd. 2, S. 283.

In den Provinzen Brandenburg und Pommern bestanden seit 1825/1826 neben den neuen Provinziallandtagen vier respektive zwei »Communallandtage« als Organe und gleichzeitig Reste der früheren historischen Stände.

Bornhak: Preußisches Staatsrecht, Bd. 2, S. 331.

Sie hatten die Verwaltung von gemeinschaftlichen Vermögensangelegenheiten

Bornhak: Preußisches Staatsrecht, Bd. 2, S. 330–331; Keller: Staat, Bd. 2, S. 282–284.

und »die Beschlussfassung über die Verwaltung verschiedener Provinzialinstitute und -veranstaltungen« zum Hauptzweck und waren daher zur Geltendmachung partikularer Interessen besonders geeignet.

Bornhak: Preußisches Staatsrecht, Bd. 2, S. 331.

Die kommunalständischen Institute wie die Verwaltung von »ständischen Angelegenheiten« (zu denen auch die Verwaltung von Domkapiteln, Stiften, aufgehobenen Klöstern, aus der Säkularisation entstandenen Stiftungen und Fonds gehörte) standen meistens unter der Aufsicht des Oberpräsidenten.

Keller: Staat, Bd. 2, S. 285–286.

Im Unterschied zu den Bezirken der Fachverwaltung (Schul- und Kirchenverwaltung, Justizverwaltung, Verwaltung der indirekten Steuer et cetera)

Keller: Staat, Bd. 2, S. 279.

wichen auch in Preußen die Bezirke der Sonderverwaltung völlig von jenen der allgemeinen Verwaltung ab.

Zum Unterschied zwischen Fach- und Sonderverwaltung vgl. Leesch: Verwaltung in Westfalen, S. 8: »Wir können in der preußischen Staatsverwaltung drei Gruppen von Verwaltungszweigen unterscheiden, die allgemeine Verwaltung (im engeren Sinne), die dem Minister unterstellt und im Oberpräsident, im Regierungspräsident und im Landrat verkörpert ist, die Fachverwaltung, die diejenigen Behörden umfasst, die dem Fachminister unterstehen und in der Unterstufe gleichberechtigt nebeneinander wirken, in der Mittelstufe jedoch den Behörden der allgemeinen Verwaltung (Oberpräsident, Bezirksregierung) ein- oder angegliedert sind, und die Sonderverwaltungen, die außerhalb der allgemeinen Landesverwaltung tätig sind. Welche Verwaltungsform, die Fach- oder die Sonderverwaltung, zur Erledigung der einzelnen Aufgaben gewählt wird, steht im Belieben des Gesetzgebers; doch eignen sich gewisse Aufgabenbereiche wegen ihres technischen oder wirtschaftlichen Charakters besonders zur Erledigung durch Sonderverwaltungen oder Sonderbehörden (z. B. Post, Eisenbahn, Bergbau, Militärverwaltung)«. Außerdem vgl. Leesch: Verwaltung in Westfalen, S. 11.

Es war dies besonders der Fall bei der Berg-, Hütten- und Salinenverwaltung,

Keller: Staat, Bd. 2, S. 299–300. Hierfür wurden 1861 vier Oberbergämter eingerichtet.

der Zollverwaltung, wofür Hauptzollämter meist an den Grenzen errichtet wurden, der Eisenbahnverwaltung, die durch Eisenbahndirektionen geführt wurde, der Militärverwaltung,

Keller: Staat, Bd. 2, S. 300–302, hier S. 300: »Diese Bezirke schließen sich zwar im Allgemeinen der Provinzial-Eintheilung an, jedoch nicht so daß jede der acht Provinzen für sich einen Ergänzungsbezirk eines Armeecorps ausmachte«.

der Landeskulturverwaltung und schließlich der Postverwaltung.

Unter den neuen Regierungsbezirken waren die Kreise vorgesehen, deren Grenzen unverändert beibehalten wurden. Den Kreisen wurde die Annahme der alten Kreisordnung zur Pflicht gemacht, sodass der König schon 1816 das alte kreisständische Recht bestätigte, anlässlich der königlichen Besetzung des Landratsamts drei Kandidaten präsentieren zu dürfen (Präsentationsrecht).

Brandt / Münger: »Preußen«, S. 819 Anm. 81; vgl. Robert Hue de Grais: »Kreis. I. Preußen«, in: Karl von Stengel / Maximilian Fleischmann (Hg.): Wörterbuch des deutschen Staats- und Verwaltungsrechts, Bd. 2: G-N, Tübingen 21913, S. 655–661, hier S. 656.

Die hohe Bedeutung der Provinzialbezirke um die Mitte des 19. Jahrhunderts hatte viel mit der herausgehobenen Stellung des Oberpräsidenten zu tun, der möglicherweise »unter dem Einfluß des französischen Präfektensystems eingeführt worden« war.

Leesch: Verwaltung in Westfalen, S. 7.

An die Spitze jeder Provinz wurden nämlich ab 1815 als Oberbehörden die Oberpräsidenten gestellt, die allerdings zunächst nicht als Mittelbehörden gedacht waren. Sie fungierten nur als Kommissare des Königs und der königlichen Zentralregierung und übten deshalb keine aktive Rolle aus. Ihre Kompetenz beschränkte sich auf die Entscheidung jener Verwaltungsfragen, die mehr als einen Regierungsbezirk betrafen und die Koordination der Tätigkeiten mehrerer Regierungen verlangten. Vor allem die Oberpräsidenten sollten die staatliche Aufsicht und Inspektion über die Tätigkeit der kollegialen Regierungen sichern.

Vgl. Rüdiger Schütz: »Die Oberpräsidenten der Provinzen Posen, Schlesien, Schleswig-Holstein, Hessen-Nassau, Westfalen und der Rheinprovinz in tabellarischer Übersicht 1867–1918«, in: Klaus Schwabe (Hg.): Die preußischen Oberpräsidenten 1815–1945. Büdinger Forschungen zur Sozialgeschichte 1981, Boppard am Rhein 1985, S. 295–306; Dietrich Wegmann: Die leitenden staatlichen Verwaltungsbeamten der Provinz Westfalen 1815–1918, Münster 1969; Koselleck: Preußen, S. 220–223. Unter den zahlreichen Studien über einzelne Oberpräsidenten sei genannt Heide Barmeyer: »Ludwig Freiherr Vincke und die Probleme des Oberpräsidentenamtes«, in: Helmut Neuhaus (Hg.): Verfassung und Verwaltung. Festschrift für Kurt G. A. Jeserich zum 90. Geburtstag, Köln 1994, S. 183–202. Zur Zeit nach dem Ersten Weltkrieg vgl. Joachim Lilla: Leitende Verwaltungsbeamte und Funktionsträger in Westfalen und Lippe (1918–1945/46). Biographisches Handbuch, Münster 2004; Karl Teppe: »Die preußischen Oberpräsidenten 1933–1945«, in: Klaus Schwabe (Hg.): Die preußischen Oberpräsidenten 1815–1945. Büdinger Forschungen zur Sozialgeschichte 1981, Boppard am Rhein 1985, S. 219–248; Horst Möller: »Die preußischen Oberpräsidenten der Weimarer Republik als Verwaltungselite«, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 30 (1982), S. 1–26.

Letztere sollten nach der Verordnung von 1815 neben und nicht unter dem Oberpräsidenten auf der Ebene des Regierungsbezirks die Mittelbehörde darstellen und durch ihre Gliederung in Abteilungen das Prinzip der Einheit der Verwaltung auf der mittleren Ebene in ähnlicher Weise verkörpern wie das Staatsministerium auf zentraler Ebene. Sie sollten, alle Abteilungen zusammengenommen, für jeden Bereich der Landesverwaltung zuständig sein und mit den jeweiligen Fachministern je nach Kompetenzbereich und Gegenstand in Kontakt treten.

In Folge der Instruktion vom 31. Dezember 1825 wuchs aber der Oberpräsident vom »beständigen Kommissar des Ministeriums« an Ort und Stelle zur eigentlichen »Mittel-Instanz zwischen den Ministerien und den Regierungen«.

Was von der Verordnung von 1815 noch explizit verneint worden war; VOEP-B, S. 87, § 4.

Als solcher drohte der Oberpräsident mit der kollegialen Bezirksregierung und insbesondere mit dem Regierungspräsidenten in Konflikt zu geraten, obwohl die Regierungen als vorwiegend technische Behörden auftraten, während der Oberpräsident ab 1825 zur höchsten politischen Behörde der Provinzialverwaltung wurde.

Zum Oberpräsidenten vgl. Heinrich Heffter: Die deutsche Selbstverwaltung im 19. Jahrhundert. Geschichte der Ideen und Institutionen, Stuttgart 1950, S. 120–122.

Bis 1883 blieb der Oberpräsident zugleich Regierungspräsident im Regierungsbezirk der Provinzhaupstadt, wo das Oberpräsidium seinen Sitz hatte.

Die Personalunion zwischen Oberpräsident und Regierungspräsident wurde erst durch das Gesetz über die allgemeine Landesverwaltung von 1883 aufgehoben.

Nach wie vor stellte der Vorsitz in kollegialen Provinzialbehörden der Fachverwaltung einen großen Bestandteil der Aufgaben des Oberpräsidenten dar. Unter diesen Behörden waren das Konsistorium, das Provinzial-Schulkollegium, das sich aus Provinzialschulräten und Juristen zusammensetzte, und das Medizinalkollegium, an dem Ärzte, Apotheker, Tierärzte sowie die kraft des Amtes von den Regierungen angestellten Regierungs- und Medizinalräte beteiligt waren.

Keller: Staat, Bd. 2, S. 263. Zu Stellung und Aufgabenbereich des Oberpräsidenten vgl. Georg-Christoph von Unruh: »Der preußische Oberpräsident – Entstehung, Stellung und Wandel eines Staatsamtes«, in: Klaus Schwabe (Hg.): Die preußischen Oberpräsidenten 1815–1945. Büdinger Forschungen zur Sozialgeschichte 1981, Boppard am Rhein 1985, S. 17–31; Georg-Christoph von Unruh: »Die Veränderungen der Preußischen Staatsverfassung durch Sozial- und Verwaltungsreformen«, in Kurt G. A. Jeserich / Hans Pohl / Georg-Christoph von Unruh (Hg.): Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 2: Vom Reichsdeputationshauptschluß bis zur Auflösung des Deutschen Bundes, Stuttgart 1983, S. 399–470, hier S. 455–457; Horst Kube: Die geschichtliche Entwicklung der Stellung des preußischen Oberpräsidenten, Würzburg 1939.

Der Oberpräsident sollte auch die Aufsicht über die Tätigkeit der Generalkommission und der Provinzialsteuerdirektion ausüben.

Fenske: Verwaltung Pommerns, S. 25.

Last but not least fungierte der Oberpräsident als Verbindungsglied zwischen der Zentralregierung und dem Provinziallandtag, dessen Arbeiten er als Landtagsmarschall leitete.

Die Infragestellung der Provinzen während der 1848er Revolution

Ludwig von Rönne hatte mit seiner kritischen Bemerkung, wonach »die im Jahre 1815 geschaffenen zehn Provinzen in Beziehung auf ihre Einteilung nur zum Teil eine geschichtliche Basis [hatten]«, nicht unrecht. Ausgerechnet die Gründung der Rheinprovinz, bemerkte Rönne, der Hoffmann’schen Erklärung von 1821 widersprechend,

Vgl. Hoffmann (Hg.): Beiträge zur Statistik, S. 12–13: »Die Preußische Regierung hat jedoch die Vertheilung des Staats unter seine Verwaltungsbehörden niemals allein, selbst nie vorzüglich, auf Flächenraum und Volkszahl, sondern zunächst und vor Allem auf geschichtliche und Verfassungsverhältnisse gegründet. […] Mit eben den Rücksichten auf geschichtliche und Verfassungsverhältnisse, welche die Preußische Regierung von Anbeginn leiteten, ist nun auch die Eintheilung der neu erworbenen Rheinlande unternommen worden«.

sei nur »eine politisch-administrative Maßregel« gewesen; in der Tat wäre »kein historischer Grund vorhanden [gewesen], eine Rheinprovinz zu schaffen, da die einige und achtzig früher und zum großen Teil bis 1803 und 1808 selbständigen Territorien, aus welchen dieselbe zusammengesetzt [worden sei], die verschiedenartigsten Verfassungen und Gesetzgebungen« gehabt hatten. Und dasselbe hätte »von den Provinzen Westfalen und Sachsen« gesagt werden können, denn die einzelnen Territorien, aus welchen dieselben gebildet worden waren, hatten »vielfach ganz verschiedene historische Traditionen«.

Rönne / Zorn: Staatsrecht, Bd. 2, S. 303 Anm. 1, 307. Ähnlich bereits Rönne: Staats-Recht, Bd. 2/1, S. 7 Anm. 1.

Die noch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht selbstverständliche Einteilung in Provinzen wurde erst während der Revolution von 1848 durch die preußische verfassunggebende Nationalversammlung (22. Mai – 5. Dezember 1848)

Vgl. Susanne Böhr: Die Verfassungsarbeit der preußischen Nationalversammlung 1848, Frankfurt am Main 1992.

in Frage gestellt, und zwar durch ihre ab dem 17. Juni 1848 tagende Verfassungskommission. Deren Verfassungsentwurf,

Zum »Entwurf der Verfassungsurkunde für den preußischen Staat« vgl. Stenographische Berichte über die Verhandlungen der zur Vereinbarung der preußischen Staats-Verfassung berufenen Versammlung [SB VV], 3 Bde., Berlin 1848, hier Bd. 1, 28. 7. 1848, S. 630–634.

der am 26. Juli 1848 dem Plenum vorgelegt wurde und dem »specielle Motive« beilagen,

Der Text der Motive in SB VV, Bd. 1, 9. 8. 1848, S. 729–734.

bestimmte nämlich in Artikel 102, dass »[d]as Gebiet des preußischen Staates in Bezirke, Kreise und Gemeinden eingetheilt wird«, während die Provinzen keine Erwähnung fanden.

SB VV, Bd. 1, 28. 7. 1848, S. 634; vgl. Rönne / Zorn: Staatsrecht, Bd. 2, S. 302–303 Anm. 5.

Als Erklärung für die verblüffende Auslassung wurde in den »Motiven« ausgeführt, dass man es »nicht für angemessen erachtete, die bisherige Eintheilung des Staates in Provinzen, als Verwaltungsbezirke, beizubehalten«, obwohl es sich von selbst verstehe, dass »bei der Bildung der Bezirke und Kreise auf die seitherigen Begränzungen der Provinzen möglichst Rücksicht« zu nehmen sei. Behutsam wurde erklärt, dass »die beschlossene Eintheilung die bisherige Gemeinschaftlichkeit der verschiedenen Geld- und sonstigen Provinzial- und Kreis-Institute nicht aufheben [würde], indem hierfür durch Ausschüsse der Bezirks- und Kreisvertretung auch ferner gesorgt werden« könnte.

SB VV, Bd. 1, 9. 8. 1848, S. 734.

Artikel 102 des Verfassungsentwurfs, der auf einen Antrag des demokratischen Abgeordneten Anton Bloem (Düsseldorf) zurückging,

Vgl. Karl Friedrich Rauer (Hg.): Protokolle der von der Versammlung zur Vereinbarung der Preußischen Verfassung ernannt gewesenen Verfassungs-Kommission, Berlin 1849, S. 56–64, hier S. 57. Dazu vgl. Ludwig von Rönne: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat, vom 31. Januar 1850, unter Vergleichung mit dem Entwurfe zum Verfassungs-Gesetze vom 20. Mai 1848; dem Entwurfe der Verfassungs-Kommission der National-Versammlung; den Beschlüssen der National-Versammlung; der Verfassungs-Urkunde vom 5. December 1848; den Revisions-Arbeiten beider Kammern; den Propositionen der Königlichen Botschaft vom 7. Januar 1850; und unter Berücksichtigung der Motive, nebst einem Nachtrage, enthaltend die Darstellung der in der Kammer-Sitzungs-Periode von 1851 bis 1852 bewirkten Revision der Verfassungs-Urkunde, Berlin 31859, S. 196–205, hier S. 199 Anm. 2–3, 200 Anm. 10.

war, wie in den von ihm formulierten »Motiven« ausgeführt, als Bestandteil eines umfassenden Reorganisationsplans zu werten, der eine »Vereinfachung des Staats-Organismus« zum Ziel hatte.

Rauer (Hg.): Protokolle der Verfassungs-Kommission, S. 107.

Durch Artikel 102 versprach man sich, ein »freies, selbständiges Gemeindeleben befördert und gesichert« zu sehen, »gleichzeitig aber auch de[n] organische[n] Zusammenhang der einzelnen Theile des Staates mit dem Ganzen [derart zu] erhalten«, dass »den Central-Behörden die Leitung desselben erleichtert« würde. Als Hindernisse für die Vereinfachung des Staatsorganismus hätten sich vor allem die »bisher bestehenden kollegialen Regierungen mit den zwischen diesen und dem Ministerium stehenden Ober-Präsidenturen« entpuppt, die daher »nicht beibehalten« werden sollten. Es wäre nun »vielmehr die Bildung kleinerer Bezirke« vorzuziehen mit einem die Exekutivgewalt repräsentierenden, dem Ministerium direkt untergeordneten Vorsteher an der Spitze.

SB VV, Bd. 1, 9. 8. 1848, S. 734.

Gegen die Minorität der Verfassungskommission, die den Kreisvorsteher »durch die Staatsgewalt ernannt wissen« wollte, hatte sich die Mehrheit für einen von den Gemeinden »gewählten« Kreisvorsteher ausgesprochen.

SB VV, Bd. 1, 9. 8. 1848, S. 734.

Die Argumentation der Mehrheit in der Verfassungskommission lässt unschwer das Anliegen erkennen, dass man von dieser neuen, die Provinzen abschaffenden Staatseinteilung ausgehend auf die Etablierung einer anderen Staatsorganisation zielte. Ähnlich wie 1815 erfolgte durch eine kühne Verwaltungsreform nichts weniger als eine Reform der Staatsverfassung. Die Fesseln der Bürokratie, die zwischen dem Staat und der Lokalverwaltung bestanden, und die Distanz zwischen Staat und Staatsbürgern sollten durch die Annäherung des Ersteren an Letztere beseitigt werden. Ohne die unterdrückende Oberaufsichtsbehörde der Mittelinstanz hätten sie sich ohnehin freier und verantwortungsbewusster selbst verwalten können. Die Beseitigung der Provinzialbezirke war hier als Mittel zum Zweck vorgesehen – zur Abschaffung sowohl der Oberpräsidenten, die nach der Instruktion von 1825 stark geworden waren, als auch der Regierungen, deren kollegiale Arbeitsweise die Bürokratie und die Vielschreiberei enorm vermehrt hätte. Was am Anfang des Jahrhunderts, als die Stellungnahmen für die Beseitigung der Provinzen als Bollwerke der alten Stände sich nicht durchzusetzen vermocht hatten, nicht zu erreichen gewesen war, wurde 1848 von der Verfassungskommission nochmals versucht, indem sie diese Beseitung zur Vorbedingung jeglicher Staatsverwaltungsund Staatsverfassungsreform erklärte.

Über die Abschaffung der Provinzen war man sich allerdings im liberalen Lager alles andere als einig. Bestimmt stellte sie keinen Punkt des politischen Programms des ersten Märzministeriums unter Ludolf Camphausen dar; von einer künftigen von den Provinzen absehenden Staatseinteilung findet sich keine Spur im Verfassungsentwurf der ersten liberalen Regierung der Revolutionsära.

Vergleichende Zusammenstellung des von der Regierung vorgelegten Entwurfs des Verfassungs-Gesetzes und des von der Verfassungs-Kommission überreichten Entwurfs der Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat, Berlin 1848, S. 41. Zu den aufeinanderfolgenden liberalen Ministerien, jeweils dem sogenannten Ministerium ›der Vermittlung‹ (Ministerpräsident Ludolf Camphausen, 29. 3. 1848 – 20. 6. 1848), ›der Tat‹ (Rudolf von Auerswald, 26. 6. 1848 – 8. 9. 1848), ›der Verständigung‹ (Ernst von Pfuel, 21. 9. 1848 – 1. 11. 1848) vgl. Bärbel Holtz: Die Protokolle des Preußischen Staatsministeriums 1817–1934/38, Bd. 4/1: 30. März 1848 bis 27. Oktober 1858, Hildesheim 2003, S. 28–29.

Die Entscheidung der Versammlung, den Entwurf der Regierung Camphausen als Grundlage der Beratungen beiseite zu legen, was einer der Hauptgründe seines Rücktrittsgesuchs war,

Camphausen in SB VV, Bd. 1, 26. 6. 1848, S. 281.

erklärt sich wohl daher.

Erst die nachfolgende, von Rudolf von Auerswald geleitete Staatsregierung (26. Juni – 8. September 1848) entschloss sich, eine Ministerial-Commission zu einer »Umbildung der Landeseintheilung« als Basis einer »Reorganisation der Behörden« einzusetzen. Darauf bezog sich der Geheime Oberfinanzrat Georg von Viebahn

Viebahn (1802–1871), preußischer Beamter und Statistiker, war seit 1832 als Regierungsrat in Düsseldorf tätig, 1844 Mitbegründer des Centralvereins für das Wohl der arbeitenden Klassen, 1848 Oberfinanzrat in Berlin, 1858 Regierungspräsident in Oppeln (Schlesien).

in seinem Aufsatz »Ueber die Umbildung der Provinzialbehörden und die Eintheilung Preußens« von 1849. Dieser wurde in den amtlichen, vom damaligen Direktor des Statistischen Bureaus Friedrich Wilhelm Carl Dieterici herausgegebenen »Mittheilungen des statistischen Bureau’s in Berlin« veröffentlicht; die Niederschrift wurde »im Juli 1848« beendet,

Georg von Viebahn: »Ueber die Umbildung der Provinzialbehörden und die Eintheilung Preußens«, in: Mittheilungen des statistischen Bureau’s in Berlin 1 (1849), S. 113–148, hier S. 114, 148.

das heißt im selben Zeitraum, als das Bureau, dessen Direktorenamt Dieterici als Nachfolger Hoffmanns angetreten hatte, durch Erlass (vom 10. Juli) dem Innenministerium unterstellt wurde.

Vgl. Michael C. Schneider: Wissensproduktion im Staat. Das königlich preußische statistische Bureau 1860–1914, Frankfurt am Main 2013.

Der Aufsatz, der auch unter den Akten des preußischen Innenministeriums überliefert ist,

Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (Berlin) [GStA PK], I. Hauptabteilung [HA], Repositur 77 Ministerium des Innern, Tit. 192, Nr. 92: Die Umbildung der Provinzialbehörden und der Gebietseinteilung des preußischen Staates auf der Grundlage der konstitutionellen Verfassung desselben, Bd. 1: 1848. Innenminister in der Revolutionszeit waren: Alfred von Auerswald (19. 3. 1848 – 25. 6. 1848), Friedrich Christian Hubert Kühlwetter (3. 7. 1848 – 21. 9. 1848), Franz August Eichmann (21. 9. 1848 – 8. 11. 1848) sowie Otto von Manteuffel (8. 11. 1848 – 19. 12. 1848).

handelte von einer möglichen neuen Landeseinteilung, die dem Eindringen des neuen 48er-liberalen Ministeriums ›der Tat‹ ins Verwaltungsleben Vorschub leisten sollte. Die Ministerialkommission sollte sich damit beschäftigen. Die Tatsache, dass als Pendant zu dieser Ministerialkommission von der verfassunggebenden Nationalversammlung am 4. Juli 1848 eine Fachkommission errichtet wurde, die sich den Fragen der »allgemeine[n] Organisation der Staats-Verwaltung« widmen sollte,

SB VV, Bd. 1,4. 7. 1848, S. 366. Am selben Tag wurde eine Fachkommission »für Kommunalverfassung in ihren engen und weiteren Verbänden« eingesetzt: SB VV, Bd. 1, 4. 7. 1848, S. 367.

war kein Zufall. Daraus lässt sich schließen, dass zwischen Parlament und Regierung nun eine gewisse Übereinstimmung über die Notwendigkeit einer Verwaltungsreform erreicht worden war, wenn auch nicht unbedingt über die Mittel und Wege zur ihrer Durchsetzung.

Der Standpunkt des neuen liberalen ›Ministeriums der Tat‹ zum Thema Staatseinteilung geht aus dem Aufsatz von Viebahn hervor, der mit seinem Vorgesetzten, dem damals amtierenden Finanzminister David Hansemann (29. März – 21. September 1848), einig ging. Es war ausgerechnet Hansemann gewesen, der, von den Schwierigkeiten der Verwaltung seines Ressorts ausgehend, am 18. Juli 1848 der verfassunggebenden Versammlung einen Gesetzentwurf zu einer neuen Gebietseinteilung der Monarchie unterbreitet hatte.

Das Hauptanliegen des Hansemann’schen Gesetzentwurfes war die Änderung der bisherigen Kompetenzen der Regierungen in Fragen der Forst- und Domänenverwaltung. Die Veränderung sollte auf einer neuen Staatsgebietseinteilung fußen. Der bisherige Gegenstand der Tätigkeit der Regierungsabteilung für direkte Steuern, Domänen und Forsten hätte nach Hansemann aufgrund der positiven Erfahrung mit den Provinzialsteuerdirektionen bei der Verwaltung der indirekten Steuern sofort auf einzelne vom König ernannte, dem Finanzminister unterstellte Beamte übertragen werden sollen, die ›Domainen- und Forst-Direktoren‹ geheißen hätten. Als Behörde der Sonderverwaltung und einzige Instanz zwischen der Lokalverwaltung und dem Minister hätten sie von den Behörden der inneren Verwaltung unabhängig sein sollen, und ihre Verwaltungsbezirke hätten sich nicht mit den Provinzen decken sollen.

Entwurf eines Gesetzes wegen Umgestaltung der Domainen- und Forst-Verwaltung in den Provinzen, Berlin 1848, S. 6. Zur Vorlage des Gesetzentwurfes im Plenum der preußischen Nationalversammlung vgl. SB VV, Bd. 1, 18. 7. 1848, S. 516–517. Zu diesem Gesetzentwurf wird vom liberal-gemäßigten Standpunkt aus Stellung genommen in »Ueber Verwaltungsreformen«, in: Deutsche Jahrbücher für Politik und Literatur 3 (1862), S. 26–43, hier S. 37.

Im Jahr 1848 stand allerdings die Dringlichkeit einer Reform der Behördenorganisation und zugleich der Gebietseinteilung der Monarchie nicht nur im Bereich der Finanzverwaltung im Raum. Wie im Vorfeld des Jahres 1815 war 1848 wieder ständig von der Notwendigkeit die Rede, dass die Bezirke der inneren Verwaltung mit jenen der Justizverwaltung und der ständischen Vertretung übereinstimmen sollten und dass der Regierungspräsident oder -direktor dem Ministerium unterstellt werde, nicht mehr dem Oberpräsidenten.

Viebahn: »Umbildung«, S. 116–117.

Vor allem »in der inneren Verwaltung«, führte Georg von Viebahn in seinem Aufsatz aus, sollte »die Vereinigung der Macht und Verantwortung auf einzelne Männer« angestrebt werden, »welche mit dem vollen Vertrauen der Centralgewalt bekleidet, ihre ganze Kraft und ihren persönlichen Einfluß daran setzen, dass die leitenden Ideen der Staatsgewalt auch in die Einzelnheiten hinaus durchgeführt und auch die geistige Bedeutung derselben in die Kreise und Gemeinden der Staatsangehörigen hinübergeleitet werde«.

Viebahn: »Umbildung«, S. 114.

Dabei sprach sich der Oberfinanzrat gegen die bestehenden Regierungskollegien aus, hauptsächlich wegen der »Schwierigkeit«, sie »mit dem politischen Gedanken und den Bestrebungen der Centralgewalt zu durchdringen«. Er plädierte für einen »künftigen Vorsteher der Bezirksverwaltung«, der sich auch »Landeshauptmann« nennen könne.

Viebahn: »Umbildung«, S. 116.

Die Viebahn’sche Arbeit, welche sich als Beitrag zu der vom Ministerium ›der Tat‹ geplanten Umbildung der Bezirksverwaltung verstand und sich bemühte, jene »Veränderungen in der Landeseintheilung zu entwerfen, welche dieser Umbildung am zweckmäßigsten zum Grunde zu legen wären«,

Viebahn: »Umbildung«, S. 115.

trug keine Bedenken, in der inneren Verwaltung mit dem Provinzialchef und den Regierungskollegien mit einem einzigen Federstrich auch die Provinzialbezirke auszulöschen. Obwohl Viebahns Ausarbeitung gemäßigt und reformerisch klingt und seine Vorschläge mit den Hauptmotiven des Gesetzentwurfs seines Chefs Hansemann übereinstimmen, war ihr Ziel revolutionär, genauso wie es das Hauptanliegen des Artikels 102 des Verfassungsentwurfs der Parlamentskommission war. Das Thema der Abschaffung der Provinzialbezirke war zum ersten Mal nach 1815 wieder aktuell geworden; mit ihm schien sich nun die ganze revolutionäre Bewegung Preußens, sowohl die Regierung als auch die Nationalversammlung, trotz starkem Zeitdruck beschäftigen zu wollen.

Die Tatsache, dass nach Viebahn die Provinzialbezirke nicht prinzipiell für alle Verwaltungsbereiche zu streichen und zum Beispiel für die Verwaltung der provinziellen kirchlichen und Unterrichtsangelegenheiten königliche Kommissarien nicht zu entbehren waren, ändert nichts an der Kühnheit und der Tragweite seines Vorschlags. Ein Provinzialkommissar in kirchlichen und Unterrichtsangelegenheiten anstelle eines Oberpräsidenten, ohne dessen Verwicklung in die Maschinerie der politischen Verwaltung, hätte nicht im Entferntesten den gleichen großen politischen Einfluss beanspruchen und ausüben können. Kein Wunder also, wenn auch für Viebahn in etlichen Zweigen der Fachverwaltung und nach einigen Verbesserungen die Provinzialbezirke ruhig hätten weiterbestehen können. Als Sprengel der Gerichtsverwaltung hätte man zum Beispiel die Provinzen vor allem derart neu einteilen können, dass die gerichtliche und administrative Bezirkseinteilung übereinstimmten.

Viebahn: »Umbildung«, S. 117.

Vor allem war die Zahl der Oberlandesgerichte im Vergleich zu der bestehenden einzuschränken und für jede Provinz auf eines zu reduzieren; die Zahl der Landesgerichte hätte hingegen auf 78 vermehrt werden sollen – eines je 206.576 Einwohner.

Viebahn: »Umbildung«, S. 142.

Nach einigen Überlegungen über den optimalen Umfang und die Einwohnerzahl jeder Provinz machte Viebahn sogar einen Vorschlag, in dem er für ein Land von etwa 16 Millionen Einwohnern – so viele zählte Preußen 1848 – eine neue Einteilung in 10 Provinzen und in 33 Verwaltungsbezirke skizzierte;

Viebahn: »Umbildung«, S. 118.

danach wäre jede Verwaltungsstelle beziehungsweise jeder Regierungsbezirk durchschnittlich für eine halbe Million Einwohner zuständig gewesen.

Viebahn: »Umbildung«, S. 140.

Was die landrätlichen Kreise (Stadt- und Landkreise) anbelangte, welche nach Viebahn »die Grundlage der […] Verwaltung bilde[te]n«, hätten auch sie vermehrt werden sollen, und zwar von 334 auf 350. Die zu großen Kreise hätten derart reduziert werden sollen, dass »durchschnittlich auf jeden Kreis ungefähr 46.037 Einwohner« entfallen wären. Hinsichtlich der Kreisgrenzen sollte keineswegs das Ziel verfehlt werden, »die jetzigen Kreise […] zugleich als Wahlkreise für die Abgeordnetenkammer […] zu erheben«.

Viebahn: »Umbildung«, S. 142–143.

Damit hätte man nämlich sowohl dem Geist des Wahlgesetzes vom 8. April 1848 entsprochen, wonach jeder Abgeordnete in einem Wahlkreis von weniger als 60.000 Einwohnern zu wählen war, als auch dem Anliegen der Verfassungskommission Rechnung getragen, die an ein Abgeordnetenhaus von 350 Mitgliedern dachte.

Viebahn: »Umbildung«, S. 143.

Der letzte Teil des Viebahn’schen Aufsatzes wurde dem Verlag zur Veröffentlichung »im Juli 1848« abgegeben, nachdem die vom demokratischen Abgeordneten Waldeck geleitete Verfassungskommission ihren Entwurf dem Plenum am 26. Juli übermittelt hatte. Nun hatte Viebahn endlich die Gelegenheit, sich mit dem fertigen Text des Entwurfs auseinanderzusetzen. Allerdings hätte die unüberbrückbare Distanz zwischen der quasi-ministeriellen Stellung eines Viebahn und jener der Mehrheit der Verfassungskommission nicht frappanter hervortreten können.

Erstens: Während der Entwurf der Verfassungskommission kein Wort über die Provinzen als Verwaltungsbezirke verlor und sie damit aus der Staatseinteilung einfach strich, bestand Viebahn darauf, dass sie in bestimmten Fällen, zum Beispiel als »Sprengel der Appellhöfe«, ab 1849 Appellationsgerichte genannt, zu behalten waren. Viebahn wollte nicht die Provinzen an und für sich abschaffen, sondern nur die bisherigen Chefs der allgemeinen Verwaltungsbezirke, das heißt die Oberpräsidenten. Zweitens: Während die Kommissionsmehrheit auf einen von den Gemeinden gewählten Kreisvorsteher nicht verzichten wollte, dafür aber der Staatsexekutivgewalt die Möglichkeit offen ließ, sich von einem anderen Beamten – dem Landrat – innerhalb des Kreises unterrichten und vertreten zu lassen, trat der Oberfinanzrat diesem »Dualismus« entschieden entgegen. Für Viebahn, der die Positionen der Kommissionsminderheit teilte, konnte sich nur ein von der neuen »volksthümlichen« Regierung ernannter Kreisvorsteher im Rahmen der damaligen quasi-parlamentarischen Regierung bei seiner Hauptaufgabe bewähren, nämlich dem Willen der neuen konstitutionellen Staatsregierung auch in die tiefsten Stufen der Lokalverwaltung eindringen zu helfen und vor jeglichem Mißtrauen zu schützen. Auf diesem Weg war nach Viebahn auch die Durchführung des Willens der gesetzgebenden Gewalt sichergestellt.

Viebahn: »Umbildung«, S. 146.

Noch deutlicher treten die Unterschiede zwischen dem politischen Horizont des ministeriellen Viebahn, der in der kurzen revolutionären Zeit alle seine Karrierechancen aufs Spiel setzte (er verließ den Staatsdienst als einfacher Regierungsrat), und jenem der Verfassungskommissionsmehrheit am Schluss des Aufsatzes hervor: Viebahn plädiert als Erster für die politische Unterordnung von Spitzenbeamten im sich profilierenden konstitutionellen Staat:

Am wichtigsten für den politischen Geist der Nation sind die Verwaltungsbehörden: an die Spitze der Provinzialverwaltung sollen tüchtige selbstständige Administratoren treten, welche zugleich den politischen Gedanken der herrschenden constitutionellen Regierungsgewalt in so weit in sich tragen, um als überzeugungstreue Vertreter deren Anordnungen zum allgemeinen Bewußtsein, zum Durchdringen und zur Geltung zu bringen. Die Bezirks-Präsidenten oder Landeshauptleute werden keine rein politische Stellen sein dürfen, welche bei jedem Ministerwechsel der Aenderung unterliegen [… Es] muß aber doch im Allgemeinen Uebereinstimmung der Chefs der Bezirksverwaltung mit dem Ministerium bestehen.

Viebahn: »Umbildung«, S. 147.

Als loyaler Staatsbeamter der neuen liberalen Regierung und von der Annahme ausgehend, dass sich im neuen konstitutionellen Staat der politische Wille der gesetzgebenden Volksvertretung und jener der Regierung stets in lebendigem Ausgleich halten würden, glaubte Viebahn, dass die Regierung bei der Umsetzung des konstitutionellen Programms notwendig auf eine regierungstreue beziehungsweise gehorsame Verwaltung zählen müsse.

In diesem Sinne versprachen die von Viebahn geforderten Vorkehrungen, nämlich die Beseitigung der vormärzlichen, dem neuen Kurs skeptisch gegenüberstehenden Oberpräsidenten und die Ernennung auschließlich von loyalen Männern zu höheren und Spitzenbeamten (Regierungs- und Kreisvorsteher), das einzige Mittel zu sein, um den langfristigen Erfolg der Konstitutionalisierung zu sichern. Anders gewendet: Im neuen System wie im vorkonstitutionellen bot sich eine kühne Personalpolitik in der Staats- und Lokalverwaltung als ›instrumentum regni‹ par excellence an.

Von demselben antiprovinzialen Geist animiert, aber gelähmt von einem tiefen Mißtrauen gegen die staatliche Exekutive, baute dagegen die Verfassungskommissionsmehrheit bei der Umsetzung der neuen konstitutionellen Grundsätze nicht so sehr auf Personalpolitik als vielmehr auf die Einführung von Selbstverwaltung auf der Ebene der Regierungs-, Kreis- und Gemeindeverfassung. Das liberale Vorhaben schien sich hauptsächlich in der Einrichtung kleiner freier Republiken auf den untersten Ebenen der Staatsverfassung und -verwaltung konkretisieren zu wollen. Mit diesen Republiken war natürlich die Aufrechterhaltung der im Durchschnitt großzügig eingeteilten Provinzen und deren übermächtiger Oberpräsidenten nicht vereinbar. Voraussetzung und Bedingung zugleich für die Einrichtung der neuen Selbstverwaltung auf lokaler Ebene war vor allem die Abschaffung der Provinzialebene in der inneren Verwaltung; nur sie versprach zu einer Reduzierung des Abstands zwischen Staat und Gemeinde zu führen und die bisherigen Oberaufsichtsrechte der Regierung entbehrlich beziehungsweise überflussig zu machen. Dies bedeutete natürlich, dass als Vorsteher der unteren Lokalverbände nur vor Ort gewählte Beamte und nicht von der Staatsregierung ernannte in Frage kamen.

Die Auffassung, dass die ab 1825 erfolgte politische Stärkung der Oberpräsidenten und die Verdoppelung der Mittelinstanz und ihrer Aufsichtsrechte zur Bevormundung der unteren Verwaltungsverbände und zur Demütigung ihrer Selbtsverwaltungbestrebungen geführt hatten, tauchte auch in dem am 16. August 1848 der konstituierenden Versammlung vorgelegten Gesetzentwurf »über die Verfassung der Gemeinden, Kreise und Bezirke des preußischen Staats« auf. Von einer starken Abgeordnetengruppe der demokratischen Linken unter der Leitung von Carl d’Ester und Franz Benedikt Leo Waldeck unterstützt,

SB VV, Bd. 2, 16. 8. 1848, S. 814–823. Dem Gesetzesentwurf, der von gut 54 Abgeordneten unterstützt wurde, waren entsprechende »Motive zu dem Gesetz über die Verfassung der Gemeinden, Kreise und Bezirke des preußischen Staats« beigefügt (S. 824–825). Zum Gesetzentwurf vgl. Unruh: »Veränderungen«, S. 468, wo von einem Verwaltungsreformgesetzentwurf die Rede ist, dessen Grundzüge als »demokratisch-parlamentarische« bezeichnet werden.

erwähnte der Entwurf Provinzialverbände, Provinzialbezirke und -behörden wieder überhaupt nicht.

Stichwörter dieses Entwurfes waren hingegen ›Gemeindeselbstverwaltung‹ und ›Beseitigung der staatlichen Aufsichtsrechte‹ Letztere wurden für das Bestehen des riesigen, schwerfälligen und erdrückenden Verwaltungsapparats verantwortlich gemacht. Der Gesetzentwurf, der von der Trennung zwischen beschließenden und ausführenden Organen sowie von der Unterordnung Letzerer unter Erstere ausging, wollte beide aus einer Wahl hervorgehen lassen; die ausführenden Behörden sollten aufgrund des positiven Beispiels der Gemeindeverfassung der Rheinprovinz auf eine einzelne Person (Bürgermeister) reduziert und konzentriert werden. Unmittelbar und souverän tauchte hier die Gemeindeselbstverwaltung als bürgernaher Grundstein des neu einzurichtenden Staatsgebäudes auf. Sie war die Urquelle und zugleich die Kehrseite des tiefen Missmuts gegen die erdrückenden und erniedrigenden staatlichen Aufsichtsrechte der Regierungen und Oberpräsidenten;

SB VV, Bd. 2, 16. 8. 1848, S. 824.

es war gerade dieser Missmut gewesen, der die Verfassungskommissionsmehrheit in ihrem Entwurf vom 26. Juli zur Aufhebung der Provinzen und der kollegialen Regierungsbehörden animiert hatte. Auch der Gesetzesentwurf vom 10. August 1848 ließ konsequent kein Wort über die Provinzen und die Oberpräsidenten fallen, als ob sie schon lange ihren Platz unter den Verwaltungsbezirken beziehungsweise den Behörden der Monarchie eingebüßt hätten. Dass die amtierende liberale Staatsregierung von einem solchen Entwurf nicht viel halten konnte, kann man sich unschwer vorstellen.

Aus dem im Großen und Ganzen gemäßigteren Plenum der Nationalversammlung ließen freilich die Anträge nicht lange auf sich warten, die im selben Gegenstand des Entwurfes vom 10. August 1848 in die Richtung eines Kompromisses zu steuern schienen. Unter den Akten der Nationalversammlung ist nämlich der »Entwurf einer Kreis-, Bezirks- und Provinzial-Ordnung« vom 27. August 1848 überliefert, welcher sowohl dem »Präsident[en] des Staatsministeriums« Rudolf von Auerswald als auch dem »Präsident[en] der Nationalversammlung« Wilhelm Grabow übermittelt wurde.

GStA PK, I. HA, Rep. 169 B, Nr. 32 Gesetze, 4. Acta der Nationalversammlung.

Da allerdings von diesem Entwurf keine Spur in den stenographischen Berichten der Nationalversammlung zu finden ist, liegt die Vermutung nahe, dass er im Plenum nie diskutiert wurde. Der Entwurf lässt jedenfalls unschwer einerseits einen Kurswechsel gegenüber den Leitlinien des Gesetzentwurfs von Waldeck und d’Ester und andererseits ein gewisses Entgegenkommen gegenüber den Prinzipien der vom Staatsministerium verfolgten Staatsreorganisation erkennen, so wie sie dem Beitrag von Viebahn zu entnehmen waren. Der Entwurf wollte nämlich den Landrat und den Bezirkspräsidenten zwar von gewählten Versammlungen umgeben, aber vom König ernannt wissen; er wollte nicht nur die Kreis- und Bezirksgrenzen unverändert lassen, sondern auch die Provinzialbezirke. Der Entwurf wollte aber auf keinen Fall die vormärzlichen Provinzialbehörden aufrechterhalten; nicht von ungefähr hieß der dritte Titel nicht »Von den Provinzen«, sondern »Von der Provinzial-Verwaltung«. Mit keinem Wort wurden die Oberpräsidenten oder die Provinziallandtage erwähnt, und die Provinzialverwaltung bestand nur aus einem vom König ernannten Provinzialkommissar, der die Bezeichnung eines Bezirkspräsidenten führen durfte. Die im Entwurf vorgesehene Provinzial-Deputation sollte sich nur mit den alten weiterbestehenden provinzialständischen Instituten beschäftigen.

Die unterschiedlichen politischen Perspektiven des liberal-gemäßigten Staatsministeriums von Auerswald einerseits und der ingesamt radikaleren Nationalversammlung andererseits waren entscheidend für die Unwirksamkeit der Beschlüsse der Nationalversammlung, die sich in ihrem Verfassungsentwurf für die Abschaffung der Provinzen erklärt hatte. Einige Zeit nach dem Entlassungsgesuch des Ministerpräsidenten Auerswald an den Monarchen vom September 1848 wurde die Versammlung vom König durch die Botschaft vom 8. November 1848 zuerst nach Brandenburg verlegt, dann bis zum 27. November vertagt, schließlich durch eine königliche Verordnung aufgelöst, obwohl Auerswald schon lange seinen Posten dem von Pfuel geleiteten ›Ministerium der Verständigung‹ überlassen hatte.

Bezüglich der von Ministerpräsident Rudolf von Auerswald eingerichteten Kommission zur Umbildung der Provinzialbehörden und zu einer neuen Landeseinteilung Preußens soll hier nur darauf hingewiesen werden, dass der neue Chef des Staatsministeriums, von Pfuel, sich noch am 31. Oktober 1848 bereit erklärte, die bestehende Ministerialkommission zur Reorganisation der Staatsverwaltung so bald wie möglich wieder anzuberaumen.

GStA PK, I. HA, Rep. 169 B, Nr. 32 Gesetze, 4. Acta der Nationalversammlung, Schreiben Pfuels, 31. 10. 1848.

Das Versprechen führte allerdings zu keinem konkreten Ergebnis. Die Provinzen erlangten spätestens ab dem 5. Dezember 1848 wieder ihren festen Platz in der Einteilung und Organisation des preußischen Staats, wie man der vom König oktroyierten Verfassung vom selben Datum (Artikel 104) entnehmen kann.

Auch während der Verfassungsrevision 1849/1850 setzte sich schließlich der Wille der im Vergleich zur Verfassungskommission der Nationalversammlung weit gemäßigteren Kommissionsmehrheit der Zweiten Kammer durch, die Provinzen als oberste Verwaltungsbezirke der preußischen Monarchie aufrechtzuerhalten. Die 48er Verfassungskommissionsmehrheit, die innerhalb der Zweiten Kammer 1849 zur Minorität geschrumpft war, vermochte sich mit ihrer Auffassung nicht durchzusetzen, die Provinzialeinteilung, durch die »nach Abstammung und Geschichte verschiedene Landestheile, ohne eine eigentliche Gemeinschaftlichkeit zu einem allen Theilen nur lästigen gemeinsamen Verbände zusammengefügt« worden seien, sei »überflüssig, sogar schädlich«.

Rönne: Verfassungs-Urkunde, S. 200 Anm. 11.

Dasselbe Schicksal traf den Antrag der fünften Abteilung der Ersten Kammer während der Verfassungsrevision innerhalb des Zentralausschusses. Auch nach diesem Antrag wäre »die Eintheilung in Provinzen in Wegfall zu bringen, da es wesentlich zur Stärkung des Nationalgefühls beitragen werde, wenn die Provinzial-Interessen nicht mehr in den Vordergrund träten, und da die Provinzialvertretungen durch die allgemeine Volksvertretung entbehrlich geworden seien«. Der Zentralausschuss erwiderte darauf, dass

es notwendig erscheine, die Provinzen und Kreise als eine administrative und organische Einrichtung beizubehalten; denn von den meisten Provinzen könne das Historische nicht weggewischt werden; eben so wenig vermöge man das den Provinzen wirklich gemeinschaftliche zu beseitigen. Die Provinzen beständen aber ebenso, wie die Kreise und die Gemeinde, bereits als Korporationen und besäßen eigenes Vermögen, eigene Anstalten und besondere Verpflichtungen. Auch sei der Provinzial-Verband durch die größere Ausdehnung befähigter als die Bezirke, große Unternehmungen für gemeinschaftliche Zwecke zu befördern und sei eben so wohl der Drang nach zu großer Centralisierung, als zu große Spezialisierung zu vermeiden. Wenn die Provinzen auf dasjenige beschränkt werden, was ihnen gehört, – führte nämlich die Majorität des Zentral-Ausschusses der Ersten Kammer aus –, so sei von Ihrer Beibehaltung und von der Erhaltung des Provinzialgefühls nichts zu befürchten.

Rönne: Verfassungs-Urkunde, S. 201 Anm. 13.

Die Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850, die bis 1918 in Kraft blieb, enthielt wieder keine Bestimmung über die Einteilung des Staates in Provinzen, aber diesmal nur deswegen, weil sie als unwiderruflich bestehend vorausgesetzt wurden.

Rönne: Staats-Recht, Bd. 2/1, S. 6–7 Anm. 5.

Die Provinzialstaatseinteilung im nachrevolutionären Preußen

Die verfassungspolitisch begründete Abneigung der 48er Liberalen gegen die Provinzen kam nach dem Ausklang der Revolution endgültig zum Verstummen. Das Bestehen der Provinzen und die Aufrechterhaltung ihrer Hauptbehörden, der Oberpräsidenten, sind seither aus der politischen Debatte verschwunden und mit der Hilfe der Geschichtsschreibung fast spurlos verdrängt worden.

Prinzipielle Fragen wie die nach der Grundeinteilung des staatlichen Raums sind so radikal, dass sie meist nur bei Staatsgründungen oder Revolutionen mit einiger Aussicht auf Erfolg gestellt werden können. Gleich danach pflegen sie ins Verzeichnis der ›entpolitisierten technicalities‹ eingetragen zu werden, obwohl sie ihre grundlegende Bedeutung für die Gewährleistung der politischen und administrativen Kontinuität des Staates behalten.

Was im revolutionären Preußen passierte, als die neue liberale Führung sich anschickte, anhand einer konstitutionellen Staatsorganisationsauffassung eine Neueinteilung des Staats- und Verwaltungsraums vorzunehmen, ist paradigmatisch für eine kulturell und politisch revolutionäre Konstellation, die einer grundlegenden Neubestimmung der Räume des Staats und der Verwaltung günstig war. Im preußischen Fall zielte die Neubestimmung auf die Vereinfachung des Staatsorganismus, das heißt auf Selbstverwaltung und Staatsnähe der Gemeinde einerseits, auf Abschaffung der historischen Provinzialverwaltungsbezirke und -behörden als Mittelinstanzen andererseits. Diese Fallstudie bestätigt die These, dass Raumfragen sich als scheinbar politisch neutral erweisen nur bis zu dem Zeitpunkt, wo sie auf die politische Agenda gesetzt werden. Erst in diesem Moment wird sichtbar, was schon früher alle wussten und niemand offen auszusprechen wagte, nämlich dass Raum erst dann politisch zu existieren beginnt, wenn er von jemandem besetzt wird, der in ihm seine Machtstellung ausgebaut hat und nicht bereit ist, sie zugunsten anderer (Menschen oder Behörden) aufzugeben.

Das Territorium des Königreichs Preußen behielt nach der 48er Revolution und dem darauffolgenden Eintritt Preußens in die Reihe der konstitutionellen Staaten dieselbe Einteilung in Provinzen, Regierungsbezirke, Kreise und Gemeinden weiter bei, die es zum ersten Mal 1815 angenommen hatte. Noch 1862 konnte man in einem gut informierten Aufsatz lesen: »Seit Einführung der Verfassung ist hinsichtlich der Organisation der Verwaltung eigentlich nichts geändert«.

»Ueber Verwaltungsreformen«, S. 37. Die verwaltungsgeschichtliche Kontinuität der preußischen Staatsorganisation zwischen vor- und konstitutionellem Zeitalter unterstreicht Rüfner: »Preußen«, S. 679.

Die politische Einteilung des preußischen Staates in Provinzen, die im deutschen Kontext des 19. Jahrhunderts eine auffallende Eigentümlichkeit darstellte,

Innerhalb des Deutschen Bundes kannten nur Bayern (mit seinen Kreisen) und Österreich (mit seinen Ländern beziehungsweise Provinzen) so ausgedehnte Verwaltungsbezirke wie Preußens Provinzen. Zu Österreich vgl. Wilhelm Brauneder: »Die Habsburgermonarchie als zusammengesetzter Staat«, in: Hans-Jürgen Becker (Hg.): Zusammengesetzte Staatlichkeit in der Europäischen Verfassungsgeschichte. Tagung der Vereinigung für Verfassungsgeschichte in Hofgeismar vom 19. 3. – 21.3. 2001, Berlin 2006, S. 197–236. Zum österreichischen Terminus ›Gubernien‹ vgl. Johnen / Wagner: Materialien, S. 16, 54; Andreas Kunz: »Beschreibung des Gesamtsystems«, in: Andreas Kunz et al.: Das historische Informationssystem HGIS Germany und seine Module, Mainz 2008, S. 5–26, hier S. 14–15. Zu den bayerischen Kreisen vgl. Georg-Christoph von Unruh: »Die normative Verfassung der kommunalen Selbstverwaltung«, in: Kurt G. A. Jeserich / Hans Pohl / Georg-Christoph von Unruh (Hg.): Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 3: Das Deutsche Reich bis zum Ende der Monarchie, Stuttgart 1984, S. 560–578, hier S. 572: »Den preußischen Provinzen entsprechende großräumige Selbstverwaltungskörperschaften gab es in keinem anderen Lande des Deutschen Reiches. Einige Ähnlichkeit besaßen lediglich die acht bayerischen ›Kreise‹, die seit 1817 bestanden. Sie bildeten zwar nach einem Gesetz vom 28. Mai 1852 ›Gemeindeverbände höchster Ordnung‹, die von einem Landrat und Landesauschuss vertreten und deren Mitglieder durch die im Kreis gelegenen Orte bestellt wurden, erfüllten jedoch keine kommunalen, sondern staatliche Aufgaben«.

blieb die wichtigste Territorialgliederung Preußens bis zum Ende des Staates (1947). Die Unterschiede zwischen den einzelnen Provinzen, die schon von Anfang an beträchtlich waren, wie es Oberpräsident Johann August Sack am eigenen Leib zu spüren bekam, als er von der höchstentwickelten Region des Niederrheins in die unterentwickelte Provinz Pommern versetzt wurde,

Fenske: Verwaltung Pommerns, S. 98.

waren nie Gegenstand einer rationalen, vom ›esprit géométrique‹ geleiteten territorialen Reform.

Die nicht nur an Umfang, sondern auch verfassungspolitisch unterschiedlichen Provinzen bekamen nicht von ungefähr je eigene Organisationsgesetze für einzelne Provinzen oder Gruppen. Man braucht hier nur an die Provinzialordnungen der 1820er Jahre zu erinnern oder an die Gemeindeordnungen von 1853 und 1856 beziehungsweise an die Provinzial- und Kreisordnungen der 1870er Jahre. Der Umstand, dass die königlich-preußische Staatsregierung bei ihrer Personalpolitik meistens gerade in die entgegengesetzte Richtung ging, indem sie einen lebendigen »Austausch« zwischen westlichen und östlichen Provinzen fördern wollte,

Gerd Heinrich / Friedrich-Wilhelm Henning / Kurt G. A. Jeserich: »Vorwort«, in: Gerd Heinrich / Friedrich-Wilhelm Henning / Kurt G. A. Jeserich (Hg.): Verwaltungsgeschichte Ostdeutschlands 1815–1945. Organisation – Aufgaben – Leistungen der Verwaltung, Stuttgart 1993, S. V-VII, hier S. VI.

vermag ihrer sonstigen Neigung keinen Abbruch zu tun, die im Organisationsbereich unter den Provinzen bestehenden Besonderheiten weiterhin zu bewahren.

Unter dem provinziellen Hut konnten so in Preußen die unterschiedlichsten politischen, sozialen und wirtschaftlichen Eigentümlichkeiten noch lange über die Konstitutionalisierung und die Modernisierung der Monarchie hinaus bestehen. Unter den Eigentümlichkeiten sind die starre Trennung in der Lokalverwaltung zwischen Stadt- und ländlichen Gemeinden in den östlichen Provinzen und Westfalen zu nennen,

Die Unzweckmäßigkeit dieser Unterscheidung versuchten die fortschrittliche Stein’sche Städteordnung von 1808 und später die Gemeindegesetzgebung von 1850 zu überwinden, aber erfolglos. Auf der Aufrechterhaltung des Unterschieds zwischen Stadt und Land in der Gemeindeverfassung und -verwaltung bestand die preußische Regierung noch in den Reformgesetzvorlagen von 1862; vgl. Eduard Lasker: »Zu den Regierungsvorlagen in Preußen«, in: Deutsche Jahrbücher für Politik und Literatur 2 (1862), S. 493–505, hier S. 493.

in den östlichen Provinzen das Weiterbestehen der Gutsbezirke als selbstständiger kommunaler Einheiten, die Aufrechterhaltung der altständischen Kommunallandtage neben den 1823 eingerichteten neuständischen Provinziallandtagen, das Inkraftbleiben des französischen Rechts und der französischen Gerichtsverfassung in der Rheinprovinz oder des gemeinen deutschen Rechts in bestimmten Territorien (Wetzlar) beziehungsweise Verwaltungsbereichen (zum Beispiel im Bergwesen) und, last but not least, die antikonstitutionelle Aufrechterhaltung der nach der Revolution wiedererrichteten Provinziallandtage neben der modernen, verfassungsmäßig eingeführten nationalen Volksvertretung.

Kritische, isolierte Stimmen gegen die Staatseinteilung in Provinzen beziehungsweise gegen die ›vierte‹ Verwaltungsinstanz der Oberpräsidenten waren noch lange nach der 48er Revolution zu vernehmen. Noch 1866 sah ein Liberaler wie Karl Twesten, der sich nunmehr anschickte, die Fortschrittspartei zu verlassen, um die nationalliberale Bismarckpartei zu gründen, in der höchsten Provinzialbehörde nur »ein Element des Hemmens und des Controlirens«, eine »überflüssige« Mittelinstanz, die der Selbstverwaltung in Gemeinden und Kreisen und der »administrativen Dezentralisation« im Wege stand.

Anders die Auffassung des Verwaltungshistorikers Unruh, wonach die Provinzialverfassungen von 1823 mit ihren Vertretungskörperschaften »immerhin ein nicht unwichtiger Bestandteil einer dezentralisierten Verwaltung« gewesen seien; Unruh: »Normative Verfassung«, S. 572.

Die Aufgaben der Oberpräsidenten hätten nach Twesten, der diesbezüglich an die Vorschläge Viebahns von 1848 anknüpfte, ruhig den alten und neuen Behörden der provinziellen Fach- und Sonderverwaltung (Regierungsabteilungen beziehungsweise Provinzialsteuerdirektionen) übertragen werden können.

Karl Twesten: »Der preußische Beamtenstaat«, in: Preußische Jahrbücher 18 (1866), S. 1–39, 109–148, hier S. 134–135, 145–147.

Die Tatsache, dass die Sichtweise eines Twesten von den Liberalen der infolge der preußischen Annexionen von 1866 neu hinzugetretenen Provinzen (Schleswig-Holstein, Hessen-Nassau, Hannover) nicht geteilt wurde, erstaunt nicht; es waren gerade diese Liberalen, die sich ab 1866/1867 zu den unverbrüchlichsten Verteidigern der provinziellen Selbstverwaltung emporschwangen.

Auch dass die von Preußen vorgefundene Gerichtsverfassung der Provinz Hannover bei der Annexion schonend behandelt wurde, wäre ohne die Aufrechterhaltung der Provinzen undenkbar gewesen; vgl. Rönne: Staats-Recht, Bd. 2/1, S. 285.

Die preußischen Provinzialverwaltungsbezirke, die von der traditionellen Historiographie als Ausdruck einer angeblichen Dezentralisation des preußischen Staats gewertet werden,

Unruh: »Veränderungen«, S. 455.

haben in der Tat eine wichtige Rolle bei der Bewahrung der politisch-historischen Kontinuität des im Grunde zentralisiert gebliebenen preußischen Verfassungs- und Verwaltungsstaats gespielt.

Vom »dezentralisierten Einheitsstaat« Preußens, »der die Mitte hält zwischen dem Einheitsstaat französischer Prägung und dem Bundesstaat«, spricht Leesch: Verwaltung in Westfalen, S. 5.

Wie die 48er Liberalen richtig gesehen hatten, stellten sie nämlich eher ein Werkzeug dar, um einerseits feudale und ständische Partikularismen innerhalb eines Einheitsstaates zu retten und andererseits den Kommissaren der staatlichen Zentralgewalt, den Oberpräsidenten als höchster Aufsichtsbehörde, einen stabilen und unbestrittenen Machtraum sicherzustellen. Wenn Raumfragen zu Streitfragen werden, geht es immer um Menschen und Interessen, die den Raum besetzen und verwalten beziehungsweise in ihm agieren und politisieren.

Publikationen mit Quellencharakter

Entwurf eines Gesetzes wegen Umgestaltung der Domainen- und Forstverwaltung in den Provinzen, Berlin 1848. Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten (1815). Stenographische Berichte über die Verhandlungen der zur Vereinbarung der preußischen StaatsVerfassung berufenen Versammlung, 3 Bde., Berlin 1848. »Ueber Verwaltungsreformen«, in: Deutsche Jahrbücher für Politik und Literatur 3 (1862), S. 26–43. Vergleichende Zusammenstellung des von der Regierung vorgelegten Entwurfs des Verfassungs-Gesetzes und des von der Verfassungs-Kommission überreichten Entwurfs der Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat, Berlin 1848. BORNHAK, Conrad: Preußisches Staatsrecht, Bd. 2, Freiburg im Breisgau 1889. HOFFMANN, Johann Gottfried (Hg.): Beiträge zur Statistik des preußischen Staats. Aus amtlichen Nachrichten, von dem statistischen Büreau zu Berlin bearbeitet und herausgegeben, Berlin 1821. HUE DE GRAIS, Robert: »Kreis. I. Preußen«, in: Karl von Stengel / Maximilian Fleischmann (Hg.): Wörterbuch des deutschen Staats- und Verwaltungsrechts, Bd. 2: G–N, Tübingen 21913, S. 655–661. KELLER, Friedrich Eduard: Der Preußische Staat. Ein Handbuch der Vaterlandskunde, 2 Bde., Minden 1864–1866. LASKER, Eduard: »Zu den Regierungsvorlagen in Preußen«, in: Deutsche Jahrbücher für Politik und Literatur 2 (1862), S. 493–505. MAMROTH, Karl: Geschichte der Preußischen Staats-Besteuerung im 19. Jahrhundert. Mit Rücksicht auf Volks- und Staatswirtschaft, Finanzverfassung und Finanzverwaltung dargestellt, Bd. 1: Geschichte der Preußischen Staats-Besteuerung 1806–1816, Leipzig 1890. RAUER, Karl Friedrich: Die ständische Gesetzgebung der Preussischen Staaten, Bd. 1: Text der ständischen Gesetze, Berlin 1845. (Hg.): Protokolle der von der Versammlung zur Vereinbarung der Preußischen Verfassung ernannt gewesenen Verfassungs-Kommission, Berlin 1849. RÖNNE, Ludwig von: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat, vom 31. Januar 1850, unter Vergleichung mit dem Entwurfe zum Verfassungs-Gesetze vom 20. Mai 1848; dem Entwurfe der Verfassungs-Kommission der National-Versammlung; den Beschlüssen der Nationalversammlung; der Verfassungs-Urkunde vom 5. December 1848; den Revisions-Arbeiten beider Kammern; den Propositionen der Königlichen Botschaft vom 7. Januar 1850; und unter Berücksichtigung der Motive, nebst einem Nachtrage, enthaltend die Darstellung der in der Kammer-Sitzungs-Periode von 1851 bis 1852 bewirkten Revision der Verfassungs-Urkunde, Berlin 31859. Das Staats-Recht der Preußischen Monarchie, Bd. 2/1: Die erste Abtheilung des Verwaltungs-Rechtes, Leipzig 31871. / ZORN, Philipp: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie, Bd. 2, Leipzig 51906. TWESTEN, Karl: »Der preußische Beamtenstaat«, in: Preußische Jahrbücher 18 (1866), S. 1–39, 109–148. VIEBAHN, Georg von: »Ueber die Umbildung der Provinzialbehörden und die Eintheilung Preußens«, in: Mittheilungen des statistischen Bureau’s in Berlin 1 (1849), S. 113–148.

Sekundärliteratur

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eISSN:
2519-1187
Sprache:
Englisch
Zeitrahmen der Veröffentlichung:
Volume Open
Fachgebiete der Zeitschrift:
Geschichte, Themen der Geschichte, Verfassungs- u. Rechtsgeschichte, Andere Themen der Geschichte, Rechtswissenschaften, Öffentliches Recht, andere, Sozialwissenschaften, Politikwissenschaften, Kommunale Politik und Verwaltung