1. bookTom 61 (2003): Zeszyt 4 (July 2003)
Informacje o czasopiśmie
License
Format
Czasopismo
eISSN
1869-4179
Pierwsze wydanie
30 Jan 1936
Częstotliwość wydawania
6 razy w roku
Języki
Niemiecki, Angielski
Otwarty dostęp

Rezensionen

Data publikacji: 31 Jul 2003
Tom & Zeszyt: Tom 61 (2003) - Zeszyt 4 (July 2003)
Zakres stron: 301 - 308
Informacje o czasopiśmie
License
Format
Czasopismo
eISSN
1869-4179
Pierwsze wydanie
30 Jan 1936
Częstotliwość wydawania
6 razy w roku
Języki
Niemiecki, Angielski

Fürst, Dietrich; Scholles, Frank (Hrsg): Handbuch Theorien und Methoden der Raum- und Umweltplanung. - Dortmund: Dortmunder Vertrieb für Bau- und Planungsliteratur 2001. = Handbücher zum Umweltschutz, Bd. 4.407 S., III., graph. Darst.

In dem als Handbuch angelegten Werk werden von 12 Autoren, die überwiegend aus dem Umfeld des Instituts für Landesplanung und Raumforschung der Universität Hannover stammen, ausgewählte Theorien und Methoden der Raum- und Umweltplanung dargestellt. Das Werk gliedert sich in drei Hauptabschnitte. Während im ersten Abschnitt Grundlagen und Verfahren der Raum- und Umweltplanung behandelt werden, liegt der Schwerpunkt des zweiten Abschnitts auf Methoden der Zielformulierung und Bewertung, der des dritten auf Methoden des Planungsmanagements.

Bei einem ersten Blick in das Inhaltsverzeichnis erschließt sich die Zusammenstellung des Handbuchs nicht unmittelbar: Wieso behandelt ein Buch, das sich schwerpunktmäßig mit Methoden der räumlichen Planung auseinandersetzt, zusätzlich das weite Feld der Grundlagen und Verfahren der Raum- und Umweltplanung? Es ist jedoch nicht von der Hand zu weisen, dass Methoden der Raum- und Umweltplanung nicht isoliert, sozusagen ohne Kontext betrachtet und bewertet werden können. Ihr Entstehen, ihre Zweckmäßigkeit, ihre Verwendbarkeit und nicht zuletzt ihre Aktualität lassen sich nicht allein aus dem methodischen Blickwinkel erklären. Entscheidend sind vielmehr auch das politisch-administrative Umfeld und die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, in denen die Methoden entstanden sind oder in deren Kontext sie angewendet werden sollen. Die Autoren argumentieren nicht nur entsprechend, sondern setzen Ihr Vorhaben auch in angenehm lesbarer Art und Weise um. Im ersten Teil des Werkes zu den Grundlagen und Verfahren der Raumund Umweltplanung wird in Verweisen und Anmerkungen der Bezug zur Methodenentwicklung hergestellt und somit eine Klammer um das Gesamtwerk gelegt, die hilfreich ist, um die Bezüge und wechselseitigen Abhängigkeiten nachvollziehen zu können.

Der erste Hauptabschnitt zu den Grundlagen und Verfahren der Raum- und Umweltplanung ist so weit gespannt, wie es der Titel vermuten lässt. Den Einstieg bildet eine Zusammenstellung von Texten aus dem Bereich der Planungstheorie. In Kürze werden der Begriff der Planung im öffentlichen Sektor definiert, die Entwicklung der Planung und der Planungstheorie dargestellt sowie das System der räumlichen Planung in Deutschland skizziert. Besonderes Augenmerk legen die Autoren zudem auf die Darstellung des Spannungsfeldes von Politik und Verwaltung, in dem die räumliche Planung agiert. Die Darstellung der Rolle des Planers aus vielen Blickwinkeln und in derart vielfältigen Facetten ermuntert dazu, das eigene Planungsverständnis und die eigene Rolle im Planungsprozess zu reflektieren.

Am Ende des ersten Abschnitts wird übergeleitet zum anschließenden Methodenteil des Buchs, wobei verdeutlicht wird, dass sich die Auswahl und Darstellung der Planungsmethoden am idealtypischen Planungsprozess orientiert. Zusätzlich wird exemplarisch am Beispiel der Umweltverträglichkeitsprüfung und der Dorfentwicklung gezeigt, welche Methoden in den einzelnen Schritten des Planungsprozesses eingesetzt werden können. Diese praxisnahe und beispielorientierte Darstellungsweise - die an vielen Stellen des Buchs verfolgt wird - erleichtert das Verstehen und Nachvollziehen des vorab theoretisch Dargelegten und ist sicher einer der großen Vorzüge dieses Werkes.

Im zweiten Abschnitt des Handbuchs werden Methoden der Zielformulierung und Bewertung dargestellt. Zwar werden eingangs die zentralen Begriffe eines Zielsystems und planerischer Entscheidungen eingeführt und gegeneinander abgegrenzt, doch bilden den Schwerpunkt dieses Abschnitts die Ausführungen zu Analyse-, Prognose- und Bewertungsmethoden. Dabei ist nicht nur die Auswahl der dargestellten Methoden überzeugend, sondern auch die Art ihrer Darstellung und Abhandlung positiv hervorzuheben. So erhält der Leser nicht nur Informationen zu Zweck und Aufbau der Methode. Zusätzlich wird anhand eines Beispiels die Anwendung der Methode veranschaulicht, zentrale Begriffe werden geklärt und die Grenzen der Methode aufgezeigt.

Im dritten Abschnitt des Buchs behandeln die Autoren Methoden des Planungsmanagements aus verschiedenen Perspektiven. Es wird ein Überblick über Strukturierungs- und Kreativitätsmethoden gegeben, wobei die Methoden Brainstorming, Mind-Mapping, Planspiele und die Metaplantechnik vertiefend behandelt werden. In einem weiteren Kapitel werden Möglichkeiten des Kooperationsmanagements ausgelotet. Hier liegt der Schwerpunkt der Ausführungen auf Verhandlungstechniken und auf Moderation und Mediation. In der sich anschließenden Darstellung der aktuellen Situation im Bereich der partizipativen Planung werden überblicksartig die wesentlichen Gründe der Partizipationsdiskussion genannt und Formen der Partizipation in Stadtplanung und Landschaftspflege aufgezeigt. Zu den Methoden des Planungsmanagements werden jedoch nicht nur kooperative, kreativitätsfördernde und partizipative Methoden gezählt, sondern auch Evaluationstechniken und Methoden des Planungsmanagements im engeren Sinne wie beispielsweise die Netzplantechnik und das Projektmanagement.

Die Autoren verfolgen nach eigenem Bekunden mit dem Buch drei Ziele: Erstens sollen die wichtigsten methodischen und planungstheoretischen Grundlagen vermittelt werden, die sowohl in der Hochschulausbildung als auch in der Praxis als relevant gelten können. Zum Zweiten soll der aktuelle Stand der Methodenentwicklung - der sich etwa durch problemorientierte Weiterentwicklungen in der Planungspraxis oder auch das Vordringen der Informations- und Kommunikationstechnologien starken Wandlungen unterzogen sieht - zusammengetragen werden. Schließlich soll drittens zur Diskussion über Planungstheorie und Methoden angeregt werden. Den Autoren dieses Werkes ist es nach meiner Einschätzung hervorragend gelungen, ihren selbst gesteckten Zielen gerecht zu werden. Betrachtet man etwa die beiden ersten Ziele zusammengefasst als das Bestreben, die aktuellen und wichtigsten Methoden und planungstheoretischen Grundlagen zusammenzustellen, so kann man festhalten, dass die Breite oder Vielfalt der in diesem Werk behandelten Themen keine Wünsche offen lässt. Auf der anderen Seite bedarf die Darstellung einer derartigen Bandbreite von Themen natürlich auch des Mutes, das eine oder andere nur in Kürze abzuhandeln. Das Buch wendet sich gleichermaßen an Studierende der Planungswissenschaften wie an Wissenschaftler und Planungspraktiker - ein von den Autoren hoch gesetzter Anspruch, bei dem m. E. nicht jedes Leserbedürfnis erfüllt werden kann. So wie der Wissenschaftler oder der Planungspraktiker ob der Vielfalt der Themen nicht enttäuscht sein dürfen, dass das Werk auf der Ebene der Grundlagen verbleibt, dürfen Studierende an anderer Stelle nicht erwarten, sich jedes behandelte Themenfeld „einfach“ erschließen zu können. Nichtsdestoweniger liegt die besondere Qualität des Werkes gerade in der Bandbreite der behandelten Themen, die einen guten Einstieg und Überblick über planungstheoretische Grundlagen und Methoden erlaubt. Für die vertiefende Lektüre schließt jedes Kapitel zudem noch mit dem Hinweis auf weiterführende Literatur ab.

Das Werk stellt zweifelsohne eine Bereicherung der Fachliteratur dar. Ein Werk in dieser Form lag bisher nicht vor. Zwar haben bspw. Ritter und Wolf bereits 1998 ein Handbuch der ARL zu „Methoden und Instrumenten der räumlichen Planung“ herausgegeben, doch sind diese beiden Werke nur bedingt vergleichbar. Beide Bücher haben einen ausgeprägten Schwerpunkt in der Darstellung von Methoden der räumlichen Planung, der sich am idealtypischen Planungsprozess orientiert. Während sich das Handbuch der ARL jedoch zusätzlich der Darstellung der Planungsinstrumente verschreibt, widmen sich die Autoren dieses Handbuchs ergänzend dem Bereich der Planungstheorie. Inhaltlich liegt der Fokus dieses Werkes stärker im Bereich der Umweltplanung. Zahlreiche Anwendungsbeispiele sind dem Bereich der Umweltplanung und Landschaftspflege entlehnt. Zudem wird bei vielen Methoden die Übertragbarkeit auf die Umweltplanung überprüft. Ferner wird in diesem Handbuch besonderer Wert auf die Darstellung von Praxisbeispielen gelegt, um die Anwendungsmöglichkeiten der Methoden am konkreten Beispiel zu zeigen. Diese Mischung aus Praxisbezug, breitem und dennoch kritischem Überblick sowie der angenehm lesbare Stil machen die Lektüre und Arbeit mit diesem Werk empfehlenswert.

Michael Kiehl (Dortmund)

Lichtenberger, Elisabeth: Die Stadt: Von der Polis zur Metropolis. - Darmstadt: Primus Verlag 2002. 304 S., zahlr. III., graph. Darst., Kt., Lit.

Frau Lichtenberger hat noch einmal ihre Unterlagen, ihre Fotos, Abbildungen und Aufzeichnungen durchgearbeitet, die sie in ihrer langjährigen Lehr- und Forschungstätigkeit zusammengetragen hat, und mit dem Buch „Die Stadt“ die vielfältigen Facetten des Zusammenhangs der gebauten Stadt (überwiegend West- und Zentraleuropas sowie Nordamerikas) und der Stadtgesellschaft beschrieben und analysiert.

Eine ihrer zentralen Thesen ist, dass eine Stadt - neben der „longue durée“ der städtebaulichen Strukturen - insbesondere durch das politische System (und dessen Beeinflussung des Marktgeschehens) bestimmt werde. Dabei unterscheidet Frau Lichtenberger in der sog. „Ersten Welt“ die Städte des (west)europäischen Wohlfahrtssystems von denen im privatkapitalistischen System der USA und den in Transformation befindlichen des ehemaligen Staatskapitalismus. Sie listet die Instrumente der Kommunalpolitik auf und vergleicht die Stadtentwicklung in den drei beschriebenen Systemen (Kapitel 2).

In ihrer Übersicht über die Geschichte der Stadtentwicklungen holt die Grande Dame der österreichischen Geographie weit aus und führt die Leser/innen in einer historischen Zeitreise von der griechischen Polis in die „Neue Stadt“ der Gegenwart (Kapitel 1), schildert die „Anatomie der Stadt“ (Grenzen, Grundrissformen, Baublocks, Boulevards und Plätze sowie die „dritte Dimension“ - Kapitel 5), beschreibt in klassischer Manier die Stadträume (Stadtmitte, Stadtränder, Stadtviertel - Kapitel 3), verbindet gesellschaftliche Entwicklung und Stadtstruktur über Wohnbauformen, Grundrisse sowie verschiedene Segmentations- und Segregationsmuster (Kapitel 6) und entwickelt verschiedene Entwicklungsstränge der Wirtschaft im Stadtraum (vom Wohnladen zur Mega-Mall, von der Hinterhofindustrie zum Industriepark, vom Kleinbüro zum Bürohochhaus - Kapitel 7). Weiterhin geht sie auf die Determinanten und Leitbilder städtischer Entwicklung ein (öffentlicher vs. privater Raum, städtebauliche Leitbilder und Technologien - Kapitel 4).

Im abschließenden Kapitel beantwortet Frau Lichtenberger die Frage, warum „die Gesellschaft“ „die Stadt“ brauche, indem sie erneut das Wechselverhältnis aus gesellschaftlicher Entwicklung und politischen Systemen thematisiert, wobei die Rolle „der Stadt“ nicht immer deutlich wird. Hier stellt sie die Argumente

der Konvergenztheoretiker/innen, nach denen sich die europäischen Gesellschaften auf dem (von ihr eher negativ gesehenen) Pfad der amerikanischen Entwicklung bewegen (Globalisierung der Ökonomie, Wolkenkratzer, Mega-Malls, Event-Cities, Gated Communities, Urban Sprawl und Exurbanisierung, gesellschaftliche Polarisierung und Ausgrenzung immer größerer Teile der Gesellschaft, Segregation), denen

der Wissenschaftler/innen gegenüber, die Europa eine gewisse Eigenständigkeit Zutrauen (resp. diese erhoffen): politische Effekte des sozialen Wohlfahrtsstaates und des - wie sie es nennt - Munizipalsozialismus (sozialer und räumlicher Disparitätenausgleich, Anti-Segregationspolitiken, kommunale Leistungen); Raum als knappe und daher von Planung und Verwaltung sorgfältig behandelte Ressource und schließlich die Persistenz der gebauten europäischen Stadt, welche über Jahrhunderte das Hierarchieverhältnis aus Zentrum und Peripherie bewahrt und so auf gesellschaftlichen Wandel flexibel reagieren konnte, aber die Entwicklung gleichzeitig etwas dämpfte.

Weiter sieht sie im föderalen Grundprinzip der „Vereinigten Staaten von Europa“ die städtische Ebene als dritte Kraft (neben der EU und den Nationalstaaten), die gleichzeitig arbeitsteilig in ein nationales System der Subsidiarität eingebunden ist. Schließlich traut Frau Lichtenberger der „tradierte (n) und bewährte (n) Politik des Munizipalsozialismus“ die Kraft zur Reduzierung der sozialen Konflikte beim lokalen Herunterbrechen der Entwicklungen durch die Globalisierung zu - das mag aus Wiener Sicht noch eine Weile gelten, aber schon in deutschen Städten ist vor dem Hintergrund der zunehmenden Integration neo-liberaler Elemente in die nationale Politik kaum mehr eine ausgleichende Steuerung der Städte möglich.

Natürlich lebt dieser breit angelegte, anspruchsvolle Überblick über die Stadtentwicklung bei der Schwerpunktsetzung, der Tiefe der Analyse und den normativen Wertungen von der deutlichen Handschrift der Autorin (und von der Auswahl der Fotos, die sich stark nach den Orten und Zeitpunkten ihrer ausgedehnten Reisen richten). Dabei stehen die Städte Mitteleuropas des ehemaligen österreichisch-ungarischen Königreiches (Wien, Budapest, Prag) stark im Mittelpunkt der Beispiele und Analysen. Dazu gehört vor allem die historische Dimension, die nicht nur auf dem Weg von antiken Stadtkulturen zur „Neuen Stadt“ führt, sondern auch für die Beschreibung der Entwicklung des städtischen öffentlichen Raumes, die städtebaulichen Leitbilder, die städtischen Erschließungen über Straßen und Wege, die Wohnbautypen und die Formen der städtischen Ökonomie gilt.

Besonders stark am Bild der europäischen Stadt als Lebensform hält Frau Lichtenberger fest, wenn es um die Fragen der sozialen Ungleichheit, sozialen Ausgrenzung und Segregation geht. Hier trauert sie insbesondere der urbanen Qualität von Offenheit, Vielfalt und Toleranz des öffentlichen Raumes der europäischen Innenstadt nach, wenn sie die Mitte der Industriestadt des Liberalismus als „sozialen Krater“ bezeichnet, die der „Neuen Stadt“ des sozialen Wohlfahrtsstaates eher als „sozial neutral“ (S. 11). Eine ähnliche Skepsis gilt den „z. T. monströse (n) Großanlagen am Stadtrand“ (S. 70). Zur Absicherung der innerstädtischen Qualitäten sieht sie u. a. den Denkmalschutz als notwendig an, der jedoch - obwohl in den 1990er Jahren in eine „’unheilige Allianz’ mit den Tourismusinteressen“ (S. 72) geraten - eine „soziale Aufwertung … erforderlich“ mache (S. 71).

Sie setzt dabei ihre Hoffnung auf „die aktuellen politischen Systeme mit den Leitbildern und Maßnahmepaketen zur räumlichen Organisation und Strukturierung von Städten“, „die persistenten Strukturen der Stadtentwicklung als ererbte bauliche Struktur und Landnutzung, die tradierten Normen und Verhaltensweisen der Bevölkerung und die institutionellen Organisationsformen“ (S. 50).

Ob sie diese bewahrenden Kräfte nicht überschätzt, wird die Zukunft zeigen. Diesen stellt sie amerikanische Bilder aus sehr unterschiedlichen Städten und Agglomerationen gegenüber, die von der Ambivalenz der Bewunderung vieler Erfindungen (neben der baulichen um die Hochhausentwicklung herum) bis zur deutlichen Distanzierung gegenüber Ghettos, Slums, Blights, Gefängnissen, Gated Communities und Mails reicht.

Etwas kurz kommen aktuelle Entwicklungen der europäischen Stadtgesellschaft, der Auswirkungen der sich verändernden Arbeitsgesellschaft bezüglich der Geschlechterrollen, der Haushaltsorganisation, der neuen Risikomuster, der neuen Lebensstile und Stadtkulturen.

Auch die konstatierte Zunahme der Bedeutung der großen europäischen Städte wird vermutlich vor dem Hintergrund sich herausbildender Regionen auf unterschiedlichem Größenmaßstab geschehen: Einerseits wird die städtische Agglomeration - gerade unter dem (im Buch nur oberflächlich behandelten) Leitbild der nachhaltigen Entwicklung - als eine Wirtschafts- und Lebenseinheit betrachtet, und andererseits werden strategische Regionen in größerem Maßstab gebildet werden, um den sich globalisierenden Wettbewerb besser durchstehen zu können.

Allein schon aufgrund seiner Materialfülle ist das Buch von Frau Lichtenberger empfehlenswert. Es gibt dem Neueinsteiger eine Fülle von Informationen in großer Breite und meist auch ausreichender Tiefe. Der reiche Vorrat von Abbildungen wird zur Unterstützung vieler Lehrveranstaltungen hilfreich sein. Der Rezensent hat das Buch über sehr weite Strecken gerne gelesen und angeschaut - das schließt nicht aus, dass er es an einigen Stellen eher anders gemacht hätte.

Jens S. Dangschat (Wien)

Müller-Krug, Christian Hartwig: Das Bauhaus und die Gestaltung mitteldeutscher Bergbaufolgelandschaften: ein Beitrag zur Kunst- und Kulturlandschaftsforschung. - Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2002. = Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft in Hamburg, Bd. 93. XIV, 323 S., 111.

Nicht aus eigenem Entschluss, und auch nicht ohne eine gewisse Brutalität, ist die Region zwischen Bitterfeld, Dessau und Wittenberg im Übergang zu einer „dritten Landschaft“ begriffen. Nach der vorindustriellen und der industriellen Nutzung bemüht man sich um einen Strukturwandel, der so unterschiedlichen Aspekten wie Nachhaltigkeit, Kulturpflege und Sozialverträglichkeit gleichermaßen gerecht wird. Nun wird indes kein Mensch von einer Traumlandschaft sprechen, wenn er bei Wolfen oder Gräfenhainichen durch die Gegend fährt. Ihre verödeten Stadtzentren, brachliegenden Tagebaue und rückgebauten „Kathedralen der Arbeit“ verwehren sich einer Umweltrezeption, die ihren Halt im Quasi-Natürlichen oder im romantischen Sentiment findet. Es ist eher der Verlust an Landschaft im Sinne eines sorgenfreien Idylls, den man hier erfahren kann.

Genau das ist das Thema, oder genauer: eines der Themen, die diesem Komplementärstandort der EXPO 2000 in Hannover als Leitschnur bei seiner Metamorphose dienen. Im November 1989, während die Mauer fiel, formierte sich am Bauhaus in Dessau ein Impuls, der zum konzeptionellen Rettungsanker einer untergehenden mitteldeutschen Industrieregion werden sollte. Just in dem Augenblick, als die versteinerten Verhältnisse der DDR zum Tanzen gebracht wurden, entwickelten Planer und Architekten das inspirierende Gedankengebäude des „industriellen Gartenreiches“. Mit dem im Namen angelegten Widerspruch beruft man sich auf die eigene Geschichte. Denn jene Reformversuche des absolutistischen Regenten Fürst Leopold von Anhalt-Dessau (1740-1817) trugen Früchte im Sinne der Aufklärung und schlugen sich als Gestaltwerdung bürgerlicher Kultur, als landschaftskultivierende Leistung nieder: dem legendären Dessau-Wörlitzer Gartenreich. Nachdem der Furor einer massiven Industrialisierung darüber hinweggefegt war, und nachdem die Zukunftslosigkeit des Kohlebergbaus offensichtlich wurde, möchte man nun an die historischen Wurzeln wieder anknüpfen, ohne indes das gerade Vergangene zu verleugnen.

Das aus einer Dissertation hervorgegangene Buch von Christian Hartwig Müller-Krug stellt eine Art Zwischenfazit in einem hochkomplexen - und bislang wenig sinnliche Anreize bietenden - Prozess dar. Im Mittelpunkt seiner kulturgeographischen Betrachtungen stehen das 1996 in die „World Heritage List“ der UNESCO aufgenommene Bauhaus Dessau und insbesondere dessen Impulse zur protektiven Erneuerung der „mitteldeutschen Bergbaufolgelandschaften“. Nach einem historiographischen - und in diesem Zusammenhang zu umfänglichen - Abschnitt zur Institution Bauhaus, seiner Lehre und Wirkungsgeschichte sowie schließlich zu den Implikationen seines neuen Status als Weltkulturerbe, widmet sich der Autor ausführlich der umgebenden Region, ihren Problemen und Perspektiven. Seine Warte ist die eines distanziert-beobachtenden Chronisten: Er beschreibt, dass das Bauhaus das Vorgefundene, Gartenreich wie Industrie, als historische Ablagerungen mit all ihren Widersprüchen akzeptiert und in seinen konzeptionellen Vorschlägen bestrebt ist, sie zur Grundlage für die erneut zu gestaltende Lebensumwelt zu machen. Hier muss Landschaft nicht repariert, sondern wiederhergestellt, vielleicht sogar überhaupt erst wieder definiert werden. Nachhaltigkeit ist für die Beteiligten kein Modeslogan mit abgelaufener Halbwertzeit. Ihr Projekt versteht sich als experimenteller Baustein eines Bewusstwerdungs- prozesses: Das Bauhaus will die Schau- und Kehrseiten der abendländischen Kulturentwicklung gleichermaßen verarbeiten, den Humanismus und das unbedingte Diktat der Ökonomie. Es stellt den Versuch dar, die Fehler der „historischen“ Moderne zeitgemäß zu kompensieren und in eine operationalisierbare Konzeption - mit einer gewissen Nähe zur IBA Emscher Park - umzusetzen. Während allerdings das westdeutsche Projekt mit seinen vergleichsweise opulenten Ressourcen sich als eine großangelegte, politisch gut abgesicherte Laborsituation verstehen durfte, war das Dessauer Projekt vom ersten Tag an praktisches Krisenmanagement. Und es bleibt - gerade angesichts der Lage der öffentlichen Haushalte - offen, ob es Erfolg haben wird.

Die industrielle Hinterlassenschaft und eine devastierte „Natur aus zweiter Hand“ als „kulturelles Erbe“ zu begreifen, stellt in der Tat eine Herausforderung dar. Bei aller - gleichsam zwangsläufigen - Indifferenz wird man indes anerkennen müssen, dass mit der industriellen Revolution das, was einst als Feind und Gegenteil der Landschaft galt, selbst zur Landschaft geworden ist. Und mag es für manchen noch so erstrebenswert erscheinen: Heute kann es kein Zurück zur „vorindustriellen“ Landschaft, derer wir ohne ihre Gegenspielerin gar nicht bewusst geworden wären, mehr geben. Ohnehin, angesichts des abrupten und flächenhaften Kahlschlags nicht nur der Ökonomie, sondern auch nahezu aller sozialen und kulturellen Gerüste, ist es hier um weit mehr zu tun als ein Ästhetisieren in postindustriellen Experimentierlandschaften. Das Bauhaus hat sich, wie hier gezeigt, darauf eingestellt. Als Work in progress befördert gerade das Projekt des „Industriellen Gartenreichs“ eine fast schon kontemplative Gesamtsicht auf die Region, in der das Vergehen von industriellen Strukturen mit dem Werden von bislang unbekannter Natur in Beziehung gesetzt wird, die Baugeschichte mit der Kulturgeschichte, ein vielfältig gebrochener Heimatbegriff mit seiner wachsenden Abhängigkeit von globalen Problemen.

Von der Verve, mit dem sich das Bauhaus seinerzeit an diese Herkulesaufgabe gemacht hat, ist in vorliegendem Buch allerdings wenig zu spüren: Zu deskriptiv, zu wenig inspirierend, zu sehr Fleißarbeit. Und mit appellativen Bemerkungen - etwa: „Denken wir bei der Zerstörung industrieller Bauten und industriell geprägter Landschaften rechtzeitig an ihre ökologischen und kulturellen Werte für kommende Zeiten.“ - ist der komplexen Materie nicht beizukommen.

Robert Kaltenbrunner (Bonn)

Lobsinger, Martin; Ewald, Klaus C.: Landschafts- CD. Typisierung, Erhebung und Darstellung von Landschaftselementen - Zürich: vdf Hochschulverlag 2002. CD-ROM

Die Landschafts-CD bietet eine Grundlage für die Inventarisierung des Landschaftshaushalts. Den zentralen Inhalt bildet ein Katalog der Landschaftselemente als hierarchisch gegliederte Erfassungseinheiten. Darüber hinaus wird mit exportierfähigen, ArcView- kompatiblen Signatursets eine Arbeitshilfe für die Kartendarstellung gegeben. Die vorgestellte Methodik, verwendete Begriffe und ausgewählte Kartiereinheiten sind ausgerichtet auf das Planungssystem und die Naturräume der Schweiz. Eine Übertragbarkeit auf die Landschafts-/Umweltplanung in Deutschland ist nur eingeschränkt möglich.

Mit der Veröffentlichung auf CD werden die digitalen Möglichkeiten einer ansprechenden Darstellung der Inhalte sowie der Bereitstellung von in andere Programme importierfähigen Materialien zur Weiterverarbeitung genutzt. Die Menüführung bedarf allerdings der Einarbeitung. Ergänzend werden die Ausführungen auch in druckfähigem pdf- bzw. Wordformat vorgehalten, sodass das Arbeiten mit einem gedruckten Bericht ebenfalls möglich ist.

Von den Autoren wird das „Landschaftsinventar“ als zentrales Planungsinstrument herausgestellt, das beispielsweise im Rahmen von Umweltverträglichkeitsprüfungen oder der Landschaftsplanung der Schweiz Anwendung findet. Neben der „Inventarisierung“ von Landschaftselementen umfasst es weitere, darauf aufbauende Arbeitsschritte wie die Bewertung des Zustands von Natur und Landschaft oder eine Maßnahmenplanung. Die Landschafts-CD lenkt den Fokus auf die Bestandsaufnahme des Naturhaushalts innerhalb des Instruments der „Landschaftsinventare“. In der Schweiz existierten bisher keine einheitlichen Empfehlungen zu Inhalten und Mindestanforderungen für die Erfassung von Landschaftshaushaltsfaktoren. Insbesondere die gleichgewichtige Berücksichtigung aller (biotischen und abiotischen) Landschaftsfaktoren sollte nach Ansicht der Autoren die in der Praxis häufig einseitige Konzentration auf Flora und Fauna ablösen. Mit der Erarbeitung eines Katalogs der wesentlichen Landschaftsobjekte und deren Beschreibung wird ein Beitrag zur Vergleichbarkeit von Landschaftsinventaren erbracht, die Erfassung von Landschaftsstrukturen optimiert und die Kartendarstellung vereinheitlicht. Dieser Katalog ist nicht als umfassende und abschließende Kartieranleitung zu verstehen, sondern ist Lenkungsinstrument, auf dessen Basis regionalisierte, projektspezifische (auf Zielsetzung, Planungsraum und -maßstab ausgerichtete) Kartierschlüssel entwickelt werden können.

Die Landschaftsobjekte sind so gewählt, dass sie nach überwiegend visuellen Parametern abgegrenzt werden können. Die Systematik ist kompatibel mit der Methode zur Erfassung der Lebensräume der Schweiz (Delarze et al. 1999) und der Abgrenzung schützenswerter Lebensraumtypen der Schweiz nach Anhang 1 der Natur- und Heimatschutzverordnung. Mit den in den deutschen Bundesländern vorgegebenen bzw. angewandten Erfassungsmethoden ist hingegen keine weitgehende Übereinstimmung gegeben. Die Landschafts-CD wird hier daher weniger als Arbeitshilfe für die Praxis fungieren können. Vielmehr Ist sie ein nachahmenswertes Beispiel, wie Kartierschlüssel anschaulicher erläutert und digital zur Verfügung gestellt werden können und wie durch die digitale Aufbereitung Einfluss genommen werden kann auf die Datenverarbeitung in Geographischen Informationssystemen und die Darstellungsform der Karten.

Christina von Haaren; Carolin Galler (Hannover)

Hake, Günter; Grünreich, Dietmar; Meng, Liqiu: Kartographie. Visualisierung raum-zeitlicher Informationen 8., vollst. neu bearb. und erw. Aufl. - Berlin, u.a.: de Gruyter 2002. XIII, 604 S., graph. Darst., Lit.

Die neue Auflage des Standardwerks zur Kartographie ist endlich erschienen, wenn auch mit erheblicher Verzögerung. Der Erstautor Hake ist leider während der Arbeiten an der neuen Auflage verstorben, und der Zweitautor Grünreich hat eine neue berufliche Herausforderung übernommen. Wie schon bei früheren Auflagen wurde durch das neue Mitglied im Autorenteam, Liqiu Meng, die gleitende Übergabe der Verantwortung für das Buch an eine jüngere Generation eingeleitet. Das Buch ist vor allem als Lehrbuch für Studierende der Geowissenschaften gedacht, vor allem in Geodäsie, Kartographie, Geographie und Geoinformatik, aber auch als Handbuch und Nachschlagewerk für alle, die beruflich mit georeferenzierten Informationen umgehen und sie in Graphiken und Karten umsetzen.

In den ersten Kapiteln werden die Grundlagen der kartographischen Informationsdarstellung vermittelt, unter anderem Informationen zur visuellen Kommunikation und kartographischen Modellbildung, zum Zeichensystem, den Gestaltungsmitteln und zur Generalisierung. Für Studierende der Geodäsie mögen die ausführlichen mathematischen Formulierungen zu den Kartennetzentwürfen eine wichtige Information sein, die meisten anderen Geowissenschaftler können sie aber getrost überspringen. Bei der Behandlung der technischen Grundlagen nimmt, dem Zug der Entwicklung folgend, die Informationstechnik, Geoinformatik und Computergraphik einen breiten Raum ein. Allerdings ist die Lebensdauer solcher Informationen erheblich kürzer als die von Aussagen zur visuellen Kommunikation oder graphischen Gestaltung. Viele technische Angaben werden bis zum Erscheinen der nächsten Auflage überholt sein. Es verwundert auch ein wenig, warum die schon lange ausgestorbenen mechanischen Zeichengeräte in dieser Ausführlichkeit beschrieben werden.

Man kann darüber streiten, ob die Trennung in allgemeine und angewandte Kartographie notwendig und gerechtfertigt ist. Denkbar wäre auch, im allgemeinen Teil die Anwendungen als Fallbeispiele im betreffenden Abschnitt zu präsentieren. Eine kurze Darstellung der Geschichte der Kartographie rundet die technischen und wissenschaftlichen Ausführungen ab.

Das Buch ist ein umfassendes Kompendium der wissenschaftlichen und praktischen Kartographie, das Standardwerk im deutschen Sprachraum. Obwohl aus dem Blickwinkel von Geodäten und ihren speziellen Anforderungen an Karten geschrieben, ist es die primäre Wissensbasis und das unverzichtbare Nachschlagewerk für Raumwissenschaftler aller Fachrichtungen in den Fragen der kartographischen Visualisierung und ihres technischen Umfeldes.

Wolf-Dieter Rase (Bonn)

Greiving, Stefan: Räumliche Planung und Risiko. - München: Gerling-Akademie-Verlag 2002. 320 S., graph. Darst., Tab., Lit., Abkverz., Sachreg.

Mit der Diskussion um Nachhaltigkeit hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass eine nachhaltige Entwicklung vorsorgeorientiert sein muss. Der Autor fokussiert diesen Anspruch auf die räumliche Planung. Dabei stellt er nicht Schäden, sondern schadenauslösende Prozesse in den Mittelpunkt seiner Untersuchungen. Er versucht, Antworten darauf zu finden, wie die räumliehe Planung prinzipiell besser mit raumbezogenen Risiken umgehen soll und wie der Planungsprozess effektiver durchorganisiert und die praktische Umsetzung rationeller gestaltet werden kann. Bevor konkrete Vorschläge über das Wie herausgearbeitet werden, werden dem Leser die relevanten Begriffe „Gefahr“, „Risiko“ und „Schaden“, deren Bedeutung keineswegs so klar ist, wie man auf den ersten Blick annehmen kann, im Zusammenhang mit Grundlagen der Risikoforschung semantisch und inhaltlich verständlich gemacht.

Der Autor geht davon aus, dass das Vermitteln und der Austausch von Informationen zwischen allen am räumlichen Planungsprozess beteiligten Akteuren hinsichtlich Wahrnehmung, Definition, Bewertung und Umgang mit Risiken die Voraussetzung für eine erfolgreiche politische Bewältigung von Gefahren ist. Er wählt für diese einzufordernde gesellschaftliche Debatte den Begriff „Risikokommunikation“. Von den Problemen der Risikokommunikation führt er dann zu den Problemen des Risikomanagements. Als klärend wird dabei herausgestellt, dass das Risikomanagement nicht nur einzelne Aspekte zur Gefahrenabwehr betrachtet, sondern das System als Ganzes aller gefährlichen Prozesse im gesellschaftlichen Dialog evaluiert. Im Mittelpunkt weiterer Betrachtungen stehen Entscheidungs- und Organisationsprobleme, die im Zusammenhang mit einer Instrumentendiskussion und Aspekten des Planungsrechts geführt werden. Vor diesem Hintergrund werden unterschiedliche Gefahrenbereiche, wie z. B. Hochwasser als ein natürliches Ereignis und technische Störfälle aus dem Betrieb technischer Anlagen, vorgestellt und spezifische Maßnahmen und Handlungsoptionen zur Risikosteuerung sowie Strategien für die Planungs- bzw. Genehmigungsträger, auch mit Blick auf eine grenz- übergreifende Zusammenarbeit, abgeleitet. In diese Diskussion werden Analyseergebnisse aus internationalen Planungsbeispielen einbezogen. Im Vordergrund stehen dabei supranationale Aktivitäten aus Länderstudien der USA, Niederlande, Schweiz, Südafrika und Bangladesch, denen ein integrativer Ansatz aus der Perspektive eines Raumes zugrunde liegt.

Den Schwerpunkt der Arbeit bildet das vom Autor entwickelte Konzept zum Risikomanagement. Im Sinne einer umfassenden Risikokultur verfolgt er mit seinem Konzept ein ganzheitliches und integratives Handeln zur langfristigen Risikovorbeugung. Als Leitbild für alle Entscheidungsträger in Politik und Planung fordert er die „Katastrophenresistenz” und stellt diesen Begriff im Rahmen der allgemeinen Debatte zur Nachhaltigkeit gleichberechtigt neben die ökologische, soziale und ökonomische Dimension. Der Autor geht dabei von der These aus, dass eine gesellschaftliche Entwicklung nicht als nachhaltig bezeichnet werden kann, wenn mit einem Anwachsen von Risiken zu rechnen ist.

Als Fazit wird für das Risikomanagement ein Handlungsmodell in Form einer Matrixorganisation entwickelt. An der Spitze des Modells steht ein von Raumund Fachplanungen unabhängiges, politisch determiniertes Gremium, das die Koordination der Aktivitäten aller Planungs- und Entscheidungsträger übernehmen soll. In diesem Prozess der strategischen Überlegungen zum Risikomanagement werden ausführlich die Aufgaben der Raumplanung in den Ebenen der Bundesraumordnung bis zur Vorhabengenehmigung diskutiert. Dabei steht die Fragestellung, welche Rolle die Raumplanung im Prozess des Risikomanagements einnehmen soll, im Vordergrund. Der Autor arbeitet dabei heraus, dass die Raumplanung bei der raumbezogenen Bewältigung von Risiken nur für eine, wenn auch bedeutsame, vertikale Ebene in der Matrixorganisation steht, aber nicht die geeignete Instanz ist, um umfassende Risikomanagementkonzepte selbst zu entwickeln. Die Raumplanung hat vielmehr die Aufgabe, das Ziel „Katastrophenresistenz“ in die einzelnen räumlichen Planungsebenen zu transformieren und mit Hilfe des ihr zur Verfügung stehenden Instrumentariums die raumplanerischen Maßnahmen zur Risikominimierung planungsrechtlich abzusichern. In diesem Zusammenhang wird angesichts der erheblichen Defizite bei der Risikowahrnehmung in der Bevölkerung auch die Bedeutung informeller Konzepte herausgestellt, weil diese in Verbindung mit den Instrumenten der staatlichen Förderpolitik und der Versicherungswirtschaft essenziell das Risikobewusstsein und die Akzeptanz für präventive Maßnahmen auf der kommunalen Ebene fördern.

Mit dieser Arbeit wurde der Versuch unternommen, das Risikomanagement als eine Querschnittsaufgabe darzustellen. Die aus der raumordnerischen Sicht vorgenommenen organisatorischen und programmatischen Überlegungen bleiben langfristig aktuell. Sie tragen wesentlich dazu bei, auf allen Entscheidungsebenen den gesamtgesellschaftlichen Diskurs zur Risikominimierung zu forcieren und das Thema „Katastrophenresistenz“ in die politische Agenda einzubringen. Die Arbeit ist allen, die in der Raumplanung, Forschung und Politik Verantwortung tragen, sehr zu empfehlen.

Bernd Siegel (Pirna)

Hasse, Jürgen (Hrsg.): Subjektivität in der Stadtforschung. - Frankfurt a. M.: Selbstverlag des Instituts für Didaktik der Geographie der Universität Frankfurt a. M. 2002. = Schriftenreihe des Instituts für Didaktik der Geographie: Natur - Raum - Gesellschaft, Bd. 3. 313 S., III., graph. Darst., Tab., Lit.

Die Ordnung einer dreifach geschichteten Gesellschaft der Stadt (Unter-, Mittel- und Oberschicht), die eigentlich schon immer eine Scheinordnung war, ist endgültig dahin. Die Kultur des heutigen großstädtischen Lebens zerfällt in Mikrokosmen. Es gibt kein „Oben“ und „Unten“ mehr, vielmehr ein „Oben im Unten“ und ein „Unten im Oben“. Damit einher geht ein in den Möglichkeiten nahezu unbegrenztes Feld der Mischung von Lebensentwürfen, die kaum mehr klassifizierbar sind. Die gesamtgesellschaftlichen Rahmenbedingungen für den Aufbau von Identität, die Definition von Rollen bzw. die Rahmenbedingungen des sozialen Manövrierens im symbolischen Raum der Gesellschaft haben sich damit von Grund auf verändert.

Identität ist also nicht mehr quasi monolithisch zu denken, sondern eher als ein Patchwork von Identitätsfragmenten. An die Stelle kognitiver Entwürfe und reflexiv abgesicherter Handlungen, deren Ausgangspunkte dem Individuum bewusst sind, treten immer mehr emotionale Tendenzen, Befindlichkeiten und Dispositionen. Dem würde, so der zentrale Ansatzpunkt des Bandes, im städtischen Raum im vergangenen Jahrzehnt mit einem auf Immaterialien gründenden Umgestaltungsprozess entsprochen: einer „atmosphärische(n) Inszenierung und ästhetische(n) Hochrüstung des Städtischen“. Die Konkurrenz des Symbolischen mit dem Stofflich-Materiellen wirkt auf die Möglichkeiten zur Entwicklung von Identitäten ein. Mit der „Entstofflichung“ der Stadt verabschiede sich der Identitätstyp, der sich an der Faktizität und Dynamik des Stofflichen orientierte. An die Seite ökonomisch gesicherter Lebensentwürfe träten gleichwertig sogenannte postmaterialistische Werte.

Aber dort, wo nun affektive Tendenzen die Lebens-, Erlebnis- und Erlebensformen der Individuen bestimmen, findet sich früher oder später auch die Kulturindustrie ein, um die identitätsbezogenen Herstellungsund Rezeptionsregeln mit vorzugeben. Dass der Zusammenhang „Stadt“ und „Kultur“ - immer schon aufs engste miteinander verwoben - in diesem Band besondere Berücksichtigung findet, ist hervorzuheben und besonders, dass die aktuellen Merkmale dieses Zusammenhangs kritisch diskutiert werden. Unter anderem wird auf die Konzentration von kulturellen „Aufwertungs- und Revitalisierungsprojekten“ auf bestimmte prominente Orte (zu Lasten anderer Orte) verwiesen und auf die alles beherrschende Bemühung von „Kultur“, im Rahmen der städtischen „Ökonomie der Symbole“ („Events“) dem Zweck der Repräsentation des „Mehrwerts“ der Stadt als Wirtschaftsstandort zu dienen. Allerdings wird auch dazu aufgefordert, „Kultur“ als ein konfliktreiches Feld sozialer Auseinandersetzungen im Alltagsleben zu betrachten, auf dem über Selbst- und Fremdpositionierungen und die (Nicht-)Annahme dominierender Symboliken entschieden werden kann.

Der vorliegende Band beschäftigt sich insbesondere mit dem Stellenwert der Subjektivität in der Stadtforschung, einem ihrer besonders defizitären Forschungsbereiche, und zwar vor dem Hintergrund zweier größerer theoretischer Felder:

Die Beiträge des ersten Teils thematisieren das „sinnliche Erleben im ‚gelebten Raum‛ der Stadt“ aus einer phänomenologisch-philosophischen Perspektive heraus. Stichworte aus den Überschriften der Beiträge sind: Stadt und Atmosphäre; Räume der Urbanität: Stadtaussichten - aisthetische Gelände.

Im zweiten Teil des Bandes wird - von verschiedenen einzeldisziplinären Blickwinkeln aus - die gesellschaftliche Konstruiertheit der Stadt thematisiert, u.a. Aspekte wie metropolitane Identitäten, der Komplex symbolischer Vermittlung und die Entwicklung unterschiedlicher kulturelle Welten. Stichworte aus den Überschriften dieses Teils des Bandes sind: Raumkonstitution durch Kulturentrepreneurs; innerstädtische Restrukturierungsprozesse; kulturtheoretische Konzeption und subjektorientierte Stadtforschung.

Dieser Band zieht mit Bezug aufs Ganze der Stadtforschung aus den dargelegten Entwicklungen die Schlussfolgerung, dass die Lebenssituation von Stadtbewohnern nie wirklich erklärbar, geschweige denn verstehbar sein wird, wenn die „rationalistische Vereinseitigung des Menschen“ in der Stadtanalyse dominant bleibt und weiterhin die Analyse einer „parallel zum intelligiblen Handeln verlaufende Gefühlsdynamik“, also „die Reflexion der befindlichen Seite konkreten menschlichen In-der-Stadt-Seins“ so wenig wie bisher berücksichtigt wird.

Darüber hinaus geht es in diesem Band immer wieder um Fragen der Herstellbarkeit städtischer Atmosphären, also um zentrale Fragen in Architektur und Stadtplanung. Deren Möglichkeiten und Grenzen kommen im Rahmen einer Reihe von Beispielen zur Sprache. Besonders zu empfehlen ist der vorliegende Band aber nicht nur unter letztgenannten Aspekten.

Gerhard Stiens (Bonn)

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