1. bookTom 61 (2003): Zeszyt 4 (July 2003)
Informacje o czasopiśmie
License
Format
Czasopismo
eISSN
1869-4179
Pierwsze wydanie
30 Jan 1936
Częstotliwość wydawania
6 razy w roku
Języki
Niemiecki, Angielski
Otwarty dostęp

Auswirkungen der Bevölkerungsentwicklung: Handlungserfordernisse für Raumordnung und Regionalentwicklung

Data publikacji: 31 Jul 2003
Tom & Zeszyt: Tom 61 (2003) - Zeszyt 4 (July 2003)
Zakres stron: 297 - 300
Informacje o czasopiśmie
License
Format
Czasopismo
eISSN
1869-4179
Pierwsze wydanie
30 Jan 1936
Częstotliwość wydawania
6 razy w roku
Języki
Niemiecki, Angielski

Ende 2002 fand in der Landeshauptstadt Wiesbaden das 6. Planer-Forum der ARL-Landesarbeitsgemeinschaft Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland statt. Mit dem gewählten Thema war es einem Fragenkreis gewidmet, dem sich die Fachwelt mit zunehmender Aufmerksamkeit und intensiver Diskussion zuwendet. So war das Forum auf ein reges Interesse in den drei Ländern gestoßen und der Leiter der LAG, Theophil Weick, konnte zahlreiche Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Planung und Politik sowie Verwaltung und Verbänden begrüßen.

In seinen Eingangsworten knüpfte Weick an die so genannte ABEL-Studie von 1984

Mackensen, Rainer; Umbach, Eberhard; Jung, Ronald (Hrsg.): Leben im Jahr 2000 und danach. Perspektiven für die nächsten Generationen. Ergebnisse einer Studie über die Auswirkungen der Bevölkerungsentwicklung auf die künftigen Lebensbedingungen in der Bundesrepublik Deutschland (ABEL-Projekt). - Berlin 1984

Die Herausgeber stellen fest, dass der Tatbestand der Schrumpfung der deutschen Bevölkerung seit 1973 feststeht und dass die Zukunft alles andere als optimistisch einzuschätzen sei:

„Es müßte befürchtet werden, daß die ländlichen, strukturschwachen Gebiete - mit Ausnahme der Fremdenverkehrsgebiete - hoffnungslos hinter der allgemeinen Entwicklung Zurückbleiben. Die dann einsetzenden ökonomischen und sozialen Erosionserscheinungen würden schließlich eine ‘passive Sanierung’ - ein gewolltes Leerlaufen - der betroffenen ländlichen Gebiete nicht mehr verhindern können.“

Zur Gegensteuerung empfehlen sie u. a. die Anwendung des Leitbildes der dezentralen Konzentration, eine aktive Flächenhaushaltspolitik sowie eine Umkehr der Eigentumsförderung.

an, in der Auswirkungen der Bevölkerungsentwicklung auf die künftigen Lebensbedingungen in der Bundesrepublik Deutschland aus einer Reihe von Blickwinkeln heraus eingehend dargelegt und die heutigen Probleme im Hinblick auf Alterung und Schrumpfung der Bevölkerung bereits damals in ihren Umrissen skizziert wurden. Die Persistenz der Entwicklungen ist umso erstaunlicher, als analytisches Wissen vorhanden war und es bekanntlich an mahnenden Stimmen in der Vergangenheit nicht gefehlt hat.

Vgl. auch: ARL (Hrsg.): Zur Bedeutung rückläufiger Einwohnerzahlen für die Planung. —Hannover 1978. = Forschungs- und Sitzungsberichte, Bd. 122

Den grundlegenden Fachvortrag aus der Sicht der Bundesraumordnung hielt Martina Kocks (BBR). Sie beleuchtete eingehend die wichtigsten gegenwärtigen Zahlen und Trends:

Bevölkerungszahl in Deutschland im Jahr 2000: rund 82 Millionen;

Prognose für 2050 (ohne Zuwanderung): etwa 59 Millionen.

Daraus abgeleitet: Zur reinen Bestandserhaltung wäre eine Nettozuwanderung von 470 000 Personen p. a. nötig.

Das heißt: Auf lange Sicht ist kein Bevölkerungswachstum in Sicht und ebenso wenig eine Verjüngung.

Kocks wies auf langfristige „Wellenbewegungen“ in der demographischen Entwicklung hin, die praktisch seit Beginn des vorigen Jahrhunderts beobachtet werden. In räumlicher Hinsicht wurden von ihr besonders die Binnenwanderungen

ausgeprägt von Ost nach West,

ausgeprägt in die Suburbia hinein und/oder

aus den Städten heraus

hervorgehoben. Insofern sind die suburbanen Räume zwar Träger der Bevölkerungsdynamik; eine positive natürliche Bevölkerungsentwicklung ist gleichwohl auch hier nicht zu erwarten.

Angesichts der starken Abnahme des Anteils der unter 20jährigen und der gleichzeitig starken Zunahme des Anteils der über 60jährigen sowie eines anhaltenden Zuwanderungsdrucks von außen aufgrund globaler Disparitäten und damit zusammenhängender Segregationen lässt sich zusammenfassend festhalten, dass für die westlichen Industriegesellschaften generell

eine zunehmende Alterung,

eine zunehmende Internationalisierung,

eine erhebliche räumliche Umverteilung auf absehbare Zeit die prägenden Merkmale sein werden.

Die beschriebenen Grundtendenzen werden durch in ihrer räumlichen Ausprägung differenziert auftretende - Einzelentwicklungen überlagert werden; dabei sind sowohl kumulative wie auch egalisierende/ kompensative Effekte zu erwarten.

Es ist insofern auch anzunehmen, dass unterschiedliche Raumstrukturtypen (etwa: „zentral“ bzw. „peripher“ und/oder „strukturschwach“) eine nicht unerhebliche Wechselbeziehung mit der zu erwartenden Bevölkerungsentwicklung aufweisen.

Für die Konkurrenz von Städten und Gemeinden bzw. ganzen Regionen um Humankapital, Wirtschaftskraft und damit um Entwicklungspotenzial stehen die Zeichen darum mehr denn je auf „lebhaft bis kräftig“. Auch die Raumordnung steht damit vor einer durchaus ernst zu nehmenden Herausforderung, nämlich sich konstruktiv steuernd in den Schrumpfungsprozess einzubringen.

Aus der Sicht der Länder referierten Gerhard Simon (Hessisches Statistisches Landesamt), Johannes Barth (Statistisches Landesamt Saarland) und Jens Carstensen (Oberste Landesplanungsbehörde Rheinland- Pfalz). Sie bestätigten die eingangs dargelegten generellen Tendenzen und ergänzten diese um landesspezifische Besonderheiten:

Neben den räumlich und quantitativ unterschiedlichen Ausprägungen der aufgezeigten Grundtendenzen kann für Hessen ein gewisses Schwergewicht in Bezug auf ein Süd-Nord-Gefälle bei den Zuwanderungen festgestellt werden, während im Saarland die besonders kräftigen Verluste (Abwanderungen) beim aktiven Bevölkerungsteil (20- bis 40jährige) ins Auge fallen. In Rheinland-Pfalz bereiten die massiven Verschiebungen in der Bevölkerungsstruktur der Kernstädte (Abwanderung, Überalterung) zunehmend Probleme und sorgen gemeinsam mit Betriebsverlagerungen - vor allem im Einzelhandel - für ein verstärktes „Ausbluten“ der Innenstädte. Damit korrespondiert ein „urban sprawl“, der mit seinem hohen Flächenverbrauch in der Siedlungsentwicklung der Umlandgemeinden dem Leitbild einer nachhaltigen Raumentwicklung definitiv entgegenläuft.

Erste exemplarische Überlegungen zur Regionalentwicklung in Zeiten der Schrumpfung stellte Lorenz Blume (Universität Kassel) mit seinem Bericht vom Forschungsprojekt „Schwalm-Eder-West 2030“ vor. Der südlich an Kassel angrenzende Landkreis, raumstrukturell nicht als peripher zu bezeichnen, will mit dem Forschungsprojekt seine künftige Entwicklung auf einem möglichst geordneten Schrumpfungspfad näher bestimmen. Angesichts eines sich bereits andeutenden massiven Rückgangs der Bevölkerungszahl und erheblicher wirtschaftsstruktureller Probleme betonte Blume die große Bedeutung eines zukunftsorientierten Branchenmix und - gerade auch in Zeiten des Rückgangs - von innovativen Milieus. Für die betroffene Region sei dabei die Fähigkeit zu entwickeln, Wissen zu generieren, zu lernen und sich flexibel anzupassen.

Als die entscheidende Reaktion der Gebietskörperschaften auf die Schrumpfung der Bevölkerung ist der Kooperationsansatz zu nennen. Im Wettbewerb um mobile Produktionsfaktoren (Unternehmen und hoch- qualifizierte, einkommensstarke Haushalte) profitieren vor allem größere Raumeinheiten (also Agglomerationen plus Umland plus ländlicher Raum) zu Lasten derjenigen Teilräume, die am kleinteiligen Wettbewerb festhalten und damit die Ressourcen aufzehren, die sie kooperativ in die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit in größeren Einheiten einbringen könnten.

Jeder Teilraum müsste idealerweise im Ensemble seinen Platz in der Funktionsteilung suchen (Wohnstand- orte, Kulturzentren, Industriestandorte, Dienstleistungszentren, Räume für Naherholung usw.) - denn nur die möglichst vollständige Kombination von Funktionen ist für mobile Produktionsfaktoren interessant, für kleinere Raumeinheiten aber realistischerweise nicht mehr darstellbar. Auf übergeordneter Ebene muss aber auch jede Region insgesamt, d. h. also hier Nordhessen mit der Stadt Kassel als Oberzentrum, ihren Platz in der interregionalen Arbeitsteilung finden (Nordhessen als Ökoregion, Autoregion, Tourismusregion, Kassel als Kulturhauptstadt?).

Am Beispiel des Regierungsbezirks Oberfranken stellte Gabi Troeger-Weiß (Universität Kaiserslautern) Handlungsansätze zur Stabilisierung der Bevölkerungsentwicklung in strukturschwachen Räumen mit dem Projekt „Let's go, Oberfranken“ vor, mit dem versucht wird, nicht nur die Abwanderungstendenzen des aktiven Bevölkerungsanteils zu reduzieren, sondern auch auf eine Trendumkehr hinzuwirken (Attraktion von Rückwanderern). Auf Grundlage einer repräsentativen Stichprobenbefragung u. a. von Abgewanderten, Industrie- und Handelskammern, bedeutenden Unternehmen wurden konkrete Handlungsempfehlungen für die Arbeitsmarktpolitik, aber auch für umfassendere Bereiche des sozio-ökonomischen Umfeldes (Stichwort: Lebensqualität) erarbeitet.

Bürgermeister a. D. Klaus Martin berichtete praxisnah aus seiner Gemeinde Triberg/Schwarzwald, die trotz ursprünglich relativ ansprechender Standortfaktoren bereits vor Jahren in eine Schrumpfungsphase eingetreten ist.

Eindrucksvoll belegte er die Negativseiten der einschlägigen Indikatoren von der Wirtschaft bis zur Bildung und verdeutlichte auch die soziale Dimension, die mit einer solchen Erosion im Bevölkerungsbereich verbunden ist.

Nach Berechnungen des Kämmerers von Triberg muss der Einwohnerverlust pro Kopf und Jahr mit einem Einnahmeausfall (lediglich aus dem kommunalen Finanzausgleich!) von mindestens 500 € gleichgesetzt werden. Bei einem neuerlichen Zuwachs von beispielsweise 500 Einwohnern (bei einem Bestand von z. Z. rd. 6 000 Einwohnern) stünde der Gemeinde jährlich einen Betrag von 250 000 € zusätzlich für Investitionen zur Verfügung.

Ähnliches ist bei der Auslastung öffentlicher Einrichtungen und dem Betrieb der technischen Infrastruktur festzustellen. Der mit der Gesamtentwicklung einhergehende Rückgang der Schülerzahlen (1980 hatte z.B. das Schwarzwaldgymnasium über 500 Schüler, heute unter 300) wirkt sich auf der Einnahmeseite durch geringere Sachkostenbeiträge des Landes deutlich negativ aus.

Weitreichendere Konsequenzen deuten sich über den zunehmenden Leerstand insbesondere bei Altbauwohnungen an: Hier sinkt der Mietpreis z.T. sogar unter 3 €/m2. Diese günstigen Preise führen bereits jetzt zu einem verstärkten Zuzug von Personen aus z.T. sozial problematischen Randgruppen. Von einem Trend kann zwar noch nicht gesprochen werden; aber es ist nicht auszuschließen, dass sich in den nächsten Jahren diese Tendenzen verstärken werden.

Auch Einzelhandel und andere Dienstleistungen bleiben vom Bevölkerungsrückgang nicht verschont. Die Spirale - weniger Einwohner - geringere Käufer- bzw. Konsumentenzahl - geringeres Kaufkraftaufkommen - wird auch in Triberg greifen. Die Folgen sind schon jetzt zu spüren: Bank- und Postfilialen schließen, Geschäfte stehen leer.

Martins Vortrag war ein deutliches Plädoyer für eine offensive Diskussion von Schrumpfung. Auch er erteilte dem klassischen interkommunalen Wettbewerb eine klare Absage, denn dieser fördere zusätzlich räumlichstrukturelle Disparitäten und beinhalte die Gefahr einer Vergeudung öffentlicher Ressourcen. Es könne heute nur darum gehen, die unausweichliche Schrumpfung in geordnete Bahnen zu lenken.

Insofern ist eine integrative Raumordnung und Regionalentwicklung nötiger denn je. Sie muss allerdings flexibel und umsetzungsorientiert ausgelegt sein. Dazu müssten die Rahmenbedingungen aber dringend verbessert werden. Die hilfreichen Förderprogramme der Fachministerien sind noch treffsicherer mit den Zielen der Raumordnung, Regional- und Landesplanung in Einklang zu bringen. Auch das Zentrale-Orte- System muss mit neuen Inhalten dringend wiederbelebt werden.

Nur wer sich offensiv zu einem „geordnetem Schrumpfen“ bekennt, wird die Chance haben, diesen Prozess zu steuern und im Interesse der Menschen zu gestalten.

Wiederholt aufmerksam gemacht wurde von Referenten und Diskutanten auf die Folgen der anhaltenden Deregulierung und Privatisierung im Zusammenspiel mit dem Schrumpfungsprozess. Die dadurch ausgelösten betrieblichen Konzentrationsprozesse führen in aller Regel zu weiteren räumlichen Disparitäten zu Lasten des ländlichen Raumes mit allen negativen Konsequenzen für dessen sozio-ökonomische Struktur.

Als ein Fazit der Tagung lässt sich vor allem die Erkenntnis verdeutlichen, dass es einen allgemein anzunehmenden Schrumpfungspfad nicht geben wird. Wie dargestellt, sind die demographischen, sozio-ökonomischen und kulturell-ethnischen Einflussfaktoren hierfür zu vielfältig und in ihren vielschichtigen Kumulations- bzw. Kompensationsoptionen kaum zu erfassen. Die zu erwartende räumlich stark divergierende Ausprägung der Schrumpfung wird möglicherweise unterschiedliche Anpassungsstrategien, z. T. sogar in kleineren Raumeinheiten, erforderlich machen.

Gerade die räumliche Planung muss die Diskussion über die Folgen der natürlichen Bevölkerungsentwicklung weiter vorantreiben, insbesondere auch die Grundsatz- bzw. Verteilungsfrage „Akzeptieren und kanalisieren oder regional bestmöglich gegensteuern?“.

Die Antworten lassen sich möglicherweise finden in der bereits angesprochenen Vision eines modifizierten Zentrale-Orte-Konzepts (in Richtung funktionaler Gliederung und Steuerung), der Förderung der interkommunalen Kooperation, von Städtenetzen sowie von regionalen Entwicklungskonzepten.

Neben den Strategieansätzen ist grundsätzlich eine stärke Koordination der zur Anwendung kommenden Förderprogrammen erforderlich, um die Effizienz vor allem des öffentlichen Mitteleinsatzes deutlich zu verbessern.

Auch der Durchsetzung des Prinzips der Geschlechtergerechtigkeit (gender mainstreaming) sollte nicht nur aus Gründen gesamtgesellschaftlicher Ideale, sondern im Hinblick auf die langfristige Bevölkerungsentwicklung ein besonderes Augenmerk gewidmet werden.

Angesichts dieses breit angelegten (bzw. anzulegenden) Aktionsfeldes ist mehr denn je die Fähigkeit u. a. der räumlichen Planung gefragt, auf der Basis eines vernetzten Denkens durch kooperatives Handeln letztlich intelligent steuern zu können.

Polecane artykuły z Trend MD

Zaplanuj zdalną konferencję ze Sciendo