Diskurslinguistik gilt als ein Bereich kulturlinguistischer Analyse, dem die Auffassung von Kultur als veränderbarem, emergentem Prozess der Sinnerzeugung zugrunde liegt. Sinnerzeugung erfolgt auf ganz unterschiedlichen Ebenen innerhalb von Diskursen, wobei der Sprache eine essenzielle Rolle zukommt Günthner/Linke (2006: 17) konstatieren im Anschluss an die wissenssoziologischen Arbeiten Luckmanns (z. B. 1988) und Berger/Luckmanns (2004), dass „[k]ulturelle Praktiken, Werte und Normen [...] als emergent im Prozess der sozialen Interaktion [gelten], wobei auf geteilte Einstellungen, geteiltes Wissen zurückgegriffen wird“.
Der Bereich der Diskurslinguistik zeichnet sich u. a. dadurch aus, dass untersucht wird, wie Wissensordnungen und Wissensregimes als soziale Tatsachen diskursiv erzeugt werden und welche sprachlichen Phänomene (im Zusammenhang mit nicht-sprachlichen Phänomenen) an der Erzeugung beteiligt sind. Dabei schließen zahlreiche Ausprägungen der Diskurslinguistik an den Sozialkonstruktivismus (Berger/Luckmann 2004; Luckmann 1986, 1988; Knoblauch 2017) an und teilen wesentliche Grundannahmen mit der wissenssoziologischen Diskursanalyse (vgl. eller 2011a, b). Während diskursanalytische Ansätze der Sozialwissenschaften v. a. soziale Praktiken im Allgemeinen in den Blick nehmen, konzentrieren sich linguistische Ansätze auf die Rolle der Sprache bei diesen Konstruktionsprozessen.
Gegenstand des Beitrags ist die Untersuchung eines Ausschnitts aus dem Migrationsdiskurs. Es soll gezeigt werden, auf welche Art und Weise politisch und gesellschaftlich brisante und relevante Tatsachen im Diskurs erzeugt werden und wie durch sprachliche Mittel und Strategien insbesondere soziale Gruppen im Migrationsdiskurs diskursiv konstruiert werden. Hierzu werden die bislang in der interaktionalen Linguistik verorteten Konzepte des Stancetaking und der Positionierung herangezogen. Im Beitrag soll dementsprechend vor dem Hintergrund vergangener Diskurse um Migration gezeigt werden, welche Funktion der Ausdruck Am Ausdruck
Sowohl in Deutschland als auch in Österreich stellen Diskurse um Zuwanderung und Migration einen festen Bestandteil öffentlich-politischer Debatten dar, die sich mit dem Phänomen der Zuwanderung gesellschaftlich ereignen. Die Beschränkung auf Österreich und Deutschland hat sich dadurch ergeben, dass nach einer ersten Sichtung der Texte deutlich wurde, dass der Ausdruck
Wie auch in Deutschland gab es in Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg verschiedene Phasen unterschiedlicher Formen von Migration (Migration in Folge der Beendigung des Zweiten Weltkriegs, Arbeitsmigration, Migration aus politischen Gründen etc.).
Der Bildungswissenschaftler und Migrationsforscher Paul Mecheril beschreibt Migration als eine „universelle Praxis“ (Mecheril 2012), denn Migration hat es „[...] zu allen historischen Zeiten und fast überall gegeben“ (Mecheril 2012: 15). Zu- und Abwanderungen sind eng mit der Geschichte Deutschlands und Österreichs verbunden. Aufgrund der Industrialisierung war in Deutschland insbesondere seit den 1880er-Jahren die Nachfrage nach Arbeitskräften sehr groß (vgl. Oltmer 2005). Die wachsende Industrie brauchte „weitaus mehr Arbeitskräfte[,] als natürlicher Bevölkerungszuwachs und Land-Stadt-Wanderungen boten“. Vgl. hierzu Oltmer (2005). Online unter:
Bedeutend für die Debatten in den Medien waren im Deutschland der direkten Nachkriegszeit v. a. die Fluchtbewegungen aus Osteuropa, ebenso in Österreich, das nach 1945 zu einem der „bedeutendsten Transitländer für Flüchtlinge, v. a. aus Osteuropa“ wurde (Bauer 2008). In den 1960er-Jahren wurden die Debatten um Kriegsmigration abgelöst durch die Debatten um Arbeitsmigration. Diskurse über ‚Gastarbeiter‘, Familiennachzug und Asyl prägten von den 1960er- bis 1980er-Jahren den öffentlichen Diskurs in der Schweiz, in Österreich und Deutschland. Zwischen 1950 und 2000 wurde Österreich aufgrund der jeweiligen politischen Lage in Osteuropa mehrmals zum Zielland von politischen Migrant*innen (1956/57 Niederschlagung des ungarischen Volksaufstands, 1968 Prager Frühling, 1982 Unterdrückung der Solidarnosc-Bewegung in Polen, Beginn der 1990er-Jahre Zusammenbruch des jugoslawischen Staates und der damit verbundene Krieg).
Die germanistische Linguistik befasst sich schon seit vielen Jahren mit der Analyse von Diskursen um Migration und Zuwanderung. Untersuchungen der Düsseldorfer Schule (vgl. Böke 1996a und b, 1997; Jung/Niehr/Böke 2000; Jung/Wengeler/Böke 1997; Krieger 2005;Niehr 2004; Wengeler 2000, 2003 und 2005) oder der Kritischen Diskursanalyse (vgl. z. B. Gerhard 1992; Jäger/Januschek 1992; Krzyzanowski/Wodak 2009; Matouschek 1998; Reisigl 2007a und b; Reisigl/Wodak 2001; Wodak 2015) sowie verschiedene Einzelstudien (vgl. Klein 1995; Spieß 2016) haben unterschiedliche Ergebnisse zu Tage befördert (Genaueres dazu siehe weiter unten), sodass der Bereich der Migrationsdiskurse nach 1945 bis Ende der 1990er-Jahre als linguistisch ausgesprochen gut erforscht gelten kann, während beispielsweise Debatten über Migration in der Zwischenkriegszeit m. W. bislang nicht linguistisch aufbereitet wurden. Seit 1871 gab es Migrationsbewegungen nach Deutschland und in diesem Zusammenhang auch Debatten über Zuwanderung. Zu den Migrationsbewegungen seit 1871 vgl. z. B. Es handelt sich um folgende Teilbereiche des Migrationsdiskurses nach 1945: a) Diskurs um Vertriebene aus dem Osten seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs (wird dominant diskutiert in den 1950er- und 1960er-Jahren), b) Diskurs um Arbeitsmigration und Familienzuzug (Diskussion gewinnt in den 1970er-Jahren an Brisanz) und c) Diskurs um Flüchtlinge und Asylsuchende (wird seit den 1970er-Jahren kontrovers geführt). Diese Migrationsbewegungen spielen z. T. bis heute eine Rolle, die Teildiskurse haben aber je für sich sogenannte Hochphasen (gehabt), die sich z. T. überlagerten. Vgl. hierzu ausführlicher Jung/Böke/Niehr 2000. Hinzu kommt noch der Teilbereich des Diskurses um Flüchtlinge aus der DDR bzw. später um Ausreisende/Übersiedler*innen aus der DDR, der aber mit dem Ende der DDR keine Rolle mehr spielte.
Weitere Untersuchungen fokussieren spezifische Aspekte, die im Kontext von Diskursen über Zuwanderung und Migration implizit oder explizit thematisiert werden. So sind die Arbeiten von de Cilia/Reisigl/Wodak (1999), Reisigl/Wodak (2001), Reisigl (2007a, b) auf den Aspekt des Rassismus, der Identitätsbildung, der Nationenbildung und in diesem Zusammenhang auch des Populismus insbesondere in Österreich fokussiert; sprachlich relevant sind hier u. a. Referenz-, Prädikations- und ebenfalls Argumentationsstrategien. Wodak (2015) und Reisigl/Wodak (2001) sowie Reisigl (2007a, b) zeigen, wie u. a. in Diskursen um Migration und Zuwanderung Exklusionsmechanismen und Abgrenzungsmechanismen sprachlich durch die Etablierung einer WIR-Gruppe und einer Gruppe der Anderen, der Fremdgruppe, erzeugt werden (vgl. hierzu auch Wodak 2016).
„Der“ Migrationsdiskurs als einheitliches Phänomen oder Gebilde – folgt man den bislang vorliegenden linguistischen Studien – existiert nicht, vielmehr sind Migrationsdiskurse (wie auch andere Diskurse) als Phänomene zu beschreiben, die verschiedene Diskursbereiche und Themen betreffen und kreuzen; sie selbst stellen Knotenpunkte verschiedener Diskursthemen dar, die unterschiedliche Bereiche tangieren bzw. die sich aus unterschiedlichen gesellschaftlichen (Wissens-) Domänen konstituieren (vgl. hierzu auch Wodak 2015). Die Einzeltexte und Einzeläußerungen sind demnach durch thematische Hybridität/Überlappung Bei Überlappungen von Themen kann man auch von Interdiskursivität sprechen, was bedeutet, dass ein Text mehreren Diskursen angehört (vgl. hierzu Wodak 2015). „Die Reaktualisierung von Dämonisierungsdiskursen schließt an koloniale Muster an und wird von diesen vermittelt, ihre Effekte sind freilich kontextrelativ. Heute geht es in den europäischen Städten nicht um eine simple Beherrschung der Anderen, aber durchaus um ihre soziale wie auch zahlenmäßige Kontrolle.“
Die Konstitution des Anderen als Bedrohung der WIR-Gruppe ist in kolonialen Mustern vorhanden und findet sich nicht selten in Äußerungen von politischen Akteuren etablierter Parteien (s. Analysekapitel).
Die (starke oder schwache) Präsenz der Diskurse, die Art und Weise der Themensetzung und -verhandlung in den Medien wird im Kontext von Migration und Zuwanderung von gesellschaftlichen, kriminell-gewalttätigen/terroristischen oder/und politischen Ereignissen, rechtlichen Entscheidungen und Bestimmungen oder religiös motivierten Aktivitäten oder Stellungnahmen, aktuellen Entwicklungen von Migrationsbewegungen sowie durch das Austragen von Konflikten im öffentlich-politischen Kommunikationsbereich mitbestimmt.
So hat der Anstieg der Migrant*innen, die zum größten Teil vor Krieg, Terror und Verfolgung auf der Flucht waren, in den Jahren 2015 und 2016 auch für eine heftigere und prominentere Diskussion von Migration in den Medien gesorgt, die sich auch sprachlich durch spezifische Metaphorik oder Ausdrucksverwendungen manifestiert. Terroristische Anschläge haben ebenso dazu beigetragen, dem Thema aktuell mehr Gewicht in den Medien zu verschaffen, insofern Terrorismus und Migration verschränkt debattiert wurden. In vielen Fällen wurden die Terroranschläge auch von Migrant*innen verübt, die sich entweder bewusst als IS-Anhänger nach Europa abgesetzt haben oder aber sich in Europa nach ihrer Flucht radikalisiert haben.
Dem vorliegenden Beitrag liegt ein diskurslinguistischer Mehrebenenansatz zugrunde, wie er in Spieß 2011 im Anschluss an die pragmatische Theoriebildung (vgl. hierzu Spieß 2011) sowie im Anschluss an die Diskurskonzepte bei Busse (1987), Busse/Teubert (1994) oder Spitzmüller/Warnke (2011) entfaltet wurde. In diesem Sinne versteht sich der Aufsatz als ein Beitrag zur neueren Sprach- und Mentalitätsgeschichte (vgl. Hermanns 1995). Ausgangspunkt ist die Auffassung, dass sprachliche Praktiken mehrdimensionale Phänomene darstellen, die von zahlreichen sprachlichen und nicht-sprachlichen Faktoren bestimmt werden, wobei Kontextualität und Situationalität eine zentrale Rolle spielen (vgl. hierzu genauer Spieß 2011).
Der diskurslinguistische Mehrebenenansatz geht davon aus, dass diskursive Praktiken als soziale Handlungen, die durch Kontexte hervorgebracht werden, zugleich aber Kontexte hervorbringen, im Hinblick auf unterschiedliche linguistische Perspektiven beschrieben werden sollten, um ihre diskursive Relevanz angemessen zu erfassen. Sie sind dementsprechend in ihrer kommunikativen Situiertheit im Hinblick auf formale, semantische und funktionale Aspekte zu beschreiben, wobei kommunikative Situiertheit, formale Erscheinungsweise, semantisch-funktionaler Gehalt voneinander abhängen und sich gegenseitig bedingen (vgl. Spieß 2011). Diskursspezifische Sprachverwendungen in öffentlich-politischen Diskursen als Elemente kommunikativer Handlungseinheiten lassen sich auf ganz unterschiedlichen sprachlichen Ebenen finden: auf der Wort-, der Sequenz- und/oder Äußerungs-, der Text-/Gattungs- und der Argumentationsebene.
Die Sprachverwendungsstrategien, die in konfliktträchtigen Diskursen mehr oder weniger explizit immer schon Stancetaking- und Positionierungsaktivitäten realisieren, umfassen dabei Nominationsstrategien Zum Konzept der Nomination vgl. Girnth (1993) sowie Reisigl (2007a).
Den Ansätzen der Handlungsbeschreibung als Stancetaking und damit verbunden als soziale Positionierung wird im Anschluss an Du Bois (2007), Spitzmüller (2013) sowie Deppermann (2015), Lucius-Hoene/Deppermann (2004) und Wetherell (1998, 2003) gefolgt; das Konzept wird hier aber auf die schriftsprachliche Kommunikation ausgeweitet. Ausgangspunkt ist die Annahme, dass Stancetaking-Aktivitäten (als Bewertungshandlungen oder Einstellungsbekundungen) nicht nur interaktiv in Form von Face-to-Face-Interaktionen hervorgebracht werden, sondern sich auch in weniger interaktiven Kommunikationssituationen sprachlich zeigen. So werden Bewertungshandlungen und Einstellungskundgaben durch Nominations- und Zuschreibungsaktivitäten, genauer genommen durch soziale Registrierungen Bei Prozessen der sozialen Registrierung werden Handlungstypen bzw. Personen mit spezifischen sprachlichen Formen verknüpft. Im Anschluss an Agha (2007) konstatiert Spitzmüller, dass „ [f]ür das Deutsche man mit bestimmten sozialen Gruppen und Verhaltensweisen assoziierte Lexeme und Lexemverbindungen nennen [könnte].“ (Spitzmüller 2013, 267). So können demzufolge Fahnenwörter politischer Gruppen als soziale Embleme, die soziale Register konstituieren, aufgefasst werden. Wodak spricht von drei ineinander verwobenen Analysedimensionen, den Inhalten, den Argumentationsstrategien und den sprachlichen Realisierungsmitteln/Realisierungsformen (Wodak 2015, 35), die den hier aufgestellten Perspektiven der Form, der Semantik und der Funktion zugeordnet werden können. Englebretson definiert Stance als „
Abb. 1
Stance-Dreieck nach Du Bois (2007)

„Stance has the power to assign value to objects of interest, to position social actors with respect to those objects, to calibrate alignment between stancetakers, and to invoke presupposed systems of sociocultural value.“
Im Stance-Dreieck Du Bois sieht das folgendermaßen aus:
Stancetaking-Aktivitäten umfassen demzufolge immer drei Aspekte, von denen ein Element die Positionierung Bereits von Foucault wurde die Kategorie der sozialen Position eingeführt, wobei er diese aber weniger auf interaktionale Zusammenhänge, die durch intentional handelnde Subjekte zustande kommen, bezieht. Vielmehr konstruiert er das aussagende Subjekt als Schnittstelle von „gesagten Dinge[n], [...] Relationen, [...] Regelmäßigkeiten und Transformationen“ (Foucault 1981: 178). Ausgangspunkt für die Bestimmung von Subjektpositionen sind für Foucault somit Aussagen und Aussagengeflechte, in denen Subjekte eingeschrieben sind. (Vgl. auch Foucault 1981, 81ff. sowie 139; vgl. hierzu auch Spitzmüller/Flubacher/Bendl 2017). Bewertung von Sachverhalten, Gegenständen, Objekten, Ideen, Handlungen usw. Positionierung der Akteure zum Sachverhalt, Gegenstand, Objekt, zur Idee bzw. Handlung usw. Ausrichtung der Akteure untereinander.
Positionierungen werden im vorliegenden Beitrag im Anschluss an Deppermann (2015) und Lucius-Hoene/Deppermann (2004) als
„diskursive[...] Praktiken [aufgefasst], mit denen Menschen sich selbst- und andere in sprachlichen Interaktionen aufeinander bezogen als Personen her- und darstellen, welche Attribute, Rollen, Eigenschaften und Motive sie mit ihren Handlungen in Anspruch nehmen und zuschreiben, die ihrerseits funktional für die lokale Identitätsher- und -darstellung im Gespräch sind [...].
Sie werden als Teil von Stancetaking-Aktivitäten jedoch im Rahmen dieses Beitrags nicht ausschließlich innerhalb von Face-to-Face-Interaktionen oder dialogischer Kommunikation vollzogen, vielmehr finden sie gleichermaßen in schriftsprachlichen Kommunikationsformen ihre Realisierung (vgl. hierzu Blommaert 2005). In diesem Zusammenhang bietet es sich zudem an, das Stance-Dreieck hinsichtlich der Akteursausrichtung zu modifizieren (Abb. 2).
Bei schriftsprachlicher, wenig explizit dialogisch ausgerichteter Kommunikation ist eine gegenseitige interaktionale dynamische Ausrichtung im Sinne Du Bois nicht direkt möglich, vielmehr zeigt sich die Dynamik durch textuelle Bezugnahmen. So nehmen die Akteure durch die Bewertung eines Objekts, Sachverhalts, Gegenstands bzw. einer Handlung durch die Verwendung spezifischer sprachlicher Mittel eine Positionierung zum Objekt, Sachverhalt, Gegenstand bzw. zur Handlung vor und positionieren sich dabei einerseits zum Objekt/Sachverhalt etc., aber gleichzeitig mit der Sprachverwendung auch zu einander bzw. zum Sprachgebrauch des jeweiligen Gegenübers, was explizit oder implizit erfolgen kann. Durch die Bewertung des Sachverhalts wird somit zugleich eine implizite bzw. indirekte Positionierung gegenüber anderen Akteuren des Diskurses vorgenommen. Bewertungs- und Positionierungsaktivitäten finden demzufolge auf verschiedenen Ebenen und mittels unterschiedlicher sprachlicher Mittel statt.
Abb. 2
Modifiziertes Stance-Dreieck (eigene Darstellung)

Charakteristisch für öffentlich-politische Diskurse sind Sprachgebrauchsweisen, die die Eigengruppe positiv und die Fremdgruppe negativ bewerten (vgl. Girnth 2015). Diese Struktur der Positiv- und Negativwertung von Eigen- und Fremdgruppe zeigt sich u. a. in diskursiven Grundfiguren (vgl. Busse 1997, Scharloth 2005), die sich u. a. in der Verwendung von Fahnen- und Stigmawörtern realisieren (vgl. Girnth 2015) und die in unterschiedlichen thematischen Bereichen unterschiedlich zur Geltung kommen. Für bestimmte sprachliche Ausschnitte aus Migrationsdiskursen ist die Etablierung einer homogenen WIR-Gruppe und einer (heterogenen) Gruppe der ANDEREN, die sich entweder auf die Migrant*innen oder den politischen Gegner bezieht, kennzeichnend (vgl. hier Pelinka/Wodak 2002). Der Bezug auf die Eigengruppe und die Etablierung einer WIR-Gruppe erfolgt immer in Auseinandersetzung mit Gruppen und Personen, die nicht der WIR-Gruppe angehören. Wie und auf welche Art und Weise die Eigengruppe und die Fremdgruppe sprachlich konstruiert werden, ist aber durchaus unterschiedlich.
Die WIR-Gruppe wird durch spezifische sprachliche Mechanismen der Bedeutungsaushandlung und Handlungskonstitution diskursiv erzeugt. Im Zuge dessen werden die Konfliktlinien zwischen der WIR-Gruppe und der Gruppe der ANDEREN diskursiv hervorgebracht, die WIR- und die Fremd-Gruppe werden somit sprachlich konstituiert (vgl. hierzu auch Berger/Luckmann 2004), was u. a. durch sprachliche Zuschreibungshandlungen, Nominationen oder auch durch die Einbettung in Argumentationsmuster realisiert wird, was immer schon verbunden ist mit evaluativen Aspekten wie dem Hervorbringen von Bewertungen oder der Einstellungskundgabe. Bewertungen und Einstellungskundgaben erfolgen dabei zum großen Teil nicht direkt, sondern indirekt und können dementsprechend nur vor dem Hintergrund des Einbezugs größerer Kontexte analytisch erfasst werden (vgl. hierzu auch Matouschek 1998). Aussagen über die Fremdgruppe lassen Rückschlüsse auf die Bewertung der Eigengruppe bzw. der WIR-Gruppe und auf die Haltung/Einstellung der WIR-Gruppe Hier ist anzumerken, dass der politische Akteur mit sprachlichen Äußerungen zwar eine WIR-Gruppe konstituiert und mit den Äußerungen bestimmte Zielgruppen adressieren möchte, die er zur WIR-Gruppe zählen will. Das heißt aber noch lange nicht, dass die adressierten Gruppen/Personen sich selbst zur WIR-Gruppe zählen. Das Konzept der WIR-Gruppe bleibt dementsprechend vage und vieldeutig.
Die unterschiedlichen Diskursakteure handeln zielgruppenorientiert Bedeutungen aus und versuchen diese für sich in Anspruch zu nehmen, indem sie entweder die Eigengruppe positiv aufwerten oder die Positionsgegner durch Negativkontextualisierungen stigmatisieren, was u. a. durch Vereinfachungen, Pauschalisierungen, durch die Kontrastierung in WIR-SIE und in diesem Zusammenhang auch durch die Inszenierung von Bedrohungsszenarien geschieht. Die Positiv- und Negativkontextualisierungen der Eigen- und Fremdgruppe geben somit Auskunft über die Positionierungen, die durch sprachliche Zuschreibungen realisiert werden.
Ausgehend von der Mediendebatte um das Konzept L Der Überblick dient hier lediglich der Absicherung, dass die Debatte in medialer Breite geführt wurde, um dann in einem zweiten Schritt das DWDS-ZEIT-Korpus heranzuziehen und schließlich eine qualitative Analyse der Gebrauchsweisen in programmatischen Texten der genannten Parteien durchzuführen. Es geht hier nicht um quantitative, statistische Berechnungen. Dazu ist das Lexisnexis-Korpus in der hier genutzten Form im Hinblick auf den Begriff Zieht man zusätzlich noch Debattenreden im Bundestag heran, so wird deutlich, dass die Grünen, die Linke oder die SPD den Ausdruck in kritischer Absicht verwenden. Vgl. hierzu exemplarisch das Protokoll der 234. Sitzung der 18. Wahlperiode vom 18.05.2017, hier insbesondere die Äußerungen der Rednerin Ulle Schauws (Bündnis 90/Die Grünen, 23655), oder das Protokoll der 233. Sitzung der 18. Wahlperiode vom 17.05.2017, hier insbesondere die Rednerin Christine Buchholz (die Linke, 23516), sowie das Protokoll der 210. Sitzung der 18. Wahlperiode, hier die Äußerungen Burkhard Bienerts (SPD, 21090). Zugleich findet bei Bienert eine Positivbesetzung des Begriffes
Die hier vorgenommenen Untersuchungen beziehen sich zum einen auf die Verwendung des Ausdrucks in programmatischen Texten von CDU, CSU, AfD, FPÖ und ÖVP, zum anderen wird auch das DWDS-ZEIT-Korpus zur Analyse herangezogen.
Das eigens zusammengestellte Programmkorpus umfasst dabei Textsorten bzw. Kommunikative Gattungen wie Grundsatz- und Wahlprogramme, programmatische Buchpublikationen, politische Reden, politische Interviews und Parteizeitungen. Das Programmkorpus hat derzeit eine Größe von ca. 600.000 Token Das Korpus befindet sich in ständiger Erweiterung. Es besteht derzeit aus den aktuellen Grundsatzprogrammen und Wahlprogrammen von 2013 und 2017 sowie ausgewählte Protokolle von Sitzungen des deutschen Bundestages sowie des österreichischen Nationalrats. Geplant ist ein Korpus, das die zugänglichen Debattenreden des 20. und 21. Jahrhunderts umfasst sowie alle Grundsatz- und Wahlprogramme seit 1945.
Abb. 3
Ergebnisse der Lexisnexis-Recherche deutschsprachiger Tages- und Wochenpresse Die x-Achse umfasst die Anzahl an deutschsprachigen Printmedientexten, die Leitkultur thematisieren.

Bei der Analyse sind Textsortenspezifika zu beachten, denn jede Textsorte weckt bestimmte Erwartungen bei den Rezipient*innen. Programmatische Texte aus dem politischen Handlungsfeld sind appellative Texte, die der politischen Werbung, der Meinungs- und Willensbildung im öffentlich-politischen Handlungsfeld und der parteiinternen Willensbildung dienen, da sich an Grundsatz- und Parteiprogrammen die jeweiligen Gruppenmitglieder orientieren. Grundsatz- und Parteiprogramme sind nach innen gerichtete, die Eigengruppe adressierende, identitätsstiftende Texte und zugleich nach außen gerichtete, persuasive Texte, sie sind in diesem Sinne mehrfachadressiert (vgl. Kühn 1995). Ebenso sind Äußerungen von Politiker*innen in sozialen Netzwerken immer schon persuasive Äußerungen, die auf Zustimmung oder Überzeugung hin orientiert sind.
Abb. 4
Vorkommen des Ausdrucks DWDS-Wortverlaufskurve für „Leitkultur“, erstellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <

Abb. 5
Vorkommen in der ZEIT (Treffer pro Jahr)

Erstmals belegt ist der Ausdruck in der ZEIT im Jahr 1998.
Der Ausdruck „Vor 21 Jahren also, 1996, hat die Beilage des Parlaments, Aus Politik und Zeitgeschichte, einen kritischen Essay von mir über Multikulturalismus veröffentlicht, in dem ich als Alternative dazu das Konzept des Kulturpluralismus vorschlug [...]. Im Gegensatz zum ‚Multikulti-Anything-Goes‘ geht es es bei diesem Vorschlag darum, eine Kombination von kultureller Vielfalt und einem Konsens über eine wertebezogene Hausordnung, die für alle gilt, in einem demokratischen Gemeinwesen zu ermöglichen. Diesen Konsens nannte ich Leitkultur; sie lässt Vielfalt zu, bindet sie jedoch an einen Wertekonsens.“
In der Folge bezogen sich im Rahmen migrationspolitischer Äußerungen und Entscheidungen öffentlichkeitswirksam der Berliner Innensenator Jörg Schönbohm auf den Ausdruck bzw. auf das Konzept sowie der CDU-Politiker Friedrich Merz, der im Oktober 2000 den Ausdruck Recherchen in Korpora zeigen, dass das Schlüsselwort
Aus linguistischer Perspektive gibt es – anders als in anderen Disziplinen Vgl. exemplarisch zur Geschichte der Debatte um die deutsche Leitkultur Pautz (2005), vgl. Rindisbacher (2013).
Die Vokabel (1) „Österreich ist kein Einwanderungsland. Wir verfolgen daher eine geburtenorientierte Familienpolitik. Bereits integrierte, unbescholtene und legal anwesende Zuwanderer, die die deutsche Sprache beherrschen, unsere Werte und Gesetze vollinhaltlich anerkennen und sich kulturell verwurzelt haben, sollen Heimatrecht und unsere Staatsbürgerschaft erwerben können. Österreich ist Teil des europäischen Kulturraums. Die europäische Kultur hat ihre ältesten Wurzeln in der Antike. Europa wurde in entscheidender Weise vom Christentum geprägt, durch das Judentum und andere nichtchristliche Religionsgemeinschaften beeinflusst und erfuhr seine grundlegende Weiterentwicklung durch Humanismus und Aufklärung. Wir bekennen uns zu den daraus resultierenden Grundwerten und zu einem europäischen Weltbild, das wir in einem umfassenden Sinn als Kultur-Christentum bezeichnen und das auf der Trennung von Kirche und Staat beruht. Wir sind bereit, diese europäischen Werte und unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung gegen Fanatismus und Extremismus entschieden zu verteidigen und für die Erhaltung und Weiterentwicklung unserer Leitkultur und unserer Lebensart in Frieden und Freiheit einzutreten.“ (2) „Die Alternative für Deutschland bekennt sich zur deutschen Leitkultur, die sich im Wesentlichen aus drei Quellen speist: erstens der religiösen Überlieferung des Christentums, zweitens der wissenschaftlich humanistischen Tradition, deren antike Wurzeln in Renaissance und Aufklärung erneuert wurden, und drittens dem römischen Recht, auf dem unser Rechtsstaat fußt. [...] Die Ideologie des Multikulturalismus, die importierte kulturelle Strömungen auf geschichtsblinde Weise der einheimischen Kultur gleichstellt und deren Werte damit zutiefst relativiert, betrachtet die AfD als ernste Bedrohung für den sozialen Frieden und für den Fortbestand der Nation als kulturelle Einheit. Ihr gegenüber müssen der Staat und die Zivilgesellschaft die deutsche kulturelle Identität als Leitkultur selbstbewusst verteidigen.“ (3) „Wir bekennen uns zur Leitkultur unserer offenen Gesellschaft als Maßstab des gelingenden Zusammenlebens. Leitkultur steht für den gelebten Grundkonsens in unserem Land: die Werteordnung und Prägung des Landes anerkennen; die Religionsfreiheit und ihre Grenzen achten; kulturelle Traditionen respektieren; andere Lebensweisen tolerieren; sich an die Gepflogenheiten des Alltags halten; sich auf Deutsch verständigen. Wer bei uns lebt, muss die Leitkultur unseres Landes respektieren.“ (4) „V. Damit Deutschland Deutschland bleibt Wir sind ein Land mit gewachsener Identität. Unsere Leitkultur ist nichts Beliebiges, das man austauschen kann. Vielmehr ist sie das, was unser Land stark gemacht hat. Unsere Identität mit unserer unverwechselbaren Leitkultur gibt uns Kraft und Stabilität, auch für die Zukunft. Wer zu uns kommen will, hat sich nach uns zu richten. Unsere Leitkultur ist Maßstab. In Deutschland gilt unsere Leitkultur, bei der Integration ist sie der Maßstab. Wir vertreten unsere Leitkultur selbstbewusst und wir sollten sie auch nach außen zeigen. Die CSU steht ohne Wenn und Aber zur Geltung der Leitkultur. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass jeder, der zu uns kommt, die Leitkultur achtet. Leitkultur umfasst die bei uns geltende Werteordnung christlicher Prägung, unsere Sitten und Traditionen sowie die Grundregeln unseres Zusammenlebens. Leitkultur ist das Gegenteil von Multikulti und Beliebigkeit. Es geht um die offensive Verteidigung unserer Werte. Wir müssen unsere kulturelle Identität aktiv verteidigen und auch leben. Das heißt: Keine Selbstrelativierung unserer Werte, kein vorauseilender Gehorsam und kein Verzicht auf unsere kulturellen Gepflogenheiten. Es bleibt dabei: Christkindlmärkte sind keine Winterfeste, St. Martinsumzüge keine Lichterfeste. In öffentlichen Kantinen, Kindergärten und Schule darf Schweinefleisch kein Tabu sein. Muslimische Mädchen sollen am Schwimmunterricht teilnehmen. In Deutschland gehört es sich, auch Frauen mit Handschlag zu begrüßen.“
Obwohl das Konzept L
An den Belegen wird deutlich, dass die Akzeptanz einer Leitkultur und die Orientierung an der Leitkultur zum Maßstab für die Integration von Migrant*innen werden und dass Leitkultur ein Identitätskonzept der Eigengruppe darstellt Kollokationsanalysen zeigen zudem, dass der Ausdruck
Beleg 3 enthält eine Aufforderungshandlung, die durch die Verwendung von Infinitiven sowie einer Freien Relativsatz-Konstruktion am Ende des Belegs realisiert wird. Der erste Teil der Relativsatzkonstruktion (
Das Konzept der L
Mit der Verwendung des Ausdrucks (5) „Wir bekennen uns zu einem Europa der historisch gewachsenen Völker und autochthonen Volksgruppen und lehnen eine künstliche Gleichschaltung der vielfältigen europäischen Sprachen und Kulturen durch erzwungenen Multikulturalismus, Globalisierung und Massenzuwanderung entschieden ab. Europa ist nicht auf das politische Projekt der Europäischen Union zu reduzieren.“ (6) „Deutschland muss Deutschland bleiben – Bayern muss Bayern bleiben“
In Beleg 5 erfolgt eine explizite Stancetaking-Aktivität, die durch die Positionierung gegenüber dem Sachverhalt Auch die Kommentierung des CSU-Vorstandspapiers in der überregionalen Tages- und Wochenpresse schon im Vorfeld der Vorstandsklausur (das Papier lag einigen Zeitungen vorher vor) zeigt, dass die Forderungen und Aussagen umstritten und Teil eines semantisch-pragmatischen Kampfes um Deutung von politischen Situationen sind, insofern u. a. debattiert wird, was
„Deutschland muss Deutschland bleiben“ – „Bayern muss Bayern bleiben“ (Beleg 5) einerseits mit dem Ausdruck Der Satz „Deutschland muss Deutschland bleiben“ kann als Reaktion auf die Aussage Merkels „Deutschland wird Deutschland bleiben“, den Merkel im Kontext der Migrations- und Zuwanderungsbewegungen immer wieder gesagt hat und der ihre Aussage „Wir schaffen das“ ergänzt, gelesen werden. Vgl. u. a. Zur Verwendung der Konzepte B Zur semantischen Klassifikation der Modalverben vgl. Hentschel/Weydt (2013), Hoffmann (2009). Zumindest impliziert hier die Verwendung von (7) „Zuwanderung muss kontrolliert, gesteuert und begrenzt werden. Keine Gemeinschaft kann Menschen anderer kultureller Prägung in beliebiger Zahl integrieren. Wir haben eine doppelte Verantwortung: Gegenüber der heimischen Bevölkerung und jenen, die zu uns kommen. Integration funktioniert nicht in einem Klima der Verteilungskonflikte. Jede Form der Zuwanderung braucht Regeln. Unser Land muss für die Einwanderung qualifizierter und gefragter Fachkräfte zugänglich sein. Neben der beruflichen Qualifikation und dem Bedarf unserer Wirtschaft soll künftig die Nähe des Kulturkreises stärker bei der Auswahl der Einwanderer beachtet werden. Wir wollen keine Einwanderung, die uns überfordert oder unsere Sozialsysteme belastet.“
Die Forderung, dass bei der Auswahl der Einwanderer künftig die „Nähe des Kulturkreises“ Beachtung finden soll, legt zusammen mit dem nachfolgenden Satz „Wir wollen keine Einwanderung, die uns überfordert und unsere Sozialsysteme belastet“ nahe, dass die Ferne des Kulturkreises automatisch eine Überforderung der Gesellschaft und Belastung der Sozialsysteme darstellt. Worin die Überforderung und Belastung der Sozialsysteme konkret besteht, wird nicht geklärt. Mit der Aussage („Wir wollen keine Einwanderung, die uns überfordert und unsere Sozialsysteme belastet“) liegt die sprachliche Handlung der Tatsachenbehauptung vor, die Einwanderung durch die Kontextualisierung mit den Ausdrücken
Positionierungen erfolgen in den untersuchten Texten sowohl explizit (
Ausgehend von einem diskurssemantischen Mehrebenenansatz, der das Zusammenspiel funktionaler, formaler, semantischer und situativ-kontextueller Faktoren in den Blick nimmt, sowie dem Konzept des Stancetaking und der sozialen Positionierung wurde ein Ausschnitt aus dem Diskurs um Migration und Zuwanderung im Hinblick auf den Gebrauch der Vokabel Homogen deswegen, weil gemeinsame Werte des Guten Lebens, an denen sich das gesellschaftliche Zusammenleben orientiert, vorausgesetzt werden.
Dass an der Konstruktion dieses Konzeptes unterschiedliche sprachliche Ebenen beteiligt sind, hat sich u. a. durch die Einbettung der Schlüsselvokabel Im Falle der stereotypen Zuschreibung von Eigenschaften und Verhaltensweisen sowie im Fall von Unterstellungshandlungen kann hier von Diskriminierung gesprochen werden. Zwar sind, so Wodak (2015, 32), populistische Sprachgebräuche bei allen Parteien und Politiker*innen zu finden, insofern sie vor allem im Kontext der Handlungsfelder der öffentlich-politischen Meinungsbildung und der Wahlwerbung in Wahlkämpfen verwendet werden. Wodak (2015, 32) konstatiert, dass „jeder und jede PolitikerIn [...] notwendigerweise populistisch [ist], denn jede und jeder will ja viele ansprechen und für viele sprechen.“ Damit verbunden ist bei den Parteien das Ziel, von der je eigenen Meinung zu überzeugen und zugleich vorzugeben, für die Interessen des Volkes einzutreten. So ist es zum Beispiel nicht verwunderlich, dass gerade in Wahlkampfzeiten populistische Sprachstrategien dominieren, da in kurzer Zeit möglichst viele Menschen adressiert werden sollen. Das bedeutet, dass der Ausdruck Zur genaueren Charakterisierung von Populismus vgl. Hafez 2010, 35–43, vgl. auch Januschek/Reisigl 2014.
„Populismus ist – meiner Auffassung nach – ein inhaltlich bestimmter und medienbasierter Modus der politischen Artikulation, der auf eine Krise der politischen Repräsentation reagiert, mit zwei Grundantagonismen operiert und auf einer spezifischen sozialen Trägerschaft beruht [...]. Die beiden Antagonismen lassen sich sozialtopographisch und konzeptuell metaphorisch der vertikalen und der horizontalen Achse des politischen Raumes zuordnen. Den einen Antagonismus bildet ein behaupteter Gegensatz zwischen dem sogenannten ‚Volk‘ und ‚denen da oben‘, worunter gemeinhin die elitär und im Eigeninteresse agierende Regierung, die politische Klasse, das Establishment als internes Feindbild verstanden wird. [...] Der zweite Gegensatz, der – wohlgemerkt – in erster Linie für den Rechtspopulismus charakteristisch ist, stellt einen diskriminierenden Kontrast zwischen der Wir-Gruppe und einer als externer Feind attackierten Sie-Gruppe her, z. B. ‚den Ausländern‘ oder ‚dem Islam‘ [...].“ (Reisigl 2014, 71–72)
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Allochronie im Anthropozän: Ein Gespräch mit Erhard Schüttpelz (Re)Synchronisierung auf dem Boden der Tatsachen? Die Pedosphäre als Übersetzungsregion anthropologischer und geologischer Zeitlichkeit Zukunftspolitik im Technozän. Der Technikfolgendiskurs in den 1970er Jahren Walter Benjamins Eschatologie der Katastrophe: Fortschritt, Unterbrechung und das Ende der Geschichte Wie die Geschichte(n) der Erde bewohnen? (Literarische) Kompositionen von planetarer Zeit zwischen Moderne und Anthropozän Das „diplomatische Jahrhundert“: Mediatisierung von Zeitverhältnissen in den Staatswissenschaften des 18. Jahrhunderts Vom Ausgang der Erde aus der Welt des Menschen, oder: Wie das „Prä-“ vor die Geschichte kam Moderne Zeitlichkeiten und das Anthropozän